813/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 14.09.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

der Abgeordneten Sonja Hammerschmid,

Genossinnen und Genossen

 

 

betreffend Corona-Stress für Eltern stoppen

 

 

Der Ausbruch der Corona-Krise ist bereits sechs Monate her, seither werden die Aufgaben und Herausforderungen für die Eltern allerdings täglich mehr, anstatt weniger. Das gilt besonders für den Schulstart. Der Elternrief von Bildungsminister Faßmann und Bundesministerin Aschbacher hat dies noch zusätzlich verdeutlicht: kein Plan für die echten Probleme, die sich zum Schulstart für SchülerInnen, LehrerInnen und allen voran Eltern ergeben:

Problem 1) Eltern werden zu ErsatzlehrerInnen

Bereits vor Ausbruch der Corona-Krise war der Bedarf nach externer Nachhilfe hoch: Laut einer Studie im Auftrag der Arbeiterkammer[1] haben 28 Prozent aller SchülerInnen im laufenden Schuljahr oder in den letzten Sommerferien bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie eine externe Nachhilfe bekommen. Diese Nachhilfe kostet ordentlich: Bei nur 30 Prozent der SchülerInnen sagten die Eltern, dass es an der Schule regelmäßige Förderunterrichtsangebote gibt. Im letzten Schuljahr haben Eltern in Österreich im Schnitt pro Kind rund 450 Euro ausgegeben. Österreichweit summierten sich die Kosten für Eltern damit auf fast 90 Mio. Euro für private Nachhilfe. Durch die Corona-Krise droht der Bedarf an zusätzlichen Nachhilfe Stunden im Herbst zu explodieren. Nicht alle Eltern werden das finanziell aus eigener Tasche zahlen können.

Elisabeth Rosenberger, Präsidentin des Bundesverbands der Elternvereine an den mittleren und höheren Schulen, bringt das Problem mit ihrer Reaktion auf den Elternbrief, der von Bildungsminister Faßmann und der Bundesministerin für Arbeit, Jugend und Familie zum Schulstart verfasst wurde, auf den Punkt: „Eltern werden zu ErsatzlehrerInnen“. Es wird von Eltern verlangt, Versäumtes aufzuholen und die Kinder für den Schulstart vorzubereiten. Die LehrerInnen bekommen wiederum Druck, da sie auch beim Homeschooling unbedingt am Lehrplan festhalten müssen, obwohl eine Großzahl an SchülerInnen keinen Laptop und der angekündigte Digitalisierungsplan zu spät kommt. Laptops für SchülerInnen gibt es erst ab dem Schuljahr 2021/22. Bis dahin ist die Pandemie allerdings hoffentlich vorbei. Für das Aufholen vom Versäumten gibt es aber gleichzeitig auch keine zusätzlichen Mittel. Zurecht fordern die ElternverterInnen niederschwelligen Förderunterricht am Schulstandort.

Problem 2) Die Regierung hängt den Eltern die Rolle der Virologen um

Mit dem Schulstart stehen Eltern aber noch vor weiteren Herausforderungen: was tun, wenn mein Kind krank ist? Was im letzten Jahr nach einem nicht sonderlich großen Problem geklungen hat, wird für die Eltern in Zeiten von Corona eine schwierige Gradwanderung: muss ich mein Kind bei einem normalen Schnupfen zu Hause lassen, um andere zu schützen? Die beiden MinisterInnen informierten im erwähnten Elternbrief, dass SchülerInnen bei Fieber zuhause bleiben sollen. Das wussten alle Eltern davor auch schon.  Das Problem von Corona und Schnupfen wurde zwar angesprochen, was die Eltern konkret im Falle eines Schnupfens tun sollen, bleibt aber weiter offen:

„Jede/jeder von uns kennt mittlerweile die zentralen Symptome von COVID-19, die sich von jenen einer Erkältung teilweise nicht eindeutig unterscheiden lassen. Auch kann eine COVID-19-Erkrankung symptomfrei verlaufen. Es wäre unrealistisch, von Ihnen als Eltern und Erziehungsberechtigte zu verlangen, Ihr Kind wegen eines Schnupfens nicht in die Schule zu schicken. Worum wir Sie jedoch ersuchen ist, den Gesundheitszustand Ihres Kindes genau zu beobachten und es im Zweifelsfall zu Hause zu lassen, ist dazu im Brief zu lesen.

