
GESUndheitsAusschuss
Auszugsweise Darstellung
verfasst von der Abteilung 1.4/2.4 – Stenographische Protokolle
20. Sitzung
Donnerstag, 9. Dezember 2021
XXVII. Gesetzgebungsperiode
TOP 33
Volksbegehren Tierschutzvolksbegehren (771 d.B.)
11.23
Uhr – 12.49 Uhr
Großer Redoutensaal
Beginn TOP 33: 11.23 Uhr
33. Punkt
Volksbegehren
Tierschutzvolksbegehren (771 d.B.)
(Wiederaufnahme der am 10. Juni 2021 vertagten Verhandlungen)
Obmann Mag. Gerhard Kaniak ruft zunächst nicht öffentlich Tagesordnungspunkt 33 auf und sagt, dass gemäß § 37a Abs. 1 Z 4 der Geschäftsordnung die Beratungen, die via Livestream in der Mediathek übertragen werden, öffentlich durchzuführen seien.
Über die öffentlichen Beratungen werde eine auszugsweise Darstellung verfasst.
Abstimmung darüber, die auszugsweise Darstellung zu veröffentlichen. – Einstimmige Annahme.
Nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung zur Herstellung der Öffentlichkeit leitet Obmann Kaniak zum öffentlichen Teil der Sitzung über, begrüßt den Bevollmächtigten des Tierschutzvolksbegehren Dr. Sebastian Bohrn Mena und erteilt diesem das Wort.
Stellungnahme des Bevollmächtigten des Volksbegehrens
Dr. Sebastian Bohrn Mena: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Abgeordnete! Danke, dass ich an diesem für den österreichischen Tierschutz so wichtigen Tag heute noch einmal zu Ihnen sprechen darf. Man hat mich darüber informiert – und das freut mich ganz besonders –, dass die Anzahl und die Länge meiner Redebeiträge heute nicht beschränkt sind. Ich verspreche, ich werde nicht filibustern, aber es ist wichtig, dass wir uns anlässlich dieser finalen Behandlung des Tierschutzvolksbegehrens ein bisschen Zeit nehmen, um über ein paar grundsätzliche Dinge zu sprechen, denn der Tierschutz ist ja in der öffentlichen, vor allem aber in der politischen Debatte viel zu selten Thema. Wenn wir schon die Möglichkeit haben, darüber zu reden, und wenn ich schon Ihre Aufmerksamkeit genieße, dann muss ich das natürlich entsprechend nutzen.
Ich bitte Sie, aufmerksam Respekt entgegenzubringen, und zwar nicht mir als Person, sondern ich bin hier als Vertreter von über 416 000 Menschen, die das Tierschutzvolksbegehren unterschrieben haben. Zur Erinnerung: Es ist das erfolgreichste Volksbegehren seit 2018. In der Zwischenzeit haben viele andere stattgefunden. Ich glaube, dass diese hohe Anzahl von Unterschriften zeigt, was für ein großes Anliegen den Menschen in diesem Land das Tierwohl ist.
Es geht aber um viel mehr als um diese 416 000 Menschen, denn wir wissen aus repräsentativen Umfragen – wahrscheinlich auch Sie aus Ihrer Lebenswelt –, dass es ja Millionen Menschen in Österreich sind, die sich für das Wohl der Tiere interessieren – ob es jetzt Katzen oder Hunde sind. Es gibt auch Umfragen, die zeigen, dass über 90 Prozent überhaupt kein Interesse mehr daran haben, dass mit Tieren auf die Art und Weise umgegangen wird, wie es zum Teil in Österreich immer noch passiert.
Um diese geht es heute, und letztlich natürlich auch um die Interessen der Menschen, die unsere Lebensmittel erzeugen, nämlich unsere Landwirte, denn eines ist uns vom Tierschutzvolksbegehren von Anfang an sehr wichtig gewesen: Wir sind ein Pro-BäuerInnen-Volksbegehren. Das bedeutet, wenn wir über Tierwohl sprechen, dann ist echtes Tierwohl aus unserer Sicht nur in Einklang mit den Interessen der Landwirte möglich.
Ich bin aber vor allem auch als Fürsprecher der Tiere hier. Um einen kurzen Überblick zu geben, um wie viele es dabei geht, denn die wenigsten werden diese Zahlen parat haben – ich habe es selber nicht gewusst, obwohl ich mich seit ein paar Jahren damit beschäftige –: Es sind übers Jahr gerechnet über 100 Millionen Hühner, die wir in Österreich haben, es sind 1,8 Millionen Rinder, 2,7 Millionen Schweine, es sind 500 000 Ziegen und Schafe und rund 100 000 Pferde, dazu noch 1,4 Millionen Hunde und Katzen und – immer wichtiger, wir erinnern uns an Glasgow – Milliarden von Insekten, hoffentlich noch viele mehr, denn auch das sind Tiere und Lebewesen.
Als wir vor drei Jahren mit dem Tierschutzvolksbegehren begonnen haben, hätte sich nicht nur ich, sondern wahrscheinlich keiner von unseren MitstreiterInnen gedacht, dass dieses Thema, das wir anfassen, nämlich wie sich der Umgang mit Tieren auf uns Menschen auswirkt, so eine Breite und Relevanz erlangen wird, und zwar auf eine sehr traurige Art und Weise. Sie alle sind jetzt, glaube ich, rund um die Uhr damit beschäftigt, der Minister auf jeden Fall: Die Coronapandemie und der Tierschutz sind ja unmittelbar miteinander verbunden. Führen wir uns vor Augen – vor Kurzem wurde dazu eine Studie veröffentlicht –: Wo kommt das Coronavirus her? Wie ist es entstanden? Wie konnte es sich verbreiten? Das sind ja alles nicht Fragen, die man losgelöst von der Art und Weise, wie man mit Tieren umgeht, behandeln kann. Ich hoffe, dass die letzten Monate und diese Pandemie uns auch dazu gebracht haben, ein bisschen mehr darauf zu hören, was uns Expertinnen und Experten sagen, wenn es um den Umgang mit Tieren geht, und dass wir weniger die Lobbyinteressen in den Vordergrund stellen.
Ich habe es vorhin angesprochen, es geht eben auch um Insekten. Klimakrise und Artensterben sind kommunizierende Gefäße, man spricht von Zwillingskrisen. Das bedeutet, je weniger wehrhaft unser Ökosystem aufgrund des massenhaften Sterbens von Arten, zum Beispiel im Regenwald, ist, umso härter wird uns die menschgemachte Klimakrise treffen. Insofern ist auch der Tierschutz diesbezüglich unmittelbar ein Bestandteil des Klimaschutzes.
Ich habe das in den letzten zwölf Monaten auch in der politischen Debatte sehr stark beobachtet und frage mich: Wie lange wollen wir eigentlich noch zusehen, dass der Tierschutz Angelegenheit einer Neigungsgruppe bleibt? Ich habe das Gefühl, er ist dann immer wieder etwas, was unter ferner liefen behandelt wird. Man glaubt, dass Gesundheitsfragen, dass ökonomische Fragen, dass die Fragen, wie unsere Lebensmittel erzeugt werden, wer sie erzeugt, losgelöst von der Frage des Umgangs mit Tieren gestellt werden können. Das geht nicht! Ich hoffe, dass wir mit der heutigen Debatte und mit den Anträgen, die vorgelegt werden, auch dazu beitragen, dieses Bewusstsein entsprechend zu schärfen.
Ich werde auf den Antrag der Regierungsparteien nicht jetzt, sondern später eingehen. Es ist mir auch wichtig zu unterstreichen: Ich bin ja, auch wenn ich mich seit ein paar Jahren damit beschäftige, kein Experte im Bereich des Tierschutzes. Das ist auch nicht meine Aufgabe. Das Tierschutzvolksbegehren war auch nie die Initiative der Tierschutz-NGOs oder die Initiative der Veterinärmediziner, auch wenn uns sehr viele unterstützt haben, was uns sehr freut. Wir sind eine Initiative der Bürgerinnen und Bürger, der Konsumentinnen und Konsumenten – ich habe es Ihnen beim letzten Mal, als ich hier war, schon gesagt –, Ihrer Wählerinnen und Wähler. Das geht jeden etwas an! Als deren Vertreter bin ich heute hier. Meine Aufgabe ist es eigentlich primär, gar nicht so sehr zu bewerten – das werde ich später trotzdem tun –, was Sie jetzt konkret zum Beschluss vorgelegt haben, sondern Sie daran zu erinnern, was für eine bedeutsame Rolle Sie als unsere Vertreterinnen und Vertreter, Sie als Gesetzgeber einnehmen können, wenn es um die Frage geht, wie Tiere in unserem Land behandelt werden.
Es darf nicht weiterhin so ausschauen, dass der Markt entscheidet, was mit Tieren in unserem Land passiert. Das ist momentan die Realität. Ich brauche jetzt nicht alles aufzukochen, was ich schon vor ein paar Monaten gesagt habe, aber wir hören in den Diskussionen ja leider immer und immer wieder: Der Konsument entscheidet mit seinem Griff ins Regal, was produziert wird. – Bullshit! Das stimmt einfach von vorne bis hinten nicht, das ist wirklich Betrug an den Menschen.
Heute in der Früh, bevor ich hierhergekommen bin, habe ich mit einem Landwirt aus der Steiermark gesprochen, der mir noch einmal erzählt hat, was für eine unfassbare systematische Entwertung von Lebensmitteln wir gerade jetzt schon wieder im Lebensmittelhandel erleben. Da kommen dann immer und immer wieder die Reaktionen der Politik darauf, dass sie das im besten Fall verurteilt. Aber, Leute: Ihr seid diejenigen, die entscheiden, was die Konzerne in diesem Land machen dürfen und was nicht! Das ist ja nicht gottgewollt oder Naturgesetz! Wenn ihr entscheidet, dass Konzerne die heimischen Produkte nicht mehr verramschen dürfen, dann dürfen sie sie nicht mehr verramschen. Wenn ihr entscheidet, dass gewisse Produkte in Österreich nicht mehr verkauft werden dürfen, dann dürfen sie nicht mehr verkauft werden. Das geht! Das ist letztlich alles nur eine Frage des politischen Willens, und das ist meine Aufgabe hier und heute: sie an diesen politischen Willen zu erinnern.
Ein schönes Zitat von Mahatma Gandhi, das immer wieder gebracht werden kann, ist: „Die Größe und den [...] Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandelt.“ – Ich glaube, das sollten wir uns in Erinnerung rufen, wenn wir heute über Anträge und darüber sprechen, was wir können und was wir angeblich nicht können.
