3170/AB XXVII. GP

Eingelangt am 21.10.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.
Am 2.11.2020 erfolgte eine vertraulichkeits-/datenschutzkonforme Adaptierung

BM für Justiz

Anfragebeantwortung

Sehr geehrter Herr Präsident,

die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen haben am 21. August 2020 unter der Nr. 3151/J-NR/2020 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Causa Wilkening“ gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

Vorauszuschicken ist, dass mir eine Beantwortung der Fragen zu Details der betroffenen nichtöffentlichen Ermittlungsverfahren nur insoweit möglich ist, als dadurch nicht in – insbesondere auch verfassungsrechtlich geschützte - Rechte von Verfahrensbeteiligten eingegriffen oder der Ermittlungserfolg gefährdet wird.

Zur Frage 1:

          In welchem Verfahrensstand befindet sich das Verfahren zur Causa Wilkening und unter welchem Aktenzeichen wurde es früher und wird es jetzt geführt?

Das von der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption geführte Verfahren zur sogenannten „Causa Wilkening“ befindet sich im Status des Ermittlungsverfahrens. Mit Blick auf das mit der Nichtöffentlichkeit des Ermittlungsverfahrens verfolgte Ziel der Wahrung verfassungsrechtlich geschützter Interessen ersuche ich um Verständnis, dass ich von identifizierenden Angaben Abstand nehmen muss. 

Zur Frage 2:

          Wurden seit Juni 2018 irgendwelche Ermittlungsmaßnahmen wie beispielsweise Zeugeneinvernahmen oder Rechtshilfeersuchen gesetzt?

a.      Wenn ja, welche wann (sollte aus Sicht der Bundesministerin für Justiz hinsichtlich einzelner Aspekte das Amtsgeheimnis einer umfassenden Beantwortung entgegenstehen, so wird um Beantwortung in einer Form, die einerseits mit dem Amtsgeheimnis in Einklang zu bringen ist und andererseits einen möglichst hohen Informationsgehalt aufweist, gebeten)?

b.      Wenn nein, warum nicht?

Im anfragegegenständlichen Ermittlungsverfahren wurden seit Juni 2018 zahlreiche Ermittlungsmaßnahmen gesetzt, insbesondere:

•     laufende Sichtung und Auswertung des (vor Juni 2018) im Wege der Rechtshilfe, der Amtshilfe und im Zuge von Durchsuchungen sichergestellten (umfangreichen) Datenmaterials (darunter E-Mails, SMS, WhatsApp-Nachrichten, Log-File Daten der Finanzverwaltung usw) durch die Kriminalpolizei (BAK);

•     Einholung und Auswertung von insgesamt 26 Auskünften über Bankkonten und Bankgeschäfte gemäß §§ 109 Z 4, 116 Abs 2 Z 1 StPO betreffend die Geschäftsverbindungen von vier ermittlungsrelevanten Personen;

•     Vernehmung von bislang acht Beschuldigten;

•     Vernehmung von bislang 72 Zeugen;

•     Amtshilfeersuchen an das BVT betreffend Sicherung des dienstlichen E-Mail-Accounts eines Beschuldigten;

•     Rechtshilfeersuchen an die Schweiz betreffend die Vernehmung eines Zeugen;

•     umfassende Erkundigungen (Auswertung von Unterlagen, Einholung von Stellungnahmen, formlose Befragungen usw.) zu einer im Wege des Hinweisgebersystems eingebrachten Sachverhaltsdarstellung.

Zur Frage 3:

          Gegen wie viele Personen (Verdächtige und Beschuldigte) wurde bereits wegen welcher Delikte ermittelt und seit wann (sollte aus Sicht der Bundesministerin für Justiz hinsichtlich einzelner Aspekte das Amtsgeheimnis einer umfassenden Beantwortung entgegenstehen, so wird um Beantwortung in einer Form, die einerseits mit dem Amtsgeheimnis in Einklang zu bringen ist und andererseits einen möglichst hohen Informationsgehalt aufweist, gebeten)?

Es wurde bislang gegen 19 Beschuldigte und Verdächtige vorwiegend wegen § 302 Abs 1 StGB und teilweise auch wegen § 304 Abs 1 und 2 oder § 307 Abs 1 und 2 StGB und teilweise wegen §§ 288 Abs 1 und 4, und § 295 StGB ermittelt. Die erste Ermittlungs-handlung wurde am 21. April 2016 gesetzt.

Zur Frage 4:

          Wie viele Personen werden als Beschuldigte in dem Verfahren wegen welcher Delikte geführt (sollte aus Sicht der Bundesministerin für Justiz hinsichtlich einzelner Aspekte das Amtsgeheimnis einer umfassenden Beantwortung entgegenstehen, so wird um Beantwortung in einer Form, die einerseits mit dem Amtsgeheimnis in Einklang zu bringen ist und andererseits einen möglichst hohen Informationsgehalt aufweist, gebeten)?

Derzeit werden im laufenden Verfahren acht Personen als Beschuldigte wegen § 302 Abs 1 StGB und teilweise auch wegen § 307 Abs 1 und 2 oder § 304 Abs 1 und 2 StGB geführt.

