4040/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 15.05.2024
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Volle Aufmerksamkeit den Kindern, Schulbürokratie endlich abbauen!
Die ausufernde Bürokratie im Schulwesen vergällt Österreichs Lehrerinnen und Lehrern ihren Job und geht zulasten der Bildungschancen der Kinder und Jugendlichen. In einer Umfrage1 unter 700 Lehrerinnen und Lehrern, die im Frühjahr 2023 von Peter Hajek Public Opinion Strategies durchgeführt wurde, sagten 90% der befragten Lehrer:innen, dass sie im Arbeitsalltag Tätigkeiten ausüben, die viel Zeit in Anspruch nehmen und wenig Nutzen haben. 57% der Befragten nannten "Administration und Bürokratie" und weitere 19% "Dokumentation und Protokolle" als solche Tätigkeiten. Diese Zeit fehlt für die Arbeit mit den Schüler:innen und für die Vorbereitung guten Unterrichts. 95% der Befragten stimmen der Aussage "LehrerInnen sind mit zu vielen Erlässen, Verordnungen und Regelungen aus Ministerium und Bildungsdirektionen konfrontiert und finden immer weniger Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben" ganz oder eher zu.
Nicht nur die genannte Umfrage weist auf das enorme Bürokratie-Problem im Schulsystem hin, auch die Vertretung der Lehrer:innen berichtet Ähnliches: Gewerkschaftschef Paul Kimberger von der ÖVP-nahen Fraktion Christlicher Gewerkschafter klagt in einem Bericht im Portal schule.at vom 20.04.2023, dass Schulleitungen und Lehrpersonal in allen Bundesländern "in Verwaltung, Bürokratie und sinnbefreiten Abfragen versinken". Die Behörden wissen laut Kimberger teilweise überhaupt nicht, wie die Realität an den Schulen aussieht und wie hoch die Belastung der Schulleitungen und Lehrer:innen bereits ist.
Am 6. Juli 2023 brachte NEOS im Nationalrat einen Dringlichen Antrag ein, damit dieses drängende Problem endlich mit Priorität angegangen wird und nachhaltige Lösungen gefunden und umgesetzt werden. Bildungsminister Martin Polaschek beschwichtigte in der Sitzung und berichtete, man sei für Entlastungspakete im intensiven Austausch mit der Lehrer:innengewerkschaft. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen abgelehnt.2
Den intensiven Austausch mit der Gewerkschaft setzte der Bildungsminister offenbar auch im Herbst fort: Am 6. September 2023 berichtete Die Presse, dass Bildungsministerium und Lehrergewerkschaft die Bürokratie an Schulen abbauen wollten. Echte Fortschritte zeichneten sich jedoch nicht ab: "Das Ministerium hat zwar schon mehrfach Entlastungen angekündigt, laut dem obersten Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG) wurden diese aber nicht an die Schulen weitergegeben. Nun ist ein neuer Anlauf geplant."3
Auch im Ö1-„Morgenjournal“ sprach Polaschek damals von „sehr guten, intensiven Gesprächen mit der Standesvertretung“, über Inhalte sei Stillschweigen vereinbart worden. Das Stillschweigen hält bis heute - ein Jahr nach der aufrüttelnden Umfrage - an: Weder wurde dem Parlament eine Gesetzesinitiative vorgelegt, noch wurde der Öffentlichkeit ein Paket präsentiert. Der Verdacht liegt nahe, dass die Bemühungen wieder einmal im Sand verlaufen sind und der Mut für echte Reformen fehlt.
Um das Bürokratie-Problem in Griff zu bekommen, braucht es Veränderungen auf drei Ebenen:
Volle Schulautonomie bedeutet, dass Schulen und Lehrer:innen nicht mehr jeden Schritt dokumentieren und rechtfertigen müssen. Die Bildungsdirektion wird als Behörde abgeschafft und als unterstützende, beratende Serviceeinrichtung neu gegründet.
Userfreundliche digitale Schulverwaltung heißt, dass Bund und Länder sich auf EIN Schulverwaltungsprogramm einigen. Dieses muss einfach, verlässlich und userfreundlich alle Verwaltungsvorgänge abdecken, damit Lehrer:innen nicht mehr händisch Listen zu führen und Informationen einzutragen haben, die andernorts schon vorhanden sind.
Mit administrativem Supportpersonal wird es möglich, dass Lehrer:innen lehren und Verwaltungskräfte die administrativen Arbeiten übernehmen. Kürzlich, am 26. April 2024, forderte auch der Rechnungshof in einem neuen Bericht, die Schulleitungen und das pädagogische Personal von administrativen Tätigkeiten zu entlasten und dafür ein bundesweit einheitliches Modell zu schaffen.4
Schule muss ein Ort sein, wo man gerne hingeht - wo Schüler:innen gerne lernen und Lehrer:innen gerne arbeiten. Gelingen wird das mit Vertrauen statt Kontrolle, mit Autonomie statt Bürokratie und mit einer zeitgemäßen Arbeitsteilung. Denn die Schule ist dafür da, den Kindern die Flügel zu heben!
1) https://www.talentebluehen.at/projekte/warum-die-schule-den-kindern-nicht-die-fluegel-hebt/ (siehe "Detailergebnisse")
2) https://intranet.parlament.gv.at/aktuelles/pk/jahr_2023/pk0803#XXVII_NRSITZ_00224
3) https://www.diepresse.com/14435833/bildungsministerium-und-lehrer-wollen-buerokratie-an-schulen-abbauen
4) https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/news/Meldungen_2024/Einheitliches_Modell_fuer_Administration_an_Pflichtschulen.html#
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung‚ Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, wie von ihm angekündigt ein Reformpaket zur Reduktion der Schulbürokratie vorzulegen. Mit einem solchen Paket soll Schulbürokratie erstens vermieden, zweitens vereinfacht und drittens delegiert werden:
Damit soll sichergestellt werden, dass Lehrerinnen und Lehrer ihre Zeit und Aufmerksamkeit voll den Schülerinnen und Schülern widmen können und die Bildungs- und Zukunftschancen der Kinder und Jugendlichen endlich in den Mittelpunkt rücken."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss vorgeschlagen.