Mein Wunsch ist, Ihnen heute in Erinnerung zu rufen, dass wir letztlich die Abkehr von gewissen Formen der Barbarei bewirken können. Ich wähle das Wort bewusst so, denn wenn man sich anschaut, wie mit Tieren auch in unserem Land immer noch umgegangen werden darf, dann ist das nichts anderes als die Behandlung von Lebewesen als Wegwerfobjekte. Sie werden beliebig gezüchtet, zurechtgeschnitten, herumgekarrt, hochgemästet und ausgepresst – wie es der Markt halt gerade verlangt, nicht wie die Landwirte das wollen. Die Landwirte, mit denen ich gesprochen habe, sagen, sie halten es selber nicht mehr aus, unter welchen Bedingungen sie produzieren müssen, aber der Markt zwingt sie aber dazu.
Die Schädlichkeit dieses Systems entlarvt sich ja auch jeden Tag selbst durch die Millionen an Falltieren, die wir erleben müssen, also Tieren, die schon während der Aufzucht und Mast sterben, weil sie einfach zu krank und schwach sind, um dieses kaputte System zu überleben. Wir erleben das an den unglaublichen Schäden, wenn wir den brennenden Regenwald sehen, die verseuchten Böden erleben, verschmutzte Flüsse erleben und so weiter, und wir sehen es – Stichwort: Antibiotikaresistenz – auch bei den Auswirkungen auf uns.
Wir sind im Gesundheitsausschuss, darum lassen Sie mich bitte Christian Drosten zitieren, der sagt: „Eine wachsende Menschheit mit einem wachsenden Fleischhunger: Hier steckt das Risiko für künftige Pandemien.“ – Was muss man noch hören, damit wir endlich wahrnehmen, was hier passiert?
Beim System Massentierhaltung können wir darüber diskutieren: Gibt es in Österreich Massentierhaltung? Gibt es sie nur in der Lightversion? Gibt es sie zu 5 Prozent oder zu 50 Prozent? – Das ist wurscht! Das System, das ich vorhin angesprochen habe, geht nicht mehr. Wir müssen verstehen: Es geht aus einer ethischen Perspektive heraus nicht mehr, es geht aus einer ökologischen Perspektive heraus nicht mehr, es geht aus einer gesundheitlichen und letztlich auch aus einer ökonomischen Perspektive heraus nicht mehr. Wir können uns dieses System nicht mehr leisten.
Mir persönlich – und ich glaube, auch den meisten Menschen, die das Tierschutzvolksbegehren unterschrieben haben – geht es nicht um 10 Zentimeter mehr Platz in einem Stall, auch wenn ich für jeden Platz und jedes Beschäftigungsmaterial und jeden Ballen Stroh dankbar bin, die ein Schwein mehr bekommt, um sein trauriges Dasein ein bisschen besser fristen zu können. Mir geht es eher um die Grundsatzfrage: Wie wollen wir mit Tieren im 21. Jahrhundert umgehen. Wie wollen wir, dass im 21. Jahrhundert mit Tieren umgegangen wird? Wie wollen wir, dass es in den Ställen passiert, dass es auf den Wiesen passiert?
Ganz aktuell: Alexander Rabitsch, ein Tierarzt aus Kärnten, hat vor Kurzem Kontrollen in Deutschland und Österreich gemacht. Die Zustände bei den Tiertransporten sind eine Katastrophe, und zwar nicht nur in der Türkei und in Bulgarien oder in Jordanien und in Marokko, sondern bei uns. Von 22 kontrollierten Transporten haben nahezu alle Mängel aufgewiesen. Wir reden dabei nicht nur davon, dass irgendwelche Protokolle nicht ausgefüllt waren, sondern wir reden davon, dass die Art und Weise, wie Tiere transportiert werden, einfach nicht mit dem Tierschutzgedanken, mit den basalsten Grundbedürfnissen von Lebewesen in Einklang zu bringen ist.
Ich könnte jetzt lange über Tränkanlagen in Transportern reden und warum diese nicht geeignet sind, aber ich glaube, wir müssen uns in Österreich als einem kleinen Land, das eine Exportnation ist, das eine Tourismusnation ist, das ein Teil der Europäischen Union ist, die Frage stellen, wie wir uns dabei positionieren wollen. Vor allem müssen wir uns auch die Frage stellen, wer sich künftig damit befassen und befassen dürfen soll, denn eines muss uns klar sein: Heute ist ja nicht der Endpunkt der Debatte über den Tierschutz in Österreich, es ist bestenfalls der Startpunkt. Ich hoffe, dass wir die ganze Geschichte heute zu einem Startpunkt erklären können.
Folgendes schließt daran an, was ich zu Beginn gesagt habe: Die Frage, wie mit Tieren umgegangen wird, darf nicht länger nur eine Frage sein, die von Landwirtschaftsvertretern, von TierärztInnen und Tierschutz-NGOs besprochen wird. Wir müssen das Thema aus dieser Blase herausholen, und ich glaube, das Tierschutzvolksbegehren hat ganz deutlich gezeigt, dass Tierschutz ein Volksbegehren ist, dass es also wirklich das Anliegen der Menschen draußen ist, dass es letztlich alle Menschen nicht nur betrifft, sondern auch berührt. Entsprechend sollte es auch in der Zukunft, wenn wir im Anschluss darüber reden, wie es weitergeht, unter Einbezug der Bevölkerung stattfinden. Also raus aus den Hinterzimmern, weg von diesen Hinterzimmerdeals, wo irgendwelche Kuhhandel durchgeführt werden! Versuchen wir doch wirklich, die Menschen einzubeziehen! Trauen Sie sich doch einmal auch als Politik, den Schulterschluss der KonsumentInnen und ProduzentInnen herbeizuführen, denn damit könnten wir tatsächlich die unglaubliche Vormacht des Handels brechen.
Ich möchte abschließend für diese heutige Abstimmung, aber auch für die Zeit danach an Sie appellieren: Lassen Sie uns die Art und Weise, wie mit Tieren in Österreich umgegangen wird, ändern! Lassen Sie uns aber auch ändern, wie dieses Land, wie Österreich den Umgang mit Tieren in der Welt beeinflusst! Wir haben durch die Beschaffung, wir haben durch die Importe, wir haben als Teil der Europäischen Union eine unglaubliche Möglichkeit, zu gestalten. Ich glaube, wir haben in politischen Debatten in den letzten Jahren sehr oft erlebt, welche Möglichkeiten wir als kleines Österreich haben, um große Zusammenhänge zu beeinflussen. Letztlich sollten wir nicht vor der scheinbaren Ohnmacht kapitulieren, mit der wir angesichts der beschränkten Handlungsmöglichkeiten konfrontiert sind, sondern wir sollten im Rahmen dessen, was uns möglich ist, immer versuchen, einen positiven Beitrag zu leisten.
Wir verstehen jedenfalls den heutigen Tag als den Startpunkt für einen grundsätzlichen Reformprozess. Für uns endet das heute hier nicht. Wir werden mit Oekoreich, der Nachfolgeinitiative des Tierschutzvolksbegehrens, im Frühjahr 2022 einen großen Reformprozess für die österreichische Landwirtschaft auf den Weg bringen. Wir werden das wieder unabhängig von allen Lagern machen, wie wir das auch in der Vergangenheit gemacht haben, aber ich hoffe, dass wir es im Interesse der Tiere, der Natur und der Landwirte mit Ihnen gemeinsam machen. Ich bitte und hoffe also, dass wir auf Sie zählen können, und zwar auf Sie alle. – Vielen herzlichen Dank.
Eingangsstatement des Bundesministers
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein: Sehr geehrten Damen und Herren! Es freut mich sehr, dass es gelungen ist, einen Antrag zur Umsetzung des Tierschutzvolksbegehrens auf den Weg zu bringen. Ich möchte mich bei allen, die sich an diesem wichtigen Thema beteiligt haben, nicht zuletzt auch bei den Organisatorinnen und Organisatoren des Volksbegehrens herzlich bedanken. Das Tierschutzvolksbegehren war ein eindeutiges Signal an die Politik, dass sich die Menschen in Österreich Verbesserungen im Tierschutz wünschen und erwarten. Der heutige gemeinsame Antrag von ÖVP, den Grünen und den NEOS ist ein weiterer Schritt auf dem Weg dorthin.
Natürlich hätten sich die Grünen und auch die NGOs größere und schnellere Schritte erhofft, aber wichtiger als schnelle Schritte ist ein gemeinsamer Weg, und auf einen gemeinsamen Weg haben wir uns jetzt mit dem Regierungspartner und der Branche verständigt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Österreich erwartet sich einen besseren Umgang mit Tieren. Die ÖsterreicherInnen wünschen sich eine bessere Haltung, mehr Tierschutz und eine Landwirtschaft der Zukunft. Sie erwarten sich mehr Transparenz, sie erwarten sich faire Preise, aber auch eine gute Zukunft für unsere Landwirtinnen und Landwirte. Diesen Erwartungen müssen wir jetzt gerecht werden, wir gehen daher jetzt die konkrete Umsetzung an. Wir haben als Bundesregierung einen klaren Auftrag und den nehmen wir an. – Vielen Dank.
Stellungnahmen der Abgeordneten
Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Bohrn Mena! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuallererst möchte ich mich an dieser Stelle bei den 416 000 Menschen bedanken, die dieses Volksbegehren unterzeichnet haben, bei Ihnen, Herr Dr. Bohrn Mena, als Initiator des Volksbegehrens, bei Ihrem ganzen Team, bei allen NGOs, die in diesem Bereich seit vielen Jahren sehr engagiert arbeiten und die dieses Volksbegehren so erfolgreich gemacht haben.
Der Auftrag an die Politik war klar. Wir sind mitten in einem Prozess, es ist selbstverständlich weder der Endpunkt und auch nicht der Höhepunkt der Bearbeitung dieser Thematik. Es geht hier tatsächlich nicht um ein Randthema oder um Liebhaberei, nicht um etwas, das kosmetische Veränderungen bedeutet, sondern die Menschen, die sich für den Tierschutz engagieren, die das Volksbegehren parteiübergreifend unterschrieben haben, erwarten sich nicht weniger als einen Systemwechsel. Es geht um einen grundlegender Systemwechsel, der, glaube ich, von sehr vielen schon erkannt worden ist, der sich in viele Bereiche hineinzieht, in den Gesundheitsbereich, in den Bereich der Pandemie und der Pandemiebewältigung, aber auch in Fragen der Zukunft: Wie wollen wir in Zukunft miteinander leben?
Wir wissen, dass die WHO an einer Strategie arbeitet, die Gesundheit gesamt sieht – die Gesundheit und Intaktheit der Natur, der Umwelt, des Menschen, aber auch der Tiere. Und dieses Bewusstsein ist vorhanden. Dadurch, dass wir politisch an diesem Thema arbeiten, werden wir diese Thematik auch ganz oben auf der politischen Agenda halten. Ich glaube, das ist das Wichtigste.
Wir bringen in diesem Zusammenhang gemeinsam mit den NEOS einen Entschließungsantrag ein. Wir hoffen natürlich auf breite Zustimmung, es ist eine Thematik, die nicht Parteiinteressen unterworfen sein sollte. Ich möchte mich an dieser Stelle wirklich auch bei allen Parlamentsfraktionen bedanken, die sich immer wieder in verschiedenen Foren und Gremien einbringen und mitarbeiten. Ich möchte mich natürlich auch beim Koalitionspartner bedanken, mit dem der gemeinsame Entschließungsantrag möglich geworden ist.
