3995/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 17.04.2024
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Gegenwehr Spionage: Ausreichend kompetentes Personal im Verfassungsschutz zur Bekämpfung von russischer Spionage!
Von Spionage geht ein immenses Gefahrenpotential aus: Sie untergräbt die Staatssicherheit des betroffenen Landes durch die Weitergabe sensibler Informationen, beeinflusst politische Entscheidungen, schädigt die Wirtschaft durch den Diebstahl von Unternehmensgeheimnissen und infiltriert wichtige Institutionen. Darüber hinaus führt sie zu einem Vertrauensverlust unter Verbündeten, ist Teil hybrider Kriegsführung, die demokratische Strukturen gefährdet, und kann Personen in Schlüsselpositionen kompromittieren. Zudem zielt sie darauf ab, Wahlprozesse zu beeinflussen und das Vertrauen in die Demokratie zu untergraben.
Vonseiten Putins Russland wird höchst aktiv Spionage in Europa betrieben- insbesondere seit Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Putins auf die Ukraine. Dies stellt eine signifikante und vielschichtige Bedrohung für die nationale Sicherheit Österreichs und seine europäischen Partner dar und erfordert daher entschlossene Gegenmaßnahmen.
Wir sind bereit, Russlands Einfluss auf die österreichische Demokratie zu beenden und Österreich wieder zu einem vertrauenswürdigen Partner in der Europäischen Union zu machen. Dafür ist ein wichtiger Schritt die schleunigste und bestmögliche Bekämpfung von Spionage.
Österreich ist seit Jahrzehnten ein Spionageparadies, insbesondere für Russland, wie der Verfassungsschutzbericht 2022 feststellt. "Die gegenwärtige Lage im Zusammenhang mit Spionageaktivitäten hat sich im Vergleich zu den Vorjahren nicht signifikant verändert und ist konstant hoch. Sowohl die Intentionen und Zielverfolgungen fremder Nachrichtendienste als auch einzelne Modi Operandi zeichnen sich durch lange Kontinuitäten aus und blieben deshalb weitestgehend konstant. Lediglich der Ukraine-Krieg stellt die Verfassungsschutzbehörden auf internationaler Ebene aktuell vor mehrdimensionale Aufgaben und Problemstellungen, die vereinzelt mit Aktivitäten der Nachrichtendienste Russlands verstrickt wirken." (Verfassungsschutzbericht 2022).
Während europaweit seit Beginn des Angriffskrieges über 600 russische Diplomat:innen ausgewiesen wurden, die als verdeckte Agent:innen tätig waren, hat Österreich nur zehn Personen zu "personae non gratae" erklärt- dies bei insgesamt 270 akkreditierten Personen (Vsquare, Financial Times, Dunkelkammer).
Ergebnis ist beispielsweise, dass Russland weiterhin über die SIGINT-Station auf dem Dach ihrer Vertretung bei den Vereinten Nationen in Wien elektronische Spionage betreiben kann, wohl auch mit kriegsrelevanten Aktivitäten während der Invasion der Ukraine (FM4 Bericht). Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, welche insbesondere durch Ausweisung des technischen Personals die russische Spionageinfrastrukturen deaktiviert haben, bleibt Österreichs größte SIGINT-Station aktiv und unangetastet- was den Ruf Wiens als Spionagehauptstadt bestätigt (FM4 Bericht) und ein immenses Gefahrenpotential mit sich bringt- für Europa und die Ukraine.
Das konkrete Bedrohungspotential von russischer Spionage durch Infiltration unserer Sicherheitsressorts und Einflussnahme auf die Politik manifestiert sich akut im Fall von Jan Marsalek, der unentdeckt Verbindungen in den Verfassungsschutz im ÖVP-geführten Innenministerium aufbauen konnte: Der ehemalige BVT-Mitarbeiter Egisto Ott soll sensible Daten an russische Geheimdienste weitergegeben und einen neuen Geheimdienst geplant haben. Die Vulnerabilität unserer Demokratie wird der Regierung klar vor Augen geführt- und ihr damit endlich klar, dass anhaltenden Spionageaktivitäten auf österreichischem Boden und die unzureichenden Maßnahmen zur Bekämpfung derselben ein ernstes Sicherheitsrisiko darstellen, das konkrete politische Handlungen erfordert.
Damit Österreich wehrhaft wird, muss die Regierung endlich handeln. Dafür ist es dringend vonnöten, dass der Verfassungsschutz über ausreichend fachlich kompetentes Personal verfügt.
Der Status Quo ist aber alarmierend: Das Innenministerium ist mit Ausnahme einer zweijährigen Unterbrechung durch Innenminister Herbert Kickl seit 24 Jahren in Händen der ÖVP. Dort hat sie Postenkorruption systemisch betrieben, gerade bei Leitungsfunktionen und auch im BVT (NEOS-Bericht zum ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss ; NEOS-Bericht zum BVT-Untersuchungsausschuss). Dadurch ist sie daran gescheitert, im Innenministerium dafür zu sorgen, dass professionell für die Sicherheit Österreichs gearbeitet wird. Es zählte weiterhin nicht, was man kann, sondern wen man kennt. Dass gerade in der "Black Box" DSN als einzige Behörde im Innenministerium Postenbesetzungen objektiv vorgenommen werden und insbesondere ausreichend kompetente Personen Positionen erhalten, ist auszuschließen. Fakt ist, dass eine hohe Personalfluktuation besteht und derzeit für die Abwehr von russischer Spionage nur fünf Beamt:innen zuständig sind (Falter).
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, im Sinne einer professionellen Personalpolitik die erforderlichen Maßnahmen für eine bessere personell und fachlich kompetente Ausstattung der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, insbesondere in der Spionageabwehr, zu setzen. In diesem Sinne sind der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst ausreichend finanzielle Mittel bereitzustellen."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.