985/A(E) XXVII. GP

Eingebracht am 05.11.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Reform der Medienförderung

Die Medienwelt hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert: private Radio- und Fernsehstationen, Online-Medien (Recherche-Plattformen, Blogger, etc.), Tageszeitungen mit Online-Portalen, Medienportale (YouTube, Facebook, etc.), Streaminganbieter. Die einzige Konstante wird auch in den nächsten Jahren die Veränderung sein. Die momentane Medienpolitik trägt diesen Entwicklungen leider in keiner Weise Rechnung. Die etablierten und alten Geschäftsmodelle der traditionellen Medien sind stark herausgefordert. Doch das Medienverständnis der österreichischen Regierung ist im 20 Jh. steckengeblieben. Momentan gibt es im Fördersystem einen starken Fokus auf gedruckte Zeitungen und Vertriebsförderungen, die nicht mehr zeitgemäß sind. Länder wie Schweden zeigen, dass eine Reform der Medienförderung für die Anforderungen des 21. Jhs unerlässlich ist. 2018 wurde die Presseförderung in Schweden von einer Printförderung zu einer plattformunabhängigen Medienförderung reformiert. Dazu wurde im Vorfeld eine wissenschaftliche Studie durchgeführt, die den Bedarf der Branche und der liberal-demokratischen Gesellschaft erhoben hat. Vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk bis zu Podcasts wurde alles untersucht. Daraufhin wurde der Förderbetrag von 59,5 auf 76,8 Millionen Euro erhöht. Für die Förderung kommen alle Medien infrage, deren Inhalte zu 60% redaktionell eigenproduziert sind. Die Förderung wird von einer neuen Medienkommission vergeben, die aus mehrheitlich Branchenvertretern besteht.

Der Medienwandel beendet nicht nur historische Geschäftsmodelle, sondern öffnet auch die Teilnahme an der Gestaltung von Öffentlichkeit. Social Media und Smartphones haben für alle Menschen die Barriere deutlich gesenkt, ihr Wissen zu teilen und ihre Meinung hörbar zu artikulieren. Aktive Meinungsfreiheit ist eine Chance. Gleichzeitig gibt es Bedrohungen dieser Meinungsfreiheit, die paradoxerweise durch den Gebrauch derselben ausgelöst wurde. Auch weil ihre Grenzen von den Teilnehmer_innen selbst ausgelotet, überschritten und neu ausgehandelt werden. Meinungsfreiheit bedeutet manchmal nämlich auch Faktenfreiheit. Radikalisierung und bewusste Fehlinformation werden dazu benützt, Botschaften zu verkürzen. Ist das neu? Nein. Aber die verstärkte Sichtbarkeit erfordert die Forcierung eines Journalismus, der nachhaltig gesicherte und recherchierte Inhalte liefert, die wiederum die Grundlage für den demokratischen Diskurs bilden.

Unser Ziel ist vielfältiger, kritischer Journalismus, der die Grundlage für eine vielfältige, kritische Meinungsbildung ist. Darum braucht es die journalistische Aufarbeitung von Positionen und Inhalten, die nicht an sich mehrheitsfähig sind und daher auch nicht zwangsläufig von marktwirtschaftlich agierenden Medienunternehmen erarbeitet werden müssen. Aus diesem Grund sind diese ganz besonders auf staatliche Förderung angewiesen, die sie jetzt jedoch nicht erhalten. Momentan ist man zum Beispiel bei Förderungen immer noch an eine gedruckte periodische Ausgabe gebunden.

Als zentrale Säule unserer liberalen Demokratie ist es unsere politische Pflicht, Medien nach Qualitätskriterien, plattformunabhängig zu fördern. Eine gut ausfinanzierte Medienförderung kostet weniger als Korruption und Freunderlwirtschaft.

Aus diesem Grund benötigen wir dringend eine Reform der Medienförderung: Bestehende Medienhäuser gehören politisch entzerrt. Zugleich muss professioneller, kritischer Journalismus gefördert werden, und zwar kanalunabhängig, durch transparente Entscheidungsprozesse (Abwicklung durch Expert_innenjurys) und die Treffsicherheit der Maßnahmen muss durch den Rechnungshof kontrolliert werden. Überkreuzbeteiligungen in der Medienbranche müssen bekämpft und politiknahe Eigentümer_innen vermieden werden. Die Förderkriterien sollen vor allem den Qualitätsjournalismus fördern, und zwar anhand mehrerer nachvollziehbarer Kriterien, wie zum Beispiel:

·         Redaktionsstatut mit Mindestkriterien

·         Selbstkontrolle, wie Anerkennung des Presserates und verpflichtende Veröffentlichung

·         Trennungsgrundsatz von Nachricht und Kommentar; von Anzeige und redaktionellem Inhalt

·         Quellennachweis

·         Recherchebeschreibung

·         Unabhängigkeit.

Medien, die diesen Kriterien nicht entsprechen, sollten keine oder eine sehr geringe Förderung erhalten, weil gerade die öffentliche Hand darum bemüht sein muss, dass professioneller, kritischer Journalismus gefördert wird und nicht zeitungs- oder medienähnliche Konstrukte, wie das momentan geschieht. Medienförderung ist eine wichtige Investition in eine der Grundsäulen unserer offenen, liberalen Demokratie und wichtige Grundlage für unsere Meinungsfreiheit.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die Reform der österreichischen Medienförderung vorsieht. Dabei soll eine Medienförderung Neu - bei gleichzeitiger Reduzierung des Inseratenvolumens der öffentlichen Hand auf einen Bruchteil der aktuellen Summe - einem Zehnfachen der aktuellen Presseförderung entsprechen und als wichtige Investition in eine der Grundsäulen unserer offenen, liberalen Demokratie politisch verankert werden. Ziel muss es sein, anhand von nachvollziehbaren Kriterien, professionellen und kritischen Journalismus zu fördern und nicht anhand von Druckauflagen oder Quoten oder durch Inserate Steuergeld zu verteilen.

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.