3992/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 17.04.2024
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Gegenwehr Spionage: Anpassung der Größe der diplomatischen Missionen zwischen der Russischen Föderation und der Republik Österreich

 

Die russische Spionage stellt eine signifikante und vielschichtige Bedrohung für die nationale Sicherheit Österreichs und seiner europäischen Partner dar. Sie untergräbt die Staatssicherheit durch die Weitergabe sensibler Informationen, beeinflusst politische Entscheidungen, schädigt die Wirtschaft durch den Diebstahl von Unternehmensgeheimnissen und infiltriert wichtige Institutionen. Darüber hinaus führt sie zu einem Vertrauensverlust unter Verbündeten, ist Teil hybrider Kriegsführung, die demokratische Strukturen gefährdet, und kann Personen in Schlüsselpositionen kompromittieren. Zudem zielt sie darauf ab, Wahlprozesse zu beeinflussen und das Vertrauen in die Demokratie zu untergraben. Diese vielfältigen Bedrohungen erfordern eine entschlossene Reaktion und geeignete Maßnahmen zur Stärkung der Sicherheit und Abwehr von Spionageaktivitäten zu implementieren.

Wir sind bereit, Russlands Einfluss auf die österreichische Politik zu beenden und Österreich wieder zu einem vertrauenswürdigen Partner in der Welt zu machen. Durch die Stärkung unserer Sicherheitsinfrastruktur, die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den nationalen und internationalen Nachrichtendiensten und die Implementierung von robusten Cyberabwehrstrategien können wir die Spionageaktivitäten wirksam bekämpfen und die Integrität unserer demokratischen Institutionen schützen.

Österreich bleibt ein Brennpunkt internationaler Spionageaktivitäten, insbesondere durch Russland, wie der Verfassungsschutzbericht 2022 feststellt. Die Spionageaktivitäten fremder Nachrichtendienste sind konstant hoch, und der Ukraine-Krieg hat die Herausforderungen für die Verfassungsschutzbehörden verstärkt ("Die gegenwärtige Lage im Zusammenhang mit Spionageaktivitäten hat sich im Vergleich zu den Vorjahren nicht signifikant verändert und ist konstant hoch." - Verfassungsschutzbericht 2022).

Der Journalist Erich Möchel berichtet, dass Russland über die SIGINT-Station auf dem Dach ihrer Vertretung bei den Vereinten Nationen in Wien elektronische Spionage betreibt, wobei die Anzahl der Satellitenschüsseln von fünf (2014) auf dreizehn (nach 2018) angewachsen ist. Diese Station ist Teil eines Netzwerks, das auch während der Invasion der Ukraine aktiv war (FM4 Bericht). Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, welche die russische Spionageinfrastrukturen deaktiviert und Personal ausgewiesen haben, bleibt Österreichs größte SIGINT-Station aktiv und unangetastet, was den Ruf Wiens als Spionagehauptstadt bestätigt (FM4 Bericht).

Europaweit wurden mittlerweile über 600 russische Diplomaten ausgewiesen, die als verdeckte Agenten tätig waren. Italien, Spanien, Belgien und die Slowakei etwa wiesen jeweils zwischen 20 und 30 Personen aus, die Niederlande 17 und das neutrale Irland vier. Island schloss seine Botschaft gleich ganz, mit Verweis auf die massiv reduzierten Beziehungen als Resultat der Sanktionen. Österreich hingegen hat in den mehr als zwei Jahren seit Beginn des russischen Angriffskriegs nur zehn Personen zu "personae non gratae" erklärt hat, bei insgesamt 290 akkreditierten Personen (Vsquare, Financial Times, Dunkelkammer). 

Die Spionageabwehr in Österreich ist mangelhaft ausgestattet, mit nur fünf Beamten für die Abwehr russischer Spionage (Falter). Der Fall Egisto Ott, ein ehemaliger BVT-Mitarbeiter, der verdächtigt wird, sensible Daten an russische Geheimdienste weitergegeben zu haben, verdeutlicht die Sicherheitsrisiken. Der britische MI5 deckte die Verbindungen zwischen Ott, seinem ehemaligen Vorgesetzten Martin Weiss und dem flüchtigen Wirecard-Manager Jan Marsalek, welcher wahrscheinlich seit mehr als zehn Jahren für die russischen Geheimdienste tätig ist und auch sicherheitsrelevante Verbindungen in den österreichischen Verfassungsschutz hatte, auf (Profil.at). Zudem wurden bei Hausdurchsuchungen SINA-Laptops gefunden, deren Inhalt und Verwendungszweck noch untersucht werden (ORF, Kleine Zeitung).

Die anhaltenden Spionageaktivitäten auf österreichischem Boden und die unzureichenden Maßnahmen zur Bekämpfung derselben stellen ein ernstes Sicherheitsrisiko dar, das konkrete politische Handlungen erfordert. Die Enthüllungen rund um Egisto Ott und die Verbindungen zu Jan Marsalek betonen die Notwendigkeit einer transparenten und unabhängigen Untersuchung sowie einer strengeren Regulierung des diplomatischen Verkehrs, um sicherzustellen, dass Österreich nicht zum Spielball ausländischer Mächte wird.

Die Untätigkeit der Regierungsparteien ÖVP und Grüne bei der Bekämpfung von Spionage wird bereits international kritisiert. Spionage wird nicht nur als Informationsgewinnung, sondern als Teil hybrider Kriegsführung gesehen, die Demokratie und öffentliche Sicherheit bedroht. Die aktuelle Situation gefährdet nicht nur die Staatssicherheit, sondern auch die internationale Zusammenarbeit und das Vertrauen ausländischer Partnerdienste, was Österreich von wichtigen sicherheitsrelevanten Informationen abschneiden könnte.

In Österreich bleiben laut BMEIA derzeit 56 Personen an der Botschaft in Wien bilateral akkreditiert, weitere vier versehen im Generalkonsulat in Salzburg ihren Dienst. Woraus dieser Dienst in Zeiten von strengen Sanktionen besteht, ist zu hinterfragen. Dennoch wagt Österreich kaum Ausweisungen oder eine Anpassung der Größe der russischen Vertretung an das Niveau der österreichischen Botschaft in Moskau. In Russland sind derzeit 16 Österreicher:innen akkreditiert. Außenminister Schallenberg verweist bei Anfragen über Österreichs Zaudern regelmäßig auf das Reziprozitätsprinzip, demzufolge eine Ausweisung aus einem Land die gleiche Anzahl an Ausweisungen aus dem anderen zufolge hat. Nachdem die österreichische Botschaft in Russland um vieles kleiner ist als die russische in Wien, wäre Österreich sehr schnell nicht mehr diplomatisch in Russland vertreten, so der Außenminister.

Dem muss aber nicht so sein. Laut Artikel 11 des Wiener Übereinkommens über Diplomatische Beziehungen kann ein Empfangsstaat eine Einschränkung des Umfangs des diplomatischen Personals eines Entsenderstaates auf die äquivalente Anzahl der Diplomat:innen des Entsenderstaats verlangen. Genau das tun auch andere Staaten bereits. Dänemark z.B. verlangte eine Anpassung der Größe der Missionen. Auch Slowenien berief sich auf Art. 11 der Wiener Übereinkommens, als es die Botschaft in Ljubljana auf die Größe der slowenischen Botschaft in Moskau heruntersetzte – von 41 auf acht russische Mitarbeiter:innen. Paritätische Besetzung ist möglich und durch das Wiener Übereinkommen gedeckt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, wird aufgefordert, die Zahl der akkreditierten russischen Diplomat:innen und technischen Mitarbeiter:innen in Österreich auf die Zahl zu beschränken, die der Zahl der Mitarbeiter:innen an den österreichischen Vertretungen in Russland entspricht."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss vorgeschlagen.