44/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 13.11.2019
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Muchitsch

Genossinnen und Genossen

betreffend rasche Umsetzung eines Arbeitsmarktpaketes

 

 

Die Verdüsterung der konjunkturellen Lage, die auch vor Österreich nicht haltmacht, bietet Grund zur Sorge. Der Konjunkturaufschwung der vergangenen Jahre hat viele Menschen in Beschäftigung gebracht. Inzwischen lässt sich aber bei gewissen Gruppen wie der Generation 50 plus wieder eine Zunahme der Arbeitslosigkeit deutlich spüren.

Mit dem zu erwartenden Anstieg der Arbeitslosigkeit ist arbeitsmarktpolitischer Handlungsbedarf gegeben.

Die Arbeitslosigkeit von mehr als zwei Jahren Dauer hat sich bei den über 45-Jährigen seit 2008 vervierfacht. Angesichts eines drohenden Konjunkturabschwungs und eines Strukturwandels etwa durch die Digitalisierung wird die Gefahr dauerhafter Ausgrenzung aus dem Arbeitsmarkt noch steigen.

 

Es ist daher erforderlich ein Arbeitsmarktpaket zu schnüren, das aus einem staatlichen Jobprogramm und der Einführung eines Qualifizierungsgeldes besteht.

 

Das staatliche Jobprogramm ist eine Weiterentwicklung der Aktion 20.000.

Mittels staatlicher Förderung sollen Jobs bei Gemeinden oder gemeinnützigen Einrichtungen für Langzeitarbeitslose geschaffen werden. Der Sozialstaat muss dort einspringen wo der Markt versagt und Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung nicht nachkommen. Trotz zwei Jahre guter wirtschaftlicher Entwicklung und sinkender Arbeitslosigkeit gab und gibt es eine hohe Langzeitarbeitslosigkeit. Besonders betroffen sind ältere ArbeitnehmerInnen: 2018 waren 41.340 Menschen im Alter über 45 Jahren bereits länger als zwei Jahre ohne Arbeit.

 

In vielen Bereichen können Gemeinden ihren EinwohnerInnen nicht mehr das anbieten, was gut und notwendig wäre – die öffentliche Infrastruktur ist in vielen Regionen ausgedünnt. Es ist daher sinnvoll älteren Langzeitarbeitslosen in Gemeinden Arbeit zu geben, die ihren BürgerInnen mehr oder neue soziale, kulturelle und ökologische Dienste anbieten wollen.

Was die Gemeinden neu oder wieder machen, kann das Ergebnis einer Beteiligung der EinwohnerInnen sein. Damit ergibt sich eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten: Weniger Arbeitslosigkeit, mehr Respekt und Würde für ältere ArbeitnehmerInnen, bessere Lebensqualität in den Gemeinden.

 

Statt Arbeitslosigkeit finanziert man Arbeitsplätze im gemeinnützigen Bereich. Bei einem Vollausbau kann die Arbeitslosigkeit um bis zu 40.000 Betroffene reduziert werden und geförderte Beschäftigung in Gemeinden verbessert die Chancen auf einen nicht geförderten Arbeitsplatz.

Statt sozialer Isolation haben Ex-Langzeitarbeitslose wieder Beziehungen und soziale Netzwerke. Und sie bekommen wieder Zuversicht und Mut statt an sich zu zweifeln. Das ist wichtig für den Umstieg auf einen nicht geförderten Arbeitsplatz.

 

Das Ziel sind öffentlich garantierte und finanzierte, dauerhafte Arbeitsverhältnisse für rund 40.000 ältere Langzeitarbeitslose mit mindestens € 1.700 bei Vollzeit. Mit diesen Beschäftigungsverhältnissen verbessern sich soziale, kulturelle, ökologische und/oder ökonomische Strukturen einer bestimmten Region.

 

Die Kosten für 40.000 Arbeitsplätze belaufen sich bei rund 270 Mio. Euro pro Jahr (Wenn die Einsparungen bei der Notstandshilfe und Mehreinnahmen bei Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben berücksichtigt werden. Pro Person werden rund 7.000 Euro Mehrkosten angenommen.)

 

Angesichts von demografischer Entwicklung und neuen Herausforderungen in der Arbeitswelt, wie etwa durch Digitalisierung oder Klimakrise, braucht es auch eine Qualifikationsoffensive in der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Ein „Qualifizierungsgeld" zur finanziellen Absicherung für Weiterbildung oder berufliche Neuausbildung soll eingeführt werden.

 

Fast jeder zweite Arbeitslose konnte 2018 keine über die Pflichtschule hinausgehende Ausbildung vorweisen. Mit 26 Prozent weist diese Gruppe mit Abstand die höchste Arbeitslosenquote auf. Dies bedeutet, dass die Erstausbildung einen ganz wesentlichen Stellenwert hat. Es sollten daher alle Anstrengungen unternommen werden, damit möglichst alle Jugendlichen einen über die Pflichtschule hinausgehenden Schul- oder Berufsabschluss absolvieren. Richtige Schritte in diese Richtung sind die Ausbildungspflicht bis 18 und die leider mittlerweile ausgelaufene Ausbildungsgarantie bis 25.

 

Für jene, die über das „junge Erwachsenenalter“ bereits hinaus sind und derzeit keinen Berufsabschluss haben oder einen, der für sie keine adäquaten Arbeitsmöglichkeiten mehr bietet, gibt es natürlich auch Möglichkeiten der Umschulung bzw. Weiterbildung. Das Arbeitsmarktservice als größter Anbieter von Weiterbildungen ermöglicht Berufsabschlüsse und andere arbeitsmarktbezogene Qualifizierungen, allerdings nur für arbeitslose Personen und auch nur dann, wenn eine Vermittlung im herkömmlichen Beruf nicht mehr erfolgsversprechend ist. Dadurch ist beispielsweise für Menschen, die im Handel oder im Tourismus arbeiten – außer sie weisen gesundheitliche Einschränkungen auf –, ein beruflicher Neuanfang nur schwer möglich.

 

Darüber hinaus gibt es derzeit die Bildungskarenz, die Bildungsteilzeit und das Fachkräftestipendium, die wesentliche Eckpfeiler der selbstgewählten Weiterbildung sind. Diese leisten Unterstützung bei der Finanzierung des Lebensunterhaltes während dem Lernen. Wie ein Monatsbericht des WIFO darlegt, hat allerdings jedes dieser Instrumente auch Mängel. So braucht es für die Bildungskarenz und Bildungsteilzeit ein aufrechtes Dienstverhältnis und die Zustimmung des Arbeitgebers. Darüber hinaus ist die mögliche Dauer zumeist zu kurz, um eine Ausbildung auch abzuschließen. Das Fachkräftestipendium ermöglicht dafür nur eine eingeschränkte Auswahl an schulischen Abschlüssen. Als Ergebnis eines Vergleichs dieser Instrumente legt auch das WIFO nahe, dass es ein neues Modell braucht, um Weiterbildung adäquater finanziell zu unterstützen.

 

Das Qualifizierungsgeld sollte allen Personen über 25 Jahre, die beruflichen Neuorientierungs- oder grundlegenden Weiterbildungsbedarf haben, eine Weiterbildung existenziell ermöglichen. Es soll mit Rechtsanspruch ausgestattet sein und auch gegenüber dem Arbeitgeber sollen Beschäftigte, die das Qualifizierungsgeld nutzen wollen, eine Freistellung für die Ausbildung analog zur Elternteilzeit durchsetzen können.

 

Mit dem neuen Qualifizierungsgeld sollen schrittweise die bisherigen Instrumente Bildungskarenz, Bildungsteilzeit und Fachkräftestipendium ersetzt werden. Nach einer Schätzung des WIFO könnten damit bis zu 40.000 Personen eine zweite Chance erhalten. Dies würde etwa zusätzlich 178 Mio. Euro kosten.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

 

Entschließungsantrag

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend ein Arbeitsmarktpaket zur Beschlussfassung vorzulegen, mit dem insbesondere ein staatliches Jobprogramm geschaffen und ein Qualifizierungsgeld eingeführt wird.

 

Das staatliche Jobprogramm soll ermöglichen, dass mittels staatlicher Förderung Arbeitsplätze bei Gemeinden oder gemeinnützigen Einrichtungen geschaffen werden, mit dem Ziel dauerhafte Arbeitsverhältnisse für bis zu 40.000 Langzeitarbeitslose zu erreichen.

 

Das Qualifizierungsgeld soll für alle Personen über 25 Jahren eine berufliche Neuorientierung oder eine grundlegende Weiterbildung existenziell ermöglichen.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales