4005/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 17.04.2024
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst
und weiterer Abgeordneter
betreffend Verteidigung der Presse- und Meinungsfreiheit im Fall Julian Assange
Der australische Journalist und Wikileaks-Gründer Julian Assange sitzt seit mehr als drei Jahren im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in Auslieferungshaft, nachdem er in der ecuadorianischen Botschaft in London festgenommen worden war. Dort wartet er auf die Entscheidung des britischen High Court über seinen Einspruch gegen seine Auslieferung an die USA, wo er wegen der Veröffentlichung von Verschlusssachen auf der Plattform WikiLeaks in 17 Punkten nach dem Espionage Act von 1917 angeklagt ist. Die Anklage sieht eine Höchststrafe von 175 Jahren Haft vor.
Die Sonderberichterstatterin für Meinungsfreiheit im Amt des UN-Hohen Kommissars für Menschenrechte (OHCHR), Irene Khan, hat sich besorgt darüber geäußert, dass die mögliche Auslieferung und die drohende Strafverfolgung von Assange in den USA schwerwiegende Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit haben könnten:
Das Sammeln, Berichten und Verbreiten von Informationen, einschließlich Informationen zur nationalen Sicherheit, wenn sie im öffentlichen Interesse sind, ist eine legitime Ausübung des Journalismus und sollte nicht als Verbrechen behandelt werden. (…) Ich bin besorgt über die Anwendung des Spionagegesetzes in diesem Fall, da dieses Gesetz keinen Schutz für die Veröffentlichung von Informationen im öffentlichen Interesse bietet. (…) Dies wäre ein gefährlicher Präzedenzfall, der eine abschreckende Wirkung auf den investigativen Journalismus in den Vereinigten Staaten und möglicherweise auch anderswo auf der Welt haben könnte. (…) Die internationalen Menschenrechtsvorschriften bieten einen starken Schutz für Informanten, journalistische Quellen und die Berichterstattung im öffentlichen Interesse. (…) Ich fordere die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich, die sich zum Recht auf freie Meinungsäußerung bekennen, auf, diese internationalen Standards im Fall von Julian Assange einzuhalten.[1]
Rund um die Anhörung von Julian Assange zur Berufung gegen das Auslieferungsersuchen der USA am 20. und 21.02.24 in London gab es aber auch Bewegung in der Politik. So stimmte das australische Parlament mehrheitlich dafür, sich für die Freilassung des seit Jahren in Auslieferungshaft sitzenden Enthüllungsjournalisten einzusetzen.[2] Auch zuvor hatten Parlamentarier aus zahlreichen Staaten entsprechende Initiativen gestartet. Zu nennen ist insbesondere ein parteiübergreifender Entschließungsantrag im österreichischen Parlament vom 27.02.2020, der die Freilassung Assanges forderte.[3] Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz sprach sich kürzlich gleichermaßen gegen eine Auslieferung Assanges an die USA aus.[4] Selbst US-Präsident Joe Biden zeigte sich zuletzt gesprächsbereit. Auf die Frage, ob die USA einen australischen Antrag auf Einstellung der Strafverfolgung gegen Assange prüfen würden, antwortete er: „Wir erwägen das.“ Weitere Angaben machte er jedoch nicht.[5]
Insbesondere in Journalistenvereinigungen gibt es eindeutige Stellungnahmen für die Freilassung von Assange. Bei einer Podiumsdiskussion des Österreichischen Journalisten Clubs (ÖJC) am 22.02.24 setzten sich sowohl der Präsident von Reporter ohne Grenzen, Fritz Hausjell, als auch der Menschenrechtsexperte und ehemalige UN-Sonderberichterstatter für Folter, Prof. Manfred Nowak, mit klaren Argumenten für den Inhaftierten ein und verglichen seine Situation mit der von Alexej Nawalny, ohne sie natürlich gleichzusetzen.[6] Prof. Oswald M. Klotz, Präsident des ÖJC, formulierte in einem offenen Brief an Außenminister Schallenberg wie folgt:
Angesichts der gestrigen Entscheidung des UK High Court, dass Assange beim UK Supreme Court Berufung gegen den Auslieferungsbeschluss einlegen darf, ersucht der Österreichische Journalist*innen Club Sie daher dringend, sich als Außenminister der Republik Österreich mit Nachdruck für die unverzügliche Freilassung von Julian Assange einzusetzen und ihm politisches Asyl in Österreich anzubieten. Eine Auslieferung an die Vereinigten Staaten von Amerika muss verhindert werden, weil das Aufdecken von schwersten Verbrechen in Zusammenhang mit der Unterdrückung von Rede-, Presse- und Meinungsfreiheit in einem Rechtsstaat niemals geduldet werden darf.[7]
Eine Antwort des Außenministers ist nicht bekannt. Vor diesem Hintergrund gilt es ein glaubwürdiges Eintreten der Bundesregierung für die Presse- und Meinungsfreiheit auf internationaler Ebene durch eine parlamentarische Mehrheit einzumahnen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich glaubwürdig für die Presse- und Meinungsfreiheit einzusetzen und sich gegenüber Großbritannien sowie den USA für die Einhaltung menschenrechtlicher Vorgaben gegenüber Julian Assange auszusprechen. Dazu soll ferner im Rahmen der EU aktiv um Unterstützung für diese Grundhaltung geworben werden.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Menschenrechtsausschuss vorgeschlagen.
[1] https://www.ohchr.org/en/press-releases/2024/03/ukus-time-end-prosecution-julian-assange-un-expert-says
[2] https://www.aph.gov.au/Parliamentary_Business/Hansard/Hansard_Display?bid=chamber/hansardr/27604/&sid=0139
[3] Unselbständiger Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Dr. Nikolaus Scherak, MA, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung der Bürgerbeteiligung an der europäischen Politik, Stärkung der Grundrechte, Freilassung von Julian Assange aus der Haft, https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/UEA/40/imfname_785193.pdf
[4] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/scholz-assange-100.html
[5] https://kurier.at/politik/ausland/usa-verzichtet-moeglicherweise-auf-assange-auslieferung/402852832
[6] https://www.oejc.at/22-02-2024-assanges-letzte-anhoerung/
[7] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20220125_OTS0081/offener-brief-an-oesterreichs-aussenminister-alexander-schallenberg