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GESUndheitsAusschuss

 


Auszugsweise Darstellung
verfasst von der Abteilung 1.4/2.4
– Stenographische Protokolle

 

24. Sitzung

Donnerstag, 21. April 2022

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

TOP 1

Volksbegehren "Impfpflicht: Striktes NEIN" (1179 d.B.)

(Wiederaufnahme der am 16. März 2022 vertagten Verhandlungen)

10.07 Uhr – 12.45 Uhr

Großer Redoutensaal

Beginn der Sitzung: 10.07 Uhr

Obmann Mag. Gerhard Kaniak eröffnet – vorerst nicht öffentlich – die 24. Sitzung des Gesundheitsausschusses, bedankt sich für das Zustandekommen der heutigen Tagesordnung und des heutigen Expertenhearings und begrüßt alle Anwesenden, insbesondere Bundesminister Rauch sowie dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

1. Punkt

Volksbegehren "Impfpflicht: Striktes NEIN" (1179 d.B.)

(Wiederaufnahme der am 16. März 2022 vertagten Verhandlungen)

Obmann Mag. Gerhard Kaniak ruft Tagesordnungspunkt 1 auf und sagt, dass vor Beginn der Beratungen noch einige formale Beschlüsse zu fassen seien.

Gemäß § 37 Abs. 4 GOG-NR sei der Ausschuss verpflichtet, so der Obmann, den Bevollmächtigten sowie zwei nominierte Stellvertreter des Volksbegehrens beizuziehen. Weiters seien die Beratungen, da man heute eine umfangreiche Erörterung des Volksbegehrens unter Beiziehung von Sachverständigen gemäß § 37a Abs. 1 Z 4 GOG-NR durchführe, öffentlich, Ton- und Bildaufnahmen seien also zulässig, die Sitzung werde außerdem per Livestream in der Mediathek übertragen.

Vereinbarungsgemäß werde über das öffentliche Hearing eine auszugsweise Darstellung verfasst.

Abstimmung über die Veröffentlichung der auszugsweisen Darstellung. – Einstimmige Annahme.

Es seien für das öffentliche Hearing folgende Expertinnen und Experten nominiert worden:

Dr. Christiane Druml,

Univ.-Doz. Dr. Hannes Strasser, MSc,

Dr. Dorothee von Laer.

Abstimmung über die Anhörung und Beiziehung der Genannten gemäß § 40 GOG-NR im Rahmen des Hearings. – Einstimmige Annahme.

Der Obmann ersucht schließlich darum, den Bevollmächtigten des Volksbegehrens und dessen Stellvertreter sowie die Expertinnen und Experten in den Sitzungssaal einzulassen. Zu diesem Zweck wird die Sitzung kurz unterbrochen.

*****

Obmann Kaniak nimmt die unterbrochene Sitzung wieder auf, begrüßt den Bevollmächtigten des Volksbegehrens und dessen Stellvertreter sowie die Expertinnen und Experten und bedankt sich dafür, dass alle der Einladung des Gesundheitsausschusses gefolgt seien.

Es folgen technische Mitteilungen betreffend den Ablauf des Hearings sowie die Redeordnung.

Stellungnahme des Bevollmächtigten des Volksbegehrens

Anatolij Volk: Wir bedanken uns für die Einladung ins Parlament und begrüßen den Vorsitzenden, den Gesundheitsminister, die Abgeordneten, die ExpertInnen und die vielen ZuseherInnen zu Hause vor den Bildschirmen.

Ich darf die Proponenten und die Initiatoren der Impfpflichtabstimmung noch einmal bekannt geben: Herr Ing. Werner Bolek, Herr Mag. Marcus Hohenecker, und mein Name ist Anatolij Volk, Initiative Gemeinsam entscheiden, Kurzbezeichnung IGE, im Namen von 335 120 TeilnehmerInnen der Impfpflichtabstimmung. (Der Redner unterstützt in der Folge seine Ausführungen mittels einer Powerpoint-Präsentation.)

Über uns: Die IGE ist unabhängig, überparteilich und rein privat finanziert. Wir nutzen demokratiepolitische Instrumente wie Volksbegehren. Ja/Nein-Volksbegehren wurden als Abstimmung erstmals von der IGE entwickelt. BürgerInnen wird von der IGE politisches und mediales Gehör verschafft. Mehr als 800 000 WählerInnen haben bis jetzt bei der IGE Initiativen unterschrieben.

Wir bedanken uns für die Beteiligung an den Abstimmungen zu den Themen Asyl, Rauchen und Impfpflicht. Gerne nehmen wir unsere Verantwortung wahr, vertreten die Interessen der Bevölkerung im Parlament und verschaffen den BürgerInnen Gehör.

Die IGE arbeitet laufend an neuen Projekten, um die direkte Demokratie in Österreich zu fördern. Je mehr Menschen sich aktiv beteiligen, desto eher bewegen wir etwas.

Das amtliche Endergebnis zur Impfpflichtabstimmung per 27.9.2021 lautet: 335 120 WählerInnen haben sich an der Impfpflichtabstimmung beteiligt. 269 391 haben für Impfpflicht: Striktes Nein gestimmt, das sind 80,39 Prozent. 65 729 haben für Impfpflicht: Notfalls Ja gestimmt, das sind 19,61 Prozent. Alle relevanten Medien des Landes wie APA oder ORF, „Krone“, „Kurier“, „Oe24“, „Salzburger Nachrichten“, „Presse“ et cetera haben die WählerInnen über die Impfpflichtabstimmung informiert.

Eine Anmerkung dazu: Zum Zeitpunkt der Abstimmung waren bereits mehr als die Hälfte der Bevölkerung mehrfach geimpft und hatten drei Lockdowns hinter sich. Das sagt viel aus.

Die Seite von Impfpflicht: Notfalls Ja der Abstimmung blieb mit wie gesagt 65 729 Stimmen unter der parlamentarischen Volksbegehrenhürde von 100 000 zurück und ist daher kein Thema heute im Parlament.

Zu den Forderungen des Volksbegehrens Impfpflicht: Striktes Nein: Impfen ist ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit und eine höchst persönliche Entscheidung. Weder Covid-19 noch andere Ereignisse rechtfertigen einen Zwang zu Impfungen. Der Bundesverfassungsgesetzgeber möge daher eine Impfpflicht verbieten und jegliche Art der Diskriminierung von Menschen ohne Impfung verhindern.

Impfen muss freiwillig bleiben. Für Minderjährige entscheiden die Erziehungsberechtigten. Meine Gesundheit, mein Recht: Impfpflicht Nein! Wichtig zu bemerken ist, das Ergebnis Nein richtet sich nicht gegen die Impfung selbst, sondern nur gegen die verfassungsrechtlich bedenkliche allgemeine Impfpflicht in Österreich, denn der Nutzen der Impfpflicht ist gesamtgesellschaftlich nicht nachweisbar.

Vielleicht noch eine Rückblende: Totales Chaos rund um das Impfpflichtgesetz!

Bis Herbst 2021: Alle Parteien schließen eine Impfpflicht kategorisch aus.

Per 27. September 2021: Überwältigende Mehrheit von 80,39 Prozent für Impfpflicht: Striktes Nein! – Völlig egal.

Am 19. November 2021 verkündet Kurzzeitkanzler Schallenberg: Impfpflicht wird kommen.

Am gleichen Abend: Schallenberg/Mückstein und Van der Bellen entschuldigen sich nur bei Geimpften.

Elga meldet am 7. Jänner 2022: Flächendeckender Datenabgleich erst im April 2022 möglich.

Am 31. Jänner 2022 endet der Lockdown für Ungeimpfte. Dieser hat die Gesellschaft endgültig gespalten.

5. Februar 2022: Die allgemeine Impfpflicht wird vom Parlament mehrheitlich beschlossen.

Nur eine Woche später: Der Neokanzler Nehammer erklärt: Baldige Aussetzung der Impfpflicht.

9. März 2022, nach Kommissionsempfehlung: Impfpflicht wird bis 31. Mai ausgesetzt.

Zugleich befeuert die Regierung im ersten Quartal 2022 permanent das Chaos mit widersprüchlichen Covid-Maßnahmen nach dem vierten Lockdown, verbreitet Angst, Hass und vertieft die Spaltung der Gesellschaft.

Die allgemeine Impfpflicht wird konkret zur Farce und bringt die Demokratie in Gefahr. Blick über den Tellerrand: Was tut der Rest der Welt? EU und westliche Nationen: Nirgendwo eine Impfpflicht, sondern Aufklärung und Motivation. Unsere Vorbilder: Turkmenistan, Tadschikistan, der Vatikan – weit sind wir in Österreich gekommen.

In Deutschland am 7. April 2022: Bundestag gegen Impfpflicht, nicht einmal für über 60-Jährige, ohne Partei-/Klubzwang. Die deutsche Abstimmung war frei – vorbildlich.

Warum bitte soll in Österreich weiterhin eine allgemeine Impfpflicht gelten? Dieser unverständliche Alleingang in der westlichen Welt muss sofort beseitigt werden.

Österreich verlor gerade den Status liberale Demokratie, das ist höchst peinlich. Das Impfpflichtgesetz in Österreich ist unverzüglich und ersatzlos aufzuheben.

Ing. Werner Bolek: Schönen guten Tag allseits, ich darf den zweiten Teil der Präsentation übernehmen. Wir haben hier noch eine Folie vorbereitet: Wie allgemein bekannt, hat sich die Elga ja sehr kritisch zum Impfpflichtgesetz geäußert.

Ich lese jetzt hier nicht alle Aussagen vor; die stammen aus dem 87-seitigen Bericht Datenschutz-Folgeabschätzung.

Sehr interessant haben wir gefunden, dass Herr Minister – in Klammer: Schall und – Rauch am 17.4. der Elga medial einen Maulkorb verhängt hat, mit den Worten: Die Elga hat sich nicht zur Politik zu äußern. – Also wir danken Elga, dass dort vernünftige Köpfe sitzen, die sagen: Das, was hier gemacht wurde, geht einfach nicht. Danke an Elga.

Jetzt kommen wir zum zentralen Punkt dieses Ausschusses, nämlich zu den Fragen an die ExpertInnen. Wir ersuchen alle drei ExpertInnen sehr höflich, ganz konkret auf die Fragestellungen betreffend die Impfpflicht einzugehen, also bitte nicht über die Pandemie, nicht über Impfstoffe und sonstige Dinge lange zu schwadronieren. Hat die allgemeine Impfpflicht in Österreich bisher genützt? Welche konkreten Erwartungen haben Sie noch an die allgemeine Impfpflicht? Aktuell sind laut Niki Popper bereits 70 bis 80 Prozent immunisiert, und sogar Ärztekammerpräsident Szekeres hat Corona nur mehr als Grippe eingestuft? Und die ganz wesentliche Frage: Warum ist Österreich damit in der EU alleine? Ist das sinnvoll und warum? Vor allem: Was ist in Deutschland und im Rest der Welt anders – dort braucht man keine Impfpflicht, wir haben eine? Dann noch die Frage: Welche Alternativen gibt es? Bitte bereiten Sie auch Alternativen auf!

Kurz zur Würdigung der Zusammenarbeit: Wir sehen Volksbegehren als ein extrem wichtiges demokratisches Instrument, leider haben die fünf Parlamentsparteien ganz unterschiedlich reagiert. Wir hatten sehr, sehr fruchtvolle Gespräche mit der FPÖ. Wir danken dem Obmann und seinem Team – danke, sehr engagiert. Die NEOS haben auch ein hohes demokratisches Verständnis, wir waren zu einer Vorbesprechung eingeladen – Chapeau! ÖVP: Schwarzes – türkises – Loch, es gab keine Gespräche. Die SPÖ hat zwar generelle Bereitschaft signalisiert, aber da besteht noch ein bisschen demokratiepolitischer Nachholbedarf. Zu den Grünen möchte ich am liebsten gar nichts sagen: Sie haben Regierungsverantwortung, aber keine Ressourcen, sich im Vorfeld mit einem Volksbegehren zu beschäftigen – bezeichnend!

Das Fazit ist: Das Parlament handelte bei der Impfpflicht nachweislich gegen den ausdrücklichen, eindeutigen und amtlich bestätigten Willen des Volkes. Diese undemokratische Entscheidung ist unverzüglich zu korrigieren. Also wenn unsere Volksvertreter, Sie, die Meinung des Volkes interessiert beziehungsweise diese respektiert wird, dann ist das Impfpflichtgesetz unverzüglich aufzuheben.

Unser Ersuchen an den Ausschuss, den Minister, das Parlament: Der Gesundheitsausschuss möge nach Anhörung der ExpertInnen und nach Beratung dem Parlament folgende Empfehlung geben: ersatzlose Aufhebung des allgemeinen Impflichtgesetzes; die Abstimmung möge bitte namentlich und unter Aufhebung des Parteizwangs/Klubzwangs durchgeführt werden – Beispiel Deutschland: Dort ging es! Warum geht es in Österreich nicht? –; in Zukunft soll die Impfung auf freiwilliger Basis erfolgen und die Diskriminierung von Ungeimpften ist zu beenden.

Noch eine kurze Ankündigung – wir sind am Ende der Redezeit –: Wir BürgerInnen kommen im Herbst 2022 wieder. Da wir wissen, wie zäh ein Umdenken im Parlament ist, haben wir noch ein Volksbegehren draufgesetzt, dieses Volksbegehren kommt von 2. bis 9. Mai in die Eintragungswoche. Darin wird gefordert, dass die 80,39 Prozent Nein, die heute zur Diskussion stehen, auch umgesetzt werden, und daher werden wir uns im Herbst wiedersehen. Wir hoffen, dass es sich bis dahin vielleicht erledigt hat, dann brauchen wir uns nicht mehr wiederzusehen, denn erfüllte Forderungen von Volksbegehren brauchen hier nicht mehr diskutiert zu werden, dann sparen wir Zeit. Also bitte, fassen Sie heute einen klaren Beschluss, empfehlen Sie dem Parlament, die Impfpflicht sofort abzuschaffen!

Wir laden am Schluss noch alle Parteien, Organisationen und BürgerInnen herzlich ein, dieses neue Volksbegehren auch zu unterstützen. Wir sind unparteiisch, aber jegliche Unterstützung ist herzlich willkommen. Damit meinen wir vor allem Bekanntmachung – der Bürger soll wissen, dass er hingehen und unterschreiben kann und so sein Recht der direkten Demokratie nutzt –, also bitte um entsprechende Publicity, aber keine parteipolitische Vereinnahmung, bitte schön.

Haben Sie noch Fragen an uns? Wir stehen gerne zur Verfügung beziehungsweise gibt es ja dafür auch noch die 6 Minuten Redezeit am Ende.

Ich danke vorläufig einmal für Ihre Aufmerksamkeit, und wir sind sehr gespannt auf die Ausführungen der ExpertInnen. – Danke schön.

Obmann Mag. Gerhard Kaniak dankt Ing. Bolek für dessen Ausführungen und ersucht ihn, bei den Schlussworten etwas besser als gerade eben auf die Redezeit zu achten, um den Sitzungsverlauf nicht zu verzögern. Obmann Kaniak merkt zugleich aber an, dass die Anregungen nichtsdestotrotz absolut berechtigt und auch aufzugreifen seien.

Eingangsstatements der ExpertInnen

Dr. Christiane Druml: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wurde gebeten, hier heute als Expertin für Ethik meine Expertise abzugeben und ich komme dieser Einladung sehr gerne nach, vor allem deshalb, weil es relativ selten ist, dass die Ethik zu Beginn einer Konferenz, einer Veranstaltung spricht.

Zu meiner Person: Ich bin Juristin und Ethikerin und Inhaberin des Unesco-Lehrstuhls für Bioethik an der Medizinischen Universität Wien, ich bin auch Vorsitzende der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt.

Und für alle diejenigen, die nicht so vertraut mit der Arbeit der Bioethikkommission sind, einige Worte zur Erläuterung: Bioethik ist ein interdisziplinäres, noch sehr junges Fach, das durch den rasanten Fortschritt der Lebenswissenschaften und der Medizin und ihren Einfluss auf die Gesellschaft in den letzten 50 Jahren entstanden ist. Da geht es vor allem um Fragen zu Beginn des Lebens oder zum Ende des Lebens, aber auch um Forschungsfragen. Bioethikkommissionen entstanden praktisch in allen Ländern der Welt, sind aus Experten aus Medizin, Rechtswissenschaften, Genetik, Philosophie, Theologie, Sozialwissenschaften zusammengesetzt und beraten zumeist Regierungen, Parlamente oder, wie es bei uns der Fall ist, den Bundeskanzler.

Die österreichische Bioethikkommission ist genauso wie der Deutsche Ethikrat und die schweizerische Kommission im Jahr 2001 eingerichtet worden. Alle Mitglieder sind ehrenamtlich und in ihrer Funktion als Wissenschaftler tätig, das heißt, sie sind keine Lobbyisten.

Wir wurden als Bioethikkommission im Jahr 2014 vom damaligen Gesundheitsminister aufgrund der grassierenden Masernepidemie gebeten, zur Frage des Impfens gegen von Mensch zu Mensch übertragbare Infektionserkrankungen aus ethischer Sicht Stellung zu nehmen. Und das ist praktisch der Beginn einer langen, kontinuierlichen Diskussion zu diesem Thema.

Vielleicht hier noch ein paar Worte zur Impfung an sich: Impfungen haben am meisten – neben der Hygiene – zu unserem heutigen Wohlstand beigetragen. Sie haben erfolgreich Krankheiten verhindert, die nicht behandelbar waren und die zu schwerem Leid und Folgeschäden bis hin zu Todesfällen führen. Ich nenne hier nur die Pocken, bei denen es nach jahrhundertelangen Katastrophen in den 1980er-Jahren gelungen ist, sie auszurotten. Aber auch Polio, Masern, Diphtherie, Keuchhusten, Mumps und andere Erkrankungen, die durch die Schutzimpfung ihren Schrecken verloren haben, sind hier zu nennen. Die Impfungen waren letztlich so erfolgreich, dass die Erkrankungen gar nicht mehr sichtbar waren, dadurch traten sie für die Menschen nicht mehr auf und die Menschen kannten sie gar nicht mehr in ihren Auswirkungen, sodass man sagen kann, dass die Impfung an sich ihr eigener Feind wurde und als Ergebnis die Impfraten für Kinder, junge Erwachsene, aber auch Erwachsene drastisch abnahmen. Derzeit ist laut offiziellen Berechnungen ein beträchtlicher Teil der Kinder in Österreich nur mangelhaft oder inkomplett oder gar nicht gegen Kinderkrankheiten geimpft. Das heißt, dass deren Eltern sie nicht adäquat schützen und insofern riskieren, dass die Kinder, für die sie verantwortlich sind und deren Bestes sie alle natürlich wollen, schwer erkranken.

Ich komme jetzt zurück auf das Mandat des damaligen Gesundheitsministers bezüglich der ethischen Aspekte des Impfens gegen Infektionserkrankungen, insbesondere die Masern. Die Bioethikkommission hat damals eine öffentlich abrufbare Stellungnahme einstimmig verabschiedet, die eine ethische Verpflichtung des Gesundheitspersonals – also für Pflege- und Gesundheitspersonal, für Ärzte, für alle anderen, die in diesem Bereich tätig sind – sieht, um damit auch andere gemäß dem Nichtschadensprinzip durch Impfung gegen die Masern zu schützen.

Begründet wurde das folgendermaßen: „Angesichts des erheblichen Gefährdungspotenzials durch nicht geimpftes Gesundheitspersonal und des berechtigten Vertrauens der PatientInnen, in einer medizinischen Einrichtung keinen zusätzlichen gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt zu werden, wäre eine gesetzliche Impfpflicht für solche Personengruppen rechtfertigbar.“

Dies haben wir auch in unserer ersten Stellungnahme zu den Priorisierungen bei der Impfung gegen Covid-19 im November 2020 gefordert und ebenso in einer speziell diese Thematik betreffenden Empfehlung vom Mai 2021, in der es nochmals um die Impfung als Berufsausübungsvoraussetzung geht. Hier möchte ich gerne auch noch einen Hinweis auf unsere Sprache, auf die Terminologie geben, die wichtig ist: Eine Impfung als Berufsvoraussetzung ist eben nicht mit dem Begriff Zwangsimpfung gleichzusetzen – keine Impfung bei uns wird mit körperlichem Zwang durchgesetzt.

Eine generelle gesetzliche Impfpflicht vor allem unter Berücksichtigung des Grundrechts auf Privatleben im Sinne des Artikels 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention hat die Bioethikkommission bereits in ihrer Stellungnahme vom 1. Juni 2015 – also damals auch noch prinzipiell für die Masern – unter bestimmten Bedingungen für ethisch gerechtfertigt angesehen. Maßgeblich für die Impfpflicht ist die Verhältnismäßigkeit: Je harmloser der Eingriff für die einzelne Person ist, je gefährlicher die Krankheit für die Gesundheit der Bevölkerung ist und je größer der Nutzen einer Impfpflicht insgesamt ist, desto eher erscheint der Eingriff in die körperliche Integrität des Einzelnen gerechtfertigt.

Wir haben, das muss hier auch angemerkt werden, eine generelle Impfpflicht immer als Ultima Ratio, also erst nach Ausschöpfung aller anderen Mittel, angesehen, aber in den darauffolgenden Jahren immer wieder darauf gedrungen, dass das Gesundheitspersonal wie in vielen Ländern der Welt zur gesetzlich verpflichtenden Impfung als Voraussetzung für seine berufliche Tätigkeit und Verantwortung angehalten wird.

Wir haben aber auch nach eingehender Diskussion in einer auch einheitlichen Stellungnahme am 10. Jänner 2022 mit einigen Einschränkungen eine positive Begutachtung des Impfpflichtgesetzentwurfes abgegeben, da das Gesetz vorausschauend eine Grundimmunisierung der Bevölkerung und damit eine langfristige Bekämpfung der Pandemie ermöglicht. Vorbedingung einer Beurteilung der ethischen Aspekte ist immer eine medizinische Nutzen-Risiko-Abwägung für die betroffene Person selbst sowie für Dritte und für die Gesamtbevölkerung. Wir wissen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis, auch wenn die Impfung keine sterile Immunität mit sich bringt, positiv ist. Näheres dazu wird sicher Frau Professorin Dorothee von Laer berichten.

Wir wissen, dass eine Pandemie keine Privatsache ist, sondern dass nur alle gemeinsam, miteinander aus dieser Pandemie herauskommen können und dass die Impfung zum richtigen Zeitpunkt eine breite Immunität, eine Grundimmunisierung der Bevölkerung mit sich bringt, die dann allen Menschen nutzt und eingreifendere Maßnahmen wie Lockdowns für alle verhindert.

Es geht da im Sinne des Nichtschadensprinzips auch um die Vermeidung von Kollateralschäden aus Situationen, in denen behandlungsbedürftige Menschen hohe Lasten aus der Entscheidung anderer, sich nicht impfen zu lassen, tragen mussten. Da meine ich – und ich glaube, das ist allen sehr bekannt – die Verzögerungen und Absagen von Therapien und Operationen aufgrund der Überlastung der Spitäler, und zwar einerseits durch die damalige Deltavariante, andererseits durch die besonders hohe Infektiosität der derzeitigen Omikronvariante.

Wie auch sonst in der Medizin ist die Autonomie des Patienten/der Patientin, das Selbstbestimmungsrecht zu berücksichtigen, das ist ganz klar. Die Autonomie ist grundrechtlich durch Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie Artikel 7 der Europäischen Grundrechtecharta geschützt. Wir wissen, dass die Freiheit des Einzelnen allerdings nur so weit geht, wie die Freiheit des Mitmenschen nicht tangiert ist. Und in einer inklusiven Gesellschaft, auf die wir alle sehr stolz sind, müssen wir Solidarität mit den anderen und Fürsorge für die anderen beweisen. Auch die viel zitierte Eigenverantwortung funktioniert in Zeiten einer Pandemie und in einer Gesellschaft nur mit Solidarität und Fürsorge für den anderen.

Es geht hier auch um die soziale Gerechtigkeit. Eine Impfpflicht bringt objektiv gesehen die gleiche körperliche Belastung für alle Menschen der Gemeinschaft mit sich. Diese Last ist geringer als die oben erwähnten Belastungen aus einem überbeanspruchten Gesundheitssystem oder durch einen Lockdown, insofern ist sie, und das ist wichtig, auch verhältnismäßig. Neben dem Prinzip der Gerechtigkeit ist vor allem das Prinzip der Solidarität hervorzuheben, das einen wichtigen Stützpfeiler in einer ethisch geleiteten Pandemiebekämpfung darstellt. Da geht es darum, die eigenen Ansprüche zugunsten derjenigen der anderen, vor allem der vulnerablen Personen beziehungsweise der Gemeinschaft, hintanzustellen. Vulnerabel sind besonders Kinder bis fünf Jahre, Immunsupprimierte und andere Menschen, bei denen die Impfungen nicht wirken, und auch alle ab in etwa 60 Jahren und besonders auch diejenigen, die als Schattenfamilien bezeichnet werden – sie alle müssen wir als Gemeinschaft schützen. In einer Ausnahmesituation wie der Coronaviruspandemie kann auch die Impfung nicht als reine Privatangelegenheit bezeichnet werden.

Abschließend möchte ich daher aus unserer Stellungnahme vom November 2020 zitieren: „Die individuelle Freiheit ist nicht ohne Verantwortung für sich und seine Mitmenschen zu haben. Die Bioethikkommission plädiert aus ethischer Perspektive dafür, die Entscheidung für die Inanspruchnahme einer Impfung gegen COVID-19 vor diesem Hintergrund zu treffen.“ – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Univ.-Doz. Dr. Hannes Strasser, MSc: Sehr geehrter Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Abgeordnete! Zunächst kurz zu meiner Person: Ich bin Universitätsdozent, Doktor der Medizin, Magister der Gesundheitswissenschaften, Facharzt für Urologie, Notarzt und – das ist mir wichtig zu betonen – seit 2020 Testarzt im Rahmen des Programms Tirol testet, seit letztem Jahr Impfarzt im Programm Tirol impft, und seit 22. Februar 2022 bin ich Kammerrat der Tiroler Ärztekammer für die Freien Ärzte Tirols.

Ich hatte schon in frühester Zeit im Medizinstudium gelernt: An eine Impfung werden ganz besonders strenge Anforderungen gestellt, viel strengere als an eine medikamentöse Behandlung oder an eine Operation – denn eines muss Ihnen klar sein: Geimpft werden Gesunde; da kommt kein kranker Mensch zur Impfung, da kommen gesunde Menschen und die sollen die Impfung auch gesund verlassen. Da gilt in der Medizin seit dem Altertum, seit zweieinhalbtausend Jahren der alte Spruch: „primum non nocere, secundum cavere, tertium sanare“ – erstens: nicht schaden, zweitens: vorsichtig sein, drittens: heilen; seit zweieinhalbtausend Jahren in dieser Reihenfolge: nicht schaden – Vorsicht – und dann: heilen. Das heißt, an eine Impfung werden ganz besonders strenge Risiko-Nutzen-Abwägungen zu stellen sein.

Bei einer Impfpflicht gilt das natürlich umso stärker, viel mehr, denn eine Impfpflicht ist nichts anderes als eine Massenimpfung für die gesamte gesunde Bevölkerung der Republik Österreich. Daher muss eine Impfung für eine Impfpflicht zuverlässig sein, damit sie wirklich ihren Sinn erfüllt. Eine Impfung muss vor der Infektion schützen, vor der Weitergabe des Virus schützen, vor einer Erkrankung schützen, vor dem Tod durch die Infektion schützen, und sie darf keine Vielzahl von schweren Nebenwirkungen verursachen. Das alles muss eine Impfung erfüllen, damit sie – mittels Impfpflicht – der gesamten Bevölkerung dienen kann.

Da stellt sich jetzt die erste Frage: Wie gut oder wie schlecht wirken die Impfungen? – Ich hatte mein Aha-Erlebnis im letzten Jahr, im August, als zum ersten Mal richtig klar wurde, dass die Impfungen eben nicht so gut wirken wie erhofft. Am 6. August 2021 wurde von Centers for Disease Control, der größten, wichtigsten Seuchenbehörde der Welt mit Sitz in den Vereinigten Staaten, in ihrem „Morbidity and Mortality Weekly Report“ eine Untersuchung zu einem Cluster in Massachusetts veröffentlicht: 469 Infizierte, davon 74 Prozent voll geimpft, 274 erkrankt, davon 79 Prozent voll geimpft, 5 davon im Krankenhaus, davon 80 Prozent voll geimpft. Gleichzeitig wurde von Centers for Disease Control damals festgestellt, dass Geimpfte gleich ansteckend sind wie Ungeimpfte – 6. August 2021! Zehn Tage später, erschien ein Artikel in „Science“, dem wichtigsten medizinischen Journal der Welt, mit dem Titel: „A grim warning from Israel“ – die israelischen Daten –: „Vaccination blunts, but does not defeat Delta“. Und der entscheidende Satz darin, den ich seitdem immer und immer wieder zitiere, war: „Vaccines work, but not well enough.“ – Die Impfungen wirken nicht gut genug. Das hat „Science“ am 16. August 2021 so veröffentlicht. Eines draufgelegt hat dann ein paar Tage später, am 10.9., der Europadirektor der WHO, Dr. Hans Kluge, der dezidiert festgestellt hat: Die Coronaimpfungen werden die Pandemie nicht beenden und die Politik muss sich nun allmählich umstellen und die Strategie adaptieren, damit die unvermeidbare Ausbreitung des Virus bekämpft werden kann. Das heißt, seit August 2021 ist bekannt, dass die Impfungen eben nicht so gut wirken wie erhofft.

Also zusammengefasst: Die Impfungen schützen nicht zuverlässig vor einer Infektion – das merken wir jetzt bei Omikron, wo die Pandemie durch die Bevölkerung rast, kann man sagen. Sie schützen auch nicht zuverlässig vor einer Übertragung – Geimpfte und Ungeimpfte können ansteckend sein.

Dem hat sich spät, aber doch auch die Gecko jetzt angeschlossen. Ich lese nur einen einzigen Satz vor: „Nach allen bisherigen wissenschaftlichen Ergebnissen schützt weder eine oder mehrere durchgemachte Infektionen noch einer der Impfstoffe auch nach mehrmaliger Verabreichung eine bestimmte, einzelne Person zuverlässig und langfristig gegen Infektion und Transmission des Virus.“

Kurz zusammengefasst: Sie können die Leute impfen, so oft Sie wollen, dies schützt nicht. Daher ist mit diesem Datum, mit diesen Ergebnissen klar, dass es keine Herdenimmunität gibt. Sie werden – auf gut Deutsch gesagt, wie es die WHO gesagt hat – die Pandemie mit der Impfung, auch mit einer Impfpflicht nicht bekämpfen können.

Das Zweite, was seit August auch immer erwähnt wird, ist: Es schützt wenigstens vor schweren Verläufen. – Da muss ich Sie enttäuschen, das tut es auch nicht. Österreich ist ja eine Datenwüste, und spätestens seit dieser Woche, in der auf einmal 3 500 Coronatote nachgemeldet werden mussten, wissen wir, dass wir unsere Zahlen mehr oder weniger fast vergessen können. Ich habe hier aber wenigstens die Zahlen aus Vorarlberg, weil die Vorarlberger Landeskrankenhäuser immer wieder Zahlen veröffentlichen, den Lagebericht Covid-19, und meiner hier ist vom 8. April.

Am 8. April wurden in Vorarlberg in den Krankenhäusern 81 Covid-19-Patienten stationär betreut, davon 17 nicht vollimmunisiert, 80 Prozent vollimmunisiert – am 8. April in Vorarlberg in den Krankenhäusern. Fünf Covid-19-Patienten waren damals auf den Intensivstationen, davon alle fünf Patienten – 100 Prozent! – vollimmunisiert. Das sind die Vorarlberger Daten vom April dieses Jahres.

Dazu noch die Daten von der United Kingdom Health Service Agency – ich habe hier die Daten vom Februar –: Zwischen dem 6. Februar und dem 27. Februar sind in England 6 466 Patienten an Covid-19 gestorben – nicht erkrankt, nicht infiziert, sondern gestorben, 6 466! Davon waren 8,8 Prozent ungeimpft. Das heißt zusammengefasst: Über 90 Prozent der Coronatoten im Februar dieses Jahres in Großbritannien waren geimpft. – So viel zum Thema die Impfung schützt vor schweren Verläufen und Krankheiten.

Zum nächsten wichtigen Punkt – das war die Wirksamkeit –: Nebenwirkungen. Es hat lange geheißen: keine Nebenwirkungen, keine schweren Nebenwirkungen. Es gibt ja schon seit Jahren, Sie wissen das, das Überwachungssystem der europäischen Arzneimittelbehörde, jeder gemeldete Verdacht auf Nebenwirkungen wird an die  Gesundheitsbehörde gemeldet, dann weiter an die EMA und dort veröffentlicht. Und mit Datum 9.4.2022 waren in dieser Datenbank 1 639 137 gemeldete Fälle.

Dazu muss man ergänzen, dass laut Studien, Veröffentlichungen derzeit nur circa 6 Prozent aller Nebenwirkungen überhaupt gemeldet werden. Spätestens seit dem Auftauchen der Chats um die Ärztegruppe, um Ärztekammerpräsident Szekeres weiß man ja, dass Ärzte sogar öffentlich gesagt haben, dass sie das nicht melden, es ist zu viel Arbeit, zu kompliziert. Das heißt, nur rund 6 Prozent der Nebenwirkungen sind gemeldet. Das heißt, wenn man das hochrechnet, kann man davon ausgehen, dass geschätzt rund 25 Millionen Patienten in Europa Nebenwirkungen der Impfungen erlitten haben. Wenn man sich die Datenbank genauer anschaut, dann sieht man, dass alle Organsysteme betroffen sind: Blut, Herz, Hals-Nasen-Ohren, Gastrointestinaltrakt bis hin zu den Gefäßen; alle Organsysteme sind betroffen. Und ich kann Ihnen berichten, aus vielen Gesprächen mit Ärzten und Kollegen, dass wir jetzt auf einmal Krankheitsbilder und Krankheitsverläufe erleben und sehen, die bisher unbekannt waren. Ich kann aus Zeitgründen nicht näher darauf eingehen, aber ich kann Ihnen das so sagen.

Ich habe Ihnen von der Datenbank der EMA nur einmal das Datenblatt von der Pfizer-Impfung zu den kardialen Nebenwirkungen herausgenommen: gemeldet: 2 922 Tote, 22 873 nicht abgeheilt, 2 322 bleibende Schäden, insgesamt über 70 000 gemeldete Nebenwirkungen betreffend kardiale Nebenwirkungen. Das heißt, das sind nicht ein paar Leute, da sind wirklich viele betroffen.

Wenn man diese Datenbank im Internet hernimmt, die Rohdaten berechnet und dann die Mehrfachmeldungen herausrechnet, dann kommt man dazu, dass bis zum 12. Februar dieses Jahres 22 319 Todesfälle gemeldet waren, davon 122 junge Menschen im Alter unter 18 Jahren. Wenn man das wieder hochrechnet, ausgehend von der geringen Zahl der Meldungen, kommt man nach Schätzungen auf über 300 000 Tote in Europa durch die Covid-19-Impfungen.

Das nächste Blatt: Im Februar: Die Betriebskrankenkasse Provita hat einfach die dokumentierten Fälle veröffentlicht, wo Ärzte gemeldet haben, dass sie Patienten nach einer Impfung mit Corona behandelt haben. Die haben das auf alle Sozialversicherten in Deutschland hochgerechnet und berechnet, dass rund 2,5 Millionen bis drei Millionen Menschen im letzten Jahr wegen Impfnebenwirkungen in ärztlicher Behandlung waren. Also nicht einfach nur ein Stich, eine Rötung, irgendetwas, sondern drei Millionen Menschen waren in ärztlicher Behandlung wegen Impfnebenwirkungen, gemeldet an das Paul-Ehrlich-Institut waren davon aber nur rund 7,5 Prozent. Auch da sehen Sie wieder, dass es eine erhebliche Untererfassung der Impfnebenwirkungen gibt.

Wir haben also eine unheimlich hohe Dunkelziffer an Impfnebenwirkungen gegenüber den Zahlen, die öffentlich bekannt sind. Und in diesem Schreiben schreibt die Betriebskrankenkasse unter anderem wortwörtlich, dass durch diese Untererfassung „eine Gefahr für das Leben von Menschen nicht ausgeschlossen“ werden kann.

Die nächste Datenbank, auch vom Februar dieses Jahres: In Amerika haben Ärzte die Datenbank der US-Soldaten untersucht und haben nur die Diagnosen der Jahre 2016 bis 2020 mit 2021 verglichen. Sie haben in diesem Jahr einen Anstieg an Bluthochdruck von 2 181 Prozent festgestellt – das muss man sich vorstellen: eine Verzweiundzwanzigfachung! Erkrankungen des Nervensystems: plus 1 048 Prozent, Multiple Sklerose: 680 Prozent, Speiseröhrenkrebs: 894 Prozent, Brustkrebs: 487 Prozent und so weiter und so fort.

Ich habe diese Woche noch einmal im Büro von Senator Ron Johnson nachgefragt, der diese Anfrage an den Verteidigungsminister gestellt hat: Der US-Verteidigungsminister hat bis jetzt keine Stellungnahme abgegeben, auch diese Daten nicht widerlegt oder bestritten.

Sie wissen, in Deutschland hat es auch eine Diskussion zur Impfpflicht gegeben, und da hat unter anderem Prof. Dr. Andreas Radbruch dazu Stellung genommen, er ist der derzeitige Vizepräsident der europäischen Fachgesellschaften für Immunologie, einer der angesehensten, renommiertesten Immunologen in Europa, von der Charité. Er hat dort eine Stellungnahme abgegeben und diese möchte ich kurz zusammenfassen.

Er, also eine Immunologe, sagt: Erstens: „Der Schutz vor Infektionen ist nur kurzfristig [...] und beträgt nur wenige Wochen bis Monate“. – Das ist mittlerweile Standard, das weiß man.

Zweitens: Man wird „durch dreimaliges Boostern quasi sein ,immunologisches Pulver‘“ verschießen, das Immunsystem ist dann so gesättigt, dass es wahrscheinlich auch auf angepasste neue Impfstoffe nicht mehr optimal reagiert – der Fachausdruck dafür ist original antigenic sin.

Er schreibt weiter: „In diesem Sinne ist zweimal Impfen oder einmal Genesen besser als dreimal Impfen, um die Anpassungsfähigkeit des immunologischen Gedächtnisses zu erhalten. Eine Impfpflicht wird es erschweren, bei künftigen Infektionswellen angepasst impfend zu reagieren.“

Der dritte wesentliche Punkt: „In diesem Sinne wird eine Impfpflicht nicht das Ziel erreichen, bei zukünftigen [...] Infektionswellen die Infektionslast zu senken.“

Also einer der führenden Immunologen Europas sagt dezidiert – das kann man vom Deutschen Bundestag herunterladen –, die Impfpflicht wird nicht helfen, und rät davon ab.

Obmann Mag. Gerhard Kaniak ersucht den Experten, auf die Zeit zu achten und langsam zum Schluss zu kommen.

Univ.-Doz. Dr. Hannes Strasser, MSc (fortsetzend): Ich komme schnell zum Schluss: Take home message, ganz kurz zusammengefasst: Die Anforderungen an eine Impfpflicht sind leider nicht erfüllt: Die derzeitigen Covid-19-Impfungen wirken leider schlecht, sie bieten keinen zuverlässigen Schutz vor Infektion, vor Weitergabe, vor Erkrankung und auch keinen zuverlässigen Schutz vor dem Tod durch Covid-19, es gibt viel mehr Nebenwirkungen als erwartet.

Ich möchte da nur auf das Impfpflichtgesetz hinweisen: Sie haben hier im Nationalrat beschlossen, dass die Impfpflicht nicht besteht für Personen, die „nicht ohne konkrete und ernstliche Gefahr für Leben oder Gesundheit [...] geimpft werden können“. Das heißt, Österreich ist meines Wissens das erste Land, das per Gesetz festhält, dass die Impfung krank machen und töten kann – das steht da im Gesetz eigentlich drinnen.

Die Impfung führt zu unkalkulierbaren Risiken, wir beginnen erst langsam, zu sehen, was hier an Langzeitfolgen auftritt, und vor allem haben wir eine ganz wichtige Alternative, nämlich die Medikamente, das muss man auch sagen.

Es gibt schon seit längerer Zeit international Schemata - -.

Obmann Mag. Gerhard Kaniak ersucht den Experten neuerlich, zum Schluss zu kommen, da die Redezeit bereits deutlich überzogen sei.

Univ.-Doz. Dr. Hannes Strasser, MSc (fortsetzend): Kurz zusammengefasst: Es gibt aus medizinischer Sicht, wissenschaftlicher Sicht keine Empfehlung für eine Impfpflicht. Ich zitiere Prof. Radbruch: „Auf die Wissenschaft kann sich eine Entscheidung zu irgendeiner Impfpflicht nicht berufen!“ – Danke.

Obmann Mag. Gerhard Kaniak bedankt sich für die Ausführungen und weist darauf hin, dass Dr. Strasser auch im Rahmen der Beantwortung der Fragen noch Gelegenheit haben werde, einzelne jetzt allenfalls offengeblieben Punkte weiter auszuführen.

Dr. Dorothee von Laer: Sehr verehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Abgeordnete und Mitglieder des Ausschusses! Sehr geehrte Damen und Herren! Kurz zu meiner Person: Ich bin Virologin – in diesem Jahr mache ich das seit 37 Jahren –, und ich sage immer, man wird, wenn man wichtig sein und im Mittelpunkt stehen will, als Mediziner eigentlich nicht Virologe; das hat sich jetzt etwas geändert. Nun versuche ich, hier etwas zur Versachlichung der Diskussion beizutragen, und ich hoffe, das gelingt mir durch ein paar Hintergrundinformationen.

Ich bin unheimlich dankbar für die Ausführungen von Herrn Strasser, denn als ich dieses Volksbegehren gelesen habe, hatte ich den Eindruck, dass es überhaupt keine Bedingungen geben würde, unter denen eine Impfpflicht denkbar wäre, dass man auch bei Pockenausbruch oder einer Ebolapandemie eine Impfpflicht kategorisch ablehnen würde; das habe ich so wahrscheinlich falsch verstanden. Herr Strasser hat ja eindeutig gesagt, dass es durchaus Bedingungen gibt, unter denen man an eine Impfpflicht denken kann, nämlich eine bedrohliche Erkrankung und ein sehr effizienter Impfstoff. Ich denke, da muss man das dann vielleicht anders bewerten.

Ich werde mich daher auf die aktuelle Situation zu Corona und eine mögliche Impfpflicht bei dieser Pandemie, die wir jetzt haben, konzentrieren. Ich werde versuchen, die Ziele einer Impfpflicht darzustellen und zu schauen, inwieweit wir sie im aktuellen Stand oder in Zukunft mit einer Impfpflicht erfüllen können.

Zuerst: Das ganz private Ziel einer jeden Impfung, dass man sich selbst vor einer Infektion schützen möchte, steht hier, denke ich, nicht zur Debatte. Das ist von jedem frei zu entscheiden, ob er das möchte. Darunter fällt zum Beispiel die Tetanusimpfung – Tetanus kriegt man durch Keime im Boden. Das ist jedermanns eigenes Problem, ob er nach einer Verletzung Tetanus kriegen möchte oder nicht; da gibt es keine Pandemie, ist alles gut.

Aber wenn wir halt von den allgemeingesellschaftlichen Zielen sprechen, muss das natürlich einen gesellschaftlichen Diskurs haben, weil das eben zu einer Impfpflicht führen würde. Das übergeordnete Ziel von Impfpflichten im Allgemeinen ist ja die komplette oder zumindest regionale Ausrottung einer Infektionserkrankung. Das ist für die Pocken weltweit gelungen, für Polio auch weitestgehend und regional auch für Erkrankungen wir Masern et cetera.

Wir sehen auch, es sterben keine Massen mehr an Diphterie wie in den 1920er-Jahren. Wir sehen praktisch keine Rötelnembryopathien mehr, keine missgebildeten Kinder, weil die Mütter Röteln hatten. Männer werden nicht mehr unfruchtbar, weil sie in der Kindheit Mumps hatten. Also wir haben in der Richtung wirklich schon eine Menge erreicht.

Voraussetzung ist, dass die Impfung eine sterile Immunität macht, das heißt, dass man also das Virus nicht repliziert und auch nicht weitergeben kann, sonst kann man die Herdenimmunität mit einer Impfung nicht erreichen. Und das ist tatsächlich im Moment mit den aktuellen Impfstoffen und den aktuellen Virusvarianten bei Corona nicht gegeben.

Ich denke auch, von den seriösen Wissenschaftlern, die nicht nur anekdotische Daten wiedergeben, sondern die Daten auch wirklich seriös bewerten, wird momentan keiner sagen, wir können Sars-Cov-2 durch eine Impfpflicht ausrotten – das will, glaube ich, auch niemand. Es werden jetzt auch andere Ziele verfolgt, wenn man an eine Impfpflicht denkt.

Das zweite große Ziel ist eben der Schutz des Gesundheitssystems vor der Überlastung. Voraussetzung dafür ist, dass die Impfung vor schweren Verläufen schützt. Da habe ich andere Informationen als die Datenlage in Vorarlberg. Die Berichte zum Beispiel des britischen Gesundheitssystems, die sich auf Millionen von Infizierten beziehen, sehen einen Schutz vor Hospitalisierung durch die Impfung von 80 bis 90 Prozent. Gerade die Älteren, die über 60-Jährigen profitieren von der 90 Prozent geringeren Wahrscheinlichkeit, ins Krankenhaus zu kommen und an der Erkrankung zu versterben.

Dieser Schutz vor schweren Verläufen ist also in vielen Studien wirklich nachgewiesen. Ich weiß nicht, auch Herr Streeck scheint das nicht zu lesen, was in der Literatur ist. Alle anderen Virologen sind sich in dem Punkt auch einig, dass die Literatur da nun eindeutig ist.

Interessant ist dabei allerdings, dass 90 Prozent der Hospitalisierten und der Verstorbenen mit Covid-19 über 60 Jahre alt sind. Wenn man den Schutz des Gesundheitssystems als Ziel hätte, wäre es absolut ausreichend, eine Impfpflicht ab 60 Jahren auszusprechen. Damit könnte man eine Überlastung des Gesundheitssystems verhindern.

Ein weiteres Ziel ist es natürlich, die Wirtschaft zu schützen, die kritische Infrastruktur zu schützen und vor Lockdowns zu schützen. Das ist teilweise dadurch gegeben, dass die Impfung vor schweren Verläufen schützt, aber natürlich nicht optimal, weil tatsächlich die Infektion nicht verhindert wird. Ein paar Wochen nach der Impfung lässt der Schutz wirklich massiv nach und da kann man sich noch sehr gut infizieren. Man wird dann weniger wahrscheinlich schwer krank, aber man infiziert sich. Man hat ungefähr, geschätzt, momentan eine um 50 Prozent verminderte Wahrscheinlichkeit, das Virus weiterzugeben, aber man kann es eben doch sehr gut weitergeben. 50 Prozent rechtfertigen da sicherlich keine Impfpflicht – aus meiner Sicht; Entschuldigung, das war jetzt eine Meinung.

Ein weiteres Ziel ist der Schutz vulnerabler Gruppen. Hierfür hat man eben die Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen vorgesehen. Da gilt aber im Moment bei den jetzigen Impfstoffen und den jetzigen Viren tatsächlich genau das, was für den allgemeinen Schutz gilt, dass nämlich die Übertragung des Virus durch die Impfung verhindert wird, und das ist eben nicht der Fall. Bei den aktuellen Impfstoffen und den aktuellen Virusvarianten könnte durch die Impfung nur in sehr geringem Ausmaß ein Schutz von Patienten und zu pflegenden Alten erreicht werden. Deswegen ist unter den aktuellen Bedingungen tatsächlich für Coronaviren – ich rede nicht über Masern oder irgendetwas, sondern Covid-19 – im Moment eine Impfpflicht für Gesundheitsberufe nicht sinnvoll. Da hat das Masketragen und das Testen des Gesundheits- und Pflegepersonals sicherlich Vorrang.

Zu dem Punkt Zugangsbeschränkung: Da gelten eigentlich die gleichen Argumente. Ich habe mir gedacht, ich komme den Leuten, die eigentlich sozusagen meine Feinde sind, etwas entgegen und sage, die Zugangsbeschränkung, dass nur Geimpfte und Genesene ins Theater et cetera dürfen und Ungeimpfte und Ungenesene nicht, macht momentan aus demselben Grunde keinen Sinn, weil eben auch Geimpfte und Genesene infiziert sein und das Virus übertragen können.

Da macht aus meiner Sicht im Moment, wenn man etwas beschränken will, nur das Testen Sinn. Also wenn man für einen Ort, wo viele Menschen drinnen sind, eine Regel haben möchte, dann wäre das eine 1-G-Regel – damit habe ich mich ja schon unbeliebt gemacht; komischerweise bei den Leuten, denen es eigentlich gefallen müsste. Da würde sozusagen das Getestetsein als Zugangsbeschränkung Sinn machen, um vulnerable Gruppen zu schützen.

All das, was ich jetzt gesagt habe, gilt für Omikron und die aktuellen Impfstoffe – auf einen Ausblick komme ich gleich. Bevor ich den Ausblick mache, möchte ich kurz den Eingriff der Impfung ein bisschen relativieren, nämlich inwieweit das ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist, und das der Infektion gegenüberstellen.

Ich glaube, es ist naiv, anzunehmen, dass Corona vom Erdball verschwinden wird, und es ist auch naiv, anzunehmen, dass sich ein signifikanter Teil der Bevölkerung nicht irgendwann mit diesem Virus infiziert. Also muss man eigentlich als vernünftig denkender Mensch das Risiko der Impfung mit dem Risiko der Infektion vergleichen.

Es ist so, dass beim Impfen immer die Impfreaktionen mit echten Impfnebenwirkungen durcheinandergeworfen werden. Die Impfreaktion ist eine Reaktion des Immunsystems, und tatsächlich muss man dann auch manchmal mit Paracetamol in ärztliche Behandlung gehen. Das ist aber keine schwere Erkrankung, das geht vorüber. Das ist ein Zeichen, dass das Immunsystem aktiv ist. Man kann Gliederschmerzen, Abgeschlagenheit, auch Fieber haben, das kennen viele. Das klingt nach einigen Tagen ab. Das ist eigentlich bei fast jedem Impfstoff mehr oder minder der Fall, trotzdem impfen wir schon seit über 100 Jahren. Es gibt aber auch schwere Nebenwirkungen, und ich möchte nur auf die wesentlichen eingehen. Da ist die Herzmuskelentzündung zu erwähnen, die Männer unter 35 betrifft. Da liegt die Häufigkeit bei fünf unter einer Million. Mit der gleichen Häufigkeit sieht man die Thrombosen, die vorwiegend Frauen zwischen 30 und 40 betreffen, die eben auch zum Tode führen können. Wir haben Hirnstammvenenthrombosen, und das ist tatsächlich ein reales Risiko, auch in dem Bereich von zwei, drei unter einer Million. Beides betrifft junge Menschen. Sehr selten tritt Myokarditis bei Menschen über 60 auf – nach der Impfung praktisch nicht beobachtet; auch die Thrombosen bei Menschen über 60: nicht beobachtet.

Wenn man also wirklich sagen will, wir können das Virus nicht ausrotten, wollen aber das Gesundheitssystem schützen, dann wäre die Impfpflicht ab 60, sowohl was die Bewertung des Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit als auch die Wirkung betrifft, die man auf den Schutz des Gesundheitssystems hat, aus meiner Sicht eigentlich ein zumindest virologisch-medizinisch vernünftiger Kompromiss.

Das Risiko der Erkrankung ist, glaube ich, vielen bekannt. Die Sterblichkeitsrate der über 80-Jährigen, die mit Corona infiziert sind, beträgt in Österreich zwischen 15 und 20 Prozent, in anderen Ländern ist sie noch deutlich höher; in Australien interessanterweise 40 Prozent bei über 80-Jährigen. Die Sterblichkeit steigt allerdings mit dem 60. Lebensjahr drastisch an. Jüngere Menschen haben ein deutlich geringeres Sterblichkeitsrisiko.

Was viele nicht wissen, ist, dass es inzwischen bekannt ist, dass man in den zwölf Monaten nach Ausheilung der Coronainfektion ein erhebliches Risiko hat, an einer Herzkreislauferkrankung zu versterben – ein ungefähr zweieinhalbfach erhöhtes Risiko, selbst wenn man Corona überstanden hat. Wir wissen, dass rund 10 Prozent an Long Covid erkranken, das heißt, mehr als sechs Monate Beschwerden haben. Das kann bis hin zum Gehirnnebel und alzheimerähnlichen Erscheinungen führen. Solche Fälle haben wir auch in Innsbruck in Behandlung. Es ist wirklich nicht schön mitanzusehen.

Ich möchte jetzt aber einen konkreten Ausblick auf den Herbst machen. Wir wissen zwei Sachen überhaupt nicht – auch Herr Lauterbach weiß es nicht –: Wir wissen erstens nicht, was für ein Virus wir im Herbst bekommen werden. Wenn dann immer noch Omikron aktiv ist und wir noch keine neuen Impfstoffe haben, gilt all das, was ich jetzt gesagt habe, immer noch. Wenn wir allerdings die neuen Impfstoffe, die jetzt in Entwicklung sind und die einen breiteren Schutz bewirken, inklusive Nasensprays zum Beispiel, die einen lokalen Schleimhautschutz bieten und dadurch viel besser schützen sollten, zur Verfügung haben, wenn wir eine neue Virusvariante haben, die wieder pathogener ist, die mehr Menschen krank macht und an der mehr Menschen sterben, dann ist natürlich die Abwägung eine ganz andere.

Soweit ich das jetzt verstanden habe, ist momentan die Impfpflicht ausgesetzt und man beobachtet die Situation, wie sie sich im Herbst gestalten wird, und wenn man eben sieht, dass schwerere Infektionen durch neue Virusvarianten auf uns zukommen, kann man schnell aufgrund dieses Gesetzes handeln. Und das erscheint mir auch vernünftig zu sein.

Ich möchte kurz zusammenfassen: Eine Impfpflicht kann eine Erkrankung ausrotten, wenn die Impfung eine weitgehende sterile Immunität hervorruft. Das ist bei Corona nicht der Fall und wird in Zukunft wahrscheinlich auch nicht der Fall sein. Die Impfpflicht kann das Gesundheitssystem vor Überlastung schützen, bei Corona insbesondere die Impfpflicht für die über 60-Jährigen. Die Impfpflicht kann die kritische Infrastruktur und die Wirtschaft vor Krankenständen schützen und Lockdowns verhindern, wenn auch die Übertragung des Virus verhindert wird. Diese Situation haben wir momentan nicht.

Zugangsbeschränkungen für Ungeimpfte machen derzeit keinen Sinn, denn da müsste die Übertragung des Virus durch die Impfung verhindert werden. Allerdings schlage ich da eher die Testung als Zugangsbeschränkung vor. Zukünftig neu auftretende Viren müssen aber dazu führen, die Lage wieder neu zu bewerten, und können Zugangsbeschränkungen wieder sinnvoll erscheinen lassen. – Danke schön.

Erste Fragerunde der Abgeordneten

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Werte ExpertInnen! Werte Proponenten! Ich möchte gleich mit Ihnen beginnen, Dr.in Druml. Sie haben in einem Interview, das ich gelesen habe, gesagt: „Eine Pandemie ist keine Privatsache, das Freiwilligkeitsmantra sticht in so einer Situation nicht.“ „Es kommt auf jeden Einzelnen an“. – Darauf möchte ich Bezug nehmen.

Ich frage Sie als Ethikerin, aber auch als Juristin: Trägt das Impfpflichtgesetz, das jetzt, vollkommen richtig, wie es die Frau Doktor gesagt hat, ausgesetzt ist, dem Rechnung, auch juristisch? Kann man die Verhältnismäßigkeit anhand dieser Module, die uns zur Verfügung stehen, feststellen? Es geht dabei um ein flexibles Reagieren auf Situationen, aber immer im Hinterkopf behaltend, dass es sich um eine – ich sage einmal – gemeinschaftliche Aktion handeln sollte, denn nur dann, wenn die Allgemeinheit besser geschützt ist, hilft es auch dem Einzelnen. Ich sage das ganz bewusst auch als Risikopatientin. Das heißt, mir nützt es auch etwas, wenn möglichst viele in meiner Umgebung geimpft sind.

Da möchte ich bei Herrn Dr. Strasser schon noch nachfragen: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie gesagt, Sie impfen auch, Sie sind auch Impfarzt. (Strasser nickt.) Was würden Sie mir dann als bald über 60-jährige Risikopatientin empfehlen wenn nicht eine Impfung, die mir zumindest die Chance eröffnet, dass ich nicht schwer erkranke? Omikron führt uns jetzt sehr deutlich vor Augen, dass nicht der Verlauf milder ist, sondern dass das möglicherweise zurückzuführen ist auf die große Anzahl derer, die bereits dreifach immunisiert sind. Mein Kollege Sepp Smolle wird das dann gerne auch mit Zahlen, Daten und Fakten untermauern, um Ihren etwas entgegenzuhalten.

Frau Dr. Druml! Ist die flexible Handhabung dieses Gesetzes nach wie vor ein lauteres Mittel, auch wenn die Impfpflicht zeitweise ausgesetzt wird?

Frau Dr. von Laer! Ich weiß, dass die Vorhersage denkbar schwierig ist, auch für Sie als Expertin und Virologin. Wenn ich Sie aber richtig verstanden habe, bietet das Impfpflichtgesetz, so wie es aufgesetzt ist, die Möglichkeit, eben auf Dinge flexibel zu reagieren. Ich wundere mich etwas, denn es wurde ja gebeten, möglichst wenig über Impfstoffe und Impfung zu reden, Herr Dr. Strasser hat sich breit darüber geäußert. Deshalb meine Frage an die Virologin, die Fachfrau: Die Impfstoffentwicklung schreitet ja zügig voran; Sie haben auch bereits die Nasensprays erwähnt. Das heißt, es wäre möglich, dass wir schon vor dem Herbst, auch im Herbst und laufend flexibler auf neue Entwicklungen, auf neue Mutationen reagieren. Deshalb meine konkrete Frage: Ist das Impfpflichtgesetz, so wie es vor uns liegt, wie wir es mit großer Mehrheit im Nationalrat beschlossen haben, weiterhin ein geeignetes Mittel, um der Pandemie zu begegnen? – Danke vielmals.

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Herr Vorsitzender! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Expertinnen und Experten! Werte Proponenten des Volksbegehrens! In den letzten zwei Jahren ist mir immer wieder ein Spruch in den Sinn gekommen, der mich eigentlich begleitet: Die Freiheit besteht in erster Linie nicht aus Privilegien, sondern aus Pflichten.

Zur Impfung generell: Das ist heute nicht das Thema, aber ich muss schon sagen, dass Impfungen eigentlich hauptverantwortlich für unsere längere Lebenserwartung im europäischen Bereich sind.

Frau Dr. Druml hat einen ganz schönen Satz gesagt: Die Impfung ist eigentlich ihr „eigener Feind“, da man die Infektionskrankheiten gar nicht mehr sieht. – Und das ist ein Teil des Problems in unserer Gesellschaft. Ganz wichtig ist, dass die Impfpflicht nicht mit einer Zwangsimpfung verwechselt wird, und wir alle wissen, dass die Impfpflicht die Ultima Ratio ist, auch wenn sie mit eindeutiger Mehrheit hier beschlossen wurde.

Am 10. Jänner wurde das Vorhaben von der Bioethikkommission positiv begutachtet, bewertet, mit der Argumentation, dass die Impfpflicht auch langfristig die Pandemie bekämpft und eine breite Immunität erzeugt. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis wurde positiv bewertet. Die Pandemie ist keine Privatsache, das steht auch in dem Gutachten, und es sind Solidarität und ein Gemeinschaftsgedanke gefragt.

Die Frage an Frau Dr. Druml meinerseits: Sehen Sie diese positive Bewertung vom Jänner jetzt nach einigen Monaten noch genau so? Würden Sie das genau so bewerten oder würde das etwas differenzierter ausfallen?

Herr Dr. Strasser hat die Datenlage der Covid-Impfungen dargestellt. Die ist für mich sonnenklar. Ich muss immer wieder als Arzt, auch wissenschaftlich tätig, sagen: Es gibt in der Wissenschaft immer differenzierte Meinungen, aber wenn eine überwiegende Mehrheit über eine längere Zeit, auch durch wissenschaftliche Daten unterfüttert, dieser Meinung ist, dann sind diese Fragen für mich eigentlich geklärt.

Die Impfung hilft und wirkt, da muss ich Sie einfach korrigieren. Sie schützt nämlich sehr gut vor schweren Krankheitsverläufen oder gar vor dem Tod. Das ist sehr viel und das hilft uns auch in der Bekämpfung der Pandemie.

Sie sind Impfarzt. (Strasser nickt.) Impfen Sie auch gegen Covid beziehungsweise raten Sie Patienten davon ab? Und: Welche Patienten impfen Sie? Das wäre für mich ganz klar, weil Patienten sehr auf eine ärztliche Meinung angewiesen sind, man muss sie aufklären – mit Für und Wider –, und da würde mich Ihre persönliche Herangehensweise interessieren. Zum Schluss Ihres Vortrags haben Sie gesagt, Impfen kann „krankmachen und töten“. Das ist schon richtig, aber Sie hätten eigentlich dazusagen müssen: Aber durch die Covid-Impfung werden Sie weniger schwer krank und versterben auch im Endeffekt nicht. (Abg. Hauser: Das stimmt ja nicht!)

Frau Dr. von Laer hat bei der Impfpflicht sehr klar zwischen Erkrankungen wie Tetanus, Pocken, Diphterie, Masern, Mumps, Röteln unterschieden und die Ziele der Impfpflicht dargelegt. Eine Ausrottung des Virus werden wir nicht erreichen, das war eine Hoffnung, das wissen wir mittlerweile alle. Was aber den Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung, Schutz vor schweren Verläufen angeht, ist die Literatur eigentlich eindeutig, dass da die herkömmlichen Impfungen wirken.

Meine zwei Fragen an Frau Dr. von Laer sind folgende: Wir wissen, dass Long Covid ein Riesenproblem in den nächsten Jahren sein wird. Ist die Datenlage so, dass Geimpfte, die erkranken, weniger häufig Long Covid bekommen und leichtere Formen haben als Nichtgeimpfte, die erkranken?

Die zweite Frage, Ihre persönliche Meinung: Würden Sie aus heutiger Sicht dafür plädieren, dass die Impfpflicht in Zukunft nur für vulnerable Gruppen beschlossen wird, also für Menschen ab 60 Jahren. – Herzlichen Dank.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Vorsitzender! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nicht zu weit in die Vergangenheit gehen, wir haben das ja schon oft diskutiert, aber es ist so, wie man diese Woche wieder gemerkt hat: Wenn man Fehler in der Politik nicht beseitigt, wenn man nicht adäquat auf Schwachstellen reagiert, dann wiederholen sich Fehler immer wieder. Wir haben es jetzt gerade wieder bei dem Datenchaos mitbekommen. Es kostet natürlich Vertrauen, wenn man 3 500 verstorbene Menschen nachmeldet. Jetzt kann man lange über die Ursachen diskutieren; der Gesundheitsminister ist zu kurz im Amt, der kann nichts dafür, aber die Regierung wäre natürlich gefordert gewesen, das schnellstmöglich zu bereinigen, gerade vor dem Hintergrund eines kritischen Rechnungshofberichtes.

Das ist auch der Grund, warum ich glaube, dass wir, wenn wir heute immer wieder diskutiert haben: Impfpflicht Ultima Ratio, schon auch überlegen müssen: Was hat uns denn in Österreich so weit gebracht, dass wir überhaupt über die Impfpflicht reden müssen? Was war die Ursache dafür, dass es den Aufschrei seitens der Wissenschaft und der Medizin gegeben hat, diese Ultima Ratio umzusetzen?

Ich würde die beiden Expertinnen und den Experten bitten, aus ihrer Sicht noch einmal zu skizzieren: Was waren denn die Gründe in Österreich, dass wir um so vieles schlechter als andere Länder durch die Krise gekommen sind?, Was hätten wir von anderen Staaten lernen können?, dass wir erst gar nicht in Erwägung hätten ziehen müssen, diese Ultima Ratio in Kraft zu setzen. (Abg. Wurm: Schweden! Schweden!) – Schweden kann man auch differenziert diskutieren, da gibt es durchaus auch neue Studien dazu.

Ich glaube, es haben uns das politische Versagen und das Nichthandeln in Österreich so weit gebracht, dass wir darüber nachdenken müssen. Umso wichtiger war es, in dem Prozess, auch einen Schutzmechanismus zu verankern. Das war ein Punkt, den die SPÖ eingefordert hat: keinen Tag länger als unbedingt notwendig und nur so lange, wie das Ganze verfassungsrechtlich und medizinisch argumentierbar ist.

Deshalb meine Bitte, dass Sie auch für die breite Öffentlichkeit noch einmal transparent machen, juristisch wie medizinisch, was dieser Schutzmechanismus im Impfpflichtgesetz bedeutet und unter welchen Umständen die Impfpflicht wieder in Kraft treten würde. Vielleicht könnten Sie im Hinblick auf den Herbst diesen Ausblick noch einmal skizzieren.

Ich möchte noch zu ein paar Details kommen. Herr Dr. Strasser, Sie haben jetzt die Impfschäden angesprochen. Frau Dr. von Laer hat Impfschäden versus Impfreaktionen und die Folgen der Erkrankung dargestellt. Herr Dr. Strasser! Würden Sie aus Ihrer Sicht bitte noch einmal dieses Nutzen-Risiko-Verhältnis, nämlich zwischen den Folgen einer Erkrankung und den Befürchtungen, die Sie in Richtung Impfschäden haben, skizzieren? Wenn Sie selbst impfen, müssten Sie ja eigentlich davon überzeugt sein, dass es da ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis gibt. Deswegen bitte ich um eine Einordnung Ihrerseits: Schweregrad der Erkrankungen, Impfschäden versus Folgen der Erkrankung.

Ich würde Sie auch bitten, den Themenbereich Long Covid noch einmal anzusprechen, die Auswirkungen und die Frage, inwieweit das durch eine Impfung gemildert werden kann.

Abseits der Debatte um die Impfpflicht wäre meine Frage: Was sind denn Beispiele, an denen zu sehen ist, was die anderen Staaten im Hinblick auf die Steigerung der Durchimpfungsrate besser machen? Frau Kollegin Schwarz hat es kurz angesprochen, wir reden jetzt bereits wieder über die Impfpflicht und wie es da im Herbst weitergehen soll. Die Frage ist: Was passiert gerade? Mein Kollege Silvan wird das noch skizzieren, er hat bereits auf Zahlen und Entwicklungen aufmerksam gemacht, die in alarmierender Art und Weise zeigen, dass wir dramatische Einbrüche im Bereich der Kinderimpfprogramme haben. Das sind die Folgeerscheinungen, die wir haben.

Deswegen kann die Politik jetzt nicht nur über die Impfpflicht diskutieren, sondern ist schon auch gefordert – und das war im Impfpflichtgesetz enthalten –, mit Informationen adäquat gegenzusteuern. Ich muss sagen, mit irgendwelchen sinnlosen Sprüchen daherzukommen: Impfen ist happy-peppy!, und nur Zeitungsinserate zu produzieren, das ist zu wenig. Herr Bundesminister! Da ist das Gesundheitsministerium schon auch gefordert, abseits von irgendwelchen Stehsätzen dafür zu sorgen, dass die Informationen entsprechend aufbereitet werden, dass die Leute in den unterschiedlichsten Telegram-Gruppen, in den Informationskanälen, die Ängste haben, die uns allen auch schreiben, adäquate Informationen in einer kompakten Art und Weise bekommen.

Einfach nur zu inserieren und zu hoffen, dass man mit irgendwelchen Sprüchen die Durchimpfungsrate steigern kann, das ist definitiv zu wenig, das wissen wir doch alle. Wir sind doch alle mit diesen Ängsten und Befürchtungen der Menschen konfrontiert. Mit solchen Inseraten allein wird es nicht funktionieren. Und da bitte ich die Expertinnen und den Experten, uns zu sagen, was wir denn schnellstmöglich aus anderen erfolgreichen Staaten nach Österreich bringen könnten, um diese Ängste offensiv aufzunehmen, um mit Transparenz dagegenzuhalten, denn die Kollateralschäden, wie sie Kollege Silvan dargestellt hat, sind wirklich dramatisch. Und da kann man jetzt nicht nur über die Impfpflicht diskutieren, ob die jetzt kommt oder nicht, sondern man müsste eigentlich heute bereits, abseits der Impfpflicht, handeln. – Vielen Dank.

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Initiatoren! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Expertinnen, sehr geehrter Experte! Mein Kollege Kucher hat es schon ausgeführt, vor dem Hintergrund der sehr emotional geführten Diskussion über die Maßnahmen gegen das Virus, über die Impfpflicht, die sich durch ganz Österreich gezogen hat, bis in die Familien und in die Betriebe hinein, ist natürlich der Umstand von großer Bedeutung – Frau Prof.in Druml hat es bereits angeführt –, dass die Kinder nur mehr mangelhaft gegen Kinderkrankheiten geimpft sind.

Frau Prof.in von Laer hat auch gesagt, dass das Ziel einer Impfung in erster Linie einmal der persönliche Schutz ist und in zweiter Linie die komplette beziehungsweise regionale Ausrottung einer Infektionskrankheit.

Sie, Herr Minister, haben mir dankenswerterweise vorige Woche die Antwort auf meine Anfrage zukommen lassen, und es war für mich sehr erschreckend, dass wir im Zuge der gesamten Diskussion über die Impfpflicht eigentlich Krankheiten vernachlässigt haben, von denen wir bereits geglaubt haben, dass diese ausgerottet sind. Sie haben mir dankenswerterweise die Zahlen geliefert, die zeigen, dass die Impfungen gegen Masern, Mumps und Röteln um fast 50 Prozent zurückgegangen sind, dass die Impfungen gegen Hepatitis B um fast 41 Prozent zurückgegangen sind, dass die Impfungen gegen Diphtherie, Tetanus um 32 Prozent zurückgegangen sind – und so weiter und so fort. Also wir haben eine sehr dramatische Situation bei den Impfungen.

Ich glaube, da wird Herr Prof. Dr. Strasser auch damit einverstanden sein, wenn man sagt, gegen diese Krankheiten gibt es Impfstoffe, die wirklich sehr gut wirken und mit denen diese Infektionskrankheiten effektiv bekämpft werden können.

Meine Frage an den Minister, an die Expertinnen und den Experten ist jene: Wie kann man diese generelle Impfskepsis und auch diese Wissenschaftsfeindlichkeit, die sich hier in diesem Land breitgemacht haben, bekämpfen? Ich möchte vielleicht gar nicht sagen, bekämpfen, sondern: Wie kann man erreichen, dass es wieder zu einer Versachlichung der Diskussion kommt und dass vor allem Mütter und Väter wieder darauf schauen, dass ihre Kinder vor diesen klassischen Kinderkrankheiten, von denen wir bereits geglaubt haben, sie ausgerottet zu haben, mittels Impfung geschützt werden? – Danke schön.

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Vorsitzender! Ein herzliches grüß Gott an alle! Bevor ich zu meinen Fragen an den Experten und die Expertinnen komme, einleitend zwei Statements meinerseits:

Erstens zur Anfragebeantwortung von der Frau Justizministerin folgende Feststellung: Gemäß österreichischem Straf- und Zivilrecht sind medizinische Behandlungen – und eine Impfung ist eine solche – nur mit Zustimmung der entscheidungsfähigen PatientInnen möglich. – Das ist die eine Aussage. Die zweite Feststellung meinerseits geht auch in Richtung der Expertin Frau Dr. Druml. Sie haben die positive Wirkung der Impfungen grundsätzlich gelobt. Der Unterschied zwischen den Impfungen und der Covid‑19-Schutzimpfung ist folgender: Die Covid‑19-Schutzimpfungen sind nur unter besonderen Bedingungen zugelassen – im Volksmund wird gesagt, das sind experimentelle Impfstoffe. Die Wirksamkeit und Sicherheit von Biontech/Pfizer wird erst bis Juli 2024 gegenüber der EMA bestätigt, und die Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffes von Moderna erst am 31. März 2024. Erst dann weiß man über die Wirksamkeit und die Sicherheit dieser Impfstoffe genau Bescheid. Bis dann sind sie unter besonderen Bedingungen zugelassen. – So.

Aufbauend darauf folgende Fragen an alle: Erfüllen die Covid‑19-Impfungen die besonderen Anforderungen für eine Impfpflicht, bei der die gesamte gesunde Bevölkerung geimpft wird?

Zweitens: Als Freiheitliche Partei haben wir immer einen Plan B eingefordert: statt zu impfen – unter diesen Voraussetzungen ja nicht möglich – sofort medizinisch zu behandeln. Was sagen Sie dazu?

Drittens: In Deutschland werden mittlerweile Kliniken für Impfschäden geöffnet. Erachten Sie das auch für Österreich als nützlich und sinnvoll?

Und viertens die Frage an alle: Man sagt, durch eine Impfpflicht und eine 90‑prozentige Durchimpfungsrate, die man erreichen will, hat man das Problem gelöst. Ist das unter diesen Voraussetzungen möglich? – Ich danke.

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): In aller Kürze: Frau Dr. Druml, ich habe eine Frage an Sie. Wenn Sie jetzt den Kollegen von der ersten Seite bei deren Ausführungen zugehört haben, bleiben Sie bei Ihrer Meinung, was die Solidarität betrifft? Denn wenn ich das jetzt einmal ganz klar festhalte, dann heißt das ja, dass Sie Solidarität so weit auslegen, dass durch die Impfpflichtgeschichte quasi junge Männer oder auch junge Frauen zu Tode kommen können, und das stufen Sie dann noch unter Solidarität ein. Wollen Sie diese Aussage der Bioethikkommission, dieses Impfpflichtgesetz zu unterstützen, mit den Tatsachen, die auch heute gefallen sind – die ja in Wahrheit schon länger bekannt sind –, noch aufrechterhalten? Wie weit geht Ihr Begriff der Solidarität in der Ethik, was also Gesunde betrifft, die sich aufgrund des Impfpflichtgesetzes impfen lassen müssen? – Danke.

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Proponenten des Volksbegehrens! Last, but not least: Sehr geehrte Damen und Herren Expertinnen und Experten! Als Erstes möchte ich mich bei Ihnen hier an dieser Stelle ausdrücklich bedanken: Sie machen das Ganze unentgeltlich, freiwillig und stehen uns hier beratend zur Seite. Das ist übrigens nicht das erste Mal, dass wir hier ein Impfpflichthearing machen, sondern es ist in der Zwischenzeit ja bereits das dritte Mal – auch daran möchte ich erinnern. Also das ist ein Thema, das uns jetzt schon seit sechs Monaten verfolgt, immer wieder mit verschiedenen Expertinnen und Experten mit auch durchaus verschiedenen Sichtweisen diskutiert wird, aber es wird eben immer von der Expertise aus der Wissenschaft, wie es so schön heißt, begleitet. Das sei nur einmal eingangs gesagt, damit wir das vielleicht auch hier einmal als Rahmen einfach definiert haben.

Ich möchte mit einer Frage an alle drei Experten und Expertinnen beginnen. Im Einleitungstext des Volksbegehrens steht Folgendes wortwörtlich: „Weder Corona (COVID‑19) noch andere Ereignisse rechtfertigen einen Zwang zu Impfungen.“ – Das bedeutet in meiner Welt, dass das eine generelle Ablehnung einer Impfpflicht ist. Was würde das angenommen bei einem Beispiel wie den Pocken bedeuten, gegen die wir ja von, wenn ich es jetzt richtig im Kopf habe, 1948 bis 1981 eine allgemeine Impfpflicht hatten? Was würde das in so einem Fall bedeuten? Welche Auswirkungen für das österreichische Gesundheitswesen würden Sie alle drei diesbezüglich eben sehen?

Weiters möchte ich an Frau Dr.in von Laer kurz eine Frage stellen: Wie oft hat sich aus Ihrer Sicht als Virologin, als Epidemiologin in den letzten zwei Jahren die Situation grundlegend verändert, also in der Pandemiebekämpfung, sodass man dann hat sagen müssen: Okay, hier gibt es neue Erkenntnisse, hier gibt es neue Herangehensweisen!, und wie wurde dem in der Pandemiebekämpfung dann eben auch immer wieder begegnet? Wurde das in diesen letzten zwei Jahren aufgenommen? Und – insbesondere in diesem Zusammenhang – wie schätzen Sie aus heutiger Sicht den Schutz von Genesenen nach durchgemachter Infektion ein? Gibt es in der Zwischenzeit ein sogenanntes definiertes Schutzkorrelat, gibt es in der Zwischenzeit einen Cut-off-Wert, was die Antikörperanzahl anbelangt, oder sind da die wissenschaftlichen Studien noch nicht eindeutig?

Des Weiteren würde mich – auch wiederum an alle drei Expertinnen und Experten gerichtet – Folgendes interessieren: Die österreichische Impfpflicht sieht ja eine begleitende Evaluierung der Situation vor, also spätestens alle drei Monate muss es diesen begleitenden Evaluierungsbericht geben. Wie sehen Sie, insbesondere Frau Dr.in Druml, die Frage ist aber natürlich auch an die beiden anderen gerichtet, diese Herangehensweise, dieses österreichische Modell? Wird das auch dieser großen Frage der Verhältnismäßigkeit, die ja immer im Raum steht, gerecht? Und wie sehen Sie auch die aktuellen Empfehlungen der Kommission, die ja momentan empfiehlt, die Impfpflicht auszusetzen?

Dezidiert an Frau Dr.in von Laer noch eine Frage. Ganz blöd gefragt: Wie funktioniert eine Impfung? Und insbesondere: Was ist das Besondere an einer Vektorimpfung und an einer MRNA-Impfung? Wie ist da die Funktionsweise? – Vielleicht können Sie das hier kurz ein bisschen skizzieren und umreißen, nämlich auch in dem Zusammenhang, dass ja gerade diesen beiden Impfstoffen in der öffentlichen Wahrnehmung, insbesondere von einschlägigen Kanälen – Kollege Kucher hat es eben erst als die Telegram-Chats bezeichnet – immer wieder etwas untergeschoben, untergejubelt wird, was aus meiner Sicht so eben nicht zulässig ist. Vielleicht könnten Sie da als Expertin eben kurz eine entsprechende Expertise abgeben.

Insbesondere in dem Zusammenhang noch eine Frage an alle drei Expertinnen und Experten: Österreich ist ein sehr impfkritisches Land, genauso wie Deutschland und die Schweiz. Es gibt ja durchaus verschiedene Zugänge dazu, warum das so ist. Mich würde Ihr Zugang dazu interessieren: Warum ist Österreich so derart impfkritisch? Warum gibt es in Österreich so wenige Menschen, die ihre Kinder – jetzt einmal ganz unabhängig von Covid – beispielsweise vor Masern und Co schützen? Und vor allem: Wo sehen Sie da den Ansatzpunkt für die Zukunft beziehungsweise was ist der Auftrag auch an uns als Politiker, dass wir dafür sorgen, dass Eltern diesen Schutz für Ihre Kinder wieder übernehmen, so wie das eben erst auch Kollege Silvan richtigerweise schon umrissen hat?

Ansonsten möchte ich noch eine Frage an Dr. Strasser stellen: Können Sie uns hier bitte den konkreten Unterschied zwischen einer Impfreaktion und einer Nebenwirkung erläutern, oder verwechseln Sie beide Begriffe gerne absichtlich miteinander?

In diesem Sinn: Danke.

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Experten und auch sehr geehrte Proponenten des Volksbegehrens! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wird immer wieder berichtet, dass wir am Übergang zu einer endemischen Phase sind und mittlerweile das Infektionsrisiko bei Geimpften und Ungeimpften vergleichbar ist. Jetzt ist meine Frage an Frau Dr.in von Laer: Wie kann man sich diesen Übergang in ein endemisches Stadium im Herbst vorstellen, und welche Vorbereitungen sind nötig, damit es nicht wieder zu einer Überlastung der Krankenhäuser kommt?

Sie haben weiters eine 1G-Regel angesprochen. Jetzt wissen Sie, dass wir eher lieber zu einer alten Normalität zurück wollen. Wenn wir da weitertesten sollen: Welche Tests denken Sie da an, Antigentests oder PCR-Tests, und in welchen Situationen?

An Frau Dr.in Druml sind folgende Fragen gerichtet: Also Sie haben über die Solidarität in der Gesellschaft gesprochen, auch über eine inklusive Gesellschaft, auf die Sie sehr stolz sind – wobei ich sage, da haben wir noch viel Nachholbedarf, wie ich, auch als Sprecherin für Menschen mit Behinderungen, meine, aber gut –, und auch über den Schutz der vulnerablen Gruppen. Wie bewerten Sie die Kommunikation über die Impfnebenwirkungen und die Kommunikation über die Nichtimpfbarkeit? Wenn man das Ministerium fragt, gibt es nämlich kaum solche vulnerablen Gruppen, die nicht impfbar sind. Was kann man da machen, um das Vertrauen der Bevölkerung bei diesem Thema wieder zu erhöhen? Und was bräuchte es, um die Bevölkerung bei dem Thema auch abseits der Impfpflicht – auf freiwilliger Basis – wieder zusammenzubringen und die Gräben irgendwie zuzuschütten?

An Dr. Strasser richte ich folgende Fragen: Sie haben die Daten aus Vorarlberg erwähnt und dass da im April alle Intensivpatienten vollimmunisiert waren. Mich interessiert, wie alt diese Patienten waren und welche Vorerkrankungen sie hatten. Und welchen Einfluss hat es auf Ihre Meinung, dass es jetzt Totimpfstoffe und inaktive Proteinimpfstoffe gibt und dass es bei Medikamenten neue Produkte und Behandlungsschemata gibt? Wie stehen Sie zu einer Motivation für alle Ungeimpften, sich mit Totimpfstoffen impfen zu lassen? – Danke.

Obmann Mag. Gerhard Kaniak erklärt im Anschluss, dass die erste Fragerunde der Fraktionen beendet sei und dass nun die erste Antwortrunde der Experten folge. Diese hätten für beide Antwortrunden je 12 Minuten zur Verfügung.

Erste Antwortrunde der ExpertInnen

Dr. Christiane Druml: Danke für die Fragen. Ich werde versuchen, sie alle zu beantworten und keine zu vergessen. Ich glaube, manche Antworten gehen auch ineinander über.

Die erste Frage ist natürlich eine ganz wesentliche: Was hat das Gesetz oder der Gesetzgeber da vorgesehen, um die Verhältnismäßigkeit dieses Gesetzes zu bewerten und regelmäßig zu evaluieren? – Dazu hat auch die Bioethikkommission – ich zitiere aus dieser Stellungnahme – einen kleinen Absatz gesagt. „Da sich die Datenlage allerdings ständig ändern kann, empfiehlt die Bioethikkommission, das Gesetz mit einem Mechanismus zu erlassen, welcher die Berücksichtigung der jeweils aktuellen Datenlage ermöglicht, um das Verhältnismäßigkeitsprinzip zuverlässig und dauerhaft zu wahren und zu überprüfen.“ Darüber hinaus muss die „gesetzliche Impfpflicht [...] zeitlich mit der Dauer der Pandemie begrenzt sein bzw. nach Wegfall der Verhältnismäßigkeit zurückgenommen werden“.

Wir sind derzeit in einer Phase sozusagen des Überganges. Was ich weiß, ist, dass diese auch nach den rechtlichen Standards zusammengesetzte Evaluierungskommission von zwei Naturwissenschaftern und zwei Juristen demnächst wieder einmal zusammentreten und sich die Datenlage anschauen wird, inwieweit die Impfung ihre größere Bedeutung – die sie jetzt, zur Zeit der Omikronvariante, nicht so hat – wiedererlangt. Das heißt also, dass demnächst eine derartige Stellungnahme kommen wird – ich glaube, Ende Mai, Anfang Juni.

Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass es so etwas gibt, auch die zeitliche Befristung. Insofern sehe ich, dass das Gesetz da alle Maßnahmen, die man berücksichtigen kann, auch berücksichtigt hat.

Darüber hinaus – ich bin ja auch Mitglied von Gecko –, kann ich berichten, und damit erzähle ich sicher kein Geheimnis, dass sich auch Gecko schon bemüht, die verschiedenen Szenarien für den Herbst, die ja auch mit der Verhältnismäßigkeit einhergehen, zu besprechen. Welche werden möglich sein? Welchen werden mit welchen Maßnahmen zu begegnen sein? Also das ist derzeit gleichfalls in Arbeit und das wird – wie auch die anderen Stellungnahmen von Gecko, die ja alle auf der Website des Bundeskanzleramts abzurufen sind – sicher transparent in die Öffentlichkeit getragen werden und dort auch sicher in den Medien Beachtung finden.

Ich bin nicht diejenige, die berufen ist, Gecko zu vertreten, aber ich glaube, es ist wichtig, auch hier in diesem Rahmen zu sagen, dass das stattfindet und dass sicher mit viel Bedacht und Obsorge und auf wissenschaftlicher Grundlage ein Szenario für den Herbst entworfen wird, betreffend den wir alle ja die Sorge haben, dass wir nicht wissen, ob Corona vorbei sein wird, welche Varianten es geben wird, wie wir als Gesellschaft betroffen sein werden. – Das muss klar geregelt werden.

Lassen Sie mich in den Anmerkungen, die ich mir aufgeschrieben habe, weitergehen. Natürlich ist eine Impfung nur mit Zustimmung möglich, und insofern ist ja auch das Impfpflichtgesetz kein Gesetz, das einen körperlichen Zwang bezüglich der Impfung ausübt. Insofern steht es jedem immer noch frei, das aus bestimmten Gründen abzulehnen, nur wird er halt dann von Sanktionen getroffen. Das ist etwas, was wir in einem Rechtsstaat ja auch erwarten – dass dann, wenn eine gesetzliche Verpflichtung nicht erfüllt wird, eine Sanktion getroffen wird –, aber es gibt sicher keinen körperlichen Zwang betreffend eine Impfung. Insofern finde ich es auch sehr unglücklich, wenn Impfpflicht und Impfzwang immer miteinander verwoben werden, weil das eine etwas anderes ist als das andere.

Ich wurde auch in Bezug auf die Solidarität gefragt, und ich habe das als eine etwas – wie soll man sagen? – unglückliche Formulierung gesehen, dass man gesunde junge Männer im Rahmen der Solidarität sterben lässt. Ich glaube, ein derartiger Satz muss abgelehnt werden. Die Grundlage für die Impfung und für die Impfpflicht ist, wie mehrfach betont, eine gesetzliche Grundlage, und diese gesetzliche Grundlage kann nur auf Basis der medizinischen und wissenschaftlichen Grundlagen passieren. Insofern ist ja auch dieses Gremium vorhanden, das das regelmäßig evaluieren muss, und insofern werden wir ja sehen, wie es hier mit der Impfpflicht weitergeht. Es ist wie gesagt die begleitende Evaluierung vorhanden.

Warum es in Österreich eine derartige Impfskepsis gibt, darüber gibt es viele auch wissenschaftliche Publikationen. Denken wir nur daran, dass Andreas Hofer der erste Impfskeptiker war, der den Bayern, die schon damals, 1806, eine Impfpflicht hatten, entgegengetreten ist und insofern hier als Volksheld natürlich immer noch eine gewisse Aufnahme in der Literatur hat.

Ich glaube, wir haben ein Problem mit dem mangelnden Wissenschaftsverständnis. Vielleicht sollte man da auch noch etwas nachschärfen, dass die Menschen sicher sein können, welche der Informationen, die sie bekommen, auch wissenschaftlich begründet sind.

Wir als Bioethikkommission haben damals, im Jahr 2015, vom Staat auch die Umsetzung von acht Maßnahmen gefordert, die in Bezug auf die Masernimpfung – und überhaupt auf diese Kinderimpfungen – umgesetzt werden sollen: Datenerhebung, Surveillance, Daten auch transparent nach außen zu geben, das Schulimpfprogramm auf gute gesetzliche Grundlagen zu stellen, die ganze Impfsituation auch in die Curricula aufzunehmen und viele andere mehr. Dadurch, dass wir das jahrelang als gegeben angesehen haben, ist das vielleicht ein bisschen schlampiger gehandhabt worden oder weniger im Fokus gestanden.

Ich glaube, dass diese acht Grundlagen aus dem Jahr 2015 immer noch aktuell sind – und hoffe, dass ich jetzt im ersten Durchgang nichts vergessen habe. – Danke sehr.

Univ.-Doz. Dr. Hannes Strasser, MSc: Zu den Fragen, die ich mir notiert habe: Ja, ich bin Impfarzt. Ich bin selbst geimpft und habe auch geimpft, bin aber aufgrund der Daten, die Tag für Tag, Woche für Woche neu hereinkommen, mittlerweile viel vorsichtiger und skeptischer geworden.

Wenn ein Patient zu mir zur Impfung kommt, dann untersuche ich ihn einmal, mache eine Anamnese und kläre vor allem die Risikofaktoren ab: Wie alt ist der Patient? Hat er Vorerkrankungen? Hat er Risikofaktoren? Warum will er die Impfung? Ist es die erste, die zweite, die dritte, die vierte Impfung und so weiter? – Das heißt, ich schaue mir das genau an, und wenn ich als Arzt der Meinung bin, dass das Risiko für den Patienten durch die Impfung zu hoch ist, kann ich sie auch einmal ablehnen. Im Impfgesetz und in der Impfpflichtverordnung stehen ja dezidiert Risikofaktoren drinnen, ich meine, das ist ja mittlerweile gesetzlich gedeckt!

Wenn ich die EMA-Datenbank durchschaue, und ich weiß, dass jemand mit dieser Vorerkrankung ein erhöhtes Risiko hat, dann sage ich das dem Patienten und dann kann ich ihn auch durchaus einmal ablehnen. Ich habe es schon abgelehnt, Patienten zu impfen, weil ich gesagt habe, ich übernehme als Arzt das Risiko nicht, weil ich weiß, dass durch eine Impfung schwere Impfreaktionen entstehen können. Ich lasse jeden Patienten bei mir auf dem Aufklärungsbogen unterschreiben, dass er eventuell auch sterben kann.

Das ist so; da kann man diskutieren, was man will. Keine Behandlung, keine Impfung ist ohne Risiko, und das kann passieren. Wenn ich mir die Datenbanken anschaue, dann erkenne ich, es gibt leider viele Impfnebenwirkungen und immer wieder mehr.

Ich kann nur den Satz aus „Science“, August 2021, wiederholen: Die Impfung wirkt nicht gut genug. – Es ist einfach so. Wir hätten uns alle gewünscht – ich auch und die Ärzte sowieso –, dass das eine Impfung ist, die toll wirkt, durch die alle geschützt sind und das Problem gelöst wäre. Es wäre toll, wenn es so wäre, aber leider ist es nicht so.

Zum Schutz des Gesundheitssystems, der Überlastung kann ich als Arzt Ihnen nur eines berichten: Ich erlebe heuer seit Jänner, dass das Gesundheitssystem massiv überlastet ist, aber nicht durch die Coronakranken, sondern dadurch, dass verdammt vielen Ärzte und Krankenschwestern trotz Dreifachimpfung krank waren und nicht arbeiten konnten. Ich habe wochenlang bei mir in der Ordination keinen Operationstermin für meine Patienten bekommen, weil mir alle Krankenhäuser gesagt haben, sie müssen alle Operationen verschieben, weil sie keine Ärzte und Schwestern mehr haben.

Das heißt, das ist das Problem und das ist auch der Grund dafür, warum es in der Ärzteschaft zu einem Umdenken kommt: Man hat ja lange gehofft und geglaubt, dass die Impfung vor der Überlastung, vor Infektionen, vor schweren Verläufen schützt, aber die Ärzte und Krankenschwestern haben in den letzten Monaten am eigenen Leib gespürt, dass dem leider nicht so ist – leider.

Was waren die Gründe, dass Österreich schlechter durch die Pandemie gekommen ist als Schweden? Ich möchte schon eines betonen: Nach der jetzigen Nachmeldung der 3 500 Coronatoten hat Österreich, obwohl es weniger Bevölkerung als Schweden hat, obwohl alle Maßnahmen gemacht wurden, während Schweden keine Lockdowns, keine Verpflichtungen gemacht hat, mehr Tote als Schweden. Das muss man mittlerweile feststellen, das ist so.

Aus meiner Sicht bestehen zwei Gründe für den schlechteren Verlauf der Pandemie in Österreich als in vielen anderen Ländern: Erstens gibt es einmal ein gewisses Chaos, das muss ich als Arzt feststellen, das fängt bei der Datenerfassung an. Ich bin zu Vorarlberg gefragt worden, wie alt die Patienten, die auf der Intensivstation lagen, waren, welche Risikofaktoren sie gehabt haben, welche Impfungen sie gehabt haben. Es wäre toll, wenn wir die Daten hätten. Wir hätten jetzt seit zweieinhalb Jahren die Daten erheben können, das haben wir aber nie gemacht. Uns fehlen ganz entscheidende, basale Daten. Wir haben es – auf gut Deutsch gesagt – nicht einmal geschafft, die Zahl der Toten vernünftig zu zählen. Nicht einmal das ist derzeit noch gesichert. – Das ist das Erste.

Zweitens: Meiner Einschätzung nach und nach Einschätzung vieler meiner Ärztekollegen war es ein Grundfehler, dass man in Österreich Parallelstrukturen aufgebaut hat. Man hat alles Mögliche an Zentren gemacht et cetera. Man hat eigentlich die gewachsenen Strukturen, die Ordinationen, die Ärzte, die Niedergelassenen, die Krankenhäuser, die es gibt, die vorhanden sind, übergangen, nicht ausgenützt und irgendwelche Sachen gemacht. Man hat also das gemacht, was man als Chirurg nie macht: Man hat sein Schema, sein gewohntes Maß umgangen und hat irgendetwas Neues gemacht – und das ist in der Medizin immer gefährlich. Als Chirurg wissen Sie eines: Sie operieren jeden Menschen immer gleich, wie Sie es gelernt haben, denn sobald Sie irgendetwas ändern, zum Herumexperimentieren anfangen, ist das Risiko, dass etwas schiefgeht, höher.

Der dritte Fehler – und das war meiner Meinung nach der größte Fehler, der in der Pandemiebekämpfung passiert ist –: Wir haben die Leute getestet wie die Wahnsinnigen, wir haben sie isoliert, wir haben sie in Quarantäne geschickt und dann haben wir sie alleingelassen. Der Großteil der Leute, die getestet worden sind und in Quarantäne waren, haben die ganze Zeit keinen Arzt gesehen, sind nicht betreut worden. Das Einzige, was passiert ist, war, dass man ab und zu einen Polizisten vorbeigeschickt hat, nachzuschauen, ob der wirklich in Quarantäne ist. Man hat die Leute also wochenlang alleingelassen und abgewartet, ob es ihnen schlechter geht, ob sie sterben, ins Krankenhaus müssen oder gesund werden. Das war der ganz grundlegende Fehler: Man hätte die Leute wie in anderen Ländern viel früher, frühzeitig ärztlich betreuen müssen, behandeln müssen, aufklären müssen, medikamentös behandeln müssen. Das ist, glaube ich, für Sie, Herr Gesundheitsminister, der entscheidende Schritt für den nächsten Herbst, für die nächste Welle: Wir müssen die Leute frühzeitig ärztlich und medikamentös behandeln, um zu verhindern, dass die Leute alle krank werden und ins Krankenhaus müssen und sterben. Man hätte sich in Österreich viele, viele Tausende Tote sparen können, wenn man das gemacht hätte. Das war meiner Meinung nach der grundlegende Fehler. Ich bin mit dieser Meinung als Arzt mittlerweile bei Weitem nicht mehr allein.

Frage zu Impfschäden, Impfreaktionen: Glauben Sie mir, ich kenne den Unterschied! Eine Impfreaktion ist nichts Besonderes, da tut der Arm halt einmal weh, er ist halt gerötet. Ich habe Ihnen aber von den Daten aus der Datenbank berichtet: Fast 3 000 Herztote wurden nur nach der Impfung Biontech/Pfizer gemeldet. Ich rede nicht über ein bissel Jucken, ein bissel Weh, ein bissel Fieber, ich rede darüber, was Leuten passiert, ich rede darüber, dass ich mit Kolleginnen und Kollegen – auch in der Ärztekammer – rede und mir die Leute und Patienten immer mehr berichten, was sie alles sehen. Es gibt Leute, die gehen eine Skitour und fallen auf einmal tot um. Es gibt junge Sportler, die auf einmal mitten im Sport, beim Training umfallen und reanimiert werden müssen. Es gibt Leute mit Schlaganfällen, mit Lähmungen, mit Herzinfarkten und allem.

Ich habe vor einer Woche einen Patienten gehabt, der in einem Bestattungsinstitut arbeitet. Er hat mir berichtet, dass sie noch nie so viele Begräbnisse wie derzeit hatten, und zwar ganz auffallend Leute zwischen 50 und 70 Jahren, die auf einmal ganz massive Herzprobleme, Schlaganfälle et cetera hatten. Das ist also das, was wir beobachten und was sich sehr gut mit dem deckt, was ich aus anderen Datenbanken, aus anderen Zahlen schließe.

Wir müssen daher tun – Sie haben gefragt, wie man damit umgehen soll –, womit man in Deutschland schon anfängt: Die Uniklinik Marburg hat jetzt die erste Spezialambulanz für Patienten mit Nebenwirkungen nach der Coronaimpfung gegründet; die Uniklinik Marburg fängt jetzt an. Es fangen die Unikliniken, die Krankenhäuser oder auch Ordinationen an, das zu machen. Es gibt da zum Beispiel eine Rheumapraxis in Heidelberg: „Spezialsprechstunde für Post-COVID und COVID-Impfung assoziierte Erkrankungen“.

Wir sehen als Ärzte die Erkrankungen, die Probleme und wir müssen jetzt damit umgehen. Wir fangen jetzt langsam an, uns zu organisieren. Als Kammerrat der Ärztekammer ist für mich eben einer der wesentlichen Punkte, die wir jetzt angehen wollen, dass wir uns darauf vorbereiten. Wir müssen da schauen, dass wir die Leute nicht wieder im Stich lassen, sondern wirklich behandeln, und schauen, dass sie optimal versorgt werden, und zwar sowohl die Long-Covid-Patienten, denn es gibt viele Leute, die nach Corona Probleme haben, als auch jene Leute – auch da gibt es viele –, die nach Impfungen Probleme haben. Beides darf man nicht negieren, beides darf man nicht tabuisieren, beides muss man ansprechen.

Frage: Haben die Coronaimpfungen die Mindestanforderungen für eine Impfpflicht erfüllt? – Meiner Meinung nach aufgrund der Daten nicht, und mit dieser Meinung bin ich als Wissenschaftler, als Arzt bei Weitem nicht mehr der Einzige. Das hat ja unter anderem auch dazu geführt, dass in Deutschland die Impfpflicht, wie wir wissen, im Bundestag mit deutlicher Mehrheit abgelehnt wurde.

Ganz wichtig: die Medikamente. Es gibt jetzt seit vier Wochen ein Medikament in Österreich, Paxlovid, das für Corona, für Covid-19 zugelassen ist. Ich weiß – ich rede mit Apothekern –, es wird kaum verschrieben. Das heißt, es gibt momentan eine Welle mit Zigtausenden Infizierten, Coronaerkrankten jeden Tag, aber kein Mensch gibt den Leuten das Medikament. Das ist genau das Problem, das ich angesprochen habe. Wir hätten Medikamente, wir könnten etwas tun, wir haben Ärzte, aber niemand sagt den Ärzten und den Patienten: Lasst euch behandeln, macht etwas! – Das ist wichtig, denn wenn man die Leute frühzeitig medikamentös behandeln würde, könnte man viel vermeiden und viel Überlastung verhindern.

Impfzwang, weil Sie das angesprochen haben: Wann ist ein Impfzwang (Ruf bei der ÖVP: Pflicht!), eine Impfpflicht gerechtfertigt? Meiner Meinung nach ist eine Impfpflicht dann gerechtfertigt – ich sage es jetzt einmal ganz überspitzt tirolerisch –, wenn die Hüttn brennt. Wenn also zum Beispiel demnächst eine Ebolaepidemie ausbrechen würde, eine Ebolavariante durchs Land rauscht, wodurch 50 Prozent der Infizierten sterben würden, dann würde man überhaupt nicht diskutieren, dann würde man auch gar nicht warten, sondern da würde man schauen, dass man so schnell wie möglich alle impft, um zu retten.

Das Problem ist Omikron: Die Sterblichkeit lag beim Covid-19-Virus – 2020 schon von John Ioannidis publiziert – bei 0,15 bis 0,20 Prozent der Gesamtbevölkerung. Bei Omikron ist das jetzt noch einmal um den Faktor zehn bis 20 heruntergegangen. Ich zitiere da jetzt gerne meinen Kollegen, den Tiroler Ärztekammerpräsidenten Dr. Stefan Kastner, der vor vier Tagen gesagt hat: Ich plädiere „jedenfalls dafür mit dem Coronavirus in Zukunft wie mit einer Grippe umzugehen, sollten keine aggressiven Varianten mehr auftreten“. – Also mit anderen Worten: Es beginnt sich langsam durchzusetzen, dass das Coronavirus eben nicht Ebola ist und dass es nicht so schlimm ist. Ich wüsste nicht, dass irgendjemand die letzten 70 Jahre auf die Idee gekommen wäre, bei der Grippe eine Impfpflicht verlangen zu wollen, aber vielleicht kommt das auch noch.

Dr. Dorothee von Laer: Gut, ich versuche, diese Fragen zügig durchzugehen.

Das Impfgesetz macht auf jeden Fall Sinn. Es erlaubt ja, flexibel auf die jeweilige Situation zu reagieren, also dass man in Extremfällen dann eben eine Impfpflicht macht, wenn die Hütte brennt, was man auch immer darunter versteht, oder sie eben auch in dem Moment, wenn man sieht, es ist nicht notwendig, aussetzt.

Die Impfung schützt vor Long Covid – das kristallisiert sich immer mehr heraus, das war ja lange noch diskrepant –, allerdings nur so um die 50 Prozent. Es gibt also eine 50-prozentige Verminderung der Wahrscheinlichkeit. Aber immerhin: Wenn man in Zukunft 50 Prozent weniger Menschen hat, die man langfristig medizinisch betreuen muss, ist das schon etwas.

Ja, ich bin für die Impfpflicht ab 60, wenn wir es in den nächsten Wochen nicht auf irgendeine andere Art schaffen, diese Impflücke in dieser Altersgruppe zu schließen. Da, meine ich, müsste sich die Politik jetzt darauf konzentrieren, vielleicht über die Hausärzte zu gehen. Die wissen, wer ihre vulnerablen Patienten sind. Es sind ja nicht nur die über 60‑Jährigen, sondern es sind auch die Diabetiker, die Übergewichtigen und andere Leute, die jetzt unbedingt noch geimpft werden müssen, wenn sie noch nicht geimpft waren. Da, meine ich, muss man sich jetzt intensiv darauf konzentrieren, dass diese Menschen einen Schutz haben.

Es ging ja auch darum, warum manche Länder besser oder schlechter durch die Pandemie gekommen sind. Deutschland und Österreich zeichnen sich insbesondere durch eine hohe Impflücke bei den Alten aus. Selbst in England, wo die Durchimpfung gar nicht so hoch ist, haben die bei den über 60‑Jährigen eben doch eine Durchimpfungsrate von 90 Prozent. Die meisten anderen europäischen Länder haben eine Durchimpfungsrate von weit über 90 Prozent. Wir liegen in bestimmten Altersgruppen über 60 aber nur bei 85 Prozent – und das ist sicherlich zu wenig. Da müssen wir etwas tun. Da muss man die Impfkampagnen aus meiner Sicht darauf konzentrieren, dass man in diesen Altersgruppen einen höheren Schutz erreicht.

Zu der Wissenschaftsfreundlichkeit oder ‑feindlichkeit in Deutschland und Österreich kann ich leider auch nichts sagen. Ich bin kein Soziologe. Die Studien, die verglichen haben, warum Länder besser oder schlechter durchkommen, haben aber gefunden, dass das Vertrauen in die öffentlichen Institutionen in den Ländern, die gut durchgekommen sind, höher ist. Die skandinavischen Länder sind ja sehr sozial. Der Mensch hat ein Grundvertrauen dahin gehend, dass der Staat schon für ihn sorgt. Das ist wohl in weiter südlichen Ländern dann nicht so gut ausgeprägt. Es gibt auch keine große Impfgegnerbewegung, keine Coronaleugnerbewegung in Finnland. Das sind alles Dinge, die natürlich eine positive Einstellung gegenüber den staatlichen Institutionen sozusagen mit sich bringen. Dadurch halten sich die Menschen einfach auch besser an die Regeln und verhindern das dann eben auch.

Natürlich gibt es auch viele andere Faktoren, wie zum Beispiel die Digitalisierung, die in diesen Ländern viel besser ist. In Bezug auf Homeoffice und Homeschooling gab es am Anfang der Pandemie in Finnland bei Weitem nicht so Riesenhürden, wie sie jetzt zum Beispiel in Österreich und Deutschland da waren. Beide Länder haben da, glaube ich, noch ein bisschen Nachholbedarf, was die Digitalisierung in manchen Bereichen anbetrifft.

Ich bin froh, dass wir jetzt, glaube ich, alle einig sind, dass man eben, wenn die Hütte brennt, eine allgemeine Impfpflicht durchaus rechtfertigen kann. Wenn die Russen jetzt also im Zuge der politischen Lage meinen, ihr eingefrorenes Pockenvirus zu aktivieren, dann wird sich, glaube ich, niemand gegen eine Impfpflicht wehren wollen. Ich glaube, so eine generelle Ablehnung ist vielleicht ein bisschen viel des Guten in diesem Volksbegehren gewesen oder konnte missverstanden werden. Ich glaube, darüber muss man nicht diskutieren.

Ich glaube, auf die grundlegenden Änderungen, die wir in der Pandemie gehabt haben, ist immer sehr gut und sehr schnell reagiert worden. Ganz klar: Wir waren zum Beispiel ganz früh dabei, dass man FFP2-Masken genommen hat, die ja eindeutig besser schützen, während man in vielen anderen Ländern ja noch mit diesen Lappen vor den Mündern rumläuft, die nicht viel bringen. Das war also wirklich gut. Wir haben sehr schnell die Testsysteme aufgebaut und haben da wirklich sehr schnell agiert. Man hat sich dann auch immer relativ rasch eben doch für bedingte oder volle Lockdowns entschieden.

Es ist natürlich nicht alles gut gelaufen. Die Deltawelle im Herbst war im europäischen Vergleich rekordverdächtig. Die hätte man etwas früher brechen können. Man hat sich aus meiner Sicht doch ein bisschen spät dann für diesen Lockdown entschieden. Wenn ich sagen darf, was man vielleicht hätte besser machen können: Das wäre das vorausschauende Planen, das strategische Planen für die Zukunft. Da kann man vielleicht jetzt in Zukunft auch bezüglich des Herbstes aus den letzten Jahren lernen, dass man nicht sagt: Oh, es ist Oktober, jetzt haben wir wieder Corona, Überraschung!, sondern dass man sich dazu vorher etwas überlegt.

Wir haben ja jetzt den Übergang in die endemische Phase. Das heißt, dass im Idealfall die Menschen eine gute Immunität auf der Basis einer Impfung aufbauen. Das heißt, dass sie sich mit einem deutlich geringeren Risiko jetzt wahrscheinlich doch wieder infizieren werden, auch die Geimpften. Es zeigt sich aber, dass diese sogenannten hybridimmunen Personen, das heißt jene, die geimpft plus genesen sind, eine breite und sehr belastbare Immunität haben und kaum zum Pandemiegeschehen beitragen. Sowohl die nur Genesenen als auch die nur Geimpften sind leider nicht so gut geschützt. Diese Mischung wird es aber auf die Dauer machen. Wir müssen also auf die Dauer immer wieder einmal die Impfung auffrischen, es wird aber auch immer wieder Wellen durch die Bevölkerung geben, die dann aber nicht mehr so bedrohlich sind, wie sie bisher waren, bis wir einen Zustand erreicht haben, dass ein Großteil der Bevölkerung eben diese gemischte Immunität aus Impfung und aus einer Infektion hat.

Es gibt tatsächlich inzwischen ein ganz klares Korrelat für den Schutz, das sind die Antikörper. Es ist allerdings nicht so, dass es einen Schwellenwert gibt, danach wurde ja gefragt, sondern auch unsere neuere Studie, die jetzt in press ist, macht das noch einmal deutlich. Es ist eine direkte Korrelation: Je mehr, desto besser, also je mehr Antikörper man hat, desto mehr ist man geschützt. Es ist nicht so, dass man ab 300 BAU geschützt ist. Es ist ja bei anderen Viren so, dass wir da immer so einen netten Schwellenwert haben. Das können wir nicht sagen. Es ist aber sicherlich so, dass ein guter Antikörpertiter als Zugangsberechtigung in der Zukunft durchaus Sinn machen würde, wenn das logistisch machbar wäre. Wenn man da einen gewissen Schwellenwert von 1 000 BAU ansetzt, könnte das Sinn machen, wenn das politisch und logistisch machbar ist. Ich spreche jetzt nur als Virologin.

Ganz zum Schluss die 1G-Regel: Ich habe mich ja im Gegensatz zu vielen anderen Kollegen immer auch für den Antigentest starkgemacht. Natürlich ist der PCR-Test viel sensitiver, aber das Ergebnis hat man oft erst nach 24 Stunden – in Wien ist das ganz gut, da hat man es oft schon am Abend –, es dauert also eben einfach länger. Das Ergebnis des Antigentests hat man sofort. Das heißt, der eine ist sensitiver, der andere ist dafür schneller ausgewertet und damit bildet er die aktuelle Situation ab. Ich weiß jetzt nicht unbedingt, warum man den PCR-Test so als das allein sozusagen Seligmachende ansieht. Ich denke, Antigentests sind preiswerter, von der Logistik her einfacher durchzuführen. Vermehrt wieder Antigentests einzuführen, wenn man Zugangsbeschränkungen hat, halte ich für absolut sinnvoll und zu rechtfertigen.

Es ist für mich ja nun völlig klar, dass man weiterhin für Altersheime, für Krankenhäuser et cetera, wo Menschen sind, die besonders gefährdet sind, Zugangstest verlangt. Inwieweit man sie auch darüber hinaus verlangt, das ist eine politische Entscheidung, das ist ein gesellschaftlicher Diskurs, das kann ich nicht sagen. Es verhindert aber sicherlich Infektionen im öffentlichen Raum, wenn man für diese öffentlichen Räume eine Zugangsbeschränkung durch Testungen macht. Wie gesagt muss das in einem gesellschaftlichen Diskurs entschieden werden. Eindeutig scheint mir das eben nur für Altersheime, Krankenhäuser et cetera zu sein.

Zweite Fragerunde der Abgeordneten

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Soweit habe ich keine Fragen mehr. Nur noch an Dr. Strasser: Ich würde Sie bitten, wenn Sie so Referenzwerte von Vorarlberg hernehmen, dass Sie das nur dann tun, wenn Sie wirklich umfassende Informationen haben, denn sonst ist das nicht wirklich relevant, sage ich einmal. – Danke.

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Expertinnen und Experten! Sehr geehrte Proponenten! Ich habe noch zwei kurze Fragen. Die eine richtet sich insbesondere an Frau Dr.in von Laer: Können Sie vielleicht noch ein bisschen ausführen, wie sich eben hohe Durchimpfungsraten bei verschiedenen Krankheiten international auswirken? Ich denke da jetzt zum Beispiel an HPV in den Niederlanden, Gebärmutterhalskrebs ist ja dort de facto eben aufgrund einer hohen Durchimpfungsrate schon ausgerottet. Vielleicht könnten Sie da ein paar Beispiele bringen, warum eben hohe Durchimpfungsraten durchaus sinnvoll sind.

Die zweite Frage ist allgemein wiederum an alle drei Expertinnen und Experten gerichtet: Im Einleitungstext des Volksbegehrens steht der Satz: „Meine Gesundheit, mein Recht – Impfpflicht NEIN!“ – Aus meiner Sicht impliziert das indirekt, dass eine Impfung per se etwas Gesundheitsschädigendes ist. Wie stehen Sie zu dieser Aussage und wie sehen Sie diese Aussage? – Ansonsten keine weitere Frage.

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Frauen sind überproportional von den Nebenwirkungen der Covid-Impfung betroffen. Gibt es Studien, wissenschaftliche Grundlagen, die belegen, dass es zu keinen Spätfolgen für Mütter kommt, und sind langfristige Folgen für die Neugeborenen bis ins Erwachsenenalter wirklich auszuschließen? Ist das irgendwo belegbar?

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Ich verweise noch einmal auf die Fragen, die seitens der Proponenten an Sie und an die Experten gerichtet wurden, die also auch uns bekannt sind, und ich bitte auch wirklich, auf diese Fragen einmal einzugehen und diese Fragen zu beantworten.

Frau Dr. Druml, Sie sind ja auch Mitglied der Gecko, Sie sind Mitglied oder Vorsitzende der Ethikkommission. Was sagen Sie – und ich möchte auf diese Frage jetzt wirklich eine Antwort, weil keine meiner Fragen beantwortet wurde – zum Auftritt von Herrn Striedinger im Tarnanzug, um Covid-19-Impfungen zu rechtfertigen? Ist das notwendig? Ist das aus ethischer Sicht tatsächlich zu rechtfertigen?

Bedauerlicherweise werden Impfungen, die in der Vergangenheit gut gewirkt haben – wie jene gegen Pocken und so weiter –, die aber getestet waren, zu denen es fertige Studien gegeben hat, die nicht – unter Anführungszeichen – „notfallzugelassen“ waren und auch nicht, so wie die Covid-19-Impfungen, unter besonderen Bedingungen zugelassen sind, immer mit der Covid-19-Impfung verglichen. Wieso vergleichen Sie diese Impfungen immer mit der Covid-19-Impfung, die unter besonderen Bedingungen zugelassen wurde, wobei – und ich wiederhole meine Frage an Sie – die Wirksamkeit und die Sicherheit der Impfung bei Biontech/Pfizer erst mit 31. Dezember 2023 oder Juli 2024 und bei Moderna erst am 31. März 2024 gegenüber der EMA überhaupt dokumentiert wird?

Sie vermischen hier Äpfel mit Birnen! Wieso machen Sie das? Sie können nicht den Vergleich herstellen und sagen, die Impfungen sind alle so super, weil die Pockenimpfung geholfen hat, weil die Tetanusimpfung geholfen hat. Das sind über lange Jahre erprobte, zugelassene Impfungen – und Sie vermischen das mit der nur unter besonderen Bedingungen zugelassenen Impfung. Wieso machen Sie das? Darauf möchte ich wirklich eine Antwort, weil es wichtig ist, das auch in der Öffentlichkeit einmal festzustellen und klarzustellen.

Frau Prof. von Laer, ich bedanke mich für Ihre klaren Aussagen. Sie sagen, dass eine Impfpflicht ab 60 aus derzeitiger Sicht für Sie argumentierbar ist. Ich habe hier offiziell die Covid-19-Todesfälle nach Altersgruppen, Stand 20. April 2022 – also ohne die 3 500 Todesfälle, die nachgereicht wurden –, und wenn man sich diese Statistik anschaut, dann sieht man, dass in Summe – ohne Differenzierung, ob mit oder an Corona verstorben, das muss man sagen, und wir wissen, was das bedeutet – bis 20. April 12 783 Todesfälle verzeichnet wurden und in der Altersgruppe von 0 bis 64 – zusammengezählt, kumulativ – 1 831, das sind 14,3 Prozent.

Das heißt, es ist aus unserer und auch aus meiner Sicht überhaupt nicht zu rechtfertigen, dass man Personen, überhaupt bis zu einer bestimmten Altersgruppe, zwangsimpft. Das geht nicht! Die Zahlen geben das überhaupt nicht her!

In der Kürze der Zeit nun noch zum Vergleich zwischen Europa und Afrika – ich habe diesen im Parlament immer wieder dargestellt –: Sie wissen, Afrika hat kein Problem, obwohl die WHO vor einem Jahr gesagt hat: Um Gottes willen, wenn Covid-19 nach Afrika kommt, dann ist das das Totengrab der Welt! – Das, bitte, war die Feststellung der WHO, aber es gibt dort kein Problem. Ich habe jüngst die Zahlen von Burundi ausgehoben: 22,23 Millionen Einwohner, vollständig geimpft sind 0,075 Prozent, kumulativ gab es bisher 38 Todesfälle. Man vergleiche dies mit Dänemark – das bei uns im Parlament immer als das Musterland dargestellt wurde –, wo trotz höchster Impfquoten die Zahlen der Infektionen und auch der Todesfälle explodieren.

Wieso negieren Sie diese Erkenntnis, dass Afrika ohne Impfungen bestens durch die sogenannte Pandemie kommt?

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Geschätzte Experten! Werte Proponenten! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit drei Feststellungen beginnen.

Die erste ist: Ich finde es wichtig, dass wir Volksbegehren haben, und ich finde es wichtig, dass Volksbegehren initiiert werden. Das sind Zeichen der parlamentarischen Demokratie und der direkten Demokratie – für diese stehen wir natürlich –, und das zeugt auch von dem Respekt und der Wertschätzung, die der Bevölkerung entgegengebracht werden.

Der zweite Punkt ist: Ich stelle fest, dass Impfen Leben rettet. Das ist auch heute gesagt worden. Mit dieser Feststellung möchte ich dann auch meine Fragen beginnen.

Und der dritte Punkt, den ich festhalten möchte, ist: Die Impfpflicht ist sicher die Ultima Ratio. Wir sind grundsätzlich, so wie es auch Kollege Kucher schon gesagt hat, nicht für diese Impfpflicht. Wenn es aber zur Ultima Ratio kommt – so wie es auch von Ihnen, Frau Prof. Druml, angesprochen worden ist –, ist man gezwungen, diese anzunehmen. Ich bin genauso wie auch Kollege Kucher überrascht gewesen, dass die PR-Maßnahmen letztes Jahr eigentlich vordergründig waren und deshalb auch von gewissen Teilen der Regierungsfraktionen überstrapaziert wurden und wir im Endeffekt nur mehr über diese Ultima-Ratio-Maßnahme sprechen konnten.

Daran anknüpfend jetzt meine Fragen: Frau Prof. Druml, ist Ihrer Meinung nach die Ultima Ratio weiterhin gegenständlich, oder würden Sie meinen, dass aufgrund der Entwicklungen der Pandemie in Österreich diese Ultima Ratio – der letzte Ausweg – nicht mehr gegeben ist, wenn es um die Impfpflicht geht?

Eine weitere Frage würde ich an Frau Prof. von Laer stellen, und zwar hinsichtlich ihrer Aussage, dass 90 Prozent über 60 Jahre alt waren, wenn es um Hospitalisierungen und um Todesopfer geht. Meine Frage ist: Sollten wir die allgemeine Impfpflicht aufgrund Ihrer Erkenntnisse und Darstellungen auf bestimmte Berufsgruppen und auf bestimmte Bevölkerungsgruppen einschränken?

Ein dritter Punkt, zu dem immer wieder Fragen gestellt werden, ist, inwieweit die Impfungen Auswirkungen auf Kinder haben. Meine Frage ist: Sollen – aus Ihrer Sicht aufgrund Ihrer Expertise – Kinder bis zu sechs Jahren geimpft werden? Und wie sieht es mit den Erfahrungen bei Kindern von sechs bis zwölf Jahren aus? Diese Frage stellt sich momentan auch immer wieder.

Eine letzte, persönliche Frage: Sie haben gesagt, die beste Form wäre mehrfach geimpft plus genesen. Wie schaut es da aus mit der Omikronvariante? Kann man diese Variante trotz dieser Konstellation – Mehrfachimpfung plus Genesung – mehrfach bekommen, beziehungsweise kann diese Virusvariante mehrfach auftreten? – Danke sehr.

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Herr Vorsitzender! Herr Bundesminister! Geschätzte ExpertInnen! Geschätzte Proponenten des Volksbegehrens! Zuerst möchte ich zu den Zahlen, die genannt worden sind, noch ein bisschen was ergänzen:

Betrachtet man die europäischen Länder im Hinblick auf die Entwicklung der Covid-19-Todesfälle, dann gibt es eine hoch signifikante, ganz klare Korrelation: Je höher die Impfquote, desto weniger Covid-19-Todesfälle. Da greife ich jetzt nicht willkürlich das eine oder andere Land heraus. Es spielen viele Faktoren eine Rolle, aber das ist ein ganz entscheidender.

Es ist Afrika angesprochen worden. Tatsächlich gibt es dort relativ wenige Covid-Todesfälle. Schaut man sich jetzt die 178 Länder weltweit, von denen es belastbare Daten gibt, an, dann stellt man fest, dass es einen ganz klaren Zusammenhang zwischen der Anzahl der Covid-19-Todesfälle und dem Durchschnittsalter der Bevölkerung gibt. Dieses differiert zwischen den Kontinenten zum Teil um zwei bis drei Jahrzehnte, und das erklärt sehr, sehr viel. Berücksichtigt man das, dann sieht man auch global, dass die Impfung einen sehr hohen Schutz bietet. Betrachtet man nun die Entwicklung in Österreich, so zeigt sich, dass wir, wie es auch weltweit der Fall war, über viele Monate die Situation hatten, dass etwa 2 Prozent der nachgewiesen Infizierten verstorben sind. Das ist jetzt keine hergerechnete Zahl, sondern das geht aus den weltweit eingemeldeten Zahlen der WHO – nachgewiesen Infizierte und davon Verstorbene – hervor. Mittlerweile ist dieser Wert aber drastisch zurückgegangen, und er hat sich jetzt bei etwa 0,05 Prozent eingependelt. Ein wesentlicher Faktor ist nicht bloß, dass Omikron gekommen ist, sondern dass wir eine sehr breite Immunität in der Bevölkerung haben – und die müssen wir natürlich aufrechterhalten.

Ich habe jetzt aber drei ganz konkrete Fragen. Die erste ist eine rechtliche, und zwar vor allem an Kollegin Druml gerichtet: Sehen Sie diese Konstruktion des Impfpflichtgesetzes als Rahmen, der angepasst an die Situation implementiert werden kann oder auch nicht, und das unter der demokratischen Kontrolle durch den Hauptausschuss, als ein geeignetes Mittel, mit dem man auf die Bedingungen der Verhältnismäßigkeit entsprechend eingehen kann?

Die zweite Frage richte ich jetzt mehr an Frau Kollegin von Laer, und zwar: Worüber sich alle seriösen Experten mittlerweile einig sind, ist, dass man nicht weiß, wie es weitergeht. Es kann sein, dass nichts mehr kommt. Es kann sein, dass etwas Harmloses kommt, oder es kann sein, dass eine schlimmere Variante kommt – im Herbst, in einem Jahr oder nächste Woche. Man weiß es nicht. Wie würden Sie die Kriterien definieren, die sozusagen ein neuerliches Implementieren der Impfpflicht rechtfertigen würden?

Meine dritte Frage bezieht sich auf die Nebenwirkungsdiskussion: Mittlerweile ist ja ein Großteil der Bevölkerung geimpft worden. Das heißt, bei jeder Erkrankung, die auftritt, wird man in der Anamnese fast bei jedem Menschen auch ein Impfereignis haben. Das heißt, wenn zeitlich danach eine Erkrankung auftritt, kann darin kein kausaler Zusammenhang gesehen werden. Es geht darum, ob gewisse Erkrankungen nach einer Impfung tatsächlich häufiger auftreten als ohne die Impfung.

Obmann Mag. Gerhard Kaniak weist auf die erschöpfte Redezeit hin und ersucht den Redner, zum Schluss zu kommen.

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP) (fortsetzend): Ja. – Das ist für einige dank Pharmakovigilanz sehr rasch festgestellt worden: Myokarditis, Sinusvenenthrombose. Wie schaut jetzt die Datenlage für verschiedene andere Nebenwirkungen, die vorhin auch wieder artikuliert worden sind, aus? – Danke.

Zweite Antwortrunde der ExpertInnen

Obmann Mag. Gerhard Kaniak dankt den Fragestellern und leitet zur zweiten Antwortrunde über. Er gibt die restlichen Redezeiten der ExpertInnen bekannt – Frau Dr. Druml knapp 5 Minuten, Herr Dr. Strasser knapp 2 Minuten und Frau Dr. von Laer knapp 3,5 Minuten – und verweist auf die noch offenen Fragen aus der ersten Fragerunde, darunter zwei Fragen der Abgeordneten Fiedler – betreffend Kommunikation für Impfausnahmen beziehungsweise Impfbarkeit, vor allem auch beeinträchtigter Menschen, sowie betreffend Einschätzung der neuen Impfstoffe beziehungsweise auch Empfehlungen selbiger. Konkret an Herrn Dr. Strasser sei von Abgeordneter Schwarz die Frage betreffend Empfehlung für über 60-jährige Risikopatienten gestellt worden. Weiters sei die Frage betreffend Maßnahmen zur allgemeinen Steigerung der Durchimpfungsrate gezielt an Frau Dr. von Laer gerichtet worden.

Zur Beantwortung der offenen Fragen erteilt der Obmann zunächst Frau Dr. Christiane Druml das Wort.

Dr. Christiane Druml: Ich werde versuchen, nichts zu vergessen. Meine Schriften hier sind jetzt schon etwas chaotisch. Vielleicht fange ich einmal generell mit den Impfungen an.

Ich denke, dass der Erfolg dieser Impfungen auf sehr viel Geld, sehr schnelle zeitliche Möglichkeiten, diese Impfungen, die schnell entwickelt wurden, zuzulassen, und sehr viele Patienten, auf deren Grundlage vernünftige klinische Studien gemacht werden konnten, gleichzeitig zurückzuführen ist. Ich sehe, dass eigentlich schon die Vorschriften aller Zulassungsbehörden erfüllt sind, dass von den EU- und nationalen Behörden da nichts offengeblieben ist und dass maximale Transparenz besteht, was die Impfreaktionen und Nebenwirkungen betrifft. Das hatten wir bei anderen Impfungen oder anderen Medikamentenentwicklungen nie, weil es damals eigentlich niemanden so sehr interessiert hat.

Ein Problem, das in diesem Fall aber dazukommt, ist, dass jeder eine selektive Auswahl dieser Dinge liest. Das ist natürlich auch ein gewisser Bias, weil diese selektive Auswahl so gestaltet wird, dass ein Bild entsteht, wie es sich manche vielleicht wünschen oder wie manche befürchten, dass es so ist – und das öffnet natürlich einem falschen Verständnis von diesen Dingen Tür und Tor.

Genauso ist es zum Beispiel auch, wenn gesagt wird: Auf einer Intensivstation sterben so und so viele Leute, die geimpft sind. – Wenn man sich aber die Daten genau anschaut oder mit den behandelnden Ärzten dort spricht, dann erfährt man, dass das alles transplantierte, immunsupprimierte Patienten sind und nicht diejenigen, von denen man sich vorstellt, dass es sich um sie handelt. (Die Abgeordneten Wurm und Hauser: Woher wissen Sie das? – Gegenruf der Abg. Baumgartner: Woher wissen Sie das?) Weil ich mit den Ärzten gesprochen habe und ich weiß, welche Patienten auf den Intensivstationen im AKH gelegen sind und mit ECMO behandelt wurden et cetera. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Obmann Mag. Gerhard Kaniak ersucht, nicht zwischenzurufen. (Ruf bei der ÖVP: Genau!)

Dr. Christiane Druml (fortsetzend): Was das Gesetz betrifft, so glaube ich, dass in der Flexibilität des Gesetzes diese Ultima Ratio sehr gut behandelbar ist. Durch diese Evaluation und Reevaluation erlaubt das Gesetz ja wirklich eine maximale Flexibilität. Man muss auch noch dazusagen: Bei der ersten Evaluation durch diese vier Experten wäre auch, nach deren sehr engem Mandat, die Empfehlung möglich gewesen, dass die bisher ungeimpften Menschen jetzt direkt in eine Impfpflicht kommen könnten. Das wurde aber dann, wenn ich es verstanden habe, mit der Begründung, dass wir natürlich im Herbst die maximale Durchimpfungsrate haben müssen, verzögert. Ich denke aber, dass das Gesetz im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit gut formuliert ist und eigentlich auch dem Vertrauen der Bevölkerung, dass es nicht ohne Not zu einer Impfpflicht kommt, gerecht wird.

Ein Problem, das ich sehe, ist, dass in der Öffentlichkeit durch dieses Aussetzen für viele Menschen der Eindruck entstanden ist, dass die Pandemie vorbei ist, dass die Impfung nicht notwendig ist. Ich glaube, da muss man in der Kommunikation durchaus nachschärfen, dahin gehend, dass in der Pandemie jetzt Omikron und auch das hoffentlich kommende Frühjahr vielleicht eine gewisse Erleichterung für die Bevölkerung schaffen, aber dass wir die Pandemie keinesfalls schon bewältigt haben und dass wir in dieser Hinsicht alle für den Herbst oder für den Spätsommer gerüstet sein müssen.

Und weil hier von einem Unterschied zur Pockenimpfung gesprochen wurde, so glaube ich auch: Die Pockenimpfung wurde ja eigentlich schon seit 200 Jahren angewendet, und damals gab es ja für die Frühphasen der Pockenimpfung keinerlei klinische Studien. Das hat sich ja alles erst in den letzten Jahren ergeben. Ich denke, es ist in den wissenschaftlichen Publikationen alles über die Coronaimpfung nachzulesen, und ich bin schon der Meinung, dass in diesem Fall die behördlichen Auflagen und die gesetzlichen Auflagen erfüllt sind.

Zu Herrn Striedinger, wenn ich mir diese Anmerkung erlauben darf: In Bezug auf seine Kleidung möchte ich keinerlei Aussagen treffen, weil ich auch über die Kleidung anderer Leute keine Aussage treffen möchte, weil ich das hier unstatthaft finde.

Ich hoffe, dass ich jetzt alle Fragen beantwortet habe, und danke für die Aufmerksamkeit.

Univ.-Doz. Dr. Hannes Strasser, MSc: Ich mache es kurz. Ich glaube, Sie unterschätzen momentan die Stimmung in der Bevölkerung. Seit Monaten reden die Leute untereinander ständig davon, dass die Impfung nicht wirkt und was sie für Nebenwirkungen haben. Jeder kennt Leute, die Nebenwirkungen haben, jeder kennt Leute, bei denen die Impfung nicht wirkt. Ich kenne ein Krankenhaus, ich sage nicht wo, dort sind momentan drei Oberärzte ausgefallen, weil sie nach Impfungen schwere Nebenwirkungen haben und jetzt monatelang krank sind – Schlaganfall, Herzinfarkt, Myokarditis.

Dadurch sinkt natürlich das Vertrauen. Die Leute glauben nicht mehr, weil das, was man ihnen bezüglich der Impfungen versprochen hat, gesagt hat, nicht stimmt, und das führt jetzt dazu – das ist das Gefährliche –, dass die Leute anfangen, den Impfungen generell nicht mehr zu trauen. Das ist gefährlich, weil es viele gute Impfungen, viele wichtige Impfungen gibt, aber die Politik ist meiner Meinung nach dabei, über die Covid-19-Impfung generell die Impfungen zu diskreditieren und schlechtzumachen – und das ist gefährlich.

Zu den Spätfolgen kann man derzeit nichts sagen. Wenn Sie sich derzeit impfen lassen, unterschreiben Sie im Aufklärungsbogen, dass nicht alle Daten vorliegen. Wir wissen nicht, was es für Spätfolgen gibt. Ich kann nur berichten, es gibt laufend – täglich – Publikationen: Jetzt weiß man auf einmal, dass das Spikeprotein nach der Impfung im Körper bleibt, dass es monatelang nachgewiesen wird, was man früher bezweifelt hat. Es gibt jetzt Publikationen, wonach das Spikeprotein sogar Amyloidablagerungen bewirkt, Amyloidosen, und damit kann es sein, dass es Menschen gibt, die das gar nicht mehr loswerden, die das ständig im Körper haben. Also wenn Sie derzeit über Spätfolgen diskutieren: Die weiß man nicht, dazu gibt es keine Daten, das weiß man alles erst in ein paar Jahren.

Noch ganz kurz zu den neuen Impfstoffen: Ich habe Nuvavoxid bestellt, den neuen Proteinimpfstoff, weil im Dezember, im Jänner viele Patienten zu mir gekommen sind und gesagt haben, sie wollen den neuen Impfstoff bekommen. Ich habe den Impfstoff jetzt vor zwei Wochen bekommen, habe die Leute alle angerufen – es haben mir praktisch alle abgesagt. Die wollen sich alle nicht mehr impfen lassen. Die haben sich bei mir für den neuen Impfstoff angemeldet und wollen das nicht mehr. Sie haben gesagt: Na, man hört so viel, so viele Nebenwirkungen, und mein Freund hat und mein Onkel hat und so weiter und so weiter. – Die wollen das alle nicht mehr.

Jetzt beende ich mein Zitat noch einmal mit einer Stellungnahme von unserem Ärztekammerpräsidenten in Tirol, mit Dr. Stefan Kastner, ich zitiere wortwörtlich: Nach über zwei Jahren Pandemie sei es laut Kastner an der Zeit, „eine nüchterne Sicht auf Corona zu entwickeln: ‚Der Krisenmodus ist zu verlassen‘. Er habe mitunter schon den Eindruck gewonnen, dass es zu mancher Zeit auch politisch gewollt war, das Thema weiter derart medial am Köcheln zu halten, um von anderen Dingen etwas abzulenken.“ Das sagte der Tiroler Ärztekammerpräsident am Montag dieser Woche. – Danke.

Dr. Dorothee von Laer: Vielleicht noch einmal vorweg: Der Impfstoff ist tatsächlich noch nicht so lange zugelassen, das ist richtig. Es gibt allerdings in der Geschichte der Impfstoffe keinen einzigen Impfstoff, der nach mehr als einem Jahr nach der Impfung irgendwelche Spätfolgen gemacht hat. Die Impffolgen sind, wenn es Folgen gibt, in der Regel in den ersten Wochen oder Monaten zu beobachten.

Es sind mehrere Milliarden Menschen geimpft worden. In den USA sind allein etwas über 500 Millionen Menschen geimpft und eng überwacht worden. Im CDC laufen die Daten da sehr genau zusammen. Dasselbe sehen wir in Europa auch bei der EMA. Wir haben dort ganz klar beobachtet – und natürlich, wenn man mehrere Milliarden Menschen impft und beobachtet, und wenn man die gleiche Zahl von Menschen nicht geimpft hat, dann sieht man einfach auch Erkrankungen, die zufällig in der Bevölkerung auftauchen.

Man muss halt schauen, ist das häufiger bei Geimpften als bei Nichtgeimpften, und da gibt es ganz klare statistische Signale, das ist die Myokarditis und das sind die Thrombosen. Das sind diese beiden klaren Signale, die wir haben, die gehäuft auftreten, aber da reden wir von neun Fällen, die an einer Thrombose verstorben sind, von 500 Millionen Geimpften. Das ist also eine extrem seltene Geschichte, und wie gesagt, wenn man das auch weiß und dem vorbeugen kann, kann man das auch behandeln. Man weiß, welche Menschen das betrifft, nämlich 30- bis 40-jährige Frauen, und das ist klar.

Für die Schwangeren gilt für mich immer: Jeder Eingriff in der Schwangerschaft, der nicht nötig ist, sei es Impfung, Medikation oder was auch sonst, sollte vermieden werden. Das heißt, für die Frauen wäre wichtig, dass sie sich vor einer Schwangerschaft impfen lassen, denn für Schwangere ist eine Covid-Erkrankung ein hohes Risiko. Das heißt also, wer plant schwanger zu werden, sollte sich, bitte, wenn das einigermaßen geplant war, vorher voll immunisieren lassen, damit man dann sicher durch die Schwangerschaft kommt.

Wir wissen allerdings aus großen Studien, dass es zumindest akut gesehen kein Risiko für Schwangere ist, sich impfen zu lassen, aber Spätfolgen, nach 20 Jahren – woher sollen wir das wissen? Das wissen wir natürlich nicht, das gibt es bei keiner Impfung, gibt es aber natürlich bei Medikamenten.

Und ganz ehrlich gesagt, wenn wir jetzt das Medikament gegen die Impfung und die Sicherheit stellen, dann kann man nur sagen: Das Medikament, das Paxlovid, das zwar sehr wirksam ist, ist bezüglich seiner Sicherheit deutlich schlechter erforscht als die Impfung. Also diese Gegenüberstellung finde ich momentan sehr problematisch.

Ganz kurz noch zu den Durchimpfungsraten, das ist natürlich eine sehr spannende Sache. Da geht es eben um diese Herdenimmunität. In welchen Ländern haben wir – das ist allgemein bei Impfungen jetzt gesagt – so hohe Durchimpfungsraten, dass die Erkrankung – sozusagen ein Beispiel wurde ja schon genannt, HPV – in diesen Ländern nicht mehr vorkommt oder praktisch nicht mehr vorkommt und nur noch Einzelfälle importiert werden? – Das ist, finde ich, neben HPV in den Niederlanden einfach das Beispiel der Masern, die in fast jedem entwickelten Land auf dieser Welt ausgerottet sind, außer in Deutschland und in Österreich. Das sind die beiden Länder mit diesen Anthroposophen und Impfskeptikern und was nicht alles; also nichts gegen Anthroposophie, aber diese Impfskepsis ist da ein kleiner Irrweg dieser Richtung.

Dann noch, was Kinder impfen anbetrifft: Es ist völlig klar, dass natürlich die Abwägung von Nutzen-Risiko bei der Kinderimpfung anders zu bewerten ist als bei den alten Menschen, das ist völlig klar. Es ist auf alle Fälle dringend anzuraten, dass Kinder, die Risikofaktoren haben, sich impfen lassen. Eine breite Impfpflicht bei Kindern ist, denke ich, schwierig zu argumentieren, eigentlich sollten sich verdammt noch einmal die Alten impfen lassen, damit die Kinder wieder normal leben können, und nicht immer Angst haben müssen, ihre Großeltern anzustecken. Das wäre also meine unvirologische, rein kinderliebende Meinung zu dieser Sache.

Mehrfachinfektionen mit Omikron sind bei omikroninfizierten Nichtgeimpften durchaus häufig. Omikron macht keine guten Antikörpertiter; die Titer sind im Schnitt deutlich niedriger als nach einer Alpha- oder Deltainfektion. Das liegt auch mit daran – nimmt man an –, dass der Verlauf im Schnitt etwas leichter ist, aber Mehrfachinfektionen bei Geimpften, die mit Omikron infiziert waren, sind extreme Raritäten; also geimpft plus Omikron – da hat man sehr gute neutralisierende Antikörper, auch breit gegen alle Virusvarianten einschließlich Omikron. Das ist eine sehr gute Situation, wenn man dann die Omikroninfektion überstanden hat.

Kriterien für eine Impfpflicht muss man im Konsens festlegen, aber da wird sicherlich, der Schutz, den eine Impfung hervorruft, gemeinsam mit der Pathogenität, der Mortalität der Infektion gegeneinander abgewogen werden, um da zu einer Entscheidung zu kommen. Da möchte ich jetzt hier keine Zahlen in den Raum werfen, denn das wäre ein bisschen unseriös. – Danke schön.

Obmann Mag. Gerhard Kaniak merkt an, dass er sich bei den Experten für die Ausführungen und die Beantwortung wie auch für die disziplinierte Diskussion und Fragestellung vonseiten der Abgeordneten bedanken möchte. Zudem stellt der Obmann fest, dass sich die Expertenmeinungen und die Stellungnahmen im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Hearings deutlich weiterentwickelt haben und differenzierter seien. Da es so viele neue Erkenntnisse gebe, sei es auf jeden Fall gerechtfertigt gewesen, nochmals intensiv über alles zu diskutieren.

Sodann überträgt Obmann Kaniak außertourlich, da der Wunsch danach bestehe, Herrn Bundesminister Rauch für einen Kommentar das Wort.

Bundesminister Johannes Rauch: Herr Vorsitzender! Geschätzte Proponenten! Damen und Herren Abgeordnete! Ja, in aller gebotenen Kürze – vorweg: Ich habe natürlich jedes Verständnis, dass über Impfpflicht – ja oder nein – diskutiert werden kann und soll und da auch ein Volksbegehren eingeleitet wird.

Man kann darüber streiten, soll es auch tun, und kann unterschiedliche Haltungen dazu haben. Das respektiere ich in aller Deutlichkeit. Was mich aber schmerzt, und das möchte ich an dieser Stelle schon sagen, ist, wenn nicht nur die Impfpflicht infrage gestellt wird, sondern die Impfung an sich, Herr Dr. Strasser.

Das schmerzt mich als Gesundheitsminister. Das schmerzt mich deshalb, weil man nicht einfach hergehen kann und einzelne Studien oder einzelne Passagen aus einzelnen Studien zitieren kann, sondern dann bitte die Gnade haben sollte, die aggregierten Studien zu zitieren, die weltweit in einer Anzahl wie nie zuvor gemacht worden sind, in denen deutlich – aber ganz deutlich! –, mit überwiegender Mehrheit gesagt wird: Impfen wirkt natürlich! (Abg. Hauser: Deswegen hat Polen ...!) Impfen wirkt natürlich! (Zwischenrufe der Abgeordneten Hauser und Wurm.– Lassen Sie mich ausreden, ich versuche - - (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hauser.) – Lassen Sie mich ausreden! Ich zitiere die aggregierten Studien, die weltweit vorhanden sind.

Es gab bisher keine Pandemie, die in so kurzer Zeit dermaßen gut beforscht worden ist, es gab in keiner Pandemie dermaßen fundierte wissenschaftliche Studien, und wenn die überwiegende Zahl dieser Studien – 90 Prozent! – zu dem Ergebnis kommt, dass Impfen wirkt, dann schmerzt mich die Aussage, die hier vermittelt wurde: Impfung tötet, Impfung ist etwas sehr Gefährliches!, denn dann können wir nämlich unsere Impfkampagnen, die wir haben, einstampfen, dann wird sich in Österreich niemand mehr impfen lassen.

Wissen Sie, was das Fatale daran ist? – Damit, mit dieser Diskussion werden Impfungen per se diskreditiert. Wir verlieren die Zustimmung zur Masernimpfung, wir verlieren die Zustimmung - - (Abg. Wurm: Das ist eure Schuld! Das ist eine Opfer-Täter-Umkehr!)

Obmann Mag. Gerhard Kaniak ersucht darum, keine Zwischenrufe zu machen und den Herrn Bundesminister aussprechen zu lassen.

Bundesminister Johannes Rauch (fortsetzend): Ich weiß, das hören Sie nicht gerne, aber es ist meine Verpflichtung als Gesundheitsminister – und ich sage Ihnen das –, dagegen mit aller Entschiedenheit aufzutreten!

Impfen per se rettet Leben! Impfen per se schützt vor schweren Erkrankungen! Impfen ist ein wichtiges Instrument in der Pandemiebekämpfung. Und ich werde, das sage ich Ihnen, alles dafür tun – alles! –, dass wir die Impfquote auch ohne Impfpflicht auf den Herbst hin hochbekommen. Das ist die Empfehlung der Expertinnen und Experten auf europäischer Ebene, das ist die Empfehlung weltweit, und ich lasse mir die Impfung per se nicht schlechtreden, das muss ich in aller Deutlichkeit festhalten!

Zur Impfpflicht Folgendes: Der Gesetzgeber, Sie alle, haben ein sehr kluges Gesetz gemacht. Erstens einmal beinhaltet es die Möglichkeit, die Impfpflicht auszusetzen – das ist getan worden –, das wird evaluiert. Das nächste Mal wird die Impfpflichtkommission Ende Mai/Anfang Juni wieder ihre Empfehlung abgeben, auf Basis der Rechtmäßigkeit, der Verhältnismäßigkeit, der Verfassung, und auf Basis der Expertise.

Das Impfpflichtgesetz läuft aus, Sie haben es befristet. Mit 31. Jänner 2024 tritt es automatisch außer Kraft – das wird in der Diskussion immer vergessen, es wird so getan, als wäre dieses Gesetz auf alle Zeiten eingerichtet. Das heißt, es gibt die Möglichkeit – und die nützen wir auch –, das auf Basis der rechtlichen Einschätzung und der Experteneinschätzung flexibel zu handhaben. Das tun wir, das ist auch gut so, wir wissen nicht, ob wir es brauchen, und das wird das nächste Mal Ende Mai/Anfang Juni evaluiert werden.

Letzter Satz zu den Zahlen: Herr Dr. Strasser, Sie haben Vorarlberg zitiert, und da bin ich heikel. Ich habe natürlich sofort rückgefragt: Sie haben gesagt, 80 Prozent aller Patientinnen und Patienten, die Anfang April stationär im Spital gelegen sind, waren immunisiert. (Strasser: Das war auf der Homepage, die Zahl!) – 80 Prozent war die Zahl. Aber Sie haben nicht alles zitiert und ich sage Ihnen, warum: 80 Prozent waren immunisiert, aber 80 Prozent dieser Patientinnen und Patienten sind gar nicht wegen Corona ins Spital gekommen, sondern wegen eines Herzinfarktes, wegen eines Verkehrsunfalls und sind dann im Spital zufällig auf Corona getestet worden, das ist die ganze Wahrheit. Sie aber tun hier so, als wirke die Impfung nicht, ziehen diese Zahlen heran, aber zitieren nicht die ganze Wahrheit.

Bei den Intensivstationen schaut es noch etwas anders aus. (Abg. Hauser: Das ist Kindesweglegung, so, wie ihr es immer macht!) – Nein! Ich habe die Möglichkeit, auf die Landeskrankenhaus-Betriebsgesellschaft zuzugreifen, kann mich dort rückversichern, was die Zahlen, Daten und Fakten sind, und Sie werden sich diese jetzt anhören müssen!

Bei den Intensivstationen haben Sie davon gesprochen, dass eine noch höhere Anzahl vollimmunisiert war – war nicht der Fall! Ich habe jetzt die Zahlen von Direktor Fleisch bekommen, der sagt, vier davon waren vollimmunisiert, die anderen nicht. Und zu Recht wurde darauf hingewiesen: Die Vorerkrankungen dieser Personen waren natürlich massiv und intensiv.

Also man sollte schon, wenn man zitiert, nicht selektiv zitieren, sondern bitte korrekt.  Das wollte ich an dieser Stelle richtigstellen, das halte ich nämlich für notwendig.

Obmann Mag. Gerhard Kaniak dankt dem Bundesminister für dessen Ausführungen und verleiht seiner Meinung Ausdruck, dass man das Zahlenchaos offensichtlich auch hier nicht in den Griff bekomme, dankt aber trotzdem für die Klarstellung.

Jeder habe profunde Kenntnisse von der Situation vor Ort, das Problem entstehe schließlich, wenn unterschiedliche Kenntnisstände aufeinandertreffen. Dies könne man aber hier nicht klären, das sei auch nicht Teil des öffentlichen Hearings, sondern es gehe hier um das Volksbegehren, das man heute fertig behandle.

Schlussworte des Bevollmächtigten des Volksbegehrens

Mag. Marcus Hohenecker: Grüß Gott! Ich freue mich, dass das Volksbegehren behandelt wird, zumindest formal behandelt wird, inhaltlich übergeht es jede Fraktion.

Es wird nicht darauf eingegangen, dass es sich um eine Abstimmung gehandelt hat, es wird nicht darauf eingegangen, dass über 80 Prozent sich gegen eine Impfpflicht ausgesprochen haben zu einem Zeitpunkt, zu dem die Deltawelle schon voll im Rollen war, zu dem Sie alle wussten, dass vonseiten der Ärzte und Ärztinnen und auch vonseiten des Krankenhauspersonals massiv gewarnt wird, dass die Krankenhäuser überlastet werden könnten.

Man hat dennoch, obwohl man hätte wissen können beziehungsweise müssen, dass eine Impfpflicht diskutiert werden wird, über Monate in Abrede gestellt, dass das in irgendeiner Form auch nur möglich sein könnte, hat damit Tote nicht nur in Kauf genommen, sondern tatsächlich auch produziert. Man hat einen Lockdown, der dann ganz spät doch noch gekommen ist, hinausgezogen, man hat bei einer Inzidenz von über 1 000 die Spitäler offengehalten.

Ich möchte deshalb in aller Klarheit sagen, dass das wirklich eigentlich schändlich ist. Dass der Gesundheitsausschuss sich für die Gesundheit der Menschen so wenig interessiert, das ist noch schlimmer als die Ablehnung und die Herabwürdigung eines demokratischen Votums des Volkes.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass ich es nachvollziehen kann, dass Österreich zu einer Wahldemokratie herabgestuft wurde, also dass es nicht mehr den Status einer liberalen Demokratie hat, in der sich die Menschen tatsächlich auch ernst genommen fühlen und die Meinung und die Wünsche der Bevölkerung auch bei der Politik ankommen.

Sie sprechen hier wieder den Umstand, dass hier eine Abstimmung stattgefunden hat, nicht einmal an. Es war eine Abstimmung und dieses demokratische Votum wird ignoriert.

Es waren alle Bürgerinnen und Bürger in Österreich über die Abstimmung informiert, es wurde von der APA, der „Kronen Zeitung“, dem ORF und sämtlichen großen und auch kleinen Medien darüber berichtet, es haben Hunderttausende daran teilgenommen. In diesem Haus wird immer wieder auch auf Umfragen verwiesen, teilweise auf Umfragen, bei denen 500 Leute am Telefon oder online befragt wurden, da aber sind Hunderttausende Menschen mit ihrem Ausweis zum Amt gegangen in einer Zeit, als mehr als die Hälfte der Bevölkerung geimpft war.

Ich bin selber auch auf der Straße gestanden, habe das Volksbegehren beworben und mit den Bürgerinnen und Bürgern gesprochen, und viele haben gesagt, dass sie geimpft sind, dass sie aber eine Impfpflicht ablehnen. Dies deshalb, weil das einfach ein ganz grundlegender Eingriff in die Entscheidungsfreiheit ist, das kann man jedenfalls einmal festhalten.

Dieser Eingriff in die Freiheit wurde mit einer Situation begründet, die man selbst herbeigeführt hatte und die leider vielen Menschen das Leben gekostet hat. Diese Ultima Ratio hat man herbeigeführt und dann hat man gesagt: Alles, was wir bisher gesagt haben, war falsch, wir ändern unsere Meinung um 180 Grad und sind jetzt doch plötzlich für eine Impfpflicht! Schwuppdiwupp! – Wir als einfache Bürger, die nicht so viele Experten und Ministerien zur Verfügung haben, wussten schon im Vorhinein, dass das möglich sein wird, und haben hier auch abstimmen lassen.

Grundsätzlich möchte ich auch sagen: Durch die Impfpflicht wird nicht die Gesundheit der Bevölkerung geschützt, sondern die Wirtschaft soll geschützt werden. Vom Beginn der Pandemie an waren die ersten Reaktionen, die die Politik gesetzt hat, dass man darauf geschaut hat, dass das toxische System, in dem wir alle gefangen sind, weiter aufrechtbleibt, dass die Umwelt weiter geschädigt wird. Die Flugzeuge sind leer herumgeflogen und wurden mit Steuergeld finanziert. Hunderte Millionen Euro hat man dafür ausgegeben, dass diese Normalität, zu der man so dringend zurück möchte, diese suizidale Normalität weiter aufrechterhalten wird.

Die Impfpflicht dient ja nur dazu, die Menschen jedenfalls zu immunisieren und abzuhärten, mit all den Impfreaktionen wie Fieber und anderem, die viele Menschen zu erleiden haben, die Menschen einfach gegen die Wirtschaftsweise, die wir aktuell haben, abzuhärten, und das ist natürlich typisch für ein turbokapitalistisches System, dass man, wenn sich jemand weigert, dann auch mit Strafe droht. Und zu sagen, es ist kein Zwang, wenn man Geldstrafen verhängt, wo, wenn man nicht bezahlt, dann auch der Exekutor kommt, Dinge auch versteigert werden und natürlich auch Hand angelegt wird, wenn man sich weigert, das ist einfach polemisch.

Ich bedanke mich dennoch für Ihre Aufmerksamkeit, auch wenn man die Hunderttausenden Abstimmenden, die da mitgemacht haben, ob der heutigen Debatte wirklich enttäuscht sein müssen, und möchte das Wort noch kurz an den Bevollmächtigten des Volksbegehrens weitergeben.

Ing. Werner Bolek: Ich danke für die bisherigen Ausführungen und für die Fragen der Abgeordneten. Leider mussten wir halt schon feststellen, dass sehr, sehr viel am Thema vorbeigegangen ist.

Wir haben extra die Folie acht produziert, mit der wir die Experten gebeten haben, ausschließlich auf den Sinn der allgemeinen Impfpflicht einzugehen. Leider haben wir dazu relativ wenig gehört, vor allem zu den Fragen: Was hat die Impfpflicht bisher in Österreich gebracht? Was ist der Kassasturz der Impfpflicht und was erwartet man sich von der Impfpflicht?

Im Prinzip ist die Antwort eh klar: Die Impfpflicht wird dazu führen, dass sich noch weniger Österreicher werden impfen lassen, weil jeder gelernte Österreicher gegen jede Art von Pflicht und Zwang ist. Das hätten das Parlament und die Regierung wissen müssen. Sie haben sich die Durchimpfungskampagne, die auf die Freiwilligkeit abgezielt hat, selber zusammengehaut, und jetzt sitzen wir da. (Abg. Hauser: Wir waren dagegen!) – Sehr gut. Ja, es gibt auch Parteien, die dagegen waren.

Noch ganz kurz zum Abschluss: Wir haben die Impfpflichtabstimmung zu einem Zeitpunkt der Bevölkerung ermöglicht, nämlich im Frühjahr 2021, zu dem alle Politikerinnen und Politiker beteuert haben – bitte aufzeigen, wenn es hier einen gibt, der das damals nicht gesagt hat! –, in Österreich werde es keine Impfpflicht geben, nie und nimmer. Alle haben das Stein und Bein geschworen. Die Medien haben unsere Initiative, eine Impfpflichtabstimmung zu einem Zeitpunkt zu machen, zu dem gesagt wurde, es werde kein Impfgesetz geben, belächelt. Die haben gesagt, wir haben einen Vogel, dass wir über etwas abstimmen lassen, was es nie geben wird.

Wir sind ja schon gelernte Österreicher und haben Erfahrung, uns war klar, dass das Risiko, dass die Impfpflicht kommt, sehr hoch ist –und sie kam, ein paar Wochen nachdem das Abstimmungsergebnis der Impfpflichtabstimmung auf dem Tisch lag, nämlich: 80 Prozent haben Nein dazu gesagt. Daraufhin haben die Regierung und das Parlament mehrheitlich, Gott sei Dank nicht einstimmig, diese Impfpflicht beschlossen. Und heute hat uns keiner der Experten wirklich erklären können: Was bringt uns die Impfpflicht?

Daher – und jetzt mein Schlusssatz – lade ich Sie erstens alle ein, nachzudenken, was Ihre Wählerinnen und Wähler in Wirklichkeit wollen, und zwar von allen Parteien. Vertreten Sie tatsächlich das Volk? Fragen Sie sich das bitte, fragen Sie Ihre Wählerinnen und Wähler, reden Sie mit den Bürgern auf der Straße!

Und zweitens bitte ich alle politischen Parteien, zumindest auf die Möglichkeit hinzuweisen, vom 2. bis zum 9. Mai noch einmal abstimmen zu können, noch einmal bestätigen zu können: Die Impfpflicht muss weg! Erzählen Sie das wenigstens den Leuten und lassen Sie die Menschen entscheiden, ob sie das wollen oder nicht! Lassen Sie die Bürgerinnen und Bürger entscheiden! – Danke schön. (Beifall des Abg. Hauser.)

Obmann Mag. Gerhard Kaniak bedankt sich beim Bevollmächtigten des Volksbegehrens und meint, dieser Appell sei ein durchaus würdiger Abschluss dieses Hearings gewesen. Er betont, dass gerade der Gesundheitsausschuss mit seinem öffentlichen Hearing gezeigt habe, die Anliegen der Bürger und auch dieses Volksbegehren sehr ernst zu nehmen. Man habe ihm damit breiten Raum eingeräumt und eine breite Diskussion von Experten, Minister, Abgeordneten mit den Proponenten des Volksbegehrens ermöglicht, um ihre Ansichten und auch die der abstimmenden Bürger vertreten zu können, so Kaniak.

Sodann bedankt sich der Obmann noch bei den Expertinnen und dem Experten, schließt die Debatte und beendet damit auch den öffentlichen Teil dieser Beratungen.

Schluss des öffentlichen Teils von TOP 1: 12.45 Uhr