Bundesministerium 

Justiz

bmj.gv.at

BMJ - III/PKRS (Kompetenzstelle Parlamentskoordination und Rechtsschutz)

 

Mag., Dr. Ingrid Urlesberger

Sachbearbeiterin

ingrid.urlesberger@bmj.gv.at

+43 1 521 52-302873

Museumstraße 7, 1070 Wien

E-Mail-Antworten sind bitte unter Anführung der Geschäftszahl an team.pr@bmj.gv.at zu richten.

Generalprokuratur
Wien

Frau Präsidentin des Oberlandesgerichts
Wien

Herrn Präsidenten des Oberlandesgerichts
Graz, Linz, Innsbruck

Oberstaatsanwaltschaft
Wien, Graz, Linz, Innsbruck

Herrn Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts

Datenschutzbehörde

Geschäftszahl: 2021-0.881.750

 

ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss; Beweismittelvorlagen im Justizressort

I.                    Einsetzung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses

A)     Grundsätzlicher Beweisbeschluss

Der Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrates hat in seiner Sitzung am 2. Dezember 2021 anlässlich der Behandlung des Verlangens 4/US XXVII. GP auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses[1] gem § 33 Abs. 1 GOG-NR[2] betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) den angeschlossenen grundsätzlichen Beweisbeschluss[3] gefasst.

Im Internet: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/I/I_01215/index.shtml

Gemäß § 33 Abs. 9 GOG-NR (iVm § 4 Abs. 2 VO-UA[4]) gilt der Untersuchungsausschuss mit dem Beginn der Behandlung des Berichtes des Geschäftsordnungsausschusses in der Sitzung des Nationalrats (9. Dezember 2021) als eingesetzt und die Beschlüsse werden wirksam.

 

B)      Untersuchungsgegenstand

Nach dem grundsätzlichen Beweisbeschluss gemäß § 24 Abs. 1 und 3 VO-UA ist Untersuchungsgegenstand

·         Das Gewähren von Vorteilen an

o   mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen

o   durch Organe der Vollziehung des Bundes

o   im Zeitraum 18. Dezember 2017 bis 11. Oktober 2021

·         sowie diesbezügliche Vorbereitungshandlungen auf Grundlage und ab Beginn des „Projektes Ballhausplatz“

·         auf Betreiben eines auf längere Zeit angelegten Zusammenschlusses einer größeren Anzahl von in Organen des Bundes tätigen Personen,

o   bestehend aus der ÖVP zuzurechnenden Mitgliedern der Bundesregierung, Staatssekretär:innen sowie Mitarbeiter:innen ihrer politischen Büros,

·         zu parteipolitischen Zwecken

·         und die damit gegebenenfalls zusammenhängende Umgehung oder Verletzung gesetzlicher Bestimmungen sowie der dadurch dem Bund gegebenenfalls entstandene Schaden.

 

C)      Beweisthemen

Der Untersuchungsgegenstand wird durch die folgenden vier, gekürzt wiedergegebenen Beweisthemen gegliedert und näher determiniert:

  1. Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren

·         Parteipolitische Beeinflussung der Vergabe von

o   Aufträgen in den Bereichen Beratung, Forschung, Kommunikation und Werbung inkl. Eventmanagement

o   sonstigen Aufträgen und Förderungen mit einem Volumen von mindestens 40.000 Euro

·         zu mutmaßlichen Gunsten von mit der ÖVP verbundenen Personen

·         und korrespondierender Schaden des Bundes

 

  1. Einflussnahme auf Beteiligungen des Bundes

·         (Versuchte) Einflussnahme auf (Bundesbeteiligte-)Unternehmen

o   Inkl. Organbestellungen

o   Kollusion mit Eigentümer:innen und Organwalter:innen

o   Ausübung von Aufsichtsrechten durch Mitglieder des Zusammenschlusses

·         zur Steuerung der Unternehmen im Sinne der ÖVP.

 

  1. Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit

·         (Versuchte) Einflussnahme auf straf- und disziplinarrechtliche Verfahren und Verfolgung pflichtwidrigen Verhaltens von ÖVP-Amtsträgern

·         Umgang mit parlamentarischen Kontrollinstrumenten zur Behinderung der Aufklärungsarbeit

·         Insbesondere

o   Einflussnahme durch BMJ, BMI, deren Kabinette, Pilnacek, Kloibmüller, Lang, Holzer

o   Informationsflüsse über Ermittlungen in ÖVP-Verfahren, insbesondere Informationsstand der jeweiligen Justiz-/Innenminister:in im Ibiza Verfahren.

o   Pläne, Daten der WKStA zu erlangen;

o   Fach- und Dienstaufsicht ggü der WKStA insbes. durch OStA Wien;

o   Behinderung der Beweiserhebung des Ibiza UsA durch BMF Blümel

 

  1. Begünstigung bei der Personenauswahl

·         Bestellung von Personen in Organfunktionen des Bundes,

·         Ausübung von Nominierungsrechten des Bundes

·         Aufnahme von Personen in Beratungsgremien & Delegationen

·         zu Zwecken eines kontrollierenden Einflusses für mit der ÖVP verbundenen Personen

·         Insbesondere

o   „Maßschneidern“ von Ausschreibungen von Leitungsfunktionen

o   Einhaltung der Qualifikationserfordernisse bei der Besetzung von Planstellen durch mit der ÖVP verbundene Personen, wie etwa durch Mitarbeiter:innen politischer Büros von ÖVP-Regierungsmitgliedern.

 

II.                  Vorlage von Beweismitteln

A)     Vorlagepflichtige Stellen

Insgesamt listet der Beweisbeschluss[5] 25 vorlagepflichtige Stellen und Einrichtungen auf. Das Bundesministerium für Justiz ist vom Untersuchungsgegenstand betroffen und vorlagepflichtig (§ 24 Abs. 1 VO-UA).

 

Dem Untersuchungsgegenstand zu Folge kommen Beweismittelvorlagen jedenfalls aus dem Bereich der Zentralstelle des Bundesministeriums für Justiz, der Oberstaatsanwaltschaften Wien, Graz, Linz und Innsbruck sowie der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption in Betracht. Dass auch weitere Staatsanwaltschaften über ausschussrelevante Dokumente verfügen, kann aufgrund des umfassenden Untersuchungsgegenstandes nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, sodass eine Weiterleitung des Erlasses durch die Oberstaatsanwaltschaften an allenfalls weitere betroffene Staatsanwaltschaften erwünscht ist.

 

Bei negativem Prüfungsergebnis wird um die Übermittlung einer Leermeldung an die Zentralstelle ersucht.

 

Inwieweit zivil- und strafgerichtliche Verfahren sowie Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vom Untersuchungsgegenstand und den daraus abgeleiteten Beweisthemen des Ausschusses umfasst sein könnten, obliegt der Prüfung und Beurteilung durch die unabhängige Rechtsprechung.

 

Ebenso hat die unabhängige und weisungsfreie Datenschutzbehörde in ihrem Wirkungsbereich diese Prüfung selbstständig zu besorgen.

 

B)      Vorlagefrist

Die Vorlage der angeforderten Beweismittel hat binnen 6 Wochen, spätestens jedoch am 26. Jänner 2022 zu erfolgen, wobei die Frist ab Zustellung des Beweisbeschlusses an die Frau Bundesministerin für Justiz (14.Dezember 2021) zu laufen beginnt. Die vorlagepflichtigen Akten und Unterlagen sind daher bis spätestens 25. Jänner 2022 dem Ausschuss vorzulegen.

 

C)      Umfang der Vorlagepflicht

Der Umfang der Vorlagepflicht ist durch den Umfang des Untersuchungsgegenstands bestimmt und begrenzt (Art. 53 Abs 3 BVG). Es sind dem Untersuchungsausschuss daher – ohne Rücksicht auf gesetzliche Verschwiegenheitspflichten – sämtliche Akten und Unterlagen, sohin sämtliche schriftliche oder automationsunterstützt gespeicherte Dokumente, „Handakten“, Berichte, Korrespondenzen aller Art insbesondere E-Mails, etc. vorzulegen, die für den Untersuchungsgegenstand (s.o. Abschnitt I. lit. B). zumindest abstrakt relevant sein können. Eine abstrakte Relevanz ist dann anzunehmen, wenn sich diese Akten/Unterlagen auf Vorgänge beziehen, bei denen das Vorliegen aller im Untersuchungsgegenstand angeführten Sachverhaltselemente abstrakt möglich ist und daher nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass diese Akten und Unterlagen der Erfüllung des Kontrollauftrags des Untersuchungsausschusses dienen. Auf die nähere Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes durch die Beweisthemen und konkreten Sachverhalte wird hingewiesen.