Wir beginnen hier einen Systemwechsel, wir läuten diesen Systemwechsel aber tatsächlich auch mit sehr deutlichen Maßnahmen in bestimmten Bereichen ein. Ich möchte diese Maßnahmen ganz kurz umreißen. Es geht einerseits um den Bereich des Kückentötens. Es wird ganz deutlich ein Verbot des Kückentötens geben. Es geht nicht nur um das Schreddern von Kücken, es geht auch um das Töten mit CO2-Gas. Es wird nicht mehr möglich sein, Kücken zu töten, außer diese Kücken werden als Futterkücken von Zoos oder von Greifvogelstationen verwendet. Das bedeutet auch, dass die heimischen Unternehmen auf die Kücken zugreifen werden, die in Österreich zur Verfügung stehen, und dass sich die Importe dann auch reduzieren werden oder gar nicht mehr stattfinden werden.
Das ist aber nur ein erster Schritt, denn in einem weiteren Schritt soll es gar nicht erst dazu kommen, dass Kücken geboren werden, die dann gleich wieder getötet werden. Das heißt, es geht um die frühe Geschlechtsbestimmung schon im Ei, es geht aber auch um Alternativen, die in der Junghahnaufzucht gefördert werden.
In der Schweinehaltung geht es natürlich zuallererst und zentral um das Vollspaltenverbot. Das ist etwas, zu dem es einen langen Prozess gibt. Es wird da neue Mindeststandards geben, es wird ein Vollspaltenverbot kommen, aber es ist noch ein Prozess bis dorthin, der gemeinsam mit der Branche erarbeitet wird. Dazu sind die ersten Schritte und Vorbereitungen getroffen. Selbstverständlich ist es wichtig, dieses Thema weiterhin zu besprechen und weiterhin zu verhandeln.
Im Bereich der Qualzucht gibt es eine klarere Regelung des Verbots der Qualzucht. Das wird sich zuallererst auf bestimmte Hunderassen, aber dann auch auf Katzen und weitere Heimtiere beziehen. Dieses Verbot wird klar geregelt werden und in Anlehnung an das niederländische Ampelmodell mit einem System versehen werden, das einerseits den Züchtern und Züchterinnen ermöglicht, Klarheit zu haben, aber vor allem auch für diejenigen, die sich Tiere zulegen, die Sicherheit schafft, sodass sie wissen, dass sie Tiere haben, die nicht ihr Leben lang leiden werden, medizinische Eingriffe und Operationen brauchen.
Wir sind auch das Thema der Streunerkatzen angegangen. Da wird es Maßnahmen geben. Es wird zuallererst einen runden Tisch geben, der alle Beteiligten zusammenbringt, die in gemeinsamen Gesprächen Maßnahmen überlegen werden, um diese Problematik zu bearbeiten.
Schließlich wird es im Bereich der Haltung von sogenannten Wildtieren – viele davon sind exotische Wildtiere – auch eine Veränderung der grundlegenden Zugehensweise von einer bisherigen Negativliste zu einer Positivliste geben, die definieren wird, welche Tiere hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit, aber auch hinsichtlich dessen, was sie benötigen und was als Rahmen zur Verfügung gestellt werden kann, überhaupt für die Privathaltung geeignet sind.
Wie gesagt sind das erste Maßnahmen, die ausgearbeitet werden. Wir hoffen dabei sehr auf Ihre Mitarbeit, auf Ihre Unterstützung. Wir werden selbstverständlich auch für weitere Gespräche mit der Zivilgesellschaft zur Verfügung stehen. Ich kann nur unterstreichen, dass das Gespräche sind, die breit und öffentlich geführt werden müssen, damit diese Thematik auch weiter ganz oben auf der politischen Agenda ist. Unser Ziel ist, da tatsächlich zu einem Systemwechsel zu kommen, und unsere Unterstützung dafür ist da. – Herzlichen Dank noch einmal an alle, die dieses Thema hierher getragen haben.
Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Bohrn Mena! Grundsätzlich ist zu sagen: Das Tierschutzvolksbegehren und das Anliegen, Österreich zu einem Vorreiter und Vorbild beim Tierschutz zu machen, unterstützen wir inhaltlich zur Gänze. Das Volksbegehren hat über 416 000 Unterschriften erhalten. Das ist gerade in diesen Zeiten sehr beachtlich und zeigt auch, wie sehr das Tierwohl und der Tierschutz unseren Bürgern Anliegen sind.
Ich möchte nur auf einige wenige von sehr vielen Forderungen eingehen. Die erste ist das Anliegen, die Landwirtschaft tiergerecht und zukunftsfähig zu machen. Das war uns seit der Gründung der NEOS ein Kernanliegen, und wir waren auch immer bereit, dazu über Parteigrenzen hinaus zusammenzuarbeiten. Dass da etwas weitergehen kann, hat man auch bei unserem gemeinsamen Antrag zur Ermöglichung der stressfreien Schlachtung im gewohnten Umfeld gesehen. Ich glaube, dass so eine Zusammenarbeit ein wichtiges Zeichen für die Menschen, die solche Volksbegehren unterschreiben, ist, dass wir trotz politischer Konflikte in der Lage sind, für die Sache zu arbeiten und Verbesserungen zu schaffen. Für eine bessere, tiergerechtere Landwirtschaft braucht es auch weitere Maßnahmen, um Tiertransporte zu minimieren und zu verbessern, vor allem auch bessere Kontrollen unterwegs.
Ein weiteres Anliegen, das ich hervorheben und auch stark unterstützen möchte, ist die Umgestaltung unserer Förderpolitik in der Landwirtschaft zugunsten des Tierwohls. Ich möchte daran erinnern, dass auch die nationale Umsetzung der europäischen Landwirtschaftspolitik ansteht und wir da einigen Spielraum haben, eine schonendere und tiergerechtere Landwirtschaft besser zu fördern und zu begünstigen.
Zum Schluss möchte ich auch noch betonen, dass ein wichtiger Teil unserer Arbeit sein wird, Konsumenten und Konsumentinnen zu sensibilisieren und besser zu informieren, um das Tierwohl zu gewährleisten. Ich möchte auch eine Forderung meiner Kollegin Karin Doppelbauer aufgreifen, der es nicht verständlich ist, warum ein AMA-Gütesiegel beim Tierschutz nur das gesetzliche Minimum und nicht wesentlich mehr darstellt.
416 000 Österreicher haben gesagt: Tierwohl ist uns ein zentrales Anliegen! – Jetzt müssen wir Abgeordnete dieses Hauses das Beste daraus machen und nicht nur über Parteigrenzen hinweg zusammenarbeiten, sondern auch ehrlich auf die Dinge blicken, die nicht funktionieren. – Danke schön.
Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Herr Dr. Bohrn Mena! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben dieses Volksbegehren immer schon mitgetragen – ich habe es selbst auch aus voller Überzeugung unterzeichnet –, weil uns der Tierschutz am Herzen liegt.
Tierschutz ist ja kein ideologisches Thema, sondern es geht um die Frage: Wie geht eine Gesellschaft, wie gehen wir als Menschen mit unseren Mitgeschöpfen um? Wie teilweise mit Tieren – leider nach wie vor auch in diesem Land – umgegangen wird, ist nicht tragbar, und das wird auch von einem Großteil der Bevölkerung, von weit mehr Menschen als der großen Anzahl der Unterzeichner dieses Volksbegehrens, einfach nicht mehr akzeptiert, und das zu Recht.
Der vorliegende Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen hat mich insofern überrascht, als wirklich weitgehend die Punkte des Volksbegehrens aufgegriffen wurden. Was eines der großen Assets dieses Volksbegehrens im Vergleich zu anderen Aktivitäten im Bereich des Tierschutzes war: dass es sehr gut ausdifferenziert war, dass also nicht ein Sündenbock gesucht wurde, so wie das meistens die Landwirtschaft ist, sondern dass auch konkrete Lösungsvorschläge, wie Tierschutz für die Landwirtschaft sinnvoll und verträglich umgesetzt werden kann, erarbeitet und eingefordert wurden.
Dieser Entschließungsantrag beinhaltet wirklich viele Punkte, die vernünftig sind. Es hat mich auch überrascht, dass die ÖVP bereit war, so weit zu gehen. Man muss aber natürlich aufpassen. Was mir fehlt, sind Fristen. Es ist einiges weitergegangen, man sieht große Sprünge, wenn man liest, was in diesem Entschließungsantrag im Bereich der Kücken, vor allem aber im Bereich der Schweine – Stichwort Vollspaltenböden – bekundet wird. Kollegin El-Nagashi hat das schon angesprochen.
Mir fehlen aber in den meisten Punkten Fristen: Bis wann sollen die Gesetzentwürfe kommen? Das sollte man schon noch definieren, sodass man zum Beispiel sagt: Im ersten Halbjahr 2022, bis zum 1. Juni, wie auch immer, wollen wir auch Gesetzesvorschläge ins Parlament einbringen! Dass da noch Gespräche und Abstimmungen notwendig sind, ist ja völlig klar. Man muss sich aber ein Ziel setzen.
Dr. Bohrn Mena hat vorhin auch etwas gesagt: dass man im Bereich des Tierschutzes von den Hinterzimmerdeals, davon, dass sich wenige Player irgendetwas ausmachen, wegkommen muss. Man braucht die Einbindung der Menschen. Das ist ganz wichtig.
Was da jetzt leider passiert ist: Es wurde nicht einmal das Parlament, nämlich die Opposition, vollständig eingebunden. Wir haben das gestern sehr spät bekommen. Wir haben es noch nicht im Detail analysiert und auch nicht im Klub besprechen können. Darum werden wir als Freiheitliche Partei heute hier im Ausschuss dagegenstimmen. Ich hoffe, wir nützen die Zeit bis nächste Woche, um noch das eine oder andere Gespräch zu führen. Wir müssen natürlich auch die Meinungsbildung im eigenen Parlamentsklub führen. Das heißt nicht, dass wir inhaltlich gegen diesen Entschließungsantrag sind – das möchte ich klar definieren –, aber die Vorgehensweise, dass es keine Einbindung gegeben hat, dass es wiederum so kurzfristig als Hinterzimmerdeal auf den Tisch geknallt wurde und dass bei viel zu vielen Punkten keine verbindlichen Fristen definiert wurden, ermöglicht es uns heute nicht, zuzustimmen.
Grundsätzlich ist aber anzuerkennen, dass ihr euch etwas überlegt habt und dass ihr dieses Volksbegehren nicht so behandelt habt, wie es mit den meisten Volksbegehren passiert.
Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Vorsitzender! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben das Volksbegehren zum Tierschutz auf dem Tisch, wir behandeln es im Parlament, weil dieses Volksbegehren 416 000 Unterschriften erhalten hat und die Menschen, die es unterschrieben haben, ihren Willen zum Ausdruck gebracht haben, dass da etwas umzusetzen ist.
Ich bedanke mich bei Herrn Dr. Bohrn Mena, der das initiiert hat. Sie haben ja im Expertenhearing schon Gelegenheit gehabt, Ihre Gedanken entsprechend darzulegen.
Dieses Volksbegehren behandeln wir jetzt im Parlament aber nicht nur deshalb, weil es mit 416 000 Unterschriften eben unsere Verpflichtung ist, sondern weil uns Tierwohl wirklich ein großes Anliegen ist und wir nach Lösungen suchen, wie wir das auch immer weiter verbessern und umsetzen können.
Wir haben also einen umfangreichen Prozess gestartet, mit den Initiatoren, hier im Ausschuss ein Hearing mit Experten. Das Wichtigste, das ich aus diesem Expertenhearing mitgenommen habe, ist eigentlich die Bestärkung meiner Meinung, dass das Tierwohl dann am besten und am wirkungsvollsten verbessert werden kann, wenn sich die Tierhalter damit identifizieren, wenn sie selbst überzeugt sind: Jawohl, wenn ich dem Tier etwas Gutes tue und die Haltungsbedingungen verbessere, dann mache ich für alle, auch für die Menschen etwas Gutes.
Ein Beispiel, das ich immer bringe, ist: Wenn der Tierhalter erkennt, dass eine Brandlbracke in einer Stadtwohnung nicht geeignet ist, ein Hund einer anderen Rasse vielleicht schon, dann ist schon einmal sehr viel erreicht. Wir müssen das Bewusstsein also auch in die Bevölkerung bringen, dass die Haltung von Tieren Verantwortung bedeutet. Der Tierhalter muss wissen, welche Bedürfnisse und welche Erfordernisse das Tier hat. Darum ist es wichtig, dass wir auch in unserem gemeinsamen Entschließungsantrag sagen, es sollte ein entsprechender Sachkundenachweis beigebracht werden müssen, wenn gewisse Tierarten gehalten werden.
Unsere breite Diskussion in allen Bereichen hat in einen Entschließungsantrag zu allen Punkten des Tierschutzvolksbegehrens gemündet, die wir gemeinsam mit den Tierhaltern erarbeitet haben. Ob das die landwirtschaftlichen Tierhalter waren, ob das Heimtierhalter waren, wir haben mit nahezu allen relevanten Organisationen – lückenlos wird es nicht möglich sein, aber mit vielen Organisationen – geredet und in einem breiten Dialog versucht, auch zu Ergebnissen zu kommen. Was jetzt am Tisch liegt, ist ein Entschließungsantrag, mit dem gesetzliche Regelungen eingefordert werden, womit aber auch Förderanreize für besonders tierwohlfreundliche Haltungsformen auf den Tisch gelegt werden und Beratungsangebote zur Bewusstseinsbildung gestärkt werden sollen.
Für den landwirtschaftlichen Bereich enthält er auch Maßnahmen zu einer tierwohlkonformen Entwicklung am Lebensmittelmarkt, weil dieser auch mitentscheidend ist. Dabei geht es nicht nur um den Lebensmitteleinzelhandel, zu dem wir Gespräche über Verbesserungen brauchen, es geht auch um die Beschaffung von Lebensmitteln für öffentliche Einrichtungen. Dabei sind der Bund, die Länder und andere öffentliche Institutionen gefordert. Es geht darum, dass man gewisse Dinge unterstützt.
Kollege Keck kann es vermutlich schon nicht mehr hören, mir geht es wieder um das Projekt Vollmilchkalb, um das Kalb Rosé. Wir können mit solchen Initiativen auch Verbesserungen in anderen Bereichen wie bei Tiertransporten schaffen. Wenn wir diese Projekte umsetzen, brauchen wir weniger Transport, und wenn wir heimische Lebensmittel kaufen – das ist die Bitte an die Konsumentinnen und Konsumenten –, natürlich auch.
Letztendlich, glaube ich, können wir uns, wenn wir vom Tierschutz reden, durchaus mit anderen Ländern in Europa und auf der Welt messen. Es ist auch Inhalt dieses gemeinsamen Entschließungsantrages, dass wir bei Importen gleiche Standards wollen. Jetzt wissen wir natürlich schon, es gibt EU-Recht, aber es gibt auch Importe von außerhalb. Wir wollen auch Regeln schaffen, damit nicht Lebensmittel importiert werden, die unter Kriterien erzeugt worden sind, die in Österreich eigentlich verboten sind.
Es ist also ein umfangreicher Antrag, den wir heute zur Beschlussfassung vorlegen. Die Kritik ist gekommen, dass es sehr spät ist, aber wir haben regierungsintern und auch mit Außenstehenden bis zur letzten Minute geredet, damit wir zu einer Einigung gekommen sind. Ich glaube, es ist eine gute Einigung, es ist ein umfassender Antrag, der weitgehend ist, der alles umfasst und der ein großer Schritt zu noch mehr Tierwohl ist. Ich bitte um Zustimmung.
Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Vorsitzender! Geschätzter Herr Minister! Geschätzter Herr Dr. Bohrn Mena! Seitens der Freiheitlichen Partei noch einmal Gratulation zu den mehr als 416 000 Unterschriften. Jeder Österreicher, jede Österreicherin, die das unterschrieben haben, haben tatsächlich epochal etwas weitergebracht. Es ist Bewegung in die Sache Tierschutz gekommen, und wir sind uns alle sicher, dass weit mehr als diese 416 000 Personen, die unterschrieben haben, hinter der Idee des Tierschutzes dieses Volksbegehrens stehen.
Es wurde heute schon mehrmals festgehalten, dass etwas auf den Weg gebracht wurde. Dazu gratulieren wir. Wir sind auch dankbar und tragen das auch mit, aber es ist noch viel zu tun. Ich greife jetzt nur einen Punkt vorweg auf, der heute als nächster Punkt auf der Tagesordnung dieses Gesundheitsausschusses ist: Antrag der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Förderung der Rehkitzrettung aus Mitteln des Tierschutzes“.
Das ist nur ein Beispiel, aber man muss wissen, dass jedes Jahr alleine 25 000 Rehkitze beim Mähen getötet werden, schwer verletzt werden und elendig zugrunde gehen. Rehkitze – wir denken an Bambi – sind doch so zarte, nette Lebewesen. Sie müssen gerettet werden! Ich bin wirklich gespannt darauf, wie es unserem Antrag, der nach dieser Diskussion auf der Tagesordnung steht, ergehen wird, ob dieser Antrag, wie so viele, auch wieder vertagt oder nicht angenommen werden wird. Wenn wir uns hier und heute alle zum Tierschutz bekennen, gibt es ja keinen Grund, auch diesen Antrag im Sinne des Tierwohls nicht zu unterstützen.
Wir haben auch Vorschläge gemacht, zum Beispiel den Ankauf von Drohnen aus Mitteln des Tierschutzes, um, bevor man mäht, mit Wärmebildkameras festzustellen, wo die Kitze im hohen Gras liegen. Man weiß ja auch, dass die Rehkitze erst nach zehn Tagen überhaupt einen Fluchtinstinkt entwickeln. Ich bin wirklich gespannt. Schauen wir uns an, wie es diesem Antrag ergeht, ob tatsächlich der Tierschutz auch jenseits der öffentlichen Debatte ernst genommen wird! Ich werde Sie informieren, Herr Dr. Bohrn Mena, wie es diesem Antrag von der Freiheitlichen Partei ergangen ist.
Ein weiterer wichtiger Punkt Ihres Volksbegehrens war mehr Transparenz. Das können wir nur unterschreiben und unterstreichen. Wir haben uns jahrelang für eine verpflichtende Herkunftsbezeichnung eingesetzt. Wir sind zu Recht stolz auf die tollen landwirtschaftlichen Produkte unserer Bauern in Österreich, die erstklassige, qualitativ hochwertigste Produkte herstellen, auch unter Voraussetzungen, unter denen sie kostenmäßig mit der Flächenproduktion nicht mithalten können. Das wissen wir.
Sie haben heute mehrmals die Worte brennender Regenwald in den Mund genommen. Ja, das ist die große Frage, die ansteht. Ich nenne noch einmal das Stichwort Mercosur, die Verhandlungen, womit die Europäische Union zulasten dieses Tierschutzvolksbegehrens und zulasten unserer bäuerlichen Bevölkerung Autos gegen billiges Rindfleisch eintauschen möchte. Ich muss jetzt auch feststellen, dass diese Verhandlungen der Europäischen Union im Jänner schon längst gestoppt worden wären, wenn alle ÖVP-Mandatare damals für den Stopp eingetreten wären, was sie aber nicht getan haben.
Es ist für uns als Freiheitliche Partei eine wirkliche Nagelprobe, ob wir tatsächlich heute – auch nach einer Pandemie, in der wir feststellen, dass wir Ernährungssicherheit im eigenen Land sichern wollen und die hohe Qualität unserer Landwirte auch wertschätzen – in der Lage sind, solche Verhandlungen endgültig zu stoppen, damit wir die Voraussetzung schaffen können, dass eben Regenwälder et cetera nicht weiter abgeholzt werden und die Lebensgrundlage weiterer Tiere total vernichtet wird. Auch das ist unserer Meinung eine Nagelprobe.
Eine Sache vielleicht noch zum Abschluss: Weihnachten steht vor der Tür, und zu Weihnachten werden vielfach auch Tiere verschenkt. Bitte, liebe Konsumentinnen und Konsumenten: Achtet wirklich darauf, ob man tatsächlich in der Lage ist, ein Tier artgerecht zu halten! Wenn man sich einen Hund kauft – das ist eine tolle Sache; ich selber habe zwei Hunde –: Hunde bedürfen einer Pflege, brauchen Auslauf et cetera. Das ist gerade zu Weihnachten zu bedenken, bevor man Tiere quasi unter den Christbaum stellt.
Abschließend: Wir gratulieren seitens der Freiheitlichen Partei. Wir sind emotional absolut auf Ihrer Linie. Das ist eine Herzensangelegenheit von uns. Wir werden das Thema mit weiteren parlamentarischen Initiativen am Laufen halten. – Danke schön.
Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Dr. Bohrn Mena! Ich denke schon, dass dieser Antrag heute ein Etappensieg für den Tierschutz in Österreich ist. Wir haben uns jetzt mehrere Monate lang, in Wirklichkeit fast ein ganzes Jahr lang mit dem Tierschutzvolksbegehren, mit dem Antrag, den wir heute hier vorlegen wollten und vorgelegt haben, beschäftigt.
Was man vielleicht nicht weiß: Bevor man in diesen parlamentarischen Prozess und Diskurs eingreift, braucht es einen breiten Diskurs an der Basis. Als Landwirtschaftssprecherin war es mir besonders wichtig, die Bäuerinnen und Bauern mitzunehmen, so wie es das Tierschutzvolksbegehren auch getan hat. Es war und ist kein Volksbegehren gegen die Bäuerinnen und Bauern, sondern es ist ein Volksbegehren für die österreichische Landwirtschaft und für die österreichischen Bäuerinnen und Bauern. Das ist auch ein sehr bemerkenswerter Erfolg dieses Volksbegehrens.
Im Prozess bis zum heutigen Tag haben wir vor allem in meinem Bereich, in der Landwirtschaft, viele intensive Gespräche geführt. Gemeinsam mit meinem Kollegen Georg Strasser, mit Kollegen Eßl, mit meiner Kollegin Faika El-Nagashi haben wir versucht, auch draußen bei den Produzentinnen und Produzenten, bei den Bäuerinnen und Bauern, nicht das Gefühl zu vermitteln, es wird über ihren Kopf hinweg, über ihren Hof hinweg und über ihre Zukunft hinweg entschieden. Wir haben einen Weg gewählt, gemeinsam zu überlegen: Welche Schritte können heute gesetzt werden? Welche Schritte braucht es in nächster Zukunft?, und letztendlich: Wohin wollen wir langfristig gehen?
Ich kann Sie beruhigen, vor allem die Bäuerinnen und Bauern, die nicht biologisch landwirtschaften: Die langfristige Vision haben wir nicht fertiggeschrieben. Meine Vision wäre es – ich bin selbst Bäuerin, halte Rinder und habe mich der Direktvermarktung verschrieben –, dass es in Österreich kein Problem wäre, mit einem biologischen Mindeststandard auch im Gesetz unsere Landwirtschaft zu gestalten. Nach diesen Gesprächen wurde mir aber klar, dass viele, viele Etappen zurückzulegen sind, um dorthin zu kommen.
Für mich ist es einfach: Wir verkaufen zu Hause unsere Produkte direkt. Für viele andere Betriebe ist dieses Einfachheit noch nicht gegeben, beziehungsweise sehen viele ihre Nische gar nicht. Wir haben uns bei diesem Antrag auf Rinder, Schweine und Geflügel konzentriert, was die Nutztiere anbelangt. Gerade bei der Haltung von Schweinen wurde sichtbar, wie wichtig das Gespräch, der gemeinsame Austausch ist, um zu diesem Antrag zu kommen, der meines Erachtens sehr wohl weit geht: Er definiert nämlich, dass wir ab dem 1.1.2023 in Österreich einen neuen Mindeststandard bei der Haltung von Schweinen haben werden. Er definiert, dass die Buchten, in denen die Schweine gehalten werden, größer werden. Er definiert, dass es für Schweine einen eigenen Liegebereich und auch eine Klimatisierung geben wird und dass wesentlich mehr Beschäftigungsmaterial anzubieten ist. Reicht das? – Nein.
Wie haben wir uns aber getroffen? – Auf der einen Seite mit Anreizen, die das Öpul und die Investitionsförderungen ab dem Jahr 2023 bieten werden, und auf der anderen Seite mit einer Lenkung im Rahmen der Gesetzgebung. So wird sich jeder, der zukünftig investieren will, fragen: Was gibt mir Planungssicherheit? – Die Antwort ist ganz einfach: Planungssicherheit erhalten wir – egal, ob beim Geflügel, beim Schwein oder beim Rind – immer dann, wenn wir Tierwohl berücksichtigen. Je mehr Tierwohl es gibt, umso mehr Planungssicherheit gibt es.
Ähnliches ist uns auch in einem guten Austausch mit der Geflügelbranche gelungen. Da wird es zu einer Verbesserung – Faika El-Nagashi hat es schon ausgeführt – betreffend Kückentöten kommen. Es wird aber auch Verbesserungen geben, was die Haltung von Geflügel betrifft. Wir werden auch darauf schauen, dass die Branche weiterhin an ihren Zukunftsprojekten arbeitet.
Heute war viel von den VerbraucherInnen die Rede, und immer wieder ist von den VerbraucherInnen die Rede. Wenn wir heute einkaufen, entscheiden wir. Führen wir uns vor Augen, wo VerbraucherInnen entscheiden! VerbraucherInnen entscheiden am Ende der Kette. ProduzentInnen, Bäuerinnen und Bauern, sind ganz am Anfang der Kette. Dann kommt die Abnahme, die Verarbeitung, dann kommt das Verhandeln mit dem Handel, dann kommt der Handel, und dann kommen die VerbraucherInnen. In dieser Blackbox zwischen dem Regal und dem produzierten und gehaltenen Tier fallen die großen Entscheidungen. Es wird zukünftig die Herausforderung auch für uns als Gesetzgebung sein, da hineinzuschauen und gerechte Bedingungen zu schaffen, damit am Anfang der Kette ein gerechter Preis herauskommt und am Ende VerbraucherInnen wirklich auf Basis von Transparenz entscheiden können.
Landwirtschaft der Zukunft heißt für mich Landwirtschaft der Empathie, nicht nur den Menschen gegenüber, die auf dem Hof leben, sondern vor allem den Tieren gegenüber, die auf dem Hof gehalten werden. Geht diese Empathie verloren, dann wird Landwirtschaft zu Business. Landwirtschaft kann aber nie Business sein, weil Landwirtschaft in Generationen denkt. Landwirtschaft ist eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft. Schaffen wir das nicht, haben wir die Landwirtschaft verloren.
Insofern: Mit diesem Antrag verlieren wir nicht, sondern mit diesem Antrag gehen wir Schritte voran. Mein Dank gilt vor allem auch den Tierschutzorganisationen, die immer auch im Blick haben, wie man das Leben von Bäuerinnen und Bauern und das Leben von Tieren auf dem Bauernhof verbessern kann. Ich appelliere, dass wir versuchen, in Zukunft ein noch viel besseres Gesprächsklima mit allen Branchen und den Tierschutzorganisationen zu schaffen, denn auch das wird uns voranbringen. – Danke schön.
Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Vorsitzender! Herr Minister! Knapp 500 000 Menschen haben dieses Tierschutzvolksbegehren unterschrieben. Es ist nicht das erste, sondern das zweite Tierschutzvolksbegehren, das es in Österreich gibt. Bei beiden zusammengerechnet waren es weit über eine Million Menschen, die für das Tierwohl und den Tierschutz in Österreich eingetreten sind.
Seit dem ersten Tierschutzvolksbegehren hat es viele, viele Maßnahmen gegeben, die den Tierschutz in Österreich gehoben und auf einen Standard gebracht haben, bei dem wir lange Zeit gesagt haben, wir in Österreich sind weltweit im Tierschutz führend. Mittlerweile ist natürlich wieder einiges hinzugekommen. Darum war es notwendig, ein zweites Tierschutzvolksbegehren zu machen, das, wie ich schon gesagt habe, knapp 500 000 Menschen unterschrieben haben. Nun gilt es, umzusetzen, was in diesem Tierschutzvolksbegehren gefordert wurde.
Was mich ärgert – ich habe es auch gestern in Gesprächen schon einmal gesagt –, ist, dass wir erst gestern um 17 Uhr diesen Antrag erhalten haben. Wir können ihn natürlich in der Fülle, in der er da ist, gar nicht kontrollieren, können nicht anschauen, was im Detail drinsteckt, denn wichtige Details stecken oft in einem Wort, einem Beistrich oder in sonst etwas. Das weiß jeder, der Gesetze macht. Man muss sich sehr, sehr genau anschauen, was das alles bedeutet. Die dafür nötige Zeit haben wir nicht, wenn wir einen Antrag erst 15 Stunden vor der Ausschusssitzung erhalten. Daher werden wir schon alleine aus diesem Grund diesem Antrag heute nicht zustimmen.
Das Zweite, was zu diesem Antrag zu sagen ist: Es stehen viele Dinge drin, die den Forderungen des Tierschutzvolksbegehrens entsprechen, aber aus meiner Sicht sind es nur Absichtserklärungen und Ankündigungen. Es stehen keine Maßnahmen und Fristen drin. Genau diese Maßnahmen und Fristen gehen mir ab. Es wäre notwendig, auch Maßnahmen zu formulieren und Fristen zu setzen, wann was gemacht werden soll.
Es ist ja schön, wenn Kollegin Voglauer erzählt, wie es sich mit den Vollspaltenböden verhält, dass da etwas gemacht wird. Wenn es aber mit 1.1.2023 einen gesetzlichen Mindeststandard für Neu- und Umbauten gibt, was ist denn dann mit den Altbauten, die nicht umgebaut werden? Wann kommen dort die Vollspaltenböden weg? Man kann Fristen setzen – wir haben das schon in vielen Bereichen gemacht –, die auch durchaus länger sein können. Man muss aber Fristen setzen, denn nur dann kann es Planungssicherheit geben, sonst nicht. Das geht mir in diesen Anträgen ab.
Wenn Kollegin Faika El-Nagashi sagt: gesetzliches Verbot des Schredderns von Kücken!, sage ich: Selbstverständlich! Es gibt ja schon viele Anträge. Einer, der heute im Zuge der Behandlung dieses Tierschutzvolksbegehrens behandelt und abgestimmt werden muss, betrifft das Verbot des Tötens von Kücken aus wirtschaftlichen Gründen. Wir haben heute, wenn ihr es schon aufgenommen habt, die Gelegenheit, zuzustimmen und zu sagen: Jawohl, stimmen wir dem Antrag zu! Dann haben wir es erreicht, dann ist das gesetzliche Töten von Kücken aus wirtschaftlichen Gründen weg. Der Antrag liegt vor, und es gibt da viele Maßnahmen.
Man soll, wenn Tierschützer sich einbringen oder auch wenn wir Anträge stellen, nicht immer glauben, dass wir gegen die Landwirtschaft sind. Das wird uns, der SPÖ, ja permanent gesagt. – Nein, wir sind nicht gegen die Landwirtschaft, sondern wir wollen wirklich versuchen, mit der Landwirtschaft zu verhandeln. Wir haben das über viele Jahrzehnte hinweg gemacht. Da war einer der Verhandler auf der Gegenseite, wenn ich das als Tierschützer so sagen darf, Franz Eßl, da war der frühere Bauernbundpräsident Jakob Auer. Wir haben da intensiv verhandelt, wir haben uns sehr wohl immer die Forderungen der Landwirtschaft angeschaut und sind auch darauf eingegangen und haben gesagt: Jawohl, da gibt es etwas zu tun.
Es müssen aber konkrete Maßnahmen gesetzt werden, und die gehen mir in diesem Antrag komplett ab. Es stehen bei den Absichtserklärungen viele Dinge drin, zu denen wir sofort Ja sagen könnten. Ich nenne als Beispiel das mit den 10 000 Kälbern in der Aufzucht in Österreich. – Selbstverständlich! Wir sind sofort bereit, das zu machen, aber – und da geht es wieder los – da fehlen uns einige Dinge.
Wir werden im Plenum einen Antrag einbringen, in dem wir das, was uns in diesen Antrag an Fristen und an Maßnahmen abgeht, miteinbringen werden, und dann werden wir sehen, wie es wirklich ausschaut. Georg und Franz (in Richtung ÖVP), es ist an euch, euch das wirklich anzuschauen. Ihr werdet den Antrag rechtzeitig übermittelt bekommen, nicht erst 15 Stunden vorher. Wir werden ihn rechtzeitig übermitteln, sodass ihr Zeit genug habt, euch das anzusehen. Dann werden wir schauen, ob ihr es mit eurem Antrag ehrlich meint, weil unserer auch viele Dinge von eurem Antrag enthalten wird, denn da sind wirklich Dinge dabei, bei denen wir sagen: Jawohl, das geht.
Es müssen aber wie gesagt Fristen und Maßnahmen gesetzt werden, gesetzliche Regelungen dazu formuliert werden. Das wollen wir haben, dann kann man etwas machen. So, wie es vorliegt, sind es aber nur liebe Absichtserklärungen, hinter denen nichts anderes steckt.
Abgeordneter Clemens Stammler (Grüne): Zuerst möchte ich Danke für den Prozess sagen. Der Prozess hat ganz einfach bewiesen, dass ein Volksbegehren beziehungsweise das Aufstehen der Zivilgesellschaft sehr wohl etwas auslösen kann und manchmal auch vonnöten ist. Wir haben jetzt Monate an Gesprächen mit Branchenverbänden hinter uns, und abgesehen davon, dass sich da durchaus sehr wertschätzende Gespräche ergeben haben, abgesehen davon, dass meines Erachtens auch ein herzeigbares Ergebnis erzielt wurde, ist vor allen Dingen eines erfolgt, und zwar das Aufeinander-Zugehen, das Öffnen einer Branche, das Anstechen einer Bubble. Das wird dort natürlich auch für die Zukunft Großes auslösen, weil man das Denken in Feindschaften, in Gegnerschaften in ein Miteinander verwandeln kann.
Der höhere Mindeststandard für Neubauten und Umbauten ab 2023 ist genau das Gegenteil von dem, was mein Vorredner behauptet hat. Es ist der gangbare Weg, auf dem Planungssicherheit herrscht. Es ist ein absolutes Novum, dass nicht bis zum letzten Tag vor einer gesetzlichen Änderung das Vorhergehende und Minderwertigere noch gefördert wird. Wir bieten den Bäuerinnen und Bauern mit dem Ende der Vollspalten ab 2023 die Möglichkeit, eine Umstellungsfrist zu haben und einen Weg zu beschreiten, der unsere Landwirtschaft als unsere Landwirtschaft erhalten kann und nicht die Produktion beziehungsweise die Bäuerlichkeit aus den eigenen Höfen drängt.
Besonders freut mich der Passus Kückenschredderverbot beziehungsweise -vergasungsverbot, und zwar aus dem Grund, dass ich bei den Anfangsgesprächen in Oberösterreich dabei war, als die Initiative der Schlierbacher Eiermacher mit dem Bruderhahnkonzept gestartet wurde.
Es kann doch nicht sein, dass der größte Fastfoodproduzent beziehungsweise die größte Fastfoodkette Österreichs zwar das Rindfleisch löblicherweise aus Österreich bezieht, das Geflügelfleisch hingegen aus sieben verschiedenen Ländern in aller Welt. Diese sogenannten Hühnersticks, Chicken McNuggets haben genau das zum Inhalt, was der Bruderhahn liefern kann: Fleischmus in bester Qualität. Wir können da Märkte aufbauen, von denen wir hier herinnen noch nicht gesprochen haben.
Die österreichische Landwirtschaft kam im Besonderen mit dem Beitritt zur EU ins Straucheln. Zu sehr konzentrierte man sich darauf, auf den offenen Märkten Fuß zu fassen und günstige Rohstoffe für die Industrie liefern zu können. Dabei wurde oft in den Hintergrund gedrängt, dass Tiere nicht einfach nur ein Rohstoff sind. Tiere dürfen in Österreich, in einer einzigartigen Landschaft und in einer einzigartigen Landwirtschaft, nicht zum Rohstoff degradiert werden. Ich bin überzeugt davon, dass unsere Landwirtschaft auch weiterhin bestehen kann. In Wahrheit verstehen wir uns in unserer Seele eher als Manufakturen denn als Erzeugerbetriebe, die den Basisstandard bedienen. Ich bin überzeugt davon, dass der Weg noch lange nicht zu Ende ist, aber ich bin auch überzeugt davon, dass dieser Weg aus der Sackgasse führt. – Danke.
Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Vorsitzender! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Am Anfang einige Dankesworte: Zum einen sage ich Sebastian Bohrn Mena Danke für die Initiative. Danke, dass Sie in der Lage waren, so viele Menschen in Österreich für dieses Thema zu mobilisieren. Das ist eine Leistung.
Danke auch an die Unterzeichnerinnen und die Unterzeichner. Der Urtext dieses Volksbegehrens war mit ein Grund dafür, dass die Prozesse, die ich dann ganz kurz beschreiben möchte, so gut gelaufen sind, wie sie gelaufen sind. Dafür ein großes Dankeschön.
Ein herzliches Dankeschön auch an unsere Koalitionspartnerinnen, an Olga Voglauer und an Faika El-Nagashi, für die vielen guten, kontroversiellen Gespräche, aber vor allem für die Bereitschaft zu Dialog und Austausch. Ich glaube nämlich – und, Dietmar Keck, wir werden heute nicht zu streiten anfangen – und bin davon überzeugt, dass dieser Antrag viele Fristen und viele Projekte enthält, die aufgrund der Qualität der Vorarbeiten das Licht der Welt erblicken werden, oder die Projekte sind schon auf Schiene.
Ich bedanke mich herzlich beim Team Köstinger, beim Team Mückstein, beim Team Moosbrugger, LKÖ, für die fachliche Begleitung. Die ist immer notwendig. Man braucht Legisten, Experten, Expertinnen, die solche Entschließungstexte – und derzeit sind wir im Bereich der Entschließungstexte – so formulieren, dass sie letztendlich zu Gesetzen und Verordnungen werden können. Auch da, Didi Keck, ist schon vieles in Vorbereitung, und das, was laut Gesetz oder Verordnung versprochen ist, wird auch kommen, weil die Texte schon sehr, sehr weit gediehen sind.
Ein großes Dankeschön – und das betrifft dann das Thema meiner fachlichen Ausführungen – an den Verband österreichischer Schweinebauern und Schweinebäuerinnen für die intensive Abstimmung. Ich glaube, dass gerade im Bereich der Schweinehaltung die Ansage, die heute schon ein paar Mal zu hören war und später auch in unseren Aussendungen zu lesen sein wird, dass das Ende des Vollspaltenbodens heute besiegelt wird, schon eine sehr wichtige ist, und ich bin dankbar, dass die Vertreterinnen und Vertreter der Schweinebauern dieses Projekt, diesen Weg mittragen.
Ein abschließender Dank an die NGOs. Ja, die Diskussionen sind oft fordernd, das ist keine Frage. Jeder macht seinen Job, jeder hat seine Position, jeder hat seine Community, die er vertritt, aber im Dialog ist vieles möglich. Ich glaube der Status des Tierwohls in Österreichs Landwirtschaft ist sehr, sehr gut. Das bestätigen uns internationale Studien. Mit diesem Antrag und den folgenden Projekten werden wir noch um einen Quantensprung besser.
Jetzt zu den Themen im Bereich der Schweinewirtschaft: Drei Projekte nenne ich exemplarisch. Punkt eins: Das routinemäßige Schwanzkupieren wird ein Ende haben.
Der zweite Punkt: Ab 2023 werden in Österreich, mit einem gesetzlichen Standard verordnet, im Umbau und auch im Neubau keine Vollspaltenböden mehr gebaut.
Wie schaut dieses neue Haltungssystem aus, das bereits in Tierwohlprogrammen in Dänemark sehr gut erprobt ist? – Es gibt mehr Platz, eigene Liegeflächen, Klimatisierung und mehr Beschäftigungsmaterial. Mit diesem Standard, den wir ab 2023 im Neubau und im Umbau umsetzen, sind wir nicht im Bereich von Schweden oder Großbritannien mit dem Strohschwein, aber wir spielen im konventionellen Bereich in Europa in der Champions League mit, und wir haben laufende Verhandlungen mit den Schlachthöfen, mit den Händlern und mit der Gastronomie, dass die Kosten, die da zusätzlich entstehen, abgegolten werden, weil es nicht sein kann, dass am Ende des Tages die Bäuerinnen und Bauern die Zeche für diese Weiterentwicklung zahlen.
Das letzte Projekt gilt dem Ziel, dass wir im Premiumsegment – das ist das Bioschwein oder das Schwein, das um 60 Prozent oder 100 Prozent mehr Platz und Stroh hat – bis 2030 eine Million Schweine vermarkten. Da braucht es einen Schulterschluss, und dieser Schulterschluss ist ganz ohne Zweifel für das ganze Projekt notwendig. Ich ersuche, entlang der Wertschöpfungskette – ich formuliere das technisch –, von den Bäuerinnen und Bauern, von den Verarbeitern, von den Händlern bis hin zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern, um einen Schulterschluss. Das kann fair funktionieren. Da gibt es auch schon Best-Practice-Beispiele in unserem Land.
Ich glaube, dass uns dieser Antrag sowohl aus bäuerlicher Sicht als auch aus Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten wirklich nach vorne bringt, und ich ersuche die Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss und später auch im Plenum um Zustimmung. – Danke für die gute Zusammenarbeit.
Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Ich wollte noch kurz zwei Punkte betonen, weil sie mir sehr wichtig sind. Ich verstehe den Unmut der Oppositionsparteien darüber, dass der Entschließungsantrag unsererseits sehr kurzfristig ergangen ist. Sie haben damit auch wirklich recht. Ich möchte nur bitten, das nicht als ein Zeichen dafür zu sehen, dass das inhaltlich begründet ist oder damit zusammenhängt, Sie nicht einbeziehen zu wollen. Wir haben bis zur letzten Minute verhandelt, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, und haben Ihnen das Ergebnis übermittelt, sobald es möglich war. Manchmal laufen die Prozesse so. Ich bitte Sie, mir zu glauben, dass das von uns aus nicht in böser Absicht geschehen ist.
Gleichzeitig möchte ich auch darum bitten, inhaltlich im Gespräch miteinander zu bleiben. Natürlich können wir in alte Muster hineinfallen und nach außen kommunizieren, wer mit wem gestimmt hat, wer gegen wen gestimmt hat, wer was abgelehnt oder nicht abgelehnt hat. Nur glaube ich, das interessiert die Menschen reichlich wenig.
Wir werden das Kückentöten beenden. Das ist ein Paradigmenwechsel, das ist überfällig, und es ist sehr, sehr wichtig. Dabei ist es nachrangig, durch welchen Antrag und welche Formulierung das geschehen ist. Wir werden einigen Oppositionsanträgen nicht zustimmen, weil wir der Ansicht sind, dass unser Entschließungsantrag weitergehend ist. Sie werden Ihre Oppositionsanträge weiterhin stellen. Das ist gut und richtig, und ich möchte Ihnen auch nicht sagen, wie Sie Ihre politische Oppositionsarbeit machen sollen. Ich glaube nur, dass es gerade bei dieser Thematik wirklich wichtig ist, die gemeinsame Basis zu finden, weil es eben keine ideologische Frage ist und nicht ideologisch aufgeladen werden sollte.
Es gibt sicherlich demnächst wieder eine Sitzung der Tierschutzkommission. Das ist eine Gelegenheit, sich auch fraktionsübergreifend auszutauschen, Anregungen mitzunehmen und aufzunehmen. Ich glaube, das Wichtigste ist, auch nach außen zu vermitteln, dass uns allen an der Sache liegt und wir so viel wie möglich gemeinsam verändern möchten.
Schlussworte des Bevollmächtigten des Volksbegehrens
Dr. Sebastian Bohrn Mena: Jetzt noch abschließend: Ich möchte heute nicht nur Resümee ziehen und diesen Antrag, der jetzt vorliegt, bewerten, sondern auf den Prozess des Tierschutzvolksbegehrens zurückblicken, weil das ja heute die finale Behandlung des Tierschutzvolksbegehrens und nicht nur dieses Antrages im Ausschuss – Sie behandeln es noch im Plenum – ist.
Abgeordneter Hauser hat gesagt, es ist Bewegung in den Tierschutz gebracht worden. Dem kann ich nur absolut zustimmen. Ich habe in den letzten drei Jahren, aber vor allem in den letzten Monaten am eigenen Leib erfahren, wie viel Bewegung da hineingeraten ist.
Ich kann Ihnen sagen: Was wir jetzt gerade erleben, ist tatsächlich – Faika El-Nagashi hat es gesagt – ein Paradigmenwechsel, und der führt zu unglaublichen Emotionen. Also wenn ich als die Projektionsfläche von Tierrechtlern auf der einen Seite, von radikalisierten Bauern und vor allem Handelskonzernen auf der anderen Seite so angeschossen und vernadert werde, wie ich das noch nie erlebt habe, dann kann ich nur eines sagen: Wir haben eigentlich alles richtig gemacht.
Was wir uns vorgenommen haben, nämlich die Art und Weise, wie mit Tieren in diesem Land umgegangen wird, grundsätzlich infrage zu stellen und einen Prozess zu eröffnen, das zu verändern, ist uns gelungen, und das war unser primäres Ziel. Unser primäres Ziel lag nie darin, 5 oder 10 oder 20 Prozent mehr Platz für ein Schwein herauszuholen. Ich finde es super, wenn das herauskommt, aber das ist ja Klein-Klein.
Wohin ich gelangen wollte, ist, dass wir wirklich eine Mobilisierung der Zivilgesellschaft erleben und nicht nur der NGOs. Die NGOs, die von Teilen der Abgeordnetenschaft gelobt werden, waren diejenigen, die in den letzten Monaten am wenigsten aktiv waren. Wenn sich die einmal in die ganze Frage einbringen würden und aus ihrer persönlichen Befindlichkeit herauskommen würden, dann würden wir wahrscheinlich noch ganz andere Dinge erleben.
Ich möchte jetzt bei allem Verständnis für die Kritik seitens der SPÖ den Ball an die SPÖ zurückspielen. Die einzige Fraktion, die nicht mit mir als Vertreter von 416 000 Menschen gesprochen hat, war die SPÖ. Die Einzigen, die sich nicht in diese Debatte eingebracht haben, waren Arbeiterkammer und ÖGB, obwohl sie per Auftrag vom Gesetz Millionen Menschen vertreten. Ich habe euch mehrere Mails mit der Bitte um einen Termin geschickt. Die wurden nicht einmal ignoriert. Also die Scheinheiligkeit, sich jetzt hierherzustellen und zu sagen, der Antrag geht euch nicht weit genug, obwohl ihr euch nicht einmal mit mir hingesetzt habt – nicht böse sein! –, werdet ihr den Leuten draußen erklären müssen.
Bei der Freiheitlichen Partei verstehe ich es. Ich verstehe, wenn man einen Antrag erst 15 Stunden vorher bekommt, dann geht das nicht, und ich verstehe auch, wenn man aus diesen Gründen einem Antrag nicht zustimmt. Ich würde ihm wahrscheinlich auch nicht zustimmen, wenn ich ihn nicht schon vorher gekannt hätte. Ihr habt ja die Möglichkeit, dem Antrag dann im Plenum noch zuzustimmen. Es ist dann mehr Zeit gegeben.
Mir ist aber wichtig – mich macht das wirklich wütend, und ich habe hier die Gelegenheit, das zu sagen –: Ihr könnt euch hier nicht entziehen. Ihr könnt meine Mails nicht beantworten – das ist okay –, aber hier müsst ihr mir jetzt zuhören, und diese Bühne nehme ich mir jetzt auch.
Wenn ihr wollt, dass in diesem Land etwas weitergeht – wir schauen gerade nach Deutschland; vielleicht, hoffentlich, haben wir ja bald auch in Österreich eine sozialdemokratische Kanzlerin oder einen sozialdemokratischen Kanzler; ich würde es mir ehrlich wünschen –, dann schaut euch doch einmal an: Was ist für den Tierschutz in den letzten Jahrzehnten passiert? Welche Anträge von Pirklhuber und Co wurden von euch in der Regierung niedergestimmt? Wenn da vor zehn oder 20 Jahren zugestimmt worden wäre, dann wäre die Landwirtschaft heute an einem ganz anderen Punkt.
Also mein Appell ist: Ja, kritisieren! Ja, Weiterentwicklung verlangen! Ich bin auch der Meinung, dass gewisse Dinge in diesem Antrag nicht weitreichend genug sind, aber bitte seid doch einmal ehrlich zu euch selbst!
Ich werde es wieder machen: Sobald ich hier hinausgehe, schreibe ich ein Mail an Gudrun Gruber und an die SPÖ-Abgeordneten. Ich werde fragen: Bitte kann ich einen Termin mit euch haben?, und ich werde die Öffentlichkeit dann darüber informieren, wie lange ich auf einen Termin warte. Dann werden wir gemeinsam zur Arbeiterkammer und zum ÖGB gehen, die nach alter sozialpartnerschaftlicher Manier die offiziellen Vertreter zum Beispiel in der AMA sind. Die werden wir dann auch informieren. Dann schaue ich mir an, was Arbeiterkammer und ÖGB dazu sagen und was in den letzten Jahren diesbezüglich passiert ist.
Also bitte versuchen wir es spätestens jetzt! Blicken wir nicht zurück – dann müssten wir auch mit der ÖVP eine große Abrechnung machen –, sondern blicken wir nach vorne! Nützen wir doch bitte jetzt die Gelegenheit, nützen wir den heutigen Tag als Startschuss für einen grundlegenden Veränderungsprozess im Bereich der Landwirtschaft! Das, was da gemacht wird, ist Konsumentenschutz, das ist Gesundheitspolitik, das ist in Wirklichkeit Budgetpolitik.
Jetzt zum eigentlichen Antrag: Ich finde, der Antrag ist wirklich nicht schlecht. Also wenn man sich anschaut, was darin vorgenommen wird, dann ist das entgegen dem, was manche Leute sagen, tatsächlich ein Meilenstein. Es ist de facto ein Verbot der Vollspaltenböden.
Als ich 2018 mit dem Tierschutzvolksbegehren begonnen und das Programm vorgestellt habe, das ja nicht ich erarbeitet habe, sondern das Experten erarbeitet haben – ich habe da die Vollspaltenböden thematisiert, die sich ja nicht einmal in der Überschrift finden; so viel Angst haben wir gehabt –, was haben mir da die Schweinebauern gesagt? – Mit dem nassen Fetzen haben sie mich aus den Diskussionsveranstaltungen hinausgejagt. Jetzt gibt es ein ab 1.1.2023 fixiertes Verbot der Vollspaltenböden bei Neubauten und Umbauten. Das ist wirklich ein Meilenstein.
Das darf man bitte auch nicht kleinreden, weil jetzt eines ganz wichtig ist – ihr kennt das; ihr wisst, wie das politische Spiel läuft –: Es geht immer um das Narrativ. Es geht immer darum, was den Leuten am Schluss erzählt wird. Es ist schon auch die Aufgabe der Politik, anzuerkennen, wenn Erfolge passieren, egal, wer die entscheidenden Beschlüsse fasst.
Jetzt ist eine Regierung aus ÖVP und Grünen an der Macht, und die beschließt jetzt das Ende des Vollspaltenbodens. Ich hätte mir auch gewünscht, dass es die SPÖ und die ÖVP oder die FPÖ und die ÖVP davor gemacht hätten, aber es macht halt jetzt diese Regierung. Das ist doch großartig. Ich finde, allein schon deswegen sollte man dem Antrag zustimmen, damit das endlich einmal in einem Ausschuss beschlossen wird.
Wenn wir uns anschauen, was in den letzten Monaten passiert ist: Ich weiß nicht, was noch bis zur Plenarsitzung am 15. Dezember passiert oder was dann im Frühjahr passiert. Vielleicht kommt die fünfte Coronawelle oder ich weiß nicht, was daher, und dann heißt es wieder, wir können uns jetzt nicht damit beschäftigen. Jetzt ist die Stunde der Wahrheit! Jetzt, wahrscheinlich in der nächsten halben Stunde, stimmt ihr ab. Jetzt muss ein Zeichen gesetzt werden, nicht später.
Also das Vollspaltenbodenverbot bedeutet einen absoluten Paradigmenwechsel, einen unglaublichen Fortschritt.
Zum Kückenschreddern: Wir hatten ja drei große Beispiele – Herr Abgeordneter Hauser, diesen Bambiantrag werde ich mir auch anschauen; das ist extrem wichtig –: Bei uns ging es um Kücken, um Schweine und um Kälber. Das mit den Kücken ist gegessen, das ist vorbei – das Kückenschreddern war in Österreich sowieso nie das große Thema –, das ist jetzt auf jeden Fall einmal verboten. Das ist gut, weil es immer die Möglichkeit einer Rückentwicklung gibt, wie wir aus der Geschichte leider lernen müssen.
Zur Vergasung: Was passiert? – Ich habe mit der Branche darüber gesprochen, weil ich am Anfang auch nicht kapiert habe, was es bedeutet, außer zur Futtergewinnung. Es gibt halt tatsächlich eine gewisse Anzahl an Kücken, die in Zoos und so weiter als Futtermittel benötigt werden. Was passiert, wenn das jetzt verboten wird? – In Polen, vielleicht in der Ukraine, in Deutschland, wo auch immer, werden große Produktionsstätten aufgemacht, damit diese Nachfrage in Form tiefgekühlter Kücken in Österreich befriedigt werden kann. Damit ist gar nichts gewonnen.
Also in Wirklichkeit haben wir das Thema Kückentöten jetzt auch erledigt. Ja, die Früherkennung des Geschlechts bleibt das Ziel, damit die gar nicht erst ausgebrütet werden. Da ist aber etwas, das Tierschützer und Landwirte gleichermaßen sagen: Solange – und das muss man ein bisschen mit dem Menschen vergleichen – ein Schmerzempfinden im Ei nicht ausgeschlossen werden kann, können wir das nicht machen, weil es sonst eine Brutalität ist, die wir uns eigentlich nicht vorstellen können. Da ist es wurscht, ob das Kücken schon geschlüpft ist oder nicht.
Also bei den Themen Kückentöten und Vollspaltenböden gibt es jeweils einen großen Fortschritt.
Zu den Rinderexporten: Es gibt jetzt ein Verbot der Rinderexporte zur Schlachtung und zur Mästung. Das ist tatsächlich ein großes Problem. Rabitsch und andere haben aufgezeigt, wie verdeckte Transporte von Tieren, die eigentlich zum Zuchtaufbau bestimmt sind, seit Jahren und Jahrzehnten immer in die gleichen Länder erfolgen, und offensichtlich sind die nicht in der Lage, eine Herde aufzubauen. – Na, sie machen es halt einfach nicht. Es sind verdeckte Schlachttransporte. Ich glaube, mit der Förderung der Kälbermast in Österreich wird diesen Transporten die Grundlage entzogen, wird ihre Notwendigkeit hinfällig.
All das ist aber letztlich Symptombekämpfung. Es geht darum, den Systemwandel per se herbeizuführen, und das schaffen wir nur durch die Herkunftskennzeichnung. An dieser Stelle muss man erlauben, auch eine Kritik an die eine Hälfte der ÖVP zu richten: Es muss irgendwann das Wohl der Landwirte, der Tiere, der Natur, der KonsumentInnen und der SteuerzahlerInnen wichtiger sein als das Wohl der fünf Konzerne, die in diesem Land so wichtig sind. Wir wissen nämlich ganz genau, wer das blockiert, wer im Wirtschaftsbund diese Sache blockiert. Das finde ich schade, weil es anders wirklich für uns alle besser wäre. Es wäre in Wirklichkeit auch für die österreichische Wirtschaft besser.
Also ich finde, diese Herkunftskennzeichnung – und in Wirklichkeit eine Haltungskennzeichnung – ist längst überfällig. Wenn das jetzt endlich im ersten Halbjahr auf den Weg gebracht wird – meiner Information nach liegt es ja im Wirtschaftsministerium –, wenn das endlich nach Brüssel zur Notifizierung gebracht wird – hurra! –, dann gibt es zuerst einmal eine Herkunftskennzeichnung. Das ist ein wichtiger erster Schritt. Es gibt das in der Gemeinschaftsverpflegung, die man so oder so interpretieren kann. Das ist aber ein erster Schritt, der gesetzt wird.
Was meiner Meinung auch ein ganz wesentlicher Punkt ist – auch in unserem Tierschutzvolksbegehren; ich habe das Programm mitgebracht –, ist die Frage, wie mit Steuergeld umgegangen wird, die Frage: Wofür darf unser Steuergeld eingesetzt werden?
Als ich 2018 begonnen habe, mich damit zu beschäftigen, war das, was mich am meisten aufgeregt hat, eigentlich der Umstand, dass Gesetze für den Umgang mit Tieren in unserem Land beschlossen werden, aber mit unserem eigenen Steuergeld die Massentierhaltung und die Tierquälerei im Ausland gefördert werden, dass in Niederösterreich – das war ungefähr vor einem halben Jahr oder einem Dreivierteljahr – in Landeskliniken Hühnerfleisch aus Taiwan verkocht wird. Das ist doch pervers, und das ist immer noch erlaubt. Ich habe mich gefragt: Wie kann das eigentlich erlaubt sein? Was ist das für eine verrückte Gesetzgebung, die auf der einen Seite zum Beispiel die Käfighaltung bei der Eierproduktion untersagt, aber gleichzeitig die Produktion von Käfigeiern im Ausland mit Steuergeld subventioniert? Das ist verrückt.
Was dieses Volksbegehren bewirkt hat – nicht jetzt in diesem Antrag, sondern schon davor im Nabe-Aktionsplan, der ja auch ein unglaublicher Meilenstein ist, oder zum Beispiel im Tierwohlpakt, mit dem ja auch schon viele Dinge von uns umgesetzt wurden –, ist, dass das unterbunden wird. Es wird im Schweinefleischbereich, bei den Eiern, bei der Milch tatsächlich unterbunden. De facto kommt das einem Importverbot von Lebensmitteln, die nicht nach österreichischen Standards hergestellt wurden, in öffentlichen Küchen gleich. Da wird auf die einzige Art und Weise, auf die das halt mit EU-Recht vereinbar ist, eine Barriere aufgezogen. Es ist für mich wirklich ein Riesenmeilenstein, dass wir sicherstellen können, dass in Zukunft Steuergeld nicht mehr dafür eingesetzt wird.
Ein ganz wesentlicher Punkt, der auch adressiert wird, ist die Frage des AMA-Gütesiegels. Das AMA-Gütesiegel darf in Zukunft nicht mehr – so habe ich den Antrag verstanden – nur noch den gesetzlichen Standard abbilden. Das ist ganz wesentlich, weil es sonst kein Gütesiegel ist, sondern ein AMA-Papierl, das keiner braucht. Es braucht ein AMA-Gütesiegel. Ich glaube an den Wert des AMA-Gütesiegels, aber es muss mehr als den gesetzlichen Mindeststandard abbilden. Es wurde jetzt auch vereinbart, dass schrittweise ein Stufenplan entwickelt wird, damit das AMA-Gütesiegel auch tatsächlich Güte enthält.
Ich würde diesem Antrag zustimmen. Ich darf nicht abstimmen, aber ich würde zustimmen, weil ich glaube, dass es wichtig wäre, und ganz ehrlich: Ich glaube, die 416 000 Menschen da draußen erwarten sich auch, dass die Vertreterinnen und Vertreter heute zustimmen. Das heißt ja nicht, dass es nicht noch weitere Verhandlungen geben kann. Es müssen ja sowieso erst Gesetze und Verordnungen ausgearbeitet werden. Also wenn man heute zustimmt, heißt das ja nicht, dass dann schon alles vorbei ist, aber es wäre ein klares Signal an die 416 000 Menschen da draußen, dass sie gehört wurden.
Ich werde natürlich trotzdem die Übersetzungsleistung erbringen, zu sagen: Okay, da konnte vielleicht nicht mitgegangen werden, weil der Antrag zu spät gekommen ist. Wir müssen aber wirklich an die Symbolik denken. Den Leuten ist das so wichtig. Ich möchte das noch einmal betonen: Wir haben das Volksbegehren ohne die NGOs, ohne die Parteien, ohne die Konzerne gemacht, und wir haben das geschafft, weil sich so viele Menschen involviert haben, weil sie zum ersten Mal – und das haben mir viele in persönlichen Gesprächen gesagt – das Gefühl haben, dass da etwas weitergehen kann, weil wir so unabhängig aufgestellt sind. Ich möchte diesen Menschen zeigen: Es lohnt sich, euer Engagement bewirkt etwas, es geht etwas weiter.
Wenn die hören und spüren würden, was ich höre und spüre, wie sich der Ton in der Landwirtschaft in der letzten drei Jahren geändert hat, wie sich die Perspektiven im Dialog geändert haben, dann würden sie auch verstehen, warum das so wichtig ist. Am Ende des Tages bleiben aber die drei Presseaussendungen, die draußen sind, übrig, in denen zwei NGOs schreiben: Da geht gar nichts weiter!, und die Leute denken sich: Na, dann brauchen wir uns überhaupt nicht mehr zu engagieren. – Das ist doch einfach schade, abgesehen davon, dass es extrem falsch ist. Es geht extrem viel weiter.
Abschließend möchte ich Ihnen noch, weil ja bald Weihnachten ist, eine Wunschliste mitgeben. Abgeordneter Keck hat das richtigerweise gesagt: Das erste Volksbegehren hat 1996 wahnsinnig viel in Bewegung gebracht. Die Auswirkungen gab es halt erst zehn Jahre später. 2005 kam das bundeseinheitliche Tierschutzgesetz. Die SPÖ war maßgeblich bei der Erstellung dabei, das war eines der großen Verdienste. 2013 wurde der Tierschutz in den Verfassungsrang gehoben. Das waren wesentliche Meilensteine, aber die haben ewig gebraucht.
Ich glaube, wir dürfen bei diesem Tierschutzvolksbegehren auch nicht den Fehler begehen, zu sagen: Was wir heute nicht in einen Antrag gießen oder in einem halben Jahr in die Gesetzgebung bringen, ist nicht erreicht. Was wir erreichen wollten, haben wir erreicht, nämlich einen Paradigmenwechsel. Ich würde mir wünschen, dass wir uns ein Vorbild an Deutschland nehmen, wo wir die Umsetzung der Ergebnisse einer Kommission, die unter der CDU eingesetzt wurde, jetzt im Koalitionsabkommen unter einem sozialdemokratischen Kanzler erleben. Die haben die Borchert-Kommission ins Leben gerufen – so eine Kommission fehlt mir in Österreich; die könnten Sie alle einsetzen; das wäre eine gute Geschichte –, und sie haben sich dann wirklich zu einer Weiterentwicklung der Landwirtschaft entschlossen. Das endet nicht nur bei der Frage, wie viel Platz ein Tier hat, sondern zum Beispiel – Olga Voglauer hat es angesprochen – bei der Frage der Gewerbeordnung: Wer darf seine Lebensmittel wann und wo und wie verkaufen? Auch das ist für die Direktvermarktung extrem wichtig.
Letztlich geht es am Ende des Tages immer um einen Schulterschluss zwischen KonsumentInnen und ProduzentInnen, und das ist das, was ich mir wünschen würde: Wenn als Ergebnis des Tierschutzvolksbegehrens übrig bleibt, dass die KonsumentInnen und die ProduzentInnen, abgebildet durch die verschiedenen Interessengruppen, die wir jetzt erleben, zusammenarbeiten, dann haben wir wirklich etwas grundsätzlich verändert. Ich glaube, das ist uns mit diesem Tierschutzvolksbegehren auch gelungen. – Vielen herzlichen Dank, dass Sie sich alle eingebracht haben.
Obmann Mag. Gerhard Kaniak bedankt sich beim Bevollmächtigten des Volksbegehrens für die leidenschaftliche Vertretung von über 416 000 Unterzeichnern des Tierschutzvolksbegehrens und sagt, er sei sicher, dass die Umsetzung der Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, im Plenum mit breiter Mehrheit erfolgen werde.
Sodann schließt der Obmann, da niemand mehr zu Wort gemeldet ist, die Debatte und beendet damit auch den öffentlichen Teil dieser Beratungen.
Schluss des öffentlichen Teils von TOP 33: 12.49 Uhr