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GESUndheitsAusschuss

 


Auszugsweise Darstellung
verfasst von der Abteilung 1.4/2.4
– Stenographische Protokolle

 

8. Sitzung

Dienstag, 1. Dezember 2020

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

Expertenhearing

Evaluierung der Ausschlussgründe für eine Blutspende in der Blutsicherheitsverordnung im Hinblick auf Diskriminierung

15.23 Uhr – 17.05 Uhr

Camineum

Beginn von TOP 1 und TOP 2: 15.23 Uhr

  1. Punkt

Antrag der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend diskriminierungsfreie Blutspende (119/A(E)

  1. Punkt

Antrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend diskriminierungsfreie Blutspende jetzt verankern! (931/A(E))

Obmann Mag. Gerhard Kaniak geht in die Tagesordnung ein und sagt, dass die Tagesordnungspunkte 1 und 2 unter einem verhandelt werden.

Gemäß § 40 Abs. 1 der Geschäftsordnung werden folgende Auskunftspersonen beigezogen:

Assoc. Prof. (FH) Mag. Dr. Frank Michael Amort (FH Joanneum, Public Health und Gesundheitsmanagement),

Dr. med. Dr. scient. med. Igor Grabovac (MedUni Wien, Zentrum für Public Health),

Dr. Helmut Graupner (Rechtskomitee Lambda),

Dr. Christof Jungbauer (Leiter der Blutspendezentrale des Österreichischen Roten Kreuzes für Wien, Niederösterreich und Burgenland),

Dr. med. Günter Koderhold (Allgemeinmediziner).

*****

Einstimmige Annahme.

Der Obmann ersucht darum, die Experten in das Ausschusslokal einzulassen. Zu diesem Zweck wird die Sitzung kurz unterbrochen.

*****

Obmann Kaniak nimmt die unterbrochene Sitzung wieder auf und begrüßt die geladenen Experten recht herzlich.

Es folgen technische Mitteilungen betreffend die Redeordnung.

Der Obmann weist darauf hin, dass das Hearing entsprechend den Bestimmungen der Geschäftsordnung nicht öffentlich ist und somit auch Ton- und Bildaufnahmen nicht zulässig sind.

Auf einvernehmlichem Wunsch der Klubs hin werde eine auszugsweise Darstellung über die Beratungen verfasst.

Abstimmung darüber, die auszugsweise Darstellung des Hearings gemäß § 39 Abs. 3 der Geschäftsordnung zu veröffentlichen. – Einstimmige Annahme.

Berichterstatter Rudolf Silvan bringt den Bericht über Tagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „diskriminierungsfreie Blutspende jetzt verankern!“:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, die Blutspendeverordnung umgehend zu ergänzen, sodass bei der Befragung des Spenders zu seinem Gesundheitszustand keine diskriminierenden Formulierungen verwendet werden dürfen.“

Einleitungsstatements der Experten

Obmann Mag. Gerhard Kaniak leitet zu den Eingangsstatements der Experten über und erteilt Herrn Professor Mag. Dr. Amort als erstem Redner das Wort.

Assoc. Prof. (FH) Mag. Dr. Frank Michael Amort: Ich glaube, ich bin der Erste, weil ich früher weg muss, ich habe um 17 Uhr Angelobung nach den Wiener Wahlen.

Kurz zu meiner Position: Ich bin assoziierter Professor an der Fachhochschule Joanneum in der Steiermark für den Bereich Public Health und Gesundheitsmanagement, werde hier aber auch ein bisschen als grumpy old man berichten können, da ich über 15 Jahre im HIV-, Aids-Bereich tätig war, diese Diskussion schon seit langer Zeit kenne und eigentlich überrascht bin, dass wir im Jahr 2020 noch darüber diskutieren müssen.

Ich habe mir mein Statement in Form von Fragen vorbereitet.

Die erste kurze Frage: Ist die aktuelle Regelung diskriminierend? – Die kurze Antwort darauf: Ja.

Ich werde das nicht juristisch beantworten, da hier auch Juristen sind, die das juristisch beantworten können. Rein aus Sicht der Public Health muss man im Auge haben, dass Blutsicherheit einerseits von der Technik abhängig ist, vom diagnostischen Fenster. Jedes Risiko, das über diesem diagnostischen Fenster liegt, kann durch den Test ausgeschlossen werden. Andere Risiken sollen über gezielte Fragen abgeklärt werden. Für diese Fragestellung ist es international in der HIV-, Aids-Forschung üblich, über Indikatoren Verhaltensweisen und keineswegs sexuelle Orientierungen abzufragen.

Ich möchte kurz die Ministerin für Gesundheit aus dem deutschen Saarland zitieren, Monika Bachmann von der CDU: Eine Rückstellung von schwulen Männern oder MSM „dürfe nicht von der sexuellen Orientierung abhängig gemacht werden, sondern müsse auf das Verhalten des Einzelnen abgestellt werden. Zudem gehe die Wartezeit von 12 Monaten ,weit über die medizinische Notwendigkeit hinaus‘.“ – Sie hat recht.

Da diese Regelung so nicht in Österreich eingehalten wird, ist sie diskriminierend. Mich als Experten ärgert dieses Thema in einer gewissen Art und Weise, da ich wirklich in den Neunzigerjahren auf der Wiedner Hauptstraße gesessen bin und dem Roten Kreuz quasi fertige Textbausteine mit nicht diskriminierender Sprache angeboten habe, die aber nicht angenommen wurden.

Jetzt stelle ich mir die Frage, ob es das Rote Kreuz sonst auch immer mit der Sicherheit beim Blutspenden so genau nimmt. Eine der Richtlinien ist, dass Blutspenden nicht als Gesundheitscheck verwendet werden soll. Überraschenderweise findet man allerdings auf der Homepage des Roten Kreuzes den Hinweis, dass Blutspenden ein kleiner Check ist, bei dem man den HIV-Status bestimmen lassen kann. – Wer in Österreich den HIV-Status bestimmen lassen möchte, soll das bei der Aidshilfe tun, beim praktischen Arzt, aber nicht beim Roten Kreuz beim Blutspenden.

Eine zweite internationale Richtlinie zur Blutsicherheit ist, dass es keine finanziellen Anreize geben soll. Was finde ich auf der Homepage des Roten Kreuzes? – Ich könnte, wenn ich als Blutspender mitmache, Gutscheine für Kostenermäßigungen, also Ermäßigungen für diverse Veranstaltungen bekommen und automatisch an Gewinnspielen teilnehmen. Meiner Meinung sind das zwei Punkte, die nicht internationalen Richtlinien entsprechen.

