4011/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 17.04.2024
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Julia Herr,

Genossinnen und Genossen

 

Betreffend eine europäische Wasserstrategie vorantreiben

 

Die fortschreitende Klimakrise ist auch in Europa immer stärker spürbar. Die steigenden Temperaturen in vielen Ländern Europas führen zu immer mehr Wetterextremen wie Hitzewellen und Dürren. Mehr Verdunstung bedeutet sinkende Grundwasserspiegel, aber auch intensivere Regenfälle und Überschwemmungen, mit entsprechenden Auswirkungen auf die europäische Wasserversorgung. Laut der Europäischen Umweltagentur (EEA) sind derzeit in Europa rund 100 Millionen Menschen von Wassermangel betroffen[1]. Etwa ein Drittel Europas wird dauerhaft oder vorübergehend mit Wasserknappheit rechnen müssen. Diese Entwicklungen werfen die Frage auf, wie auch zukünftig sichergestellt ist, dass alle Menschen in Europa und über Europas Grenzen hinaus einen Zugang zu sauberem und leistbarem Trinkwasser sowie Abwasserentsorgung und -reinigung haben.

Um diese Herausforderungen zu meistern braucht es auf der europäischen Ebene eine Rahmenstrategie, wie sie vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) gefordert wurde. Anstrengungen in Richtung eines solchen europäischen „Blue Deals“[2] müssen in den Mitgliedstaaten der EU zu einem sorgsamen Wasserverbrauch und Effizienzsteigerungen sowie einer fairen Verteilung der Wasserressourcen führen, Nutzungskonflikte vorbeugen, ein integratives und digitalisiertes Wassermanagement ermöglichen sowie unser aller Lebensgrundlage erhalten. Dafür müssen den öffentlichen Haushalten die nötigen Rahmenbedingungen für die Finanzierung zur Verfügung gestellt werden. Nur so sind wir auf Krisenzeiten vorbereitet und können langfristig eine flächendeckende Versorgung sicherstellen. Eine europäische Rahmenstrategie wurde jüngst auch von Seiten der Arbeiterkammer und younion _ Die Daseinsgewerkschaft gefordert[3].

Die Wasserversorgung ist lebensnotwendig für die Menschen und Teil der kritischen Infrastruktur. Um künftig ausreichend Wasser zur Verfügung zu haben, wird es aber notwendig sein, die Wasserinfrastruktur zu verbessern. So liegen die Wasserverluste durch Leckagen in Netzen in manchen EULändern bei über 20 Prozent. Dies verdeutlicht, wie notwendig der Ausbau einer resilienten Wasserinfrastruktur, insbesondere auch die Schaffung von Speicherkapazitäten, ist.

Im Bereich der Finanzierung von Infrastrukturvorhaben stellten sich in der Vergangenheit für die öffentliche Hand immer wieder strikte Haushaltsregeln als die größte Barriere heraus. Ziel muss daher sein, soziale und ökologische Investitionen von jeglichen Regelungen auszunehmen, die derartige öffentliche Investitionen verhindern.

Derzeit weisen gerade einmal 40 Prozent der EU-Gewässer einen guten ökologischen Zustand auf. Es sind noch einige Anstrengungen notwendig, um die Umweltqualität der Flüsse und Seen und den mengenmäßigen Zustand zu verbessern. Hier sind insbesondere die Bereiche Landwirtschaft, Industrie, Transport und Energie gefordert, um ihren Eintrag von Schadstoffen zu verringern. 

Die Kommunen stehen derzeit - auch aufgrund der Polykrisen der vergangenen Jahre vor enormen Herausforderungen, auch im Bereich der Wasserversorgung. Um diese besser zu bewältigen, sollte die interkommunale Zusammenarbeit weiterentwickelt und wesentlich erleichtert werden, um die Leistungserfüllung bei der Wasserver- und Abwasserentsorgung sowie Gewässerentwicklung und -unterhaltung zu stärken und die Wirtschaftlichkeit dieser Daseinsvorsorgeleistungen in ländlichen Regionen dauerhaft zu sichern.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft, wird aufgefordert, sich für folgende Maßnahmen auf EU-Ebene einzusetzen bzw. diese auch national umzusetzen:

·         eine resiliente und zukunftsfähige Wasserwirtschaft auf der europäischen Ebene. Dafür braucht es eine europäische Rahmenstrategie, einen „Blue Deal“, wie vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) gefordert. Dabei sollte die Wasserpolitik mit allen anderen EU-Politikbereichen in Einklang gebracht werden.

·         ein klares Bekenntnis zur öffentlichen Erbringung der Wasserversorgung. Die im Zuge der ersten erfolgreichen Europäischen Bürgerinitiative „Right2Water“ gewährten Ausnahmen für Wasser und Abwasser in der Konzessionsrichtlinie sind auch künftig aufrechtzuerhalten. Alle Bestrebungen, Liberalisierungsverpflichtungen im sensiblen Wasser- und Abwasserbereich einzuführen, sind abzulehnen.

·         Vorgaben auf nationaler wie europäischer Ebene, um den Wasserverbrauch besser zu regulieren, sowie effektive und finanzielle Unterstützung für den Aufbau einer resilienten Wasserinfrastruktur (bspw. Reduktion der Wasserleitungsverluste) und den Aufbau von Speicherkapazitäten (z.B. Sammeln von Regenwasser in Speicherbecken, Ringleitungen, weniger Bodenversiegelung etc.) zu ermöglichen.

·         Zielgerichtete Bereitstellung öffentlicher Mittel sollten für den Infrastrukturausbau, um insbesondere strukturschwache Gebiete, in deren Infrastruktur saniert werden muss, zu unterstützen.

·         Berücksichtigung der europäischen Säule sozialer Rechte in der Wasserpolitik. Es wäre sinnvoll einen gemeinsamen Ansatz für das Verständnis der Wasserarmut auf EU-Ebene zu fördern, eine umfassende Definition von Wasserarmut zu entwickeln und diese national zu verankern.

·         Grundlegende Änderung der europäischen Schuldenregelungen, um Zukunftsinvestitionen sicher zu stellen. Damit Städte und Gemeinden ausreichend budgetäre Spielräume für Investitionen in die Wasserinfrastruktur haben, sollte eine „goldene Investitionsregel“ eingeführt werden, die ausreichend Spielräume gewährt. Die kürzlich beschlossene Neufassung der Economic Governance beinhaltet zwar unter gewissen Voraussetzungen Ausnahmen. Diese gehen aber nicht weit genug.

·         Stärkung der öffentlichen Hand durch rechtliche Anpassungen auf europäischer Ebene. Die interkommunale Zusammenarbeit im EU-Regelwerk ist wesentlich zu erleichtern, die rechtlichen Spielräume im EU-Vergaberecht sind zu erweitern.

·         Wasser als ein öffentliches Gut absichern, damit es für alle zu einem erschwinglichen Preis zugänglich ist. Praktiken, wie die von international agierenden Privatunternehmen, die Wasser unter anderem im globalen Süden abfüllen und dann weltweit verkaufen, müssen auf ihre Zukunftsfähigkeit hin hinterfragt werden.

·         Stärkung der Bestimmungen zur Renaturierung von Ökosystemen und Entsiegelung von Böden, damit diese Wasser aufnehmen und es für Dürrezeiten speichern können und bei Überschwemmungen als Retentionsfläche dienen können.

·         Um den Eintrag von Schadstoffen in die Umwelt bereits an der Quelle zu bekämpfen, ist das Verursacherprinzip zu stärken. Schadstoffeinträge in die Gewässer und das Grundwasser sind dauerhaft zu reduzieren, damit die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung leistbar bleibt. Die Kosten dafür sind von den Verursachern zu tragen.“

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Umweltausschuss



[1] https://www.eea.europa.eu/de/signale/signale-2018/artikel/wassernutzung-in-europa-quantitaet-und#:~:text=Die%20Agrarwirtschaft%20verbraucht%20am%20meisten,Wasserknappheit%20in%20Europa%20noch%20verst%C3%A4rken

[2] https://www.eesc.europa.eu/sites/default/files/files/declaration_for_an_eu_blue_deal_en.pdf

[3] https://www.awblog.at/klima-energie/Klimakrise-Herausforderungen-fuer-Oesterreichs-Wasser