 

a) Nähere Definition des Gegenstandes der Untersuchung

Der Umfang der Untersuchung der genannten Sachverhalte ist jedenfalls durch den bestimmten, abgeschlossenen Vorgang beschränkt, auch wenn die gewählten Formulierungen allenfalls breiter verstanden werden könnten. Die Auflistung beispielhafter Sachverhalte, die aus Sicht der verlangenden Abgeordneten untersuchungswürdig sind, ermöglicht zugleich eine Auslegung des Untersuchungsgegenstands, welcher zwangsweise umfassend und abstrakt formuliert sein muss, und bietet den vorlagepflichtigen Organen außerdem eine Anleitung, nach welchen Gesichtspunkten sie ihren Aktenbestand zum Zwecke der Erfüllung ihrer Vorlageverpflichtungen auf Grund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses insbesondere zu sichten haben (vgl Seite 14 des Verlangens auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses).

Der ÖVP zuzurechnen sind jene Regierungsmitglieder, Staatssekretäre:Staatssekretärinnen sowie Mitarbeiter:innen politischer Büros, die der ÖVP angehören, von ihr vorgeschlagen wurden oder von ÖVP-Vertreter:innen in ihre jeweiligen politischen Büros und Kabinette bestellt wurden. Maßgeblich ist dabei eine politische Betrachtung anhand der tatsächlichen Gegebenheiten (vgl Seite 16 des Verlangens auf Einsetzung).

Der Begriff des Gewährens bildet eine umfassende Beschreibung sowohl aktiven Tuns als auch Unterlassens und umfasst alle Erscheinungsformen des Vollziehungshandelns (sofern sie zur Vorteilsgewährung abstrakt geeignet sind) (vgl Seite 16 des Verlangens auf Einsetzung).

Der Begriff der „Verbundenheit“ beschreibt das erforderliche Naheverhältnis zur ÖVP, wobei dessen Grundlage vielfältig sein kann. Er erfasst unterschiedliche Formen der gegenseitigen Abhängigkeit, insbesondere wirtschaftlicher, aber auch rechtlicher Art. Verbunden sind insofern jedenfalls alle Unternehmen, an denen die ÖVP direkt oder indirekt beteiligt ist, ihr nahestehende Organisationen sowie Teilorganisationen, Unternehmen mit dauernder Geschäftsbeziehung zur ÖVP oder ihren Teilorganisationen sowie solche, die unter kontrollierendem Einfluss von ÖVP-Funktionären:Funktionärinnen stehen oder treuhänderisch für die ÖVP verwaltet werden. Verbunden sind ebenso Personen, die auf parteipolitisches Wohlwollen angewiesen sind, um ihr berufliches Fortkommen zu fördern (vgl Seite 16 und 17 des Verlangens auf Einsetzung).

Als Vorteil kommen neben geldwerten Leistungen auch Handlungen wie die Ausübung von Ermessensspielräumen auf bestimmte Art sowie Unterlassungen wie etwa der Verzicht auf das Äußern von öffentlicher Kritik in Betracht. Ein möglicher Schaden für den Bund, der im Zuge der Untersuchung zu klären ist, besteht nicht nur in vermögenswerten Nachteilen, sondern insbesondere auch in Pflichtwidrigkeiten wie etwa der Verletzung des staatlichen Interesses auf Strafverfolgung oder auf wahrheitsgetreue Information des Nationalrats (vgl Seite 17 des Verlangens auf Einsetzung).

Auf Grund der gewählten Formulierung kommt zusammenfassend nur solches Verhalten als Untersuchungsobjekt in Betracht, das überhaupt abstrakt geeignet sein kann, mit der ÖVP verbundenen Personen einen Vorteil zu verschaffen. Insofern scheiden Vollziehungshandlungen aus, bei denen dem genannten Zusammenschluss bzw. seinen Mitgliedern keinerlei Ingerenz zukommt. Es ist nur ein kleiner Teil der Amtsführung der im Untersuchungsgegenstand genannten Personen im Untersuchungszeitraum umfasst, da in jedem Fall das Vorliegen aller weiterer im Untersuchungsgegenstand genannten Voraussetzungen (Verbundenheit, Vorteilseignung, Ingerenz des Zusammenschlusses) abstrakt möglich sein muss und insofern nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann (vgl Seite 17 des Verlangens auf Einsetzung).