Stellt sich die dritte Frage: Ist eine Alternative möglich? – Kurze Antwort: Ja. Es gibt Länder, die es uns vormachen, und es liegt mir keine Evidenz vor, dass das Blut in diesen Ländern weniger sicher ist. Es gab im Herbst vom Ministerium eine Expertengruppe, bei der ich diese Frage mehrmals gestellt habe, ob vielleicht das Rote Kreuz eine Evidenz hätte, dass es da ein Sicherheitsrisiko gebe. – Die Frage wurde ignoriert und nicht beantwortet.

Wie schätze ich die Lage ein? – Ich persönlich kann nur sagen, dass ich eine enorme Beratungsresistenz festgestellt habe, und ich denke, dass das Problem nur durch eine eindeutige politische Entscheidung lösbar ist.

Noch ein Zitat zum Abschluss: „Wer Blut spendet, übernimmt Verantwortung [...].“ Diese Verantwortung „gilt es zu ermöglichen und nicht pauschal abzuweisen“.

Als Ergänzung: Dieses Zitat stammt von den Grünen im Deutschen Bundestag. – Auch dem ist nichts hinzuzufügen.

Dr. med. Dr. scient. med. Igor Grabovac: Sehr geehrte Damen und Herren! Als Arzt mit langjähriger Erfahrung im Fachbereich von Public Health inklusive extensiver wissenschaftlicher Tätigkeit mit den Schwerpunkten Gesundheit von Gender- und sexuellen Minderheiten sowie HIV-Epidemiologie stehe ich heute mit großem Vergnügen vor euch, um die Debatte zur diskriminierungsfreien Blutspende in einen wissenschaftlichen, evidenzbasierten Kontext zu stellen.

Im aktuell verwendeten Spenderfragebogen werden Männer, die Sex mit Männern haben, abgekürzt: MSM, von einer Blutspende für zwölf Monate ausgeschlossen. – Eine Richtlinie, die schwer zu verstehen und zu rechtfertigen ist. Dieser Ansatz ist in Zeiten entstanden, in denen weder Tests noch Behandlungen für HIV existierten. Angesichts des derzeitigen Wissensstandes scheint ein zwölfmonatiger Ausschluss eine pauschale Entscheidung zu sein, anscheinend mit dem Ziel, den vorigen dauerhaften Ausschluss de facto fortzusetzen.

Überlegen wir Folgendes: Basierend auf den Ergebnissen aus 31 Ländern der EU und des EWR stellte Sex zwischen Männern im Jahr 2018 den häufigsten Übertragungsweg für HIV dar. Dies erfasst jedoch lediglich 40 Prozent aller neuen HIV-Diagnosen. Eine Ansteckung findet daher in vielen Ländern Europas häufiger durch heterosexuellen Geschlechtsverkehr statt; in Ländern wie Estland, Lettland, Litauen, Finnland, Island, Norwegen, Portugal, Rumänien und Schweden.

Daten für Österreich sind vielversprechend und basieren auf Berichten des Europäischen Zentrums für die Kontrolle von Krankheiten, wonach es in Österreich zu einem Rückgang an HIV-Infektionen gekommen ist. Am stärksten rückläufig wurden Infektionen in der MSM-Gruppe verzeichnet. Im europäischen Kontext wird derselbe Trend für Belgien, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, die Niederlande, Portugal und das Vereinigte Königreich beobachtet.

Insgesamt ist die Transmissionsrate unter MSM in der EU gefallen und beträgt mit 48 Prozent momentan weniger als die Hälfte aller bekannten HIV-Neuinfektionen. Daher ist die weitverbreitete Behauptung, MSM wären für die Vielzahl neuer HIV-Fälle verantwortlich, einfach falsch. Obwohl die MSM-Übertragung immer noch für 53 Prozent der neuen Fälle in Österreich verantwortlich ist, ist sie jene mit dem stärksten Rückgang. Anhand der heutigen epidemiologischen Trends ist zu erwarten, dass die MSM-Transmission in den nächsten Jahren unter 50 Prozent fallen wird, wenn dies nicht bereits geschehen ist.

Eine weitere gängige Hypothese lautet, dass MSM einem erhöhten Risiko einer HIV-Ansteckung ausgesetzt sind und dass sie zum Zeitpunkt einer Blutspende ihren Status nicht kennen würden. Diese Argumentation ist in vieler Hinsicht fehlerhaft. Wenn wir sehr zurückhaltend einschätzen, dass 5 Prozent aller über 14-jährigen Männer, die in Österreich leben, MSM sind, und wir jene ausschließen, die bereits HIV-positiv sind, kommen wir zu einer Zahl von circa 181 000 MSM, die HIV-negativ sind. Anhand der derzeitigen Datenlage zu Neuinfektionen in Österreich errechnet sich das Risiko einer undetektierten HIV-positiven Blutspende von 1 : 100 000. Im Vergleich dazu ist die Wahrscheinlichkeit, bei einer Blinddarmoperation zu sterben, 5 000-mal höher. Daher ist die Ausgrenzung von MSM aufgrund der epidemiologischen Situation insgesamt unnötig.

Der aktuelle Gold-Standard-Test für HIV bereits in der vierten Generation hat ein Zeitfenster, in dem diese Tests positive Ergebnisse zeigen, zwischen 15 und 20 Tagen nach Ansteckung. Das ist eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu älteren Tests, die zwischen 20 und 30 Tage brauchen. Als eine zusätzliche diagnostische Maßnahme wird routinemäßig ein Bestätigungstest durchgeführt; beispielsweise ein Test der Viruslast, der innerhalb von fünf bis zehn Tagen eine Infektion nachweist, oder Western-Blot-Techniken, die 45 bis 60 Tage brauchen. Kurz gefasst heißt das, dass selbst der Test, der die längste Zeit bis zum eindeutigen Ergebnis braucht, dieses innerhalb von zwei Monaten nach Ansteckung liefert – weit weniger als die praktizierte Ausgrenzung von zwölf Monaten.

Die Vorstellung, dass sexuelle Orientierung oder andere Identitätsmerkmale an sich Risikofaktoren darstellen, ist falsch – keine Identität ist ein Risikofaktor –, sondern es ist ausschließlich das Sexualverhalten, und zwar unabhängig davon, ob riskantes Verhalten zwischen zwei Männern, zwei Frauen oder einem Mann und einer Frau. Es liegt der evidenzbasierte Schluss nahe, angesichts der Sensitivität der diagnostischen Verfahren und der epidemiologischen Lage, dass es keine Argumente für diesen Typ der Diskriminierung gibt.

Daher schlage ich eine Änderung des aktuellen Screeningverfahrens mit sofortiger bundesweiter Implementierung vor. Ein neuer Ansatz sollte ein riskantes Sexualverhalten bei allen potenziellen Blutspendern innerhalb von drei Monaten vor der Blutspende ermitteln – unabhängig von sexueller Orientierung. Falls es dazu kam, das heißt penetrativem, analem oder vaginalem Geschlechtsverkehr ohne Verwendung von Kondomen, sollte die betreffende Person für drei Monate von einer Blutspende ausgeschlossen werden.

Insgesamt sollte sich Österreich in Richtung individualisierte Risikoabschätzung bewegen, was bereits in Ländern wie Bulgarien, Polen, Portugal, Italien und Spanien der Fall ist. Wie viele andere Länder ist Österreich mit einem Mangel an Blutspendern konfrontiert, was ein massives Problem für das Gesundheitssystem darstellt. Gerade in der jetzigen Pandemie werden unsere Mitmenschen dazu aufgerufen, Blutplasma zu spenden, um schwer kranken Covid-PatientInnen bessere Überlebenschancen zu ermöglichen.

Blutspenden retten Leben – wieso dann eine ganze Bevölkerungsgruppe potenzieller Lebensretter davon ausschließen, wenn es keine begründeten Argumente dafür gibt?! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Dr. Helmut Graupner: Ich darf nun von der medizinischen Seite zur juristischen Seite überleiten. Von medizinischer Seite, haben wir gehört, ist die Frage, die Sie heute hier beraten, seit längerer Zeit beantwortet. Auch von juristischer Seite ist sie mittlerweile ganz klar beantwortet. 2015 hat nämlich der Gerichtshof der Europäischen Union diese Frage bereits verbindlich entschieden. Im Fall Léger gegen Frankreich hat der EU-Gerichtshof 2015 die entsprechende Richtlinie der Europäischen Union verbindlich ausgelegt. Sie wissen, Unionsrecht hat Anwendungsvorrang vor nationalem Recht und gilt unmittelbar in allen Mitgliedstaaten.

Was hat der EuGH vor mittlerweile bereits fünf Jahren verbindlich entschieden? – Er hat entschieden, dass betreffend die Frage der Rückstellung von Spenden von Personen mit einem hohen Risiko, eine Krankheit oder eine Infektion durch Blutprodukte zu übertragen, folgendermaßen – wie es die entsprechende Richtlinie vorsieht – vorzugehen ist: Es ist in erster Linie zu testen, es ist jede einzelne Blutspende zu testen. – Das ist die erste Anforderung.

Die zweite Anforderung ist: Bei diesem Test sind die neuesten wissenschaftlichen und technischen Verfahren anzuwenden. Das, was neuester wissenschaftlicher Standard ist, hat Anwendung zu finden, und zwar bei der Testung jeder einzelnen Blutspende.

Wenn trotz Anwendung der neuesten Verfahren ein diagnostisches Fenster bleibt – wir haben gehört, dass das heute allerhöchstens sechs bis acht Wochen sind; aber da werden Ausnahmefälle auch einbezogen –, dann ist eine Bevölkerungsgruppe immer noch nicht pauschal auszuschließen. Wir haben in Österreich immer noch die Situation, dass abgebrochen wird, mittels der Tests untersucht wird, und da es ein diagnostisches Fenster gibt, eine bestimmte Bevölkerungsgruppe pauschal ausgeschlossen wird.

Dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes nach geht das nicht. Es ist ein gelinderes Mittel anzuwenden, nämlich eine gezielte, persönliche Befragung der Personen, die blutspendewillig sind. Es sind – ich zitiere wörtlich aus dem Urteil – „gezielte Fragen“ zu stellen, die das jeweilige individuelle Risiko eingrenzen können. Das heißt, es sind gezielte Fragen zum rezenten Sexualverhalten zu stellen, und zwar individuell zum Risiko der betreffenden Person, zu ihrem eigenen Sexualverhalten, und nicht zu einem pauschalierten Sexualverhalten einer bestimmten Gruppe.

Der EuGH verweist auch ganz ausdrücklich darauf – wenn Sie es nachlesen wollen: Randziffer 67 –, dass im Zuge dieser Befragungen beispielsweise auch die Beständigkeit einer Beziehung abgefragt werden soll. Also: Wie stabil ist eine Beziehung? Findet der Kontakt in einer stabilen, monogamen, lang dauernden Beziehung statt oder sind es Gelegenheitskontakte gewesen? Und auch – und das ist der ganz wesentliche Punkt – zum Schutz der Kontakte: Waren die Kontakte geschützt oder waren sie ungeschützt?

Das wird eben in Österreich leider bei MSM, aber auch bei anderen nicht praktiziert. Diese Vorgabe wird bis heute nicht eingehalten. MSM – also Männer, die Sex mit Männern haben; das sind im wesentlichen homo- und bisexuell aktive Männer – werden nicht gefragt, ob sie in einer monogamen Beziehung Sex hatten, sie werden nicht gefragt, ob sie, wenn sie außerhalb einer monogamen Beziehung Sex hatten, die Safer-Sex-Regeln eingehalten haben, ob sie Kondome verwendet haben – sie werden einfach pauschal ausgeschlossen.

Auf der anderen Seite, im heterosexuellen Bereich, passiert genau der gleiche Fehler: Im heterosexuellen Bereich – ich beziehe mich auf den Fragebogen des Roten Kreuzes, den Sie auf dessen Webseite abrufen können, oder den Algorithmus, der im Gesundheitsministerium ausgearbeitet wurde, auf dem dieser Fragebogen basiert – wird nicht gefragt. Sie werden keine einzige Frage in die Richtung finden, ob ein Sexualkontakt geschützt stattgefunden hat oder nicht, ob er entsprechend den Safer-Sex-Regeln stattgefunden hat oder nicht, und zwar weder bei Heterosexuellen noch bei Homo- und Bisexuellen.

Das ist bei den einen ein massiv übertriebener, überzogener Ausschluss, der auch massiv stigmatisiert, und auf der anderen Seite eine Laxheit, die ich – erlauben Sie mir, das zu sagen – durchaus als gemeingefährlich sehe. Ich meine, die letzte Ansteckung, die es in Österreich durch Blutspenden gab, ist meines Wissens 2003 durch eine heterosexuelle Frau erfolgt. Jetzt können Sie sagen, das war deswegen, weil MSM ganz ausgeschlossen waren. Das ist mir klar, dass Sie das antworten werden.

Aber warum fragen wir nicht im heterosexuellen Bereich nach geschütztem oder ungeschütztem Sex? Warum fragen wir das nicht im MSM-Bereich? Wir können das sicherlich ausführlich diskutieren, aber es ist durch den EuGH klargestellt; das ist rechtsverbindlich, darüber gibt es keine Diskussion mehr, das ist die Rechtslage. Sie können sie auf europäischer Ebene ändern, aber nicht in Österreich.

