792/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 09.07.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Nurten Yilmaz,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Menschenrechtsverletzungen an der kroatisch-bosnischen Grenze

Seit Jahren werden Menschen beim Versuch, die Grenze zwischen Bosnien-Herzegowina und Kroatien zu übertreten, gewaltsam abgehalten und zurückgedrängt. Menschen, die diese gefährlichen Versuche unternehmen, sitzen oft seit Monaten bis Jahren im Grenzgebiet im Raum Bihac fest. Sie müssen in elenden und menschenunwürdigen Verhältnissen um ihr Überleben kämpfen.

Die kroatische Grenzpolizei agiert offen brutal und nimmt nicht nur Menschenrechtsverletzungen an einer EU-Außengrenze in Kauf. Potenziellen Asylsuchenden wird der Zugang zum Asylverfahren verwehrt und dabei kommt es auch zu konkreter körperlicher Gewalt. Diese systematischen Push-Backs ganzer Gruppen von Asylsuchenden ohne Prüfung ihres Schutzanspruchs widersprechen europäischen Rechtsnormen wie der EU-Grundrechtecharta und der Flüchtlingskonvention von 1951.

500 dokumentierte Fälle vom Border Violence Monitoring Network, einem Zusammenschluss unabhängiger NGOs, zeugen von dieser Vorgehensweise. Der Brief eines kroatischen Grenzpolizisten aus dem Vorjahr, in dem er die dortige Volksanwältin über die gängige Praxis der Gewalt und die Folter informiert, ist ein starkes Beweismittel und zugleich ein Geständnis, dass diese Vorfälle systematisch passieren.

Auch ein Bericht der EU-Kommission (siehe S. 13) bietet einen starken Hinweis dafür, dass der Schutz der Menschenrechte von Asylwerbern und anderen Migranten etc. eine Herausforderung bleibt. „The protection of human rights of asylum seekers and other migrants, and the allegations of denial of access to the asylum procedure and of use of force by law enforcement officials at the border remain a challenge.“[1]

KennerInnen der Lage vor Ort und AktivistInnen in der Flüchtlingshilfe sind seit Jahren aktiv und versuchen trotz der Corona Hürden in Kontakt zu bleiben und weiterhin für die Menschen vor Ort hilfreiche PartnerInnen zu sein. Sie haben die 500 dokumentierten Fälle und anderes Beweismaterial vor wenigen Tagen an die österreichische Justizministerin Zadić  und einige Abgeordnete zum Parlament übergeben.

Angesichts dieser anhaltenden Entwicklungen an der europäischen Außengrenze und entsprechend Österreichs Einsatz für Rechtsstaatlichkeit und für die Achtung der Menschenrechte, die einen integralen Bestandteil der österreichischen Außenpolitik bilden, sollte die Republik Österreich insbesondere in der aktuellen Situation ihre menschenrechtliche, demokratische und rechtsstaatliche Grundhaltung verstärkt vermitteln.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten mögen sich daher mit allen Möglichkeiten dafür einsetzen, dass die körperliche Gewalt gegenüber Geflüchteten auf der kroatisch­bosnischen Grenze ein Ende findet, rechtswidrige und gewaltsame Zurückweisung von Migranten und Asylsuchenden („push-backs“) ein Ende finden und die europa- und asylrechtlichen Bestimmungen in EU-Mitgliedsland Kroatien eingehalten werden.

Insbesondere wird der der Bundesminister für europäische und internationale

Angelegenheiten aufgefordert, nicht nur auf europäischer Ebene, sondern auch bilateral mit den kroatischen Regierungsmitgliedern Kontakt aufzunehmen und auf die Einhaltung menschen- und europarechtlicher Bestimmungen zu pochen.

Weiters soll sich der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten in der Europäischen Union dafür einsetzen, dass die menschenrechtliche und materielle Situation in den Flüchtlingslagern in Bosnien-Herzegowina verbessert wird.

In diesem Zusammenhang wird die Bundesministerin für Justiz aufgefordert, sich multilateral auf europäischer Ebene im Rat für Justiz und Inneres für die Wahrung der Menschenrechte an den europäischen Grenzen auszusprechen und für die gemeinsame, menschenwürdige Unterbringung der betroffenen Geflüchteten und die Einhaltung der europa- und asylrechtlichen Bestimmungen aufzutreten.

Darüber hinaus wird der Bundesminister für Inneres dazu aufgefordert, diese Gewaltanwendungen und Menschenrechtsverletzungen durch die kroatischen Behörden beim europäischen Prozess über einen möglichen Schengenbeitritt Kroatiens kritisch einzumelden und auf die Einhaltung der europa- und asylrechtlichen Bestimmungen als Bedingung für weitergehende Gespräche bzw. einen Abschluss ebendieser über einen solchen Beitritt zu machen."

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Menschenrechte



[1] https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda- migration/20191022_com-2019-497-communication en.pdf