4107/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 13.06.2024
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Petra Tanzler,
Genossinnen und Genossen

betreffend „Schule ohne Nachhilfe“

Immer mehr Kinder in Österreich schaffen einen positiven Jahresabschluss nur dank Nachhilfe. Wie massiv die Belastung für die Eltern mittlerweile ist, zeigt das AK- Nachhilfebarometer[1], eine Studie, welche von der Arbeiterkammer seit 14 Jahren durchgeführt wird. Die Beobachtung über diesen langen Zeitraum zeigt deutlich, dass privat finanzierte und organisierte Nachhilfe ein fester Bestandteil des österreichischen Schulsystems und keine Ausnahme ist. Denn: In dieser Zeit ist der Nachhilfebedarf deutlich angewachsen. Rund jedes zweite Schulkind erhält bzw. erhielt im Schuljahr 2023/24 Nachhilfe, während es voriges Jahr noch 30% waren.

Das belastet die Familien. Jede zweite Familie, die für Nachhilfe zahlt, muss dafür im Gegenzug bei anderen Ausgaben sparen. Hinzu kommt, dass es rund der Hälfte der Eltern schwerfällt, ihre Kinder ausreichend zu unterstützen. Eltern, die es sich leisten können, zahlen ihren Kindern daher oft private Nachhilfe. Laut AK Nachhilfebarometer hat sich der Anteil der Schüler:innen, die Nachhilfe benötigen, seit 2017 von 18% auf 50% gesteigert. In diesem Schuljahr sind bereits 168 Millionen in Nachhilfe geflossen. Dies stellt ein Plus von 46 Millionen Euro im Gegensatz zum Vorjahr dar. Pro Schulkind belaufen sich die Kosten im Mittel auf rund 750 Euro pro Jahr. Kinder, deren Eltern nicht so tief in die Tasche greifen können, haben ohne diese Unterstützung ungemein schlechtere Chancen auf gute Noten und/oder eine erfolgreiche Wiederholungsprüfung (Nachprüfung).

Auf Dauer können nur bessere Rahmenbedingungen in den Schulen die privaten Bildungskosten senken und die Eltern entlasten, denn Österreich kann sich ein mangelhaft ausgestattetes System aus Halbtagsschulen nicht mehr leisten. Nur gute Ganztagsschulen, in denen jedes Kind genug Zeit und Unterstützung bekommt, kann teure, private Nachhilfe aufs Abstellgleis schieben. Eine Schule, in der die Schulkinder mit Freude hineingehen und ohne Schultasche und Hausaufgaben hinausspazieren, ist unser Ziel.

Momentan setzt sich der schulische Druck selbst in den Ferien fort. Aufgrund eines „Nicht Genügend“ im Zeugnis werden auch dieses Jahr nicht alle Schüler:innen die Sommerferien zur Gänze genießen können. Letztes Jahr ging es für mehr als 30.000 Schüler:innen in den Ferien mit dem Lernen weiter, denn sie mussten sich auf eine Nachprüfung im Herbst vorbereiten. Auch heuer ist mit ähnlichen Zahlen zu rechnen. Mit dieser Herausforderung werden Kinder und Jugendliche aktuell gänzlich allein gelassen. Vonseiten der Schulen gibt es nur wenig Unterstützung, und wenn, dann je nach Eigenengagement der Lehrkräfte in unterschiedlichem Ausmaß. Wie die neun Wochen Ferien effizient eingeteilt werden oder wo Schwerpunkte gelegt werden können, müssen sich die Schüler:innen selbst überlegen. Ganz schön viel Eigenverantwortung und psychischer Druck für oft noch sehr junge Schüler:innen, denn immerhin muss der Stoff des gesamten Jahres nachgelernt und geübt werden.

Schüler:innen in Österreich sollten nicht länger das Gefühl haben, dass schulischer Erfolg nicht schaffbar ist und allein vor der scheinbar nicht zu bewältigenden „Aufgabe Nachprüfung“ stehen. Sie dürfen mit der Vorbereitung auf die Nachprüfung nicht alleine gelassen werden. Alle Schüler:innen mit Nachprüfung sollen daher in Zukunft eine entsprechende kostenlose und gezielte Unterstützung für die Vorbereitung der Nachprüfung bekommen. Dabei ist es wichtig, dass Schüler:innen trotz Nachprüfung zumindest einen Teil der Ferien ganz unbeschwert verbringen können. Damit das klappt, braucht es Planung: In der letzten Schulwoche sollen Lehrer:innen in Förderstunden dabei helfen den Lernstoff in kleine Portionen einzuteilen und einen Zeitplan fürs Lernen erstellen. Im Sommer gibt es dann an der jeweiligen Schule gezielte und fächerspezifische Unterstützung beim Lernen. Hierfür wollen wir das Modell der Sommerschule erweitern und um ein explizites Angebot für Schüler:innen mit Nachprüfung ausbauen – die Schulen haben damit die Aufgabe jeden und jeder Schüler:in ein individuelles Angebot (im jeweiligen Fach) zu machen. Dieses Lernangebot findet in den zwei Wochen vor der Nachprüfung statt. Zum Einsatz kommen vor allem Lehrer:innen. Diese erhalten – wie bereits jetzt bei der Sommerschule - entweder Anspruch auf finanzielle Abgeltung oder auf Zeitausgleich.

Damit reduzieren wir finanzielle Belastungen für die Eltern, den massiven psychischen Druck auf die Schüler:innen und auch die Folgekosten für den Staat, die durch schlechte Noten, Klassenwiederholungen und Schulabbrüche entstehen. Laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung sind im vorigen Schuljahr über 25.000 Schüler:innen sitzengeblieben, das ist ein trauriger Rekordwert. Ähnliche Zahlen sind auch dieses Jahr zu erwarten. Viele dieser Wiederholungen könnten vermieden werden, wenn Kinder und Jugendliche die Unterstützung bekommen würden, die sie im Falle einer Nachprüfung brauchen.

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesnovelle vorzulegen, die ein umfangreiches Modell zur flächendeckenden Ausrollung schulischer kostenloser Nachhilfeangebote, bzw. zusätzlich geförderter qualitativer Lernzeiten vorsieht und die Weiterentwicklung der Sommerschulen für die bessere Unterstützung von Schüler:innen mit Wiederholungsprüfung umsetzt.“

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Unterrichtsausschuss ersucht.



[1] AK Nachhilfebarometer: Jedes zweite Kind braucht Unterstützung | Arbeiterkammer Wien