Wenn Sie im heterosexuellen Bereich mit einer infektiösen Person sexuellen Kontakt haben, sogar wenn Sie ungeschützten Kontakt mit einer Person, die HIV-infiziert und noch infektiös ist, haben – Sie wissen, unter erfolgreicher Behandlung ist man das nicht mehr; Sie wissen das und haben sogar ungeschützten Sex –, dann sind Sie nach den geltenden Richtlinien, die im Übrigen gar nicht rechtsverbindlich sind – das kann man nachher noch besprechen –, nur vier Monate ausgeschlossen, während homo- und bisexuell aktive Männer, selbst wenn sie in einer seit zehn, 20 Jahren monogamen Beziehung leben beziehungsweise sich immer an die Safer-Sex-Regeln gehalten haben, immer Kondome verwendet haben, kein Sperma in den Mund genommen haben – das sind ja die Regeln –, zwölf Monate, also praktisch auf Dauer, ausgeschlossen sind. Sie dürften mit ihrem Partner ein Jahr lang keinen Sex gehabt haben, erst dann dürften sie Blut spenden.

Das ist nicht nachvollziehbar, das entspricht nicht der Rechtslage, das ist rechtswidrig, schlicht absurd und gegen den gesunden Menschenverstand. Ich appelliere daran, für MSM eine vernünftige Regelung zu finden und wie viele andere Länder – Spanien, Italien, Portugal, Polen et cetera – auch, diese Frage entfallen zu lassen, aber auch im heterosexuellen Bereich den Schutz anzuheben, weil er da jetzt viel zu niedrig ist. – Danke schön.

Dr. Christof Jungbauer: Ich darf zuallererst ein Statement des Österreichischen Roten Kreuzes verlesen: Das Österreichische Rote Kreuz tritt entsprechend seiner Grundsätze klar gegen die Diskriminierung aller Menschen auf. Wir unterstützen einen egalitären und uneingeschränkten gesellschaftlichen Zugang, unabhängig von der sexuellen, religiösen oder politischen Orientierung oder von ethnischen Zugehörigkeiten.

Bei der Bereitstellung von Blutkomponenten zur Transfusion und von Arzneimitteln aus menschlichem Blut ist die Sicherheit oberstes Gebot. Nach Virusübertragungen in den 1970er- und 1980er-Jahren haben eine Reihe von Maßnahmen dazu geführt, die Blutsicherheit und das Vertrauen der Patienten und Patientinnen in Blutkomponenten wiederherzustellen. Dementsprechend niedrig ist daher heute das Restrisiko einer Infektion durch Blutprodukte.

Dennoch bleibt es ein Spannungsfeld, den Wunsch nach einer niedrigschwelligen Spenderzulassung mit dem bestmöglichen Ausschließen eines Infektionsrisikos durch Blutprodukte in Einklang zu bringen. Das Österreichische Rote Kreuz spricht sich deshalb dafür aus, dass Entscheidungen über Maßnahmen, die die Blutsicherheit betreffen, grundsätzlich aufgrund von wissenschaftlicher Evidenz entsprechend den Empfehlungen von Fachgremien wie der Blutkommission des Sozialministeriums getroffen werden. – Univ.-Prof. Dr. Gerald Schöpfer im November 2020.

Lassen Sie mich, bevor ich jetzt über die Evidenz spreche, warum sich bestimmte Menschen besser als Blutspender eignen, warum sich deren Blut besser für das Ausgangsmaterial für Arzneimittel aus menschlichem Blut eignet, und andere eben nicht so gut – was aber immer nur eine fachliche Wertung ist und nie eine menschliche oder moralische Wertung –, ganz kurz die Regularien berühren, die sozusagen Grundlage der Sicherheit, die wir heute haben, sind!

Teil dieser Regularien ist in erster Linie die europäische Direktive 2004/33. Diese europäische Direktive ist in einem Punkt sozusagen erstaunlich interpretierbar, das ist in Bezug auf sexuell übertragbares Risiko.

Bei allen anderen Themen ist aber kaum Spielraum, da ist sie sehr strikt, ausgesprochen restriktiv und immer pauschal. Man kann das jetzt sehen, wie man möchte, das ist ein politisches Thema, aber diese Direktive hat dazu geführt, dass die Blutsicherheit heute so hoch ist, wie sie eben ist. Wir haben Transmissionen von eins auf viele Millionen; es muss uns vollkommen klar sein, dass wir am höchsten Sicherheitsstandard angelangt sind, dass alle Eingriffe, die wir machen und bei denen wir Fehler machen, dazu führen werden, dass wir dieses hohe Sicherheitsniveau verlieren. Man kann darüber sprechen, um wie viel es sinken wird, aber es wird nicht sicherer.

Die Experten und Expertinnen der Blutkommission haben die Änderung der Rückstellung von permanent auf zwölf Monate nach dem letzten MSM-Kontakt empfohlen. Wir haben im September 2020 den österreichweit einheitlichen Fragebogen des Ministeriums und den Entscheidungsalgorithmus des Ministeriums umgesetzt. Ja, zwölf Monate Rückstellung sind eine lange Zeit, aber die gleiche Rückstellung wird auch für Heterosexuelle angewandt, die häufig wechselnde Sexualpartner haben. „Häufig wechselnd“ bedeutet mehr als drei pro Jahr; das ist die Definition.

Wo ist die Evidenz dafür, warum ist das so? – Das Risiko, wenn man sich nur auf HIV beschränkt, dass HIV übertragen wird – und das Gleiche gilt für das diagnostische Fenster –, ist eben bei Menschen mit MSM-Sexualverhalten 62-fach erhöht; man kann jetzt auch andere Quellen nehmen, ich nehme die REDS-II-Studie. Bei Heterosexuellen mit Promiskuität ist es 2,3-fach erhöht. Das ist die wesentliche Ausgangssituation, die eine ganze Reihe von Folgen hat. Das wird immer wieder angesprochen, das wird auch getestet und das muss mit den modernsten, mit den besten Methoden getestet werden, und das ist auch der Fall.

Zum einen bleibt aber das diagnostische Fenster, und das zweite Problem, das deutlich schwerwiegender ist und gerade in diesem Fall besonders durchschlägt, ist das Problem der Risikoperzeption und der Compliance. Wenn man sich ansieht, wie die österreichischen Daten, aber auch andere europäischen Daten sind, dann erkennt man, dass diese Compliance nicht gut ist. Beispielsweise hatten wir in Ostösterreich, also Wien, Niederösterreich und dem Burgenland, seit dem Jahr 1985 genau 182 HIV-Diagnosen, zwei davon sind bis zu einem Patienten durchgeschlagen. Von diesen 182 Personen waren 160 Männer, und von diesen 160 Männern haben 43 Prozent offengelegt, dass sie es vermutlich aufgrund von MSM-Sexualverhalten bekommen haben. Die Holländer haben es so gemacht, dass sie sozusagen nicht mehr auf die persönliche Auskunft, die natürlich durch den Sexual Openness Index und aufgrund der sehr unangenehmen Situation gebiast ist, vertraut haben, sondern das durch eine Subtypenuntersuchung der HI-Viren genetisch untersucht haben. Sie konnten zeigen, dass 75 Prozent der HIV-Diagnosen bei Männern aufgrund von MSM-Clustern bedingt waren.