Die Grenze zwischen jener parteipolitischen Interessensverfolgung, die in einem demokratischen System selbstverständlich und gar gewünscht ist, zu jener, die einen Missstand darstellt, verläuft entlang der Schädigung der Interessen des Bundes, mit anderen Worten dort, wo parteipolitische Motive zu Lasten staatlicher Interessen gefördert werden (vgl Seite 18 und 29 des Verlangens auf Einsetzung).

Gegenstand der Untersuchung ist das Verhalten von Mitgliedern der Bundesregierung, Staatssekretären:Staatssekretärinnen und deren unmittelbarem Umfeld in Organen des Bundes. Privates Verhalten ist nicht erfasst, sofern es keinerlei Bezug zur dienstlichen Tätigkeit hat. Bei der Abgrenzung zwischen amtlichem und privatem Verhalten ist auf die Intentionalität des jeweiligen Handelns, die nach objektiven Kriterien, also rechtlichen Zuständigkeiten und Befugnissen, zu bewerten ist, abzustellen. Es ist somit auch klargestellt, dass etwa die Verwendung der mutmaßlich gewährten Vorteile durch die ÖVP nicht Gegenstand der Untersuchung sein kann. Nicht ausgeschlossen ist jedoch, dass die Untersuchung die private Sphäre der ÖVP mittelbar berührt, da an der Aufklärung des behaupteten Missstands ein besonderes öffentliches Interesse besteht und die ÖVP über einen besonderen Bezug zu staatlichen Einrichtungen verfügt (vgl Seite 39 und 40 des Verlangens auf Einsetzung).

Untersucht werden soll die „Ära Kurz als Bundeskanzler“. Der Untersuchungszeitraum reicht daher vom 18. Dezember 2017 (Angelobung) bis zum 11. Oktober 2021 (Rücktritt). Hinsichtlich jener Vorgänge, bei denen nicht auszuschließen ist, dass sie als Vorbereitungshandlungen auf Grundlage des „Projektes Ballhausplatzes“ in Frage kommen können, kann der Untersuchungszeitraum erweitert auf Beginn des Jahres 2014 angesehen werden.

b) Auffindbarkeit der Verfahren

Betreffend die Auffindbarkeit jener Verfahren, die den vorstehenden Ausführungen zufolge eine abstrakte Relevanz für den Untersuchungsausschuss aufweisen können, kann zunächst auf die den Untersuchungszeitraum betreffenden Rechenschaftsberichte der ÖVP[6] samt deren Anlagen (insbesondere die Liste der Beteiligungsunternehmen [§ 5 Abs 6 PartG] sowie die Spendenliste [§ 6 Abs 2 PartG]) zurückgegriffen werden.

Als weiterer Anhaltspunkt können die in den Zeitraum des „Ibiza-Untersuchungsausschusses“ fallenden, an die Frau Bundesministerin für Justiz gerichteten schriftlichen Anfragen, im Rahmen derer bereits der Vorwurf der Beeinflussung konkret genannter Ermittlungsverfahren thematisiert wurde, dienen.[7]

Jedenfalls in die Prüfung miteinzubeziehen sind alle jene Verfahren, die gegen im Verlangen auf Einsetzung des „ÖVP-Korruptionsausschusses“ namentlich genannte Personen oder Unternehmen geführt werden oder geführt wurden. Dasselbe gilt für Verfahren, die gegen ÖVP-Funktionäre (Abgeordnete zum Nationalrat, Bundesrat und EU-Parlament, Bundesparteiobmänner sowie deren Stellvertreter:innen)[8] geführt werden oder geführt wurden.

D)     Wiederkehrende Vorlagen (Aktualisierungen)

Akten und Unterlagen sind fortlaufend für die Dauer der Untersuchung zu übermitteln, selbst wenn diese erst nach Wirksamwerden des Beweisbeschlusses (9. Dezember 2021) entstehen oder hervorkommen. Die Übermittlung hat alle zwei Monate jeweils zum Monatsletzten gesammelt zu erfolgen (somit erstmals mit 31. März 2022) bzw. auf Grund ergänzender Beweisanforderungen (§ 25 VO-UA) innerhalb der dort gesetzten Fristen.

