4002/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 17.04.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Harald Troch,
Genossinnen und Genossen
betreffend „Sicherung der Pressefreiheit in Österreich“
Vor mehr als 30 Jahren verabschiedete die UNESCO die Deklaration von Windhoek, die freie Medien als unerlässlichen Pfeiler für funktionierende Demokratien und als grundlegendes Menschenrecht bezeichnet. Die Pressefreiheit in Österreich ist rechtlich durch Art. 13 Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 11 der Grundrechtecharta der Europäischen Union abgesichert. Dennoch erreichte Österreich im Pressefreiheits-Index 2023 von Reporter ohne Grenzen nur Platz 29. Kritisiert wurde vor allem die Message Control der Bundesregierung, das Naheverhältnis zwischen einzelnen Politikern und Journalist:innen und die Gewalt gegen Medienschaffende beispielsweise bei Demonstrationen. Ein weiterer Kritikpunkt – das Fehlen eines Informationsfreiheitsgesetzes – konnte inzwischen behoben werden. Und die Reporter ohne Grenzen sind hier nicht allein mit ihrer Kritik, auch Amnesty International stellt dem Zustand der Pressefreiheit in Österreich ein schlechtes Zeugnis aus und sieht Medien in ihrer Funktion als Public Watchdog gefährdet.
Leider hat sich die Situation der Pressefreiheit seit der Präsentation des letzten Index im Mai 2023 nicht wirklich verbessert, zahlreiche Kritikpunkte sind immer noch aktuell. Auch aus der Vergangenheit wurden weitere Episoden bekannt. Erst kürzlich wurden neue Chats zwischen FPÖ-Politikern und dem ORF öffentlich, die belegen, wie die FPÖ den ORF auf Linie bringen wollte. Auch in einem Untersuchungsausschuss wird aktuell die Gebarung des FPÖ-geführten Innenministeriums zwischen Dezember 2017 und Mai 2019 untersucht. Hier stehen Vorwürfe eines Abtausches von positiver Berichterstattung gegen Inserate im Raum.
Ebenfalls in den Index fließen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von Journalismus und Medien ein. Hier konnte Österreich 2023 gar nur Rang 32 vorweisen. Der österreichischen Medienpolitik ist es nicht gelungen, den international enormen Strukturwandel in der Medienbranche adäquat abzufedern. An der bestehenden Medienforderung üben Reporter ohne Grenzen detaillierte Kritik. Der weiterhin hochkonzentrierte Medienmarkt, die überschaubare Anzahl voneinander unabhängiger Medienanbieter und fehlende politische Strategien gefährden die Medienvielfalt und Pressefreiheit.
Schon seit längerem werden Journalist:innen sowohl im Internet als auch auf Demonstrationen und anderen Versammlungen regelmäßig beschimpft und attackiert. Sogar körperliche Übergriffe sind leider immer wieder zu beobachten. Nach dem Abebben der Corona-Demos kam es hier vorübergehend zur Entspannung. Neue Gefahren entstehen jedoch durch Demonstrationen rechtsgerichteter Parteien und Organisationen. Erst kürzlich wurden Vorfälle auf einer FPÖ-Demonstration bekannt. Nicht akzeptabel ist es auch, wenn Journalist:innen nicht durch Demonstrant:innen, sondern auch durch die Polizei durch Amtshandlungen wie Identitätsfeststellung trotz Presseausweises, Anhalten oder Wegweisen von Medienschaffenden an ihrer Arbeit gehindert werden. Nicht ausreichend ist offenbar die erfolgte Installierung von Medienkontaktbeamten der Polizei für sichere Berichterstattung bei
Demonstrationen. Hier braucht es ein umfassendes Sicherheitssystem, um Journalist:innen vor Gewalt und Behinderung ihrer Arbeit zu schützen.
Das Problem der Gefährdung der Pressefreiheit in Europa wurde auch bereits von der EU erkannt. Erst kürzlich wurde im europäischen Parlament das EU-Medienfreiheitsgesetz verabschiedet, das die Unabhängigkeit von Medien stärken, mehr Transparenz bei der Zuweisung öffentlicher Inserate und besseren Schutz für Journalistinnen und Journalisten bringen soll. Erstmals regelt so eine Verordnung EU-weit den besseren Schutz von Medien und deren Quellen. Zudem sollen Medienhäuser zu größerer Transparenz bezüglich ihrer Eigentümer verpflichtet werden.
Das neue EU-Medienfreiheitsgesetz verspricht auch mehr Transparenz bei öffentlichen Werbegeldern. So sind objektive, verhältnismäßige und nicht diskriminierende Kriterien festzulegen, wie solche Werbeaufträge vergeben werden. Hier sind Änderungen der österreichischen Gesetzeslage notwendig, ebenso wie bei der Frage, wie die Geschäftsführung des ORF zu bestellen ist. Auch hier braucht es objektive, transparente Kriterien, nach denen die Geschäftsführung ausgewählt und bestellt wird. Das EU-Medienfreiheitsgesetz ist als Verordnung direkt wirksam.
Ergänzt wird das EU-Medienfreiheitsgesetz durch die ebenfalls kürzlich beschlossene Anti- SLAPP-Richtlinie. Das Gesetz soll Journalist:innen, Aktivist:innen und Wissenschaftler:innen vor unbegründeten grenzüberschreitenden Einschüchterungsklagen (sog. ,,SLAPP“-Klagen) schützen. Durch solche Klagen sollen Personen daran gehindert werden, die Öffentlichkeit über Angelegenheiten zu informieren, die von öffentlichem Interesse sind. Unbegründete Klagen können in Zukunft vorzeitig zurückgewiesen werden. Weiters gibt es die Möglichkeit, vom Kläger die Zahlung der geschätzten Verfahrenskosten, einschließlich der Rechtsvertretung des Angeklagten, und Schadenersatz zu verlangen. Auch diese Maßnahme unterstützt die Pressefreiheit.
Unabhängiger Journalismus ist die Grundlage freier Meinungsbildung und erfüllt eine wichtige Aufgabe im demokratischen Zusammenleben. Österreich muss hier eine Vorreiterrolle spielen und nicht abgeschlagen im Pressefreiheits-Index hinter zahlreichen Staaten liegen. Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie,
Integration und Medien werden aufgefordert, dem Nationalrat ein umfassendes Paket zur Sicherung der Pressefreiheit in Österreich vorzulegen und die Inhalte des EU- Medienfreiheitsgesetzes und der EU-Anti-SLAPP-Richtlinie möglichst rasch in der österreichischen Rechtsordnung zu verankern.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Menschenrechtsausschuss vorgeschlagen.