4050/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 16.05.2024
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Entschließungsantrag

 

Der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter,
Genossinnen und Genossen

 

betreffend: Neue Jobs schaffen und sichern - durch eine echte Begleitung der Transformation der Wirtschaft

Machen wir einen Blick in die Zukunft. Österreich im Jahr 2040. Auf unseren Straßen werden deutlich mehr Elektrofahrzeuge unterwegs sein als heute, es wird modernere Industrieanlagen geben, die weniger oder möglicherweise gar kein CO2 mehr ausstoßen. Dieses Bild wird nicht nur in Österreich, sondern in sehr vielen anderen Ländern in Europa und auch weltweit zu erkennen sein. Technologische Entwicklungen und die Verhinderung der Klimakatastrophe machen diese Anpassungen alternativlos.

Die Frage, die sich die österreichische Wirtschaftspolitik heute stellen muss, ist lediglich folgende: Welche Technologien der Zukunft, wie viele Bauteile von modernen emissionsfreien Autos und Industrieanlagen werden in 10 Jahren in Österreich gefertigt werden und wie viele werden wir aus dem Ausland importieren (müssen)? Schaffen wir hunderttausende neue, gut bezahlte Arbeitsplätze oder verlieren wir gar welche? Der Kuchen, den wir heute backen, wird erst in 10 Jahren aus dem Ofen geholt. Wir müssen heute das Richtige tun, um in 10 Jahren die Ernte dafür einfahren zu können.

Ein Beispiel für eine Entwicklung die Österreich in den letzten 7 Jahren verschlafen hat, ist sicherlich die Batteriezellenfertigung. In ganz Europa entstehen gerade rund 40 Großwerke für E-Batterien. Deutschland nimmt Milliarden in die Hand um solche Cluster zu schaffen. Nicht umsonst: Das deutsche Wirtschaftsministerium schätzt, dass rund 40% der Wertschöpfung eines E-Autos durch die Batterie generiert werden. Die Sicherung von Arbeitsplätzen in der Automobilwirtschaft hängt also ganz zentral an diesen Fragestellungen.

Die Umsetzung der Transformation wird derzeit überwiegend Unternehmensentscheidungen überlassen, lediglich im Rahmen der Förderrichtlinien werden punktuell Anforderungen gestellt. Eine übergeordnete Transformationsstrategie fehlt aber. Wir wissen daher nicht, in welchen Sektoren die Fördermittel gut aufgehoben sind, oder wie sich einzelne Sektoren künftig entwickeln sollen. Es macht auch wenig Sinn, diese Förderungen über unterschiedliche Ministerien (derzeit Klima- und Wirtschaftsministerium) abzuwickeln. Die fehlende Gesamtstrategie zeigt sich auch am obigen Beispiel der Batteriezellenfertigung.

Eine Industriestrategie wurde noch unter Bundeministerin Schramböck angekündigt und versprochen, der Prozess ist aber im Sand verlaufen. Bis heute hat Österreich keine Industriestrategie.

Der Staat muss seine Rolle in der Wirtschaftspolitik wieder ernst nehmen, im Sinne eines aktiven innovativen und gestaltenden Staates. Das bedeutet auch Klarheit über die Zielvorstellungen herstellen und zwar unter Beteiligung der Beschäftigten und der Bevölkerung.

Die Steuerung der Transformation und die Entscheidung über langfristige Investitionen, die Auswirkung über mehrere Jahrzehnte haben werden, sollten aber nicht von der Willkür oder kurzfristigen Stimmungsschwankungen in der Politik abhängig gemacht werden.

Deshalb schlägt die SPÖ vor, alle Transformationsgelder unter einem Dach zu vereinen – unter dem Dach der ÖBAG. Der Auftrag der ÖBAG ist bereits jetzt im Gesetz festgeschrieben und umfasst neben der Sicherung des Wirtschafts- und Forschungsstandortes auch die Wertsteigerungen der Beteiligungsgesellschaften. Die ÖBAG hält jetzt schon Beteiligungen im Wert von mehr als 30 Mrd. Euro. Konkret sieht das ÖBAG Gesetz vor „Minderheitsbeteiligung an für Standort relevante Unternehmen einzugehen…“ (§ 7 Abs. 5 ÖIAG-Gesetz 2000) Dieses Prinzip wird derzeit jedoch nicht gelebt.

Ziel muss es sein, die ÖBAG mittelfristig zu einer aktiven staatlichen Beteiligungs- und Energiewendeholding auszubauen.

Der Staat – und damit alle Steuerzahler:innen – steckt viel Geld in die Energiewende; das machen alle Staaten: USA, China und natürlich auch in Europa. Steuergeld ausgeben, können also alle. Die Frage ist daher: Wie gibt man es möglichst effizient und zweckmäßig aus?

In Österreich sowie Deutschland gibt es Programme zur Förderung von Start-Ups, die sich besonders in Projekten im Bereich Klima oder Transformation der Wirtschaft engagieren. Dabei handelt es sich auch um riskante Unternehmen, weil man a priori nicht weiß, welche Technologie sich durchsetzen wird. Wie schauen die Förderungen in Österreich und Deutschland derzeit dafür aus?

In Österreich bestehen die Förderungen im Bereich der Energiewende (Abwicklung über die FFG[1]) zumeist darin, dass man ca. 25% des Projektvolumens als direkten nicht rückzahlbaren Zuschuss erhält, und ca. 25% als zinsbegünstigtes Darlehen. Die maximale Fördersumme liegt zumeist bei 3 Mio. Euro. Die Projektdauern sind auf 1 bis 3 Jahre angelegt.

In Deutschland beteiligt sich der Staat über einen Fonds direkt am Eigenkapital der Unternehmen – zu den gleichen Konditionen wie private (Mit)Investoren. Der Fonds strebt dabei immer einen Anteil von unter 25% an. Somit wird sichergestellt, dass die unternehmerischen Entscheidungen auch im Unternehmen bleiben – es sind Minderheitsbeteiligungen. Investition von bis zu 30 Mio. Euro pro Unternehmen. Die Fondslaufzeit beträgt in Deutschland mindestens 25 Jahre.[2] Voraussetzungen für ein Co-Investment des Staates sind unter anderem, dass das Unternehmen Potential hat, sich zu einem Marktführer zu entwickeln, und die Mitinvestoren einen langfristigen Anlagehorizont haben müssen und auf nachhaltiges Wachstum setzen.

 

Wo liegt der Vorteil des deutschen Modells?

Nicht jede Geschäfts- oder Projektidee geht auf – wenn von 10 Start-Ups vier erfolgreich sind und sechs nicht, dann ist in Österreich das Steuergeld aus allen Investitionen weg.

In Deutschland aber kann der Staat durch die Beteiligung von den Wertsteigerungen der vier Unternehmen, deren Projektidee funktioniert hat, partizipieren. Entweder profitiert der Fonds von Dividenden aus Erträgen oder die Beteiligung kann gewinnbringend weiterverkauft werden. Die Erträge aus dem Weiterverkauf kann der Fonds dann in neue Start-Ups reinvestieren.

Im Ergebnis spart dies in Deutschland Steuergeld – der Staat agiert im Sinne der Steuerzahler:innen als strategischer Investor - etwas was jedes normale Unternehmen oder jeder Privatinvestor auch machen würde.

Die SPÖ schlägt daher vor in einem ersten Schritt, die bestehenden Förderungen für Start-Ups im gesamten Bereich der Klima- Energiewende sowie der Transformation der Wirtschaft in Richtung des deutschen Beteiligungsmodells umzustellen.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

 

 

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert alle Transformationsgelder – durch die Schaffung eines Transformationsfonds im Ausmaß von 20 Mrd. Euro -  unter einem Dach zu bündeln, eine Industrie- und Transformationsstrategie zu erarbeiten und auf Basis derer mit Steuergeld möglichst sparsam umzugehen. Im ersten Schritt sollen bestehende Förderungen für Start-Ups im Bereich der Energiewende nach dem Vorbild des deutschen DeepTech & Climate Fonds in Richtung Minderheitsbeteiligungen umgestellt werden.“

 

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie



[1] https://www.ffg.at/energiewende

[2] https://dtcf.de/