4023/A XXVII. GP
Eingebracht am 15.05.2024
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möglich.
Antrag
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Bundesgesetz über die Kammern der gewerblichen Wirtschaft geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem Bundesgesetz über die Kammern der gewerblichen Wirtschaft geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Bundesgesetz, BGBl. Nr. 103/1998, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 240/2021, wird wie folgt geändert:
I. § 69 lautet:
"§ 69
Alle Funktionäre und Mitarbeiter der nach diesem Gesetz gebildeten Organisationen sind, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse der nach diesem Bundesgesetz gebildeten Organisationen der gewerblichen Wirtschaft, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist. Von dieser Verpflichtung sind Informationen ausgenommen, die im Zusammenhang mit der nach Art 120c B-VG für Organe der Selbstverwaltungskörper geltenden Pflicht zur Einhaltung demokratischer Grundsätze sowie der Sicherstellung der sparsamen und wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben stehen. Sämtliche Informationen zu den Tätigkeiten des Kontrollausschusses und insbesondere dessen Berichte sind von der Verschwiegenheitspflicht jedenfalls ausgenommen. Von dieser Verpflichtung hat auf Verlangen eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde bei Funktionären und Mitarbeitern der zuständige Präsident zu entbinden, wenn dies im Interesse der Rechtspflege oder im sonstigen überwiegenden öffentlichen Interesse gelegen ist."
Unternehmer:innen werden in Österreich zur Mitgliedschaft und Beitragszahlung an die Wirtschaftskammern gesetzlich gezwungen. Trotz der Verpflichtung durch Artikel 120c B-VG zu sparsamen und wirtschaftlichen Prinzipien, zeigen zahlreiche Skandale und intransparente interne Berichte, dass oft verschwenderisch mit Mitgliedsbeiträgen umgegangen wird. NEOS fordern eine Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht für Informationen, die die Einhaltung demokratischer Prinzipien und wirtschaftlicher Verantwortung in den Kammern betreffen, um Transparenz zu erhöhen und eine effiziente Verwendung von Mitgliedsbeiträgen sicherzustellen.
Österreich ist ein Kammerstaat. Alle Unternehmen und Selbständige werden per Gesetz (§ 2 Wirtschaftskammergesetz - WKG) zur Mitgliedschaft bei den Wirtschaftskammern und Fachorganisationen und damit zur Zahlung von Mitgliedsbeiträgen gezwungen. Laut demselben Gesetz ist es die Aufgabe der Kammern, die gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten. Viel mehr ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, was einen großen Ermessensspielraum im Umgang mit Milliarden an jährlichen Einnahmen ermöglicht. In der Bundesverfassung werden jedoch gewisse Grenzen gesetzt. Artikel 120c Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) verpflichtet die Organe der Selbstverwaltungskörper, wie die Wirtschaftskammern, demokratische Grundsätze einzuhalten und ihre Aufgaben sparsam und wirtschaftlich zu erfüllen. Diese rechtliche Vorgabe soll sicherstellen, dass Kammern transparent und verantwortungsvoll mit dem Geld ihrer Mitglieder umgehen. Dies schließt die ordnungsgemäße Buchführung und die Offenlegung von Ausgaben mit ein, um die Nachvollziehbarkeit und Kontrolle der Verwendung von Mitgliedsbeiträgen zu gewährleisten.
Zahlreiche Skandale rund um einen verschwenderischen Umgang mit den Beiträgen der Mitglieder haben gezeigt, dass die Gebarung in den Kammern den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht wird. Berichte über verschwenderische Praktiken, wie teure Beratungsleistungen ohne nachvollziehbares Konzept oder luxuriöse Dienstreisen von Kammerfunktionären, widersprechen offensichtlich den Grundsätzen der Sparsamkeit und Effizienz. Jedes Jahr wird ein interner Kontrollbericht erstellt, in dem immer wieder der verschwenderische Umgang mit Mitgliedsbeiträgen, strukturelle Probleme und viele weitere Punkte angesprochen werden. Dieser Bericht wird aber nicht im Sinne der Transparenz veröffentlicht, sondern lediglich hinter verschlossenen Türen im Kontrollausschuss der WKO besprochen. Darauf folgt immer der Beschluss eines Persilscheins, in dem kein weiterer Handlungsbedarf gesehen wird. Solche Vorfälle werden aktuell durch die Verschwiegenheitspflicht des § 69 des Wirtschaftskammergesetzes (WKG) gedeckt, statt sie im Sinne der Mitglieder und einer transparenten Selbstverwaltung aufzuarbeiten. Es ist daher unerlässlich, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu reformieren, um mehr Transparenz und Rechenschaft zu ermöglichen. Von der geltenden Verschwiegenheitspflicht sollen daher Informationen ausgenommen werden, die im Zusammenhang mit der nach Art 120c B-VG für Organe der Selbstverwaltungskörper geltenden Pflicht zur Einhaltung demokratischer Grundsätze sowie der Sicherstellung der sparsamen und wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben stehen. Die explizite Erwähnung der Informationen im Zusammenhang mit den Tätigkeiten des Kontrollausschusses soll dafür sorgen, dass eine offene Fehlerkultur in den Kammern Einzug hält und damit eine strukturelle Reform im Sinne einer effizienten Nutzung von Mitgliedsbeiträgen möglich wird.
Der für die Aufsicht der Wirtschaftskammern zuständige Wirtschaftsminister bekommt den jährlichen Kontrollbericht selbstverständlich auch zugestellt. Trotz zahlreicher, medial diskutierter Unregelmäßigkeiten wurden von ÖVP-Wirtschaftsministern bisher nie entsprechende Schritte zur Aufklärung gesetzt.
Wir NEOS stehen für eine klare und offene Politik, die es den gesetzlichen Mitgliedern ermöglicht, Einblick in die Verwendung ihrer Beiträge zu erhalten und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Wir setzen uns für eine Wirtschaftskammer ein, die ihre Verantwortung ernst nimmt, die Beiträge ihrer Mitglieder sorgfältig und im Sinne des Gemeinwohls einsetzt und die sich nicht hinter überholten Gesetzespassagen versteckt. Es ist Zeit für eine transparente und effiziente Kammerarbeit, die das Vertrauen der Mitglieder und der Öffentlichkeit verdient!
In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen‚ diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Ausschuss für Wirtschaft‚ Industrie und Energie zuzuweisen.