4128/A(E) XXVII. GP
Eingebracht am 13.06.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Georg Bürstmayr, Barbara Nessler, Johanna Jachs, Kolleginnen und Kollegen
betreffend eine multidimensionale Awarenessoffensive „Truthfluencing“ zum Schutz von Kindern- und Jugendlichen vor Radikalisierung auf TikTok
BEGRÜNDUNG
Im Radikalisierungsprozess können Soziale Medien eine wichtige Rolle spielen. Extremistische Inhalte verbreiten sich schnell und ungefiltert. Soziale Medien, insbesondere TikTok, beschleunigen und intensivieren Radikalisierungsprozesse. Die Besonderheit dabei ist der sofortige Zugang zu einer Fülle von extremistischen Bildern und Videos, die eine professionelle Qualität aufweisen. Hierbei kann auch der Mechanismus der Abkapselung intensiviert werden, indem Personen in einer geschlossenen Gruppe gemeinsam bestimmte Deutungen bespielen und sich gegenseitig zum Handeln motivieren. Kinder und junge Erwachsene sind problematischen Inhalten oft ungefiltert und unbegleitet ausgesetzt.
Insbesondere seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 haben soziale Netzwerke wie TikTok eine noch brisantere Rolle bei der Verbreitung von Terrorpropaganda, Desinformation, Antisemitismus und Verschwörungsnarrativen erlangt. Es ist notwendig auf solche beschleunigten Prozesse zeitnah zu reagieren und als politische Verantwortungsträger:innen Strategien zu entwickeln, um aufkeimenden Desinformationskampagnen entschlossen und nachhaltig entgegenzutreten.
Hierfür braucht es eine Fülle von lang-, mittel- und kurzfristigen Maßnahmen um Kindern, Jugendlichen aber auch Eltern, Erziehungsberechtigten sowie Lehrer:innen, Jugendarbeiter:innen und anderen Personen, die mit jungen Menschen arbeiten, das nötige Rüstzeug für eine verantwortungsvolle, nachhaltige und begleitete Nutzung von TikTok mitzugeben. Eine Fülle von präventiven sowie konkreten direkten Maßnahmen sind notwendig um gesteuerten und demokratiefeindlichen Desinformationskampagnen entschlossen entgegenzuwirken. Viele Maßnahmen zur Extremisusprävention wurden in dieser Legislaturperiode bereits gesetzt. Bereits jetzt gibt es eine Reihe von Workshops im Bereich der Extremismusprävention für Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen und Schultypen. Diese sollen helfen, hetzerische Narrative zu erkennen und zu entschärfen, die Demokratiebildung zu stärken, sowie ein respektvolles Miteinander zu fördern. Erst Ende 2023 wurde das Budget hierfür um 700.000 Euro aufgestockt um weitere 1200 Workshops jährlich anzubieten. Hinzu kommen 8 Mio. Euro jährlich, die seit dem Terroranschlag vom 2. November 2020 in Wien für die Extremismusprävention bereitgestellt werden.
Zum Schutz von Kindern- und Jugendlichen ist neben einem holistischen Ansatz, ein Fokus auf TikTok wichtig.
Um der Komplexität des Phänomenbereichs gerecht zu werden braucht es daher eine Awareness Offensive unter Einbeziehung von Expert:innen, Betroffenen sowie Bildungseinrichtungen.
Ziel der „Truthfluencing“ Offensive ist es Kinder, Jugendlichen und ihrem Umfeld für Gefahren in Sozialen Medien zu sensibilisieren und das notwendige Rüstzeug zur Verfügung zu stellen, um fragwürdige oder falsche Inhalte auf TikTok schnell zu erkennen. Betroffene sollen neue Trends und Gefahren schnell identifizieren können.
„Truthfluencing“ soll in diesem Zusammenhang als Gegenbewegung zu Desinformation verstanden werden: die Bereitstellung alternativer Narrative und Formate in jugendgerechter Sprache, um Polarisierung und extremistische Ideologien entgegenzuwirken und unsere demokratische Gesellschaft zu stärken.
Weiters muss die Offensive darauf abzielen bestehende Medienbildung für Kinder und Jugendliche zu stärken, insbesondere im Umgang mit sozialen Medien und künstlicher Intelligenz – sowohl im schulischen wie auch im außerschulischen Bereich. Der erste Grundstein dafür wurde bereits gelegt: In Schulen wurde mit dem neu geschaffenen Unterrichtsfach „Digitale Grundbildung“ die Basis für eine breite Wissensvermittlung, aber auch Bewusstseinsbildung geschaffen.
Auch außerschulische umfassende Medienkompetenz muss gefördert werden, um die Risiken der Radikalisierung und des unreflektierten Konsums von Inhalten zu minimieren. Es bedarf einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen Eltern, Lehrer:innen, Sozial- und Jugendarbeiter:innen, politischen Institutionen und Plattformbetreibern, um Kinder und Jugendliche vor den Gefahren von Radikalisierung und Extremismus im digitalen Raum zu schützen.
Die Regulierung von sozialen Medienplattformen wie TikTok auf europäischer Ebene sollte weiter unterstützt werden, um den Schutz der Nutzer:innen und die Förderung einer gesunden Mediennutzung zu gewährleisten.
Diese politischen Forderungen zielen darauf ab, präventive Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit und Resilienz von Kindern und Jugendlichen im digitalen Zeitalter zu gewährleisten und Jugendschutz auch im Netz sicherzustellen.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden:
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Innenminister wird aufgefordert ein Expert:innengremium unter Leitung bzw. Koordinierung durch das bereits erfolgreich etablierte „Bundesweite Netzwerk Extremismusprävention und Deradikalisierung (BNED)“ einzuberufen um eine multidimensionale Awarenessoffensive „Truthfluencing“ zum Schutz von Kindern- und Jugendlichen vor Radikalisierung auf TikTok ins Leben zu rufen und diese für Ihre Aufgaben auch ausreichend zu finanzieren. Ein Zwischenbericht über die ersten Maßnahmen soll bis Ende September 2024 dem Nationalrat zur weiteren Debatte vorgelegt werden.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für innere Angelegenheiten vorgeschlagen.