E)      Vorlage durch Gerichte

Soweit von der Aktenanforderung Gerichtsunterlagen (inklusive Rechtsmittelakten) betroffen sein sollten, ist die Aktenvorlage eine Angelegenheit der unabhängigen Rechtsprechung, über die das jeweils zuständige Gericht zu entscheiden hat. Dementsprechend hat eine etwaige Aktenübermittlung vom jeweiligen Gericht unmittelbar (ohne Einhaltung des Dienstweges) an die Parlamentsdirektion zu erfolgen.

 

Vorlagen von Akten und Unterlagen, die dem Bereich der Justizverwaltung zuzuordnen sind, sind der:dem jeweils übergeordneten Präsidentin:Präsidenten des Oberlandesgerichts vorzulegen. Die:der Präsidentin:Präsident des Oberlandesgerichts hat die Weiterleitung dieser Beweismittel sowie Beweismittel aus dem Bereich des Oberlandesgerichts selbst unmittelbar an die Parlamentsdirektion zu veranlassen.

 

F)      Vorlage durch die Datenschutzbehörde

Soweit die Datenschutzbehörde über ausschussrelevante Akten und Unterlagen verfügt, sind diese direkt dem Untersuchungsausschuss vorzulegen.

 

G)     Vorlage durch Strafverfolgungsbehörden

Soweit von der Anforderung Beweismittel der Strafverfolgungsbehörden (Tagebücher und Akten der Staatsanwaltschaften, darüberhinausgehende Ermittlungsergebnisse der Kriminalpolizei etc.) betroffen sind, sind sie der jeweils übergeordneten Oberstaatsanwaltschaft vorzulegen. Die Oberstaatsanwaltschaft hat die Weiterleitung dieser Beweismittel sowie auch die Vorlage von allfälligen Beweismitteln der Oberstaatsanwaltschaft (einschließlich deren Tagebücher) unmittelbar an die Parlamentsdirektion zu veranlassen.

 

Die Vorlage von Beweismitteln der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft findet im Wege der Oberstaatsanwaltschaft Wien statt. Die Vorbereitung der Vorlage von Akten und Unterlagen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und der Oberstaatsanwaltschaft Wien im Anwendungsbereich des Erlasses des Bundesministeriums für Justiz vom 30. Juli 2021, GZ 2021-0.509.495, und damit im Zusammenhang stehenden Vorgänge nach diesem Erlass (Meldung von Konsultationsbedarf, Abstimmung mit Drittressorts; Klassifizierung) sind im Bereich der Oberstaatsanwaltschaft Wien ausschließlich von dem mit Erlass vom 30. Juli 2021 zugeteilten Oberstaatsanwalt der Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck vorzunehmen. Dieser nimmt in diesem Umfang auch die Funktion des Ansprechpartners nach lit. G) dieses Erlasses ein. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat bei der Vorlage von Beweismitteln und bei og. Vorgängen im Anwendungsbereich des Erlasses vom 30. Juli 2021 sämtliche Berichte ausschließlich an den der Oberstaatsanwaltschaft Wien zugeteilten Oberstaatsanwalt der Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck zu richten.

Die Tätigkeit des Weisungsrats ist vollständig in den Akten der Fachabteilungen des BMJ abgebildet. Die relevanten Vorgänge werden daher vom BMJ vorgelegt.

Allfällig ausschussrelevante Aktenvorgänge der Generalprokuratur sind von dieser nur darüber hinaus, somit insbesondere dann vorzulegen, wenn die Generalprokuratur von Verfahrensbeteiligten mit der Anregung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes befasst wurde. Eine solche Vorlage hat unmittelbar an die Parlamentsdirektion zu erfolgen.

Ein allfälliger Konsultationsbedarf (§§ 24 Abs. 3 aE, 27 Abs. 2 und 58 VO-UA) ist der Fachaufsicht im BMJ (Abt V2) mit schriftlicher Begründung anzuzeigen.

Um der Fachabteilung eine zeitgerechte und möglichst vollständige Bekanntgabe an den Untersuchungsausschuss zu ermöglichen, wird um jeweils umgehende – auch sukzessive -  Berichterstattung bis längstens 19. Jänner 2021 ersucht, sobald sich ein solcher Konsultationsbedarf bei Sichtung des Aktes bzw der Unterlagen ergibt.

Dasselbe gilt für die Bekanntgabe jener Verfahren, hinsichtlich derer eine Prüfung, ob sie vorlagepflichtig sind, bis zum genannten Zeitpunkt nicht abgeschlossen werden kann. Diesfalls wird um kurze Mitteilung ersucht, aus welchen Gründen diese Prüfung nicht abgeschlossen werden konnte und wann mit einem Abschluss derselben gerechnet werden kann.

Eine im Hinblick auf § 27 Abs 2 VO-UA allenfalls erforderliche Abstimmung der Beweismittelvorlage hat zwischen den betroffenen Dienststellen der Ressorts (z.B. Staatsanwaltschaft und Polizei) unmittelbar zu erfolgen.

H)     Parlamentarische Richtlinien[9]

Für die technische Abwicklung der Beweismittelvorlage gelten die von der Parlamentsdirektion ausgearbeiteten Richtlinien deren sorgfältige Einhaltung für eine automatisierte Bearbeitung der in der Parlamentsdirektion einlangenden Daten zur strukturierten Speicherung, Indexierung und Faksimilierung von Bedeutung ist. Zusammenhängende Informationen eines Ermittlungs- oder Gerichtsakts sollten jedoch grundsätzlich nicht getrennt werden.

Die parlamentarischen Richtlinien enthalten die Kontaktdaten von Ansprechpartnern für etwaige Rückfragen. Es wird daher ersucht, auch konkrete Ansprechpartner für direkte Anfragen der Parlamentsdirektion zu den Aktenlieferungen zu nominieren und bekannt zu geben.

a)  Ansprechpartner im Parlament

·         Für EDV-technische Rückfragen: Ing Peter Weberbauer (Tel: 01 40110 2851; peter.weberbauer@parlament.gv.at) und Ing. Rudolf Schwarzwald (Tel: 01 40110 2837; rudolf.schwarzwald @parlament.gv.at

·         Für alle anderen Rückfragen: Dr.in Heidi Neuhauser (Tel: 01 40110 2636; heidi.neuhauser@parlament.gv.at), Mag. Alexander Fieber (Tel: 01 40110 2173; alexander.fieber@parlament.gv.at) und Sara Jagarinec (Tel: 01 40110 2959; sara.jagarinec@parlament.gv.at)

b) Elektronische Vorlage

Die Vorlage von nicht klassifizierten Unterlagen sowie von Unterlagen der Klassifizierungsstufe 1 „EINGESCHRÄNKT“ hat elektronisch auf Datenträgern (externe Festplatte, USB-Stick, Speicherkarte, DVD) in den Formaten „word“, „pdf“ oder „Excel“ zu erfolgen. Vorzulegende E-mails sollen in den Formaten „eml“ und „msg“ übermittelt werden. Eine Übermittlung im psd-Format soll möglichst vermieden werden.

Für jede Aktenlieferungsnummer soll ein eigener Datenträger verwendet werden und sie soll nur Informationen derselben Klassifizierungsstufe enthalten sowie ein Inhaltsverzeichnis („Inhalt.xls“).

Im Übrigen wird auf die beiliegenden Richtlinien verwiesen.

Soweit dies unmöglich oder untunlich ist, wäre direkt mit der Parlamentsdirektion eine alternative Vorgangsweise abzuklären.

c) Aktenlieferungsnummer

Jede Lieferung erfolgt auf einem eigenen Datenträger und ist mit einer Aktenlieferungsnummer zu versehen, die eine Angabe über allfällige Klassifizierungen und eine Zuordnung zur Fragestellung des Untersuchungsgegenstandes enthält. Abweichungen aus Praktikabilitätsgründen können mit dem Parlament vereinbart werden. So werden die elektronischen Ermittlungsakten nicht jeweils einem einzelnen Fragepunkt des Beweisbeschlusses zuordenbar sein. Ein Trennen der Information nach Fragepunkten wird aufgrund des Sachzusammenhangs oft nicht nur technisch, sondern auch inhaltlich nicht möglich sein. Daher kann eine Aktenlieferungs-Nr. durchaus auch mehrere Abschnitte (z.B. 1 – 3) betreffen. Die Angabe der Seitenanzahl ist nicht nötig.

Beispiel für eine Aktenlieferungsnummer:

 

Aktenlieferungs-Nr. –ALNr.

