4088/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 12.06.2024
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Mittlere Reife mit Grundkompetenzen, Persönlichkeitsbildung und Berufsorientierung

 

Die Schulpflicht endet in Österreich mit dem „Absitzen“ von neun Schuljahren ohne echten Abschluss. Jahr für Jahr schicken wir zigtausende Schulabbrecher:innen und Schulabgänger:innen ohne ausreichende Kenntnisse in Lesen, Schreiben und Rechnen auf ihren weiteren Lebensweg. Viele davon werden zu "NEETs" (Not in Education, Employment or Training) oder irren erfolglos durch schulische und berufliche Ausbildungsangebote, ohne die Basis für ein selbstbestimmtes, gelingendes Leben aufzubauen. 

Ausreichende Grundkompetenzen, ein Bewusstsein für die eigenen Talente und ein erster Einblick in die Arbeitswelt sind jedoch die Voraussetzung dafür, gute Bildungs- und Berufsentscheidungen zu treffen und erfolgreich in eine Lehre oder höhere Schule zu starten. Wohl auch aufgrund dieser Erkenntnis sieht daher das Regierungsprogramm der türkis-grünen Bundesregierung Folgendes vor:

"Bildungspflicht und Mittlere Reife einführen:

Unsere Jugendlichen sollen mit der Mittleren Reife eine individuelle Orientierung für ihre Zukunft mitnehmen. Sie sollen damit am Ende der Pflichtschulzeit wissen, wo ihre Stärken und Fähigkeiten liegen und wie sie diese weiter entwickeln können. Im Fokus stehen hier damit auch Sozial- und Selbstkompetenzen. Die Orientierung einerseits auf ein gemeinsames, extern geprüftes Ziel in den Grundkompetenzen und andererseits auf die Wertschätzung und Anerkennung der individuellen Stärken dient auch einer positiven Beziehung zwischen Lehrer:innen und Schüler:innen, die damit zu "Verbündeten" werden. 

Außerdem ist eine Mittlere Reife, die nicht nur entlang abgegrenzter Schulfächer abgehandelt wird, ein Schritt in Richtung einer stärkeren Lebensweltorientierung der Schule, die von fächerübergreifendem Projektunterricht bis zu einer Reform des Fächerkanons reichen kann. Die Schule soll unsere Kinder und Jugendlichen auf die Herausforderungen einer unüberschaubaren Welt vorbereiten. Sie sollen sich darin zurechtfinden können und handlungsfähig sein.

Eine Mittlere Reife einzuführen stärkt auch die Möglichkeiten, zukünftig die Schulautonomie weiter auszubauen. Ein einheitliches Ziel kann auf vielfältigen Wegen erreicht werden, in stärkerer Eigenverantwortung und Gestaltungsfreiheit der Schulen. 

Die Mittlere Reife ist mehr als nur ein Abschluss: Sie ist ein Zwischenstopp – ein Moment, der Orientierung für das weitere Leben ermöglicht und jungen Menschen ihre Chancen und Potenziale vor Augen hält. Den Schüler:innen dient die Mittlere Reife also zur Standortbestimmung, für die Schulen ist sie ein Instrument der Qualitätssicherung. Ein gemeinsames Ziel am Ende der Schulpflicht ermöglicht es, die Wege dorthin freizugeben und echte Schulautonomie mit Leben zu füllen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung‚ Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, wie im Regierungsprogramm vorgesehen, vor Ablauf der Legislaturperiode die Einführung einer Mittleren Reife einzuleiten. Im Zuge dessen soll die Schulpflicht im Sinne des Absitzens von neun Schuljahren von einer Bildungspflicht abgelöst werden, die das Erreichen definierter Bildungsziele vorsieht. Dabei ist der Fokus auf Grundkompetenzen, Persönlichkeitsbildung und Berufsorientierung zu legen - als Basis für eine gelingende weitere Bildungs- und Berufslaufbahn. Die Mittlere Reife soll sich aus mehreren, zeitlich gestaffelt absolvierbaren Modulen zusammensetzen, die gemeinsam mit Expert:innen näher zu definieren sind:

Für Schüler:innen, die den standardisierten Test zu den Grundkompetenzen nicht positiv abschließen, sind individualisierte Unterrichts- und Coachingmodule einzurichten, die auf sprachliche, psychosoziale und kognitive Herausforderungen Rücksicht nehmen und an die positive Absolvierung heranführen.  

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss vorgeschlagen.