Zur Frage 5:

          5. Wurde Michael Kloibmüller bereits in der Causa vernommen?

a.      Wenn nein, warum nicht?

b.      Wenn ja, wann? Als Zeuge oder als Beschuldigter?

Die Ermittlungen in diesem Verfahren erbrachten weder einen Hinweis auf einen konkreten Anfangsverdacht einer Straftat (§ 1 Abs 3 StPO) gegen M. K., noch wurde dieser angezeigt. Ebenso wenig gab es Hinweise dafür, dass der Genannte als Zeuge relevante Wahrnehmungen zu dieser Causa gemacht hätte.

Das der Anfrage zugrundeliegende Vernehmungsprotokoll aus dem BVT-Verfahren wurde im anfragegegenständlichen Verfahren der WKStA am 10. Oktober 2018 dem BAK als ermittelnder kriminalpolizeilicher Behörde zur Kenntnis gebracht. Da über ergänzende diesbezügliche Ermittlungen in weiterer Folge nicht berichtet wurde, ist davon auszugehen, dass sich an der ursprünglichen Einschätzung der Verdachtslage nichts geändert hat.

Zur Frage 6:

          6. Wurde Wolfgang Zöhrer bereits in der Causa vernommen?

a.      Wenn nein, warum nicht?

b.      Wenn ja, wann? Als Zeuge oder als Beschuldigter?

W. Z. wurde am 23. Jänner 2017 durch Beamte des BAK als Zeuge vernommen. Die Ermittlungen in diesem Verfahren erbrachten weder einen Hinweis auf einen konkreten Anfangsverdacht einer Straftat gegen W. Z., noch wurde dieser angezeigt. Ich verweise auf den zweiten Absatz zu Frage 5.

Zur Frage 7:

          7. Wurde Christina Wilkening bereits in der Causa vernommen?

a.      Wenn nein, warum nicht?

b.      Wenn ja, wann? Als Zeugin oder als Beschuldigte?

Die Beschuldigte C. W. wurde am 15. November 2017, 27. März 2017, 28. März 2017, 29. März 2017, 29. Mai 2017 und am 30. Mai 2017 vernommen. Im Rechtshilfeweg wurde das Protokoll ihrer Beschuldigtenvernehmung vor dem deutschen Bundeskriminalamt vom 14. Februar 2017 beigeschafft.

Zur Frage 8:

          Gab es Untersuchungen dahingehend, ob es Kontakt zwischen Frau Wilkening C. und Kloibmüller bzw. Zöhrer gab?

a.      Wenn nein, warum nicht?

b.      Wenn ja, wann und zu welchem Ergebnis kam diese Untersuchung?

Nein. Aus den im anfragegegenständlichen Verfahren der WKStA untersuchten umfangreichen Beweismitteln waren Anhaltspunkte für den Verdacht einer Straftat gegen K. und Z. nicht ableitbar. Die bloße Kontaktaufnahme mit Personen, mag es sich auch um „Nachrichtenhändler“ handeln, ist per se nicht strafbar.

Zur Frage 9:

          Gab es Weisungen von Seiten der OStA Wien an die WKStA oder aus dem Justizministerium an die OStA Wien in dieser Causa?

a.      Wenn ja, bitte um genaue Darstellung der jeweiligen Weisung (Weisungsgeber, Datum, Inhalt der Weisung und Begründung)!

b.      Wenn nein, wie viele Berichte und wie viele Vorhabensberichte hat die WKStA bis dato in diesem Akt erstattet. Wie viele ihrer Vorhaben wurden dann umgedreht, bzw. revidiert und doch nicht umgesetzt?

Weder erging seitens meines Hauses eine Weisung an die OStA Wien noch hat diese eine Weisung an die WKStA erlassen.

Die WKStA hat 21 Berichte, davon acht Vorhabensberichte, vorgelegt. Bei einem Vorhaben wurde im Hinblick auf das beabsichtigte Ersuchen um Übernahme der Strafverfolgung an die Russische Föderation um Konkretisierung des Betreffs ersucht, was in der Folge auch umgesetzt wurde.

Zur Frage 10:

          Ist das Projekt Hypo Alpe Adria von Frau Wilkening Teil der Untersuchungen der WKStA?

a.      Wenn ja, wann und zu welchem Ergebnis kam diese Untersuchung?

Nein. Es wurde lediglich eine bestimmte E-Mail-Korrespondenz betreffend die Tätigkeiten einer Person und deren Position als eingesetzter Forensiker der Hypo-Alpe-Adria sichergestellt. Hinweise auf Straftaten in diesem Zusammenhang ergaben sich nicht.

Zur Frage 11:

          Wurde nach der im Eingang dieser Anfrage wiedergegebenen Zeugenvernehmung vom 26.6.2018 13:00 Uhr in dieser Causa ein Ermittlungsverfahren wegen §§ 302 oder 304 StGB gegen Kloibmüller und Zöhrer bzw. wegen §§ 12 zweiter Fall, 302 und 307 StGB gegen Christina Wilkening eingeleitet?

a.      Wenn ja, in welchem Stand befindet sich das Verfahren (sollte aus Sicht der Bundesministerin für Justiz hinsichtlich einzelner Aspekte das Amtsgeheimnis einer umfassenden Beantwortung entgegenstehen, so wird um Beantwortung in einer Form, die einerseits mit dem Amtsgeheimnis in Einklang zu bringen ist und andererseits einen möglichst hohen Informationsgehalt aufweist, gebeten)?

b.      Wenn nein, wie wurden Aussagen in der Zeugenvernehmung iZm dem Projekt Hypo wie beispielsweise: „Jedenfalls war eine Honorierung von ZÖHRER und KLOIBMÜLLER Thema", oder „Sie (Anm.: Frau Wilkening) hat mir erzählt, dass sie den ZÖHRER, den KLOIBMÜLLER, den Herrn P. (es handelt sich um einen Mitarbeiter des BVT der PIRKER oder ähnlich heißt) und den Hubert BARTL im Innenministerium, bzw. BVT hat," oder „Fällt der Zöhrer - fällt der Kloibmüller. Fällt der Kloibmüller - Fällt der Zöhrer. Jedenfalls hat C. (Anm: Wilkening) für mich klar zum Ausdruck gebracht, dass sie auch an Zöhrer und Kloibmüller Zahlungen geleistet hat," qualifiziert? Bestand hierzu etwa kein Anfangsverdacht iSd § 35c StAG?

Nein. Die in der Einleitung wiedergegebene Zeugenaussage ließ sich mit dem vorliegenden umfangreichen Beweis- (insbesondere Daten-) material in keinerlei Bezug bringen. Sämtliche Geldzahlungen der C. W.  an B. lassen sich durch entsprechende Belege nachvollziehen, hingegen existieren keinerlei schriftliche Nachweise von Zahlungen an K. oder Z.

Zur Frage 12:

          Wurden nach dieser Zeugenaussage weitere Ermittlungsschritte gegen Kloibmüller und/oder Zöhrer und/oder B. P. und/oder Hubert B. bzw. Wilkening gesetzt?

Nein. Ermittlungen gegen K. und Z. erfolgten nur in zwei Ermittlungsverfahren des „BVT“-Verfahrenskomplexes.

Zu den Fragen 13 bis 18:

          13. Wurden bzgl. der Aussagen zu Lösegeld im Zusammenhang mit der Entführung vom 21. Dezember 2012 in Sanaa Ermittlungsmaßnahmen wie beispielsweise Zeugeneinvernahmen oder Rechtshilfeersuchen gesetzt?

a.      Wenn ja, welche, wann (sollte aus Sicht der Bundesministerin für Justiz hinsichtlich einzelner Aspekte das Amtsgeheimnis einer umfassenden Beantwortung entgegenstehen, so wird um Beantwortung in einer Form, die einerseits mit dem Amtsgeheimnis in Einklang zu bringen ist und andererseits einen möglichst hohen Informationsgehalt aufweist, gebeten)?

b.      Wenn nein, warum nicht? Bestand hierzu etwa kein Anfangsverdacht iSd § 35c StAG?

          14. Wie viele Personen werden wann jeweils als Verdächtige in dem Verfahren geführt und dies wegen jeweils welcher Delikte?

          15. Wie viele Personen werden wann jeweils als Beschuldigte in dem Verfahren geführt und dies wegen jeweils welcher Delikte?

          16. Wurde Kloibmüller bereits zu dem Vorwurf vernommen?

a.      Wenn nein, warum nicht?

b.      Wenn ja, wann? Als Zeuge oder als Beschuldigter?

          17. Wurde Zöhrer bereits zu dem Vorwurf vernommen?

a.      Wenn nein, warum nicht?

b.      Wenn ja, wann? Als Zeuge oder als Beschuldigter?

          18. Wurden die anderen in der Zeugenaussage genannten Protagonisten zu diesem Vorwurf bereits vernommen (Hubert B, B. P., Christina Wilkening)?

a.      Wenn nein, warum nicht?

b.      Wenn ja, wann? Jeweils als Zeugen oder als Beschuldigte?

Nein. Die Staatsanwaltschaft Wien hat mangels eines objektiv nachvollziehbaren Anfangsverdachtes von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß § 35c StAG abgesehen.

Zur Frage 19:

          Aus der oben gennannten Recherche von „Fass ohne Boden" geht hervor, dass Karl S. Erpressung von Hanna Mikl-Leitner vorgeworfen wird. Wurde ein Ermittlungsverfahren gegen Karl S. in diesem Zusammenhang eingeleitet?

a.      Wenn ja, wie ist der Stand dieses Verfahrens?

i.                    Welche Ermittlungshandlungen wurden bisher gesetzt?

b.      Wenn nein, warum nicht?

c.       Wurde Karl S. hierzu vernommen? Wenn ja, als Zeuge oder als Beschuldigter?

Die WKStA führt mangels Zuständigkeit kein Ermittlungsverfahren gegen Karl S. wegen Erpressung. Auch bei der Staatsanwaltschaft Wien konnte kein Ermittlungsverfahren wegen des in der Frage genannten Verdachtes erhoben werden.