Geschäftszahl der ParlDion (Anforderung)

GZ: 13916.0020/1-1.3/2021

Angeforderte Stelle:

BMJ

Liefernde Stelle:

OStA Wien

Nr. der Lieferung:

L 1

(allenfalls) Tranche

T 1

(soweit möglich)
Abschnitt I, III, IV)

I

(gegebenenfalls) Klassifizierungsstufe nach InfOG

Stufe 1

Zeitpunkt der aktuellen Klassifizierung

JJJJ-MM-TT

Begründung der Klassifizierung

(im Übermittlungsschreiben)

 

d) Inhaltsverzeichnis

Im Stammverzeichnis jedes vorgelegten Datenträgers ist ein Inhaltsverzeichnis in Tabellenform (Format Excel) abzuspeichern, dessen genauer Inhalt der Beilage 3 entnommen werden kann.

e) Klassifizierung

Unterlagen werden von der Parlamentsdirektion automatisch auf den Mindestschutzstandard „Nicht öffentlich“ im Sinn des § 3 Abs. 2 InfOG[10] gesetzt. Alle vorgelegten Beweismittel gelten damit als zur Veröffentlichung nicht geeignet. Sie sind damit aber noch keine klassifizierten Informationen im Sinn des § 3 Abs. 1 InfOG.

Klassifizierungen (nach den Stufen „Eingeschränkt“, „Vertraulich“, „Geheim“ und „Streng Geheim“; § 4 InfOG) dürfen nur bei unbedingter Notwendigkeit erfolgen (§ 5 InfOG). Pauschale Klassifizierungen dürfen nicht erfolgen, zu schützende Aktenteile sind zu kennzeichnen und gegebenenfalls zu trennen. Die Vorlage an den Untersuchungsausschuss kann für sich genommen keinen Grund für eine Um- oder Neuklassifizierung bilden, weshalb in der Aktenlieferungsnummer das Datum der Klassifizierung anzugeben ist.

Verschlussakten bzw. -sachen unterliegen jedoch nach Ansicht des BMJ zumindest der Klassifizierungsstufe 1 „EINGESCHRÄNKT“ gemäß InfOG und sind demgemäß zu kennzeichnen.

Die gesetzlichen Regelungen für den Untersuchungsausschuss, insbesondere das Informationsordnungsgesetz) sehen strenge Schutzstandards vor, denen im Parlament durch eine rigorose technische Absicherung der Daten in Form von Zugangsbeschränkungen und Faksimilierung Rechnung getragen wird, sodass der Nationalrat davon ausgeht, dass Klassifizierungen nur sehr eingeschränkt (§ 4 InfOG und § 5 InfOG) erfolgen. Aktenschwärzungen dürfen nur dann vorgenommen werden, wenn in vorlagepflichtigen Unterlagen ausnahmsweise einzelne, genau abgrenzbare Inhalte nicht abstrakt relevant für den Untersuchungsgegenstand sind und sind zu begründen. Zu beachten ist, dass ab Klassifizierungsstufe 2 eine elektronische Vorlage nicht mehr zulässig ist; ab Klassifizierungsstufe 3 greift zudem ein strafrechtlicher Schutz (§ 18 InfOG).

Die Entscheidung über eine etwaige Klassifizierung obliegt dem Urheber der Daten (§ 3 Abs. 5 InfOG), also in erster Linie den Staatsanwaltschaften (der zuständigen Staatsanwaltschaft im Einvernehmen mit der übergeordneten Oberstaatsanwaltschaft) und Gerichten (dem:der zuständigen Richter:in; wobei die Entscheidung über eine Klassifizierung als Akt der unabhängigen Rechtsprechung zu qualifizieren ist).

f) Papierlieferungen

Zur Vorgangsweise bei Papierlieferungen (ab Klassifizierungsstufe 2) siehe Punkt 3 der Richtlinien. Unterlagen der Klassifizierungsstufe 2 („Vertraulich“) sind in zweifacher, jene in den Stufen 3 und 4 („Geheim“ bzw „Streng Geheim“) in sechsfacher Ausfertigung zu übermitteln. Das Parlament hat insbesondere ersucht, vorzulegende Papierkonvolute (z.B. Ordner) nach Möglichkeit durchgehend zu nummerieren.

g) Lieferadresse

Lieferungen werden – nach telefonischer Voranmeldung 0043 (0) 40110 DW 288881– Montag bis Donnerstag von 8.30 Uhr bis 16.00 Uhr sowie Freitag von 8.30 Uhr bis 12.Uhr in der Parlamentsdirektion/1.3.R- Registratur und Informationssicherheit, UsA-Akteneinlaufstelle und Registratur; 1010 Wien, Stubenring 8-10, Hochparterre, entgegengenommen.

h) Sukzessive Lieferung & Boten

Aus Sicht des Bundesministeriums für Justiz ist - vor allem für die Dienststellen in Wien – eine Übermittlung der Datenträger per Boten zu bevorzugen. Das Bundesministerium für Justiz ersucht, die Akten der Parlamentsdirektion umgehend vorzulegen, wobei auch eine sukzessive Übermittlung der Datenträger jeweils nach deren Fertigstellung erfolgen kann. Lieferungen mögen auch dann umgehend übermittelt werden, wenn nur Teilbereiche fertiggestellt sind. Es können auch mehrere Lieferungen gleichzeitig übermittelt werden.

i) Rückstellung von Lieferungen

Es wird ersucht, im Übermittlungsschreiben an das Parlament mitzuteilen, ob eine Rückstellung der Datenträger nach Beendigung der Ausschusstätigkeit gewünscht ist oder ob einer (physischen) Vernichtung des Datenträgers zugestimmt wird.

I)        Kopie für das Bundesministerium für Justiz

Das Bundesministerium für Justiz ist gemäß § 24, § 27 VO-UA iVm dem grundsätzlichen Beweisbeschluss für die Vorlage der vom Untersuchungsausschuss angeforderten Beweismittel verantwortlich, soweit diese nicht der unabhängigen Rechtsprechung zuzuordnen sind. Zur Wahrnehmung dieser Verantwortung wird ersucht, alle an den Untersuchungsausschuss vorgelegten Datenträger und sonstigen Beweismittel - mit Ausnahme jener aus dem Bereich der unabhängigen Rechtsprechung - auch dem Bundesministerium für Justiz im Dienstweg (zur GZ 2021-0.881.750) vorzulegen.

J)       Unterstützung durch das Bundesministerium für Justiz

Die Vorlage von Beweismitteln an den Untersuchungsausschuss im angeforderten Umfang und gewünschter Form, insbesondere die Herstellung elektronischer Dokumente bedarf einer massiven Arbeitsanstrengung. Sind Scan-Arbeiten in einem ganz erheblichen Umfang erforderlich, wird ersucht, mit dem Bundesministerium für Justiz im Wege des E-Mail (team.pr@bmj.gv.at, Betreff: ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) Kontakt aufzunehmen, damit Unterstützungsmaßnahmen geprüft und in die Wege geleitet werden können.

 

 

Beilagen

·         Beilage 1 - Verlangen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (4/US XXVII. GP) - Anlage 1 zu 1215 d.B. XXVII. GP

·         Beilage 2 - Grundsätzlicher Beweisbeschluss - Anlage 2 zu 1215 d.B. XXVII. GP (Beilage 2)

·         Beilage 3 - Informationsblatt: Technische Anforderungen

·         Beilage 4 - Liste parlamentarische Anfragen

·         Beilage A - Geschäftsordnungsgesetz 1975

·         Beilage B - Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA)

·         Beilage C - Bundesgesetz über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates

·         Beilage D - Handbuch zum Recht der Untersuchungsausschüsse

·         Beilage Schreiben an BMI

·         Beilage Schreiben an BMF

 

17. Dezember 2021

Für die Bundesministerin:

Dr. Alexander Pirker, MBA

Elektronisch gefertigt

 



[1] Anlage 1 zu 1215 d.B. XXVII. GP (Beilage 1)

[2] Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) (Beilage A)

[3] Anlage 2 zu 1215 d.B. XXVII. GP (Beilage 2)

[4] Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA) (Beilage B)

[5] Anlage 2 zu 1215 d.B. XXVII.GP (Beilage 2)

[6] Abrufbar unter https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home_1/home_5/Rechenschaftsbericht_2018_Oesterreichische_Volkspartei_OeVP.pdf

[7] Die auf Seite 24 des Einsetzungsverlangens (Beilage 1) exemplarisch angeführten parlamentarischen Anfragen sind in der Beilage 4 aufgelistet; sämtliche parlamentarischen Anfragen betreffend den:die Bundesminister:in für Justiz sind abrufbar unter https://www.parlament.gv.at/PAKT/JMAB/

[8] Als Anhaltspunkt kann diesbezüglich die Homepage der Neuen Volkspartei dienen www.dieneuevolkspartei.at

[9] Beilage 3 - Informationsblatt: Technische Anforderungen

[10] Bundesgesetz über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates - Beilage C.