4069/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 16.05.2024
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Eva‑Maria Holzleitner, BSc,
Genossinnen und Genossen,
betreffend: Maßnahmenpaket für mehr Geschlechtergerechtigkeit in Entwicklung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz
Zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) wird heute kaum noch technisches Vorwissen benötigt und die Verfügbarkeit ist via ChatGPT und Co nahezu grenzenlos. Auf diese beinahe unbegrenzten Nutzungsmöglichkeiten treffen kaum Regulierung und unzureichende Kennzeichnungspflichten. Zahlreiche Beispiele führen uns die Risiken der sich immer weiterverbreitenden Nutzung von KI fast täglich vor Augen. Besonders prominent ist etwa das Beispiel des US-Popstars Taylor Swift: Via Deep-Fakes wurden sexualisierte Darstellungen der Künstlerin auf verschiedenen Plattformen verbreitet.
Recherchen der Firma SensityAI belegen, wie schnell die Thematik rund um Deep-Fakes wächst: Die Anzahl an Fake-Videos, die online kursieren, ist seit 2018 exponentiell angewachsen und verdoppelt sich etwa alle sechs Monate. Zahlen aus 2018 zeigen zudem, dass es sich bei 96 Prozent der erstellten Fake-Videos um nicht-einvernehmlich erstellte pornographische Inhalte handelt. Zu über 90 Prozent sind dabei Frauen die Opfer. Um hier entgegenzuwirken, fordert etwa die UNESCO die Anerkennung von Online-Gewalt gegen Frauen als Menschenrechtsverletzung.
Expertinnen der Mädchen- und Frauenberatung berichten von einem Anstieg KI basierter Gewalt auch in Österreich. Umso wichtiger ist es, sich jetzt darauf vorzubereiten, damit die in der Beratung und im Opferschutz tätigen Organisationen rasch und effektiv handeln können. Wie gut sich Beratungsstellen auf die neuen Herausforderungen vorbereiten können, hängt einmal mehr mit ihren finanziellen Möglichkeiten zusammen. Gerade im Hinblick auf die ständig wachsenden und sich verändernden Herausforderungen im Bereich Gewaltschutz braucht es ausreichend Personal und entsprechende Weiterbildungen. Eine Anpassung der Förderrichtlinien durch die Übernahme von Projekten, die Frauen im Umgang mit KI generierten Bildern unterstützen, sowie die rasche Umsetzung einer Basisfinanzierung von Frauen- und Mädchenberatungsstellen sind daher unumgänglich.
Auch auf der gesetzlichen Ebene braucht es Anpassungen. Die EU geht hier, wie so oft in Sachen Gleichstellung, voran: Mit der EU-Richtlinie zu Gewalt an Frauen werden erstmals explizit auch das Erstellen und Teilen von sexualisierten Deep-Fakes unter Strafe gestellt – in der gesamten EU. Der neue Rechtsakt enthält Mindestvorschriften für die Definition bestimmter Straftaten und Strafen, um diese Form der Gewalt zu bekämpfen. Damit wird zwar die Erstellung dieser Inhalte nicht gänzlich verhindert, dieser Schritt sendet aber ein Signal, wie eine Gesellschaft zu dieser Art von Gewalt an Frauen steht. Ebenso dringend nötig wäre eine Kennzeichnungspflicht von bearbeiteten bzw. generierten Bildern und Videos, auch im Hinblick auf Beauty-Filter, die gerade auf junge Frauen massiven Druck ausüben können. Eine solche Kennzeichnungspflicht ist auch in dem auf europäischer Ebene beschlossenen AI Act vorgesehen. Damit müssen Entwickler:innen künftig mit künstlicher Intelligenz erzeugte Texte, Töne und Bilder oder Videos eindeutig kennzeichnen, um Menschen nicht in die Irre zu führen. Bis allerdings diese Kennzeichnungspflicht in der Praxis wirkt, wird noch einige Zeit vergehen.
Eine der großen Grundsatzfragen ist auch die nach der Voreingenommenheit von KI‑Systemen und ihren Algorithmen – der so genannten Gender-Bias. KI arbeitet datenbasiert und schließt Diskriminierung nicht aus, daher braucht es verstärkt Frauen, die in diesen Bereichen studieren und arbeiten, und eine geschlechtergerechte Entwicklung sicherstellen. Ein Anknüpfungspunkt ist hierbei das Stipendiensystem: Frauen, die im MINT-Bereich studieren wollen bzw. sich mit KI-Systemen auseinandersetzen, sollen zur Spezialisierung in männerdominierten Bereichen ermutigt werden. Bereits in den Schulen muss dafür ein entsprechender Grundstein gelegt werden. Doch nicht nur der Wissensschatz, auf den KI zugreift, ist von diesem Bias geprägt. 78 Prozent der Personen, die in Europa Künstliche Intelligenz mit ihren Programmen und Algorithmen aktiv gestalten, sind Männer. Es braucht daher dringend mehr Geschlechtergerechtigkeit durch Quotenregelungen in Vorständen und Aufsichtsräten von Unternehmen. Frauen müssen endlich gleichberechtigt in führenden Positionen vertreten sein und die Technologien, die unser Leben künftig noch intensiver beeinflussen werden, mitgestalten.
Aus diesen Gründen stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familien, Medien und Integration im BKA und der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit in der Entwicklung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz auszuarbeiten und dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorzulegen. Insbesondere sollen neben ausreichender Ressourcen von Beratungsstellen ein eigenes Stipendienprogramm für Frauen und KI, die umgehende Vorbereitung der Umsetzung der im AI Act vorgesehenen Kennzeichnungspflichten für KI-generierte Inhalte und rechtliche Konsequenzen bei der missbräuchlichen Verwendung von Deep-Fakes Teil dieses Pakets sein.“
Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung