591/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 29.05.2020
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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Thomas Drozda, Katharina Kucharowits,

Genossinnen und Genossen

betreffend Kultur ist systemrelevant – Rettungsschirm aufspannen und Zukunftsperspektiven schaffen

 

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Kunst, Kultur, Event- und Kreativwirtschaft sind dramatisch. Sie wurden als erste zugesperrt und werden zu den letzten gehören, die ihre Arbeit wieder voll aufnehmen können. KünstlerInnen und Kreative wollen aber keine BittstellerInnen sein. Und es betrifft auch nicht nur die KünstlerInnen allein. Vom Ton bis zum Licht, von der Kamera bis zum Ticketbüro, von der Eventagentur bis zu VeranstalterInnen und noch viele mehr wissen nicht, wie sie den Fortbestand ihrer Unternehmen sichern sollen. Die Bundesregierung muss alle unterstützen, die aufgrund der Covid-19-Pandemie ihrem Beruf nicht oder nur eingeschränkt nachgehen können. Unterstützung braucht es auch bei der Wiederaufnahme von kulturellen Veranstaltungen, wenn es aufgrund von verordneten Maßnahmen zu Mindereinnahmen kommt.

 

KünstlerInnen, Kulturschaffende und Kreative gehörten bereits vor der Pandemie zu jenen, die oft prekär beschäftigt sind und in vielen Fällen kein regelmäßiges Einkommen haben. Für viele sank dieses durch das Veranstaltungsverbot auf null. Das gilt auch für die tausenden größeren und kleineren kulturellen Institutionen, die Mitte März sperren mussten, keine Einnahmen haben und nur schrittweise den Betrieb wiederaufnehmen können. Die bisherigen Hilfen kommen bei den KünstlerInnen nicht an.

 

Durch die Wiederaufnahme entstehen auch neue finanzielle Herausforderungen, können doch viele VeranstalterInnen aufgrund der verordneten gesundheitspolitischen Schutzmaßnahmen und der dadurch reduzierten Publikumszahlen nicht kostendeckend arbeiten. Kulturbetrieben, denen z.B. durch die Sitzplatzbeschränkungen Einnahmen entgehen, müssen diese ersetzt werden.

 

Wesentlich ist auch die Umsetzung von Fair-Pay-Maßnahmen. Nur durch eine gesicherte und faire Bezahlung von künstlerischer Arbeit kann langfristig die soziale Lage von Kunstschaffenden verbessert werden. Die Stadt Wien hat hier wesentliche Maßnahmen gesetzt und bereits vor der Covid-19-Pandemie eine Budgeterhöhung von zehn Prozent erreicht, um Fair Pay Maßnahmen zu finanzieren. Diesen Weg gilt es auch im Bund einzuschlagen.

 

In der Kultur und der Kreativwirtschaft stehen viele am Rande ihrer wirtschaftlichen Existenz. Das ist umso dramatischer, als die Kultur auch wirtschaftlich enorme Bedeutung für Österreich hat. Im Kreativbereich werden fast 4 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung Österreichs erarbeitet, das sind über 20 Mrd. Euro. Zehntausende Arbeitsplätze hängen daran.

 

In einer solchen Krise braucht es von der Politik besonderes Engagement, Klarheit, Wissen um künstlerische Lebens- und Arbeitsrealitäten, Verlässlichkeit und Mut. Dies vermissen wir aktuell. Die Maßnahmen der Regierung, um die Auswirkungen der Krise abzumildern, sind bei weitem nicht ausreichend. Völlig unklar ist auch noch, wie die Kultur aus der Krise finden wird und welche Unterstützungen von Seiten der Bundesregierung dabei vorgesehen sind.

 

Kunst und Kultur sind zentrale Elemente unseres gesellschaftlichen Zusammen­lebens. Daher braucht es Taten statt Ankündigungen. Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

 

Entschließungsantrag

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, Öffentlicher Dienst und Sport und die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort werden aufgefordert, raschest einen umfassenden Rettungsschirm für den Kulturbereich inklusive der Kulturvermittlung, für Kulturinstitutionen und die Kreativwirtschaft über die derzeit bestehenden Einzelmaßnahmen hinaus vorzulegen, um nachhaltigen Schaden vom Kulturland Österreich abzuwenden. Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, dem Nationalrat ein Maßnahmenpaket für Kulturinstitutionen vorzulegen, das die Wiederaufnahme eines lebendigen und vielfältigen kulturellen Lebens in Österreich unterstützt.

 

Rettungsschirm und Wiederaufbaupaket sollen dabei auf jeden Fall folgende Maßnahmen enthalten:

 

Klare und realistische Vorgaben und Rechtssicherheit für den Kulturbetrieb

 

Existenzen von Kulturschaffenden und Kreativen sichern

·        Grundsicherung für KünstlerInnen während der Coronakrise und solange die Auswirkungen weiterbestehen.

·        Kurzarbeit auch für kurzfristig Beschäftigte: Kulturschaffende und Kreative müssen sich oftmals lange auf ihr Engagement vorbereiten oder umfassende Vorarbeiten leisten, sind dann jedoch nur kurzfristig angestellt. Für diese Personengruppe braucht es ebenfalls die Möglichkeit der Kurzarbeit mit Ersatz von bis zu 90 Prozent des Letzteinkommens (maximal bis zu Höchstbeitragsgrundlage) durch den Staat.

·        Abschlagszahlungen für KünstlerInnen bei Vertragskündigungen wegen höherer Gewalt: Aufgrund der Covid-19-Pandemie wurden zahlreiche Verträge – oftmals auch auf mangelnder vertraglicher Grundlage – aufgelöst. Bei Nicht-Einhaltung der Verträge sind den KünstlerInnen Abschlags­zahlungen zu leisten. Diese werden den VeranstalterInnen vom Bund ersetzt.

·        Leistungen des Covid-19-Fonds beim Künstler-Sozialversicherungs­fonds ausbauen.

·        Härtefallfonds endlich so gestalten, dass auch KünstlerInnen davon profitieren.

 

Den Fortbestand von Kulturinstitutionen und Kreativunternehmen unterstützen – Insolvenzen vermeiden

·        Finanzielle Kompensation für fehlende Ticketverkäufe: Der Staat muss umfassend einspringen und Einbußen aus dem fehlenden Kartenverkauf kompensieren, organisiert über die Finanzämter. Sonst straft die Krise vor allem die, die zuvor ohne oder mit wenig öffentlicher Unterstützung agiert haben.

·         Verlängerung der Kurzarbeitsregelungen und Corona-Hilfsfonds: Zeitliche Ausweitung, wenn notwendig auch bis 2021, bis Kulturschaffende, KünstlerInnen, Kreative und jene, die in der Event- und Unterhaltungsbranche tätig sind, ihre Arbeit wieder zu 100 Prozent aufnehmen können.

·        Öffentliche Förderungen garantieren – Keine Rückzahlungen von Fördermitteln!

 

Wahrnehmung der Eigentümerverantwortung bei Bundeskulturinstitutionen: Die Existenz von Bundeskulturinstitutionen muss gesichert werden. Der Bund als Eigentümer hat hier eine besondere Verantwortung – Vorkehrungen im Budget treffen und ein Notfallpaket schnüren!

 

Langfristige Perspektive schaffen – Wiederaufbauplan

·        langfristiges Investitionsprogramm von einer Milliarde Euro für die Kultur- und Kreativwirtschaft

·        spezielle Förderungen für VeranstalterInnen, die derzeit nicht kostendeckend programmieren können: Kulturbetrieben, denen z.B. durch die Sitzplatzbeschränkungen Einnahmen entgehen, müssen diese ersetzt werden.

·        Umfassende Fair Pay Maßnahmen, um langfristig die finanzielle Situation von Kunstschaffenden zu verbessern.

·        Künstler-Sozialversicherungsfonds durch eine Reform zu einem umfassenden Sicherungsinstrument ausbauen: Streichen der unteren Einkommensgrenze bei Zuschüssen, Ausweitung des BezieherInnenkreises, Berücksichtigung von Kunstvermittlung und Vortragstätigkeit, Schaffung eines speziellen Instruments zur Vermeidung von Altersarmut, Ausweitung der Ruhendmeldung auf alle Neuen Selbständigen etc.“

 

Zuweisungsvorschlag: Kulturausschuss