Hygienerichtlinien für Schulen und Kindergärten alleine sind nicht ausreichend, um diese Klarheit zu schaffen und vor vermehrtem Infektionsgeschehen zu schützen. Ziel muss sein, Infektionen an Schulen so schnell wie möglich zu erkennen und Infektionsketten zu unterbrechen, um eine Schließung von Klassen und Schulen zu verhindern. Nur durch schnell und regelmäßig durchgeführte Testungen können Infektionen früh aufgedeckt und Infektionsketten unterbrochen werden. Dies ist nur möglich, indem alle LehrerInnen und ElementarpädagogInnen möglichst engmaschig – wie das bereits im Gesundheitssektor der Fall ist – getestet werden und die Testergebnisse innerhalb von 24 Stunden vorliegen.

Problem 3) Falsche Informationen und Verwirrspiel rund um Betreuungsfragen

Eltern haben keine Ahnung mehr, welche Regeln im Falle geschlossener Schulen oder kranker Kinder gelten und welche Ansprüche sie haben: Im Elternbrief wird vermittelt, dass es für die coronavirusbedingte Betreuung eines Kindes nur die dreiwöchige Sonderbetreuungszeit gebe, die mit den ArbeitgeberInnen vereinbart werden muss und worauf sie auch keinen Rechtsanspruch haben. Tatsächlich existiert aber auch eine bezahlte Freistellung mit Rechtsanspruch: Wer aus sonstigen wichtigen persönlichen Gründen verhindert ist – dazu gehört auch die ad hoc Kinderbetreuung – hat einen Anspruch auf bezahlte Freistellung und das auch mehrmals pro Jahr. Zusätzlich gibt es auch die Pflegefreistellung.

Die von der Regierung angepriesene „Sonderbetreuung“ ist zwar schön, ArbeitnehmerInnen haben darauf aber keinen Rechtsanspruch. Auch für ArbeitgeberInnen ist diese Variante teuer: Sie bekommen nur ein Drittel bzw. wie angekündigt die Hälfte der Entgeltfortzahlung ersetzt. Warum sie den Restbetrag bei einer Schulschließung bezahlen müssen, obwohl sowohl die ArbeitnehmerInnen als auch die Arbeitgeber nichts für eine Schulschließung können, ist eigentlich nicht verständlich.

 

Daher braucht es klare Maßnahmen und Strategien, um einen sicheren Schulbesuch für Kinder und Jugendliche zu erlauben und den Corona Stress für Eltern zu stoppen.

 

Aus diesem Grund stellen die unterzeichnenden Abgeordneten nachstehenden

 

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend, werden aufgefordert, dem Nationalrat ein umfassendes Paket für einen sicheren Schulbesuch vorzulegen und um den Corona-Stress für Eltern zu stoppen. Dieses muss beinhalten:

·         Alle Kinder haben an den Schulen Zugang zu wöchentlich 2 Stunden Nachhilfeunterricht in Kleingruppen in den Hautfächern

·         Weg von der „Hausübungsschule“: Ausbau der Ganztagsschule am Vorbild Wien

·         alle LehrerInnen und KindergartenpädagogInnen werden in das Screening Programm des Bundes aufgenommen und regelmäßig getestet

·         allen Kindern wird ein ‚Gurgeltest-Set‘ zur Verfügung gestellt

·         in allen Schulen und Kindergärten liegen ‚Gurgeltest-Sets‘ auf

·         Mobile Test-Teams unterstützen die Schulen bei den Testungen (ähnlich wie im Tourismus)

·         Testergebnisse liegen innerhalb von 24 Stunden (48 Stunden am Wochenende) vor

·         Eltern werden korrekt über ihre arbeitsrechtlichen Ansprüche in Betreuungsfragen informiert.

·         Die Sonderbetreuungszeit muss reformiert werden: im Falle von Schulschließungen (gesamt oder klassenweise) brauchen Eltern einen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit. Aber auch aus Arbeitgebersicht braucht es bessere Unterstützung, und zwar vollen Anspruch aus dem Epidemiegesetz: Anstatt den bisher angekündigten 50% Unterstützung für die Entgeltfortzahlung, soll der Bund den ArbeitgeberInnen den vollen Betrag refundieren.“

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Unterrichtsausschuss



[1]https://www.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/arbeitundsoziales/bildung/Nachhilfe_in_Oesterreich_2020.pdf