Es ist im Übrigen so, dass die meisten Länder sehr wohl pauschal zurückstellen und nur einige eine individuelle Risikobewertung machen. Jene Länder, die sich entschieden haben, da eine Verkürzung auf vier oder drei Monate durchzuführen, haben sehr deutlich gestatet, dass sie erwarten, dass dadurch die Blutsicherheit sinken kann. Sie haben gesagt, das sei nur bis zu einem gewissen Grad für sie akzeptabel. Es ist allerdings so, dass das natürlich nicht Entscheidungen sind, die durch Fachpersonen getroffen werden können. Sie können auch nicht durch Organisationen getroffen werden. Ob man so ein Risiko eingehen möchte oder nicht, ist eine gesellschaftliche Entscheidung. Das heißt, das ist eine politische Entscheidung – und man möge bitte in solche politische Entscheidung auch die Betroffenen miteinbeziehen. Die Betroffenen sind vor allem jene, die die Blutkomponenten bekommen könnten.

Aus fachlicher Sicht kann ich das also nicht empfehlen, weil nicht sichergestellt ist, dass die Blutsicherheit auf gleichem Niveau bleibt. – Danke.

Dr. med. Günter Koderhold: Ich bin von Beruf Fachonkologe und klinischer Prüfarzt und werde mich bemühen, mich jeglicher Wertung zu enthalten und ausschließlich auf Fakten zu reduzieren.

Es gibt bei dieser Problematik drei Bereiche. Der eine ist das Risikoverhalten, das sich natürlich nicht auf homosexuelle Personen beschränkt, sondern auch im heterosexuellen Bereich genau definiert wird. Da ist es zweifellos richtig, Risikoverhalten ist wichtiger als die eigentliche Neigung.

Der zweite Bereich, über den wir diskutieren müssen, ist die Validität des diagnostischen Fensters und auch die Einschätzung möglicher Mutationsraten, die zwar selten sind, aber doch immer wieder auftreten können.

Der dritte Punkt ist die Form des Fragebogens und die Möglichkeit von Alternativen.

Bei den letzten Punkten müssen wir das Rad nicht neu erfinden, da gibt es durchaus Möglichkeiten aus den USA, die ich gleich erklären werde.

Zu den Risikofakten: Diesbezüglich gibt es, was man erkennen kann, wenn man sich die internationale Literatur durchliest, nahezu keinen Unterschied, ob es jetzt das Robert-Koch-Institut, die WHO, Großbritannien oder Irland ist. Die Risikogruppen sind genau definiert und sind natürlich nicht nur homosexuell, sondern auch heterosexuell.

2015 gab es in den USA aufgrund einer Geschlechtsdiskriminierung einen sehr interessanten Lösungsansatz, den ich hier zur Diskussion stelle, nämlich dass man zum Fragebogen als Alternative einen genderneutralen Fragebogen für Blutspender gibt. In diesem genderneutralen Fragebogen, den Frau Yvette Miller vom Amerikanischen Roten Kreuz entwickelt hat, werden allerdings in relativ umfangreicher Art und Weise das Sexual Behavior, das sexuelle Verhalten, der Partnerwechsel und auch die Bekanntschaft, der nähere Kontakt mit Personen, die häufigen Partnerwechsel haben, definiert. Das heißt, im Unterschied zum gebräuchlichen, sehr knappen Fragebogen, der eigentlich auf der ganzen Welt gleich ist, schlägt da das Amerikanische Rote Kreuz als Alternative – nicht als Ersatz – für Personen, die sich durch den vorliegenden Fragebogen nicht definieren können, nicht mit ihm identifizieren können, etwas vor, was ich durchaus auch sinnvoll finde, nämlich einen genderneutralen Fragebogen. Da ist es völlig egal, welcher sexuellen Orientierung man sich zugehörig fühlt, nur ist die Art der Diskussion natürlich umfangreicher.

Der nächste Punkt ist die Validität des diagnostischen Fensters und auch der entsprechenden Mutationen. Da hat das Robert-Koch-Institut 2019 eine sehr genaue Übersicht erstellt, räumt aber ein, dass statt zwölf Monaten auch sechs Monate und zuletzt auch drei Monate Frist durchaus akzeptabel wären. Zum diagnostischen Fenster: Egal, wie genau der Test ist, man hat nun einmal ein Zeitintervall eines frisch Infizierten zum Ausbruch und zum seropositiven Nachweis der Erkrankung, und dieses Fenster kommt vor allem bei Blutkonserven zum Tragen, die innerhalb von 42 Tagen verbraucht werden müssen.

Luxemburg hat einen sehr interessanten Ansatz, indem sie zwar Blutkonserven von Personen mit sexuellen Risikoverhalten nicht freigeben, sehr wohl aber bei Plasmaspenden – da Plasma zwei Jahre eingefroren werden kann und man es einmal oder zweimal im Abstand von je acht Wochen testen kann – eine Möglichkeit einräumt.

Ich wiederhole: Um eine diskriminierende Fragestellung zu vermeiden, wäre die Möglichkeit, als Alternative, nicht als Ersatz einen genderneutralen Fragebogen anzubieten.

Bezüglich des diagnostischen Fensters und der möglichen Mutationsrate wäre die Möglichkeit, wie es die Luxemburger versuchen, zwar auf Blutkonserven von Personen mit sexuellem Risikoverhalten – das ist unverändert und daran wird sich nichts ändern – zu verzichten, allerdings bei der Plasmagabe, da man da zwei Jahre Zeit hat, neuerliche Testungen einzufordern. Dies könnte man natürlich im Rahmen einer klinischen Studie machen.

Ich habe mich bemüht, mich kurz zu halten und mich jeder Wertung zu enthalten. – Danke für die Aufmerksamkeit.

Erste Fragerunde der Abgeordneten

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Geschätzte Experten! Ich möchte mich zuerst einmal ganz herzlich für die Klarheit bedanken, mit der Sie Ihre Standpunkte dargelegt haben.

In den letzten Jahrzehnten hat sich ja durchaus etwas weiterentwickelt: Zuerst einmal, würde ich sagen, ist die Achtsamkeit im Hinblick darauf, was eine Diskriminierung ist, deutlich gewachsen, und das ist sehr, sehr gut. Weiters sind auch die technischen Möglichkeiten der Diagnostik weiterentwickelt worden, und das ist ein weiterer guter Punkt.

Ich möchte auch festhalten, dass Blut spenden ja eine altruistische Handlung ist und man tunlichst niemanden, der dazu bereit ist, vor den Kopf stoßen sollte. Gleichzeitig wissen wir auch, dass verschiedene Sexualpraktiken durchaus mit unterschiedlichen Risiken einhergehen und dass die Patientinnen- und Patientensicherheit etwas ist, was wir nicht in Frage stellen wollen.

Meine Frage in die Runde ist: Gibt es unter den Experten Einigkeit für eine Lösung, die wirklich völlig von einer Diskriminierung Abstand nimmt, die ausschließlich ohne Wertung vielleicht auf einzelne Verhaltensweisen abzielt und die die Sicherheit, die wir derzeit im Blutspendewesen haben, in keiner Weise reduziert? – Das ist, glaube ich, die Frage, die die Experten beantworten müssen.

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Ich möchte gleich an die Frage von Abgeordnetem Smolle anschließen: Was quer durch alle Redebeiträge sehr spannend war, ist die Tatsache, dass pauschale Unterstellungen gegenüber Personengruppen nicht nur menschlich hinterfragenswert sind, sondern auch juristisch falsch und auch medizinisch nicht aufrechtzuerhalten sind. Dr. Koderhold hat das so schön beschrieben, nämlich dass das persönliche Risikoverhalten deutlich entscheidender ist als die eigentliche Neigung.

Deswegen will ich Herrn Dr. Jungbauer fragen: Sie haben gesagt, dass Promiskuität ein höheres Risiko birgt. Wie kommen Sie dann zur Begründung, dass die Verallgemeinerung in Richtung pauschal allgemeiner Personengruppen maßgeblich ist und nicht das persönliche Risikoverhalten? Also das ist in Ihrer Argumentation sozusagen oft nicht ganz schlüssig und verständlich gewesen, warum Sie das einerseits immer ganz stark auch auf das Risikoverhalten konkret abstellen, was quer durch alle Expertenmeldungen gekommen ist, und dann aber eigentlich in Bezug auf ganz allgemeine Personengruppen generalisieren.

Anschließend noch eine Frage an den Vertreter des Roten Kreuzes: Importiert das Rote Kreuz zum Beispiel auch Blut aus anderen Staaten, die auf diskriminierende Formulierungen verzichten, oder gibt es dann einen Ausschluss, dass man kein Blut aus derartigen Staaten importieren würde? Es gibt eine Reihe von Staaten, die längst auch ohne derartig diskriminierende Fragestellungen, wie wir sie in Österreich haben, auskommen. Würde das Rote Kreuz aus diesen Staaten dann kein Blut mehr importieren, gibt es da Ausschlusskriterien oder wird dennoch aus diesen Staaten importiert? – Das wären die Fragen.

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Dr. Grabovac, Sie haben relativ klar argumentiert, dass das tatsächliche Risiko bei unterschiedlicher sexueller Ausprägung gar nicht übergewichtet sei, sondern dass das Risiko eher woanders liegt. Gleichzeitig hat Herr Dr. Koderhold auf eine relativ aktuelle Studie des RKI hingewiesen, in der eine detaillierte Risikoanalyse für den Blutspendebereich ausgearbeitet wurde.

Vielleicht können Sie beide noch etwas mehr ins Detail gehend erläutern, wo aus Ihrer Sicht in der aktuellen Regelung Risiken bestehen, die noch nicht entsprechend berücksichtigt sind, oder vielleicht eine klarere Bestätigung dafür geben, dass die Risikoeinstufung, wie sie momentan vorhanden ist, durchaus gerechtfertigt ist. – Das auf der einen Seite.

Auf der anderen Seite würde ich auch Herrn Dr. Koderhold noch ersuchen, die von ihm angesprochenen internationalen Vergleiche, diese Best-Practice-Beispiele, zum Beispiel aus den USA bezüglich des genderfreien Fragebogens, noch etwas detaillierter zu erläutern.

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Auch ich finde es richtig und wichtig, dass wir in dieser Breite heute mit Experten – da bleibe ich jetzt in der männlichen Form – hier dieses Thema diskutieren. Es liegt auf der Hand, dass die Benennung einer bestimmten Gruppe diskriminierend ist. Es liegt uns ein Antrag vor, in dem sich die zwei Regierungsparteien auch mit Unterstützung der Opposition auf weg von Risikogruppe hin zu Risikoverhalten geeinigt haben, um eben die Sicherheit bestmöglich zu garantieren oder in Zukunft sogar noch besser zu garantieren.

Deshalb meine erste Frage an Sie, Herr Dr. Koderhold: Sie haben diesen gendersensiblen Fragebogen erwähnt und gleichzeitig gemeint, diesen könne man zusätzlich beilegen, aber nicht als Ersatz betrachten. – Darauf, würde ich Sie bitten, noch kurz einzugehen.

An Sie, Herr Dr. Jungbauer, hätte ich ein paar kurze Fragen: Werden die Proben in Österreich alle einzeln oder in Pools getestet, und wenn sie in Pools getestet werden, in welcher Größe sind diese dann zusammengesetzt? Und weiters: Produziert Österreich einen Überschuss, der zum Beispiel auch an andere europäische Länder weiterverkauft wird, und wenn ja, wie schaut das dann mit der prozentuellen Aufteilung aus beziehungsweise wie viel verkauft Österreich an andere Länder weiter? Produzieren wir in Österreich einen Überschuss, oder haben wir zu wenige Blutkonserven und müssen diese eben entsprechend von anderen Ländern aufkaufen? Bezugnehmend auf die letzte Frage: Wenn ja, gibt es einen Kriterienkatalog, aus welchen Ländern Österreich zukaufen kann und aus welchen nicht, weil diese ja unterschiedlichen Regelungen haben?

Sie, Herr Dr. Grabovac, würde ich gerne noch fragen, weil Sie vorhin die wissenschaftliche Basis angesprochen haben, ob, wenn ich Sie jetzt richtig interpretiere, die aktuelle Abfrage in diesem Fragebogen eigentlich nicht mehr dem wissenschaftlichen Standard entspricht. Das heißt, diese Vergleiche, die wir vorhin gehört haben, dass es da eine höhere Ansteckungsgefahr gibt, sind ja in den 1970er-, 1980er-Jahren beispielsweise in unterschiedlichen Vergleichsgruppen gemacht worden, also man hat nicht irgendwie eine besonders vulnerable betroffene Gruppe mit eben MSM verglichen, sondern man hat sozusagen die Gesamtbevölkerung mit einer bestimmten Gruppe verglichen. – Also vielleicht sagen Sie uns dazu den aktuellen Stand der Dinge! Und so, wie ich Sie verstehe, würde das eben dieser Frage, so, wie sie jetzt gestellt wird, nicht entsprechen.

An Herrn Dr. Graupner hätte ich auch noch eine Frage: Auf die europäische Rechtslage sind Sie ja schon eingegangen, wie aber handhaben das die anderen Länder? Halten sie sich weitgehend an dieses Urteil, das Sie dargelegt haben, beziehungsweise wieso ist man jetzt in Polen, in Ungarn beispielsweise viel offener beziehungsweise fragt diese Gruppe jetzt gar nicht ab, sondern stellt ganz andere Fragen? – Vielleicht können Sie darauf näher eingehen, woher das kommt und wie man in Österreich diese diskriminierende Frage eben anders formulieren könnte, sodass die Sicherheit besser gewährleistet ist, aber eine bestimmte Gruppe sozusagen nicht im Vorhinein an den Pranger gestellt wird. – Danke.

Abgeordneter Yannick Shetty (NEOS): Sehr geehrte Experten, vielen Dank für die Ausführungen! Ich bin sehr froh, dass wir unseren Antrag hier im Rahmen eines Expertenhearings diskutieren. Ich finde das sehr sinnvoll, vielleicht wäre es noch sinnvoller gewesen, dieses Expertenhearing durchzuführen, bevor der Bundesminister angekündigt hat, dass das Blutspendeverbot ohnehin fallen wird. Ich sehe aber bei den Experten hier ohnehin eine sehr große Übereinstimmung, was diese Maßnahmen betrifft, mit Ausnahme des Vertreters des Roten Kreuzes.

Ich finde es besonders passend, dass wir heute, am Welt-Aids-Tag, diese Debatte führen, an einem Tag, an dem die Aidshilfe und andere Einrichtungen in diesem Bereich die gesamte Bevölkerung darauf aufmerksam machen, dass HIV und Aids kein Thema für eine kleine Gruppe ist, sondern alle betrifft. Deshalb freut es mich besonders, und ich glaube, es ist besonders wichtig, dass wir heute über Ausschlussgründe bei der Blutspende diskutieren, die gerade das suggerieren. Diese suggerieren, dass HIV und Aids ein Thema für eine kleine Gruppe ist und eben nicht alle Menschen treffen kann. Ich finde die Fragestellung geradezu grob fahrlässig, weil diese ja das untergräbt, was heute am Welt-Aids-Tag eigentlich alle sagen.

Ich möchte in der ersten Runde drei, vielleicht vier kurze Fragen stellen. Die erste nämlich an Herrn Dr. Grabovac, aber vielleicht auch an Herrn Dr. Jungbauer vom Roten Kreuz: Warum sind unter dem Gesichtspunkt des Infektionsrisikos MSM, also Männer, die Sex mit Männern haben, zur Organspende beziehungsweise zur Stammzellenspende zugelassen, zur Blutspende jedoch nicht? Mich würde Ihre Expertise dazu, was da der Unterschied im Infektionsrisiko ist, interessieren.

Dann eine Frage an Herrn Dr. Graupner: Herr Bundesminister Anschober hat gesagt, dass er es für nicht notwendig erachtet, die Blutspenderverordnung zu ändern. Das hat mich gewissermaßen irritiert, weil wir es für notwendig erachten würden, dass über die Blutspenderverordnung eine Diskriminierung ausgeschlossen wird. Es würde mich interessieren, von Ihnen zu hören, ob Sie es für ein adäquates Mittel erachten, in der Blutspenderverordnung eine Diskriminierung auszuschließen, oder welcher Weg sonst der geeignetere wäre.

An Herrn Dr. Jungbauer noch eine Frage bezüglich der Daten, die Sie zitiert haben: Mich würde interessieren, was die Quellen für diese Daten sind, ob diese öffentlich einsehbar sind und wo.

Als letzte Frage: Die beiden Anträge, die heute vorliegen, zielen darauf ab, dass eben – das haben wir jetzt häufig gehört – nicht auf pauschale Kriterien abgestellt wird, sondern auf das individuelle Risikoverhalten. Da würde mich insbesondere von Herrn Dr. Koderhold und von Herrn Dr. Grabovac interessieren, wie denn so eine Fragestellung explizit aussehen könnte. Und vielleicht, wenn das davor schon ausgeführt wird, im Nachgang durch Sie, Herr Dr. Jungbauer, würde mich interessieren, ob Sie der Meinung sind, dass so eine Fragestellung die Blutsicherheit gefährden wird.

Erste Antwortrunde der Experten

Assoc. Prof. (FH) Mag. Dr. Frank Michael Amort: Ich werde mich sehr kurz halten, weil ich schon die Info habe, dass das Taxi wartet.

Ich möchte auf die Frage antworten, ob ich eine Lösung für möglich hielte. Ich bin eigentlich zutiefst davon überzeugt, wenn sich HIV-ExpertInnen und auch Experten aus dem Bereich Blutsicherheit und einige Experten, die heute hier sind, zusammensetzen würden – das wäre mein Tipp –, dass wir, wenn wir um 8 Uhr beginnen, bei einem Mittagessen um 12 Uhr wahrscheinlich die Lösung hätten, weil die Literatur, die Evidenz vorliegt; sie wurde angesprochen.

Zum diagnostischen Fenster, maximal drei Monate: Da können wir über Wochen streiten, aber wir werden uns einigen. Und aus der Literatur ist auch ersichtlich, welche Indikatoren als Verhaltensweise abgefragt werden. – Wenn das genderneutral gemacht wird, umso besser.

Ich würde nur in einem Punkt widersprechen, nämlich dem Kollegen vom Roten Kreuz, der suggeriert hat, dass jede Änderung zu einer Unsicherheit des Bluts führt. Die FDA hat heuer die Regelungen in Amerika geändert, sie ist von zwölf Monaten auf drei Monate runtergegangen. Aktuellste Studien zeigen, dass keine signifikante Veränderung vorliegt. Das heißt, dieser Ausschluss hat keinen Sicherheitsmehrwert, bedeutet aber Diskriminierung. Insofern glaube ich, ja, diese Lösung ist möglich, wenn man möchte.

Dr. med. Dr. scient. med. Igor Grabovac: Wie sollte nach dem Stand der Wissenschaft die Frage lauten? – Ich würde sagen: Haben Sie in den letzten drei Monaten Hochrisikogeschlechtsverkehr gehabt, ja oder nein? Die Definition von Hochrisikogeschlechtsverkehr ist: penetrativer, analer oder vaginaler Sex ohne Kondom. – Punkt. Da gibt es auch in der Wissenschaft keinen Grund, irgendetwas anderes zu fragen. Die Leute, die mit Ja antworten, sollten für drei Monate ausgeschlossen sein. Das ist auch ganz klar, alle Daten zeigen das an.

Zur Frage betreffend das Risiko: Ja, in der MSM-Gruppe gibt es vielleicht ein höheres Risiko für Ansteckung innerhalb dieser Gruppe, aber wir reden da wieder über einen von 100 000 Fällen. Was die Blutsicherheit anbelangt, so liegt die Wahrscheinlichkeit, dass man durch eine Blutkonserve HIV bekommt, bei 1 : 2 Millionen.

Warum Stammzellen- und Organspende ja, aber Blut nicht? – Es gibt keine wissenschaftliche oder klinische Begründung dafür. Für Organspenden und Stammzellenspenden sollte man sogar – keine Ahnung – mehr Sicherheit haben, weil dort die PatientInnen immunschwach sind, es gibt also sozusagen noch ein Extrarisiko.

Wenn wir über dieses Risiko reden, wie gefährlich das alles ist, so würde ich wirklich sagen, dass Sie hier vor einem Fall von 100 000 Angst haben. Und das ist wirklich ein bisschen übertrieben. Das ist alles. – Danke schön.

Dr. Helmut Graupner: Zuerst zur Frage der anderen Länder: Es gibt eine Reihe von Ländern, die zum Teil schon seit sehr langer Zeit keinen Ausschluss von MSM haben, auch keinen für einen bestimmten Zeitraum reduzierten, sondern schlicht und einfach die gleichen Ausschlusskriterien für verschiedengeschlechtlichen und gleichgeschlechtlichen Kontakt anwenden.

Auch ich möchte dem entgegentreten, dass mit jeder Änderung der derzeitigen Praxis eine höhere Gefahr für die Empfänger und Empfängerinnen von Blutspenden verbunden wäre. Es steht mir sozusagen als Jurist nicht zu, das aus eigener Expertise sagen zu können, aber ich darf Sie auf ein Papier des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages von diesem Jahr, vom Mai 2020, verweisen, in dem die Blutspendepraxis in verschiedenen Ländern in Bezug auf MSM verglichen wurde und in dem auch verschiedenste Studien referiert wurden, die die Auswirkungen der verschiedenen Praktiken untersucht haben. Ich darf Ihnen den zusammenfassenden Satz hier bringen, dass diese Studien unterschiedlichster Art gewesen sind, dass sie jedoch „ein homogenes Bild“ zeigen: „Eine Steigerung des Infektionsrisikos [...] sei nicht nachzuweisen.“ – Sie können das im Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages von diesem Jahr nachlesen.

Was die Blutspenderverordnung betrifft, ist es ein bisschen komplex. Ich habe schon referiert, der Europäische Gerichtshof hat Vorgaben gemacht, die nicht eingehalten werden; es ist gezielt nach Risikoverhalten zu fragen. – Die andere Geschichte ist: Voraussetzung für jeden entsprechenden Ausschluss ist, dass er gesetzlich vorgesehen ist. Und daran scheitert schon einmal der derzeitige Ausschluss, weil es nirgendwo eine österreichische Rechtsvorschrift gibt, in der Sie einen generellen MSM-Ausschluss finden werden. Sie finden sie nicht im Blutsicherheitsgesetz, Sie finden sie auch nicht in der Blutspenderverordnung.

Sie finden in der Blutspenderverordnung eine Rückstellung – mittlerweile zwölf Monate – für Personen, die sich einem Risiko einer Infektion mit sexuell übertragbaren Krankheiten ausgesetzt haben. – Punkt, Ende. Ja, wunderbar, hervorragend. Sie finden keine Bezugnahme auf Geschlecht oder gar sexuelle Orientierung. Und dann sagt die Blutspenderverordnung, dass dieses Risiko anhand eines standardisierten Algorithmus festzustellen ist. Da wird es kompliziert, weil nämlich die Blutspenderverordnung und auch sonst keine Rechtsvorschrift, die ich gefunden habe, festlegen, wer einen solchen Algorithmus nach welchen Kriterien, auf welcher Grundlage – wo publiziert – erlässt.

De facto gibt es so einen standardisierten Algorithmus, den einige Beamte des Gesundheitsministeriums gemeinsam mit einigen, aber nicht allen Mitgliedern der Blutkommission, die sich dafür zusammengesetzt haben, verfasst haben. Dieser Algorithmus wurde als PDF auf die Homepage des Gesundheitsministeriums gestellt, aber rechtsverbindlich ist das nicht, weil es keine Verordnungsqualität hat oder sonst einer rechtsverbindlichen Vorschrift entspricht. Die Blutspenderverordnung sagt ja noch nicht, dass ein bestimmter Algorithmus zu verwenden ist, sondern nur ein Algorithmus. Das heißt, grundsätzlich könnte jede Blutspendeeinrichtung einen eigenen Algorithmus erstellen. Das Rote Kreuz als praktisch Monopolist hält sich an diesen Algorithmus, aber eine Rechtsverbindlichkeit dazu besteht nicht.

Das heißt, der Ausschluss, der praktiziert wird und der tatsächlich Realität ist, auch aufgrund der Monopolstellung, ist letzten Endes vom Gesundheitsministerium vorgegeben, aber nicht rechtsverbindlich, und wird praktiziert. Insofern könnte man sagen, die Änderung der Blutspenderverordnung ist nicht notwendig, denn es steht ja nicht drinnen. Andererseits würde ich es sehr sinnvoll und gut finden, wenn man in der Blutspenderverordnung klarstellt, dass Ausschlusskriterien nicht vom Geschlecht abhängig sein dürfen. Und darauf reduziert es sich. Der praktizierte MSM-Ausschluss ist ein Ausschluss aufgrund des Geschlechts, der Geschlechterkonstellation beim sexuellen Kontakt. Wenn ein Mann mit einem Mann Kontakt hat, dann ausgeschlossen, wenn ein Mann mit einer Frau oder eine Frau mit einem Mann Kontakt hat, dann ausgeschlossen – das reduziert sich auf das Geschlecht, auf die sexuelle Orientierung kommt es gar nicht an. Es sind ja auch Heterosexuelle, die experimentieren, ausgeschlossen, und Homosexuelle, die eine Alibiehe führen und nur heterosexuell verkehren, sind nicht ausgeschlossen. Das heißt, die sexuelle Orientierung ist nur indirekt betroffen, in Wahrheit ist es ein Ausschluss aufgrund des Geschlechts.

Die Frage, wie man sozusagen richtig formulieren oder diskriminierungsfrei und – wie ich meine, noch wichtiger als diskriminierungsfrei – auch wirksamer und effektiver in Bezug auf die Blutsicherheit formulieren könnte, liegt, glaube ich, auf der Hand, nämlich Bezug nehmend auf das, was seit mittlerweile 40 Jahren von den staatlichen Gesundheitsbehörden, von den Aidshilfen propagiert und gepredigt wird: die Safer-Sex-Botschaft. Diese lautet seit mittlerweile 40 Jahren: beim Geschlechtsverkehr, anal, vaginal, ein Kondom verