4017/A XXVII. GP
Eingebracht am 15.05.2024
Dieser Text ist elektronisch
textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.
Antrag und Verlangen
Verlangen auf Durchführung einer Gebarungsüberprüfung
§ 99 Abs 2 iVm § 26 GOG-NR
des Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff
und weiterer Abgeordneter
Die unterfertigten Abgeordneten verlangen gemäß § 99 Abs. 2 GOG-NR die Durchführung einer gesonderten Gebarungsüberprüfung durch den Rechnungshof betreffend den Präventionsmechanismen um Spionagevorfälle im Bundesministerium für Inneres, im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten sowie im Bundesministerium für Landesverteidigung zu verhindern.
Diese Gebarungsüberprüfung möge insbesondere alle Maßnahmen rechtlicher, organisatorischer, finanzieller und personeller Natur vom 18. Dezember 2017 bis heute durch die in dieser Zeitspanne zuständigen Bundesminister für Inneres, die Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, die Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die genannten Ziele umfassen.
Ziel der Gebarungsüberprüfung soll insbesondere die Darstellung und Beurteilung der Maßnahmen innerhalb der genannten Bundesministerien zur präventiven Verhinderung von ausländischer Spionage sein.
Diese Gebarungsüberprüfung möge insbesondere folgende Detailfragen umfassen:
1. Welche internen Kontrollsysteme bestehen im jeweiligen Ministerium, um Spionage zu verhindern und etwaige Spionagenetzwerke zu identifizieren?
a. einerseits rechtlich
b. andererseits auf Ebene der IT-Infrastruktur
2. Wie konkret haben sich die Ausschreibungsverfahren iZm den IT-Infrastrukturen und deren Sicherung innerhalb der Ministerien gestaltet und wurde tatsächlich die zweckdienstliche IT-Infrastruktur iSd der Budgeteffizienz und Zweckdienlichkeit ausgewählt?
3. Sind diese internen Kontrollsysteme ausreichend, um den gewünschten Zweck zu erfüllen?
4. Über welche finanziellen Ressourcen verfügt das jeweilige Ministerium, um Spionage zu verhindern?
a. Sind diese ausreichend, um effektiv gegen Spionage-Verdachtsmomente vorzugehen?
5. Über welche personellen Ressourcen verfügt das jeweilige Ministerium, um Spionage zu verhindern?
a. Sind diese ausreichend, um effektiv gegen Spionage-Verdachtsmomente vorzugehen?
6. Welche Maßnahmen wurden im jeweiligen Ministerium gesetzt, um etwaigen Verdachtsmomenten von ausländischer Spionage nachzugehen?
a. Waren diese ausreichend, um iSe Generalprävention ausländische Spionage zu verhindern?
Begründung
Von Spionage geht ein immenses Gefahrenpotential aus: Sie untergräbt die Staatssicherheit des betroffenen Landes durch die Weitergabe sensibler Informationen, beeinflusst politische Entscheidungen, schädigt die Wirtschaft durch den Diebstahl von Unternehmensgeheimnissen und infiltriert wichtige Institutionen. Darüber hinaus führt sie zu einem Vertrauensverlust unter Verbündeten, ist Teil hybrider Kriegsführung, die demokratische Strukturen gefährdet, und kann Personen in Schlüsselpositionen kompromittieren. Zudem zielt sie darauf ab, Wahlprozesse zu beeinflussen und das Vertrauen in die Demokratie zu untergraben.
In Wien tummeln sich aus mehreren Gründen bemerkenswert viele Spione, vor allem aus Russland, China und Iran: Die Bundeshauptstadt ist Sitz mehrerer wichtiger internationaler Organisationen: der Vereinten Nationen (UNO), der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA), der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) und der Organisation für Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Außerdem ist der Spionageparagraf löchrig und kriminalisiert nur das Spionieren gegen inländische - also österreichische - Interessen.
Vonseiten Putins Russland wird höchst aktiv Spionage in Europa betrieben- insbesondere seit Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Putins auf die Ukraine. Dies stellt eine signifikante und vielschichtige Bedrohung für die nationale Sicherheit Österreichs und seine europäischen Partner dar.
Österreich ist seit Jahrzehnten ein Spionageparadies, insbesondere für Russland, wie der Verfassungsschutzbericht 2022 feststellt: "Die gegenwärtige Lage im Zusammenhang mit Spionageaktivitäten hat sich im Vergleich zu den Vorjahren nicht signifikant verändert und ist konstant hoch. Sowohl die Intentionen und Zielverfolgungen fremder Nachrichtendienste als auch einzelne Modi Operandi zeichnen sich durch lange Kontinuitäten aus und blieben deshalb weitestgehend konstant. Lediglich der Ukraine-Krieg stellt die Verfassungsschutzbehörden auf internationaler Ebene aktuell vor mehrdimensionale Aufgaben und Problemstellungen, die vereinzelt mit Aktivitäten der Nachrichtendienste Russlands verstrickt wirken" (Verfassungsschutzbericht 2022).
Derzeit sind 60 der 140 in Österreich akkreditierten russischen Diplomat:innen Spion:innen. "Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) führt laut Profil derzeit 503 Personen als in und von Österreich aus operierende russische Spione. Das sind neben den offiziellen Diplomaten etwa Lehrpersonal, Verwaltungspersonal an Botschaften, Facharbeiter in Unternehmen - oder auch schlicht Journalisten." (Profil) Im Resultat laufen ein Drittel der russischen Spionageaktivitäten innerhalb Europas über Wien und Genf (Financial Times). was den unrühmlichen Ruf Wiens als Spionagehauptstadt bestätigt und ein immenses Gefahrenpotential mit sich bringt- für Europa und die Ukraine.
Das konkrete Bedrohungspotential russischer Spionage durch Infiltration unserer Sicherheitsressorts und Einflussnahme auf die Politik manifestiert sich akut im Fall von Jan Marsalek, der unentdeckt Verbindungen in den Verfassungsschutz im ÖVP-geführten Innenministerium aufbauen konnte: Der ehemalige BVT-Mitarbeiter Egisto Ott soll sensible Daten an russische Geheimdienste weitergegeben und einen neuen Geheimdienst geplant haben.
Ott wurde nach Hinweisen ausländischer Geheimdienste wegen Verdachts auf Spionage für Russland festgenommen. Bereits vor drei Jahren wurde Ott im Zuge von Spionageermittlungen in Untersuchungshaft genommen, jedoch wieder enthaftet. Ott soll nach dieser Enthaftung weiterhin
Zugang zu sensiblen Informationen gehabt, und diese an Russland weitergeleitet haben. Die Causa Ott hat uns die Vulnerabilität unserer Demokratie wieder klar vor Augen geführt.
Der Rechnungshof soll daher vor dem Hintergrund der demokratiepolitischen Bedeutsamkeit einer Wehrhaftigkeit des Staates gegen Spionage prüfen.
|
Michael Bernhard |
Helmut Brandstätter |
Henrike Brandstötter |
|
Karin Doppelbauer |
Fiona Fiedler |
Douglas Hoyos-Trauttmansdorff |
|
Stephanie Krisper |
Martina Künsberg Sarre |
Gerald Loacker |
|
Johannes Margreiter |
Beate Meinl-Reisinger |
Nikolaus Scherak |
|
Josef Schellhorn |
Yannick Shetty |
Katharina Werner |