4081/A XXVII. GP
Eingebracht am 12.06.2024
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Antrag
der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Zivilprozessordnung (RGBl. 113/1895 idF BGBl. I 77/2023) geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem Zivilprozessordnung (RGBl. 113/1895 idF BGBl. I 77/2023) geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Bundesgesetz, RGBl. Nr.113/1895, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr.77/2023, wird wie folgt geändert:
Nach dem § 459 wird folgender § 459a eingefügt:
(1) Betrifft die behauptete Störung des Besitzstandes bei Sachen und bei Rechten eine private Grundfläche, welche zum Abstellen von ein- oder mehrspurigen Kraftfahrzeugen gewidmet und als solche gekennzeichnet ist, so hat der in seinem Sach- oder Rechtsbesitz an dieser Grundfläche Gestörte vor Einbringung einer Klage gemäß § 454 dem Störer die Möglichkeit einer außergerichtlichen Schlichtung in der Weise einzuräumen, dass der Störer binnen einer Frist von zwei Wochen ab nachweislicher Absendung einer dahingehenden Aufforderung in Schriftform die verbindliche Erklärung abgibt, mit der er sich verpflichtet, Störungen der ihm zur Last gelegten Art künftig zu unterlassen und eine pauschale Abgeltung in der Höhe von € 70,00 binnen 14 Tagen ab Abgabe der Erklärung zu bezahlen. Werden die Erklärung fristgerecht abgegeben und die Abgeltung fristgerecht bezahlt, so erlischt das Recht des Gestörten zur Erhebung einer Besitzstörungsklage.
(2) Betrifft die behauptete Störung im Sinne des Abs. 1 eine private Grundfläche, welche zum Abstellen von ein- oder mehrspurigen Kraftfahrzeugen gewidmet, aber nicht als solche gekennzeichnet ist, so besteht kein Recht zu einem Vorgehen gemäß Abs. 1 und auch kein Recht zur Erhebung einer Besitzstörungsklage.
(3) Die Frist gemäß § 454 Abs. 1 bleibt vom Aufforderungsverfahren gemäß Abs. 1 unberührt. Der Klage gemäß § 454 Abs. 2 ist die Aufforderung gemäß Abs. 1 samt Absendenachweis beizuschließen.
(4) Die vorstehenden Absätze sind auf Klagen, mit denen ein auf §§ 366, 372 oder 523 ABGB gestützter Unterlassungsanspruch betreffend eine private Grundfläche, welche zum Abstellen von ein- oder mehrspurigen Kraftfahrzeugen gewidmet ist, geltend gemacht wird, sinngemäß anzuwenden.
Reform Besitzstörungsverfahren
Viele Autofahrer:innen werden seit Jahren kräftig zur Kasse gebeten. In Abmahnbriefen wird ihnen vorgeworfen, sie hätten auf Privatgrund umgedreht bzw. wären über einen Privatparkplatz gefahren. Daher sollen sie binnen weniger Tage 400 Euro bezahlen, andernfalls drohe eine Klage wegen Besitzstörung. Die Briefe kommen immer von den gleichen Firmen: Zupf Di (auch putz di und schleich di.at), Parkheld, Parkprotect, etc. Konsumentenschützer; der ÖAMTC und Verkehrsjurist:innen kritisieren das Vorgehen als reine Geschäftemacherei. Die privaten Flächen seien in der Regel schlecht gekennzeichnet und für Autofahrer:innen schlicht nicht erkennbar, die verlangten Geldbeträge viel zu hoch – sie fordern daher eine Modernisierung der aus dem Jahr 1812 stammenden Besitzstörungs-Regelung im § 339 ABGB.
Diese Forderung ist zu unterstützen.
So wichtig die Bestimmungen über den Besitzschutz im ABGB sind, so inakzeptabel sind Geschäftspraktiken, welche den gerichtlichen Besitzschutz kommerziell ausnutzen. Nachdem aufgrund des Streitwertes von Besitzstörungsklagen bzw. gerichtlichen Verfahren zur Klärung der Kostenfrage (z.B. 35 R 126/21w LG f ZRS Wien) der Rechtszug an den Obersten Gerichtshof und damit eine Rechtsvereinheitlichung de facto ausgeschlossen sind, ist es im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtseinheit tatsächlich notwendig, dass der Gesetzgeber eingreift, um die derzeit feststellbaren Auswüchse zu verhindern.
Ähnlich der „Sonderregelung“ zu den Immissionen für den Baum am Nachbargrundstück (§ 364 Abs. 3 ABGB idF Zivilrechtsänderungsgesetz 2004 samt dem zwingend vorgeschalteten Versuch der außergerichtlichen Streitbeilegung) sollte es daher eine Sonderregelung für private Flächen zum Abstellen von KFZ (egal ob mit öffentlichem Verkehr oder nicht) dahingehend geben, dass vor einer Besitzstörungsklage eine Art "Pönale" in gesetzlich geregelter Höhe verlangt werden muss, also ein außergerichtlicher Schlichtungsversuch nach vorgeschriebenem Schema zu erfolgen hat. Die Höhe sollte sich nach der Höhe einer Verwaltungsstrafe bei Übertretung eines gesetzlichen Parkverbotes orientieren.
Nachdem auch öffentlich-rechtliche Parkverbote in genau bestimmter Weise kundgemacht werden müssen, um wirksam zu sein, sollte dies auch für private Flächen zum Abstellen von KFZ gelten, sodass ohne gehörige Kennzeichnung auch der Anspruch auf ein Pönale bzw. eine allenfalls nachfolgende Besitzstörungsklage entfallen sollten.
In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen‚ diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Justizausschuss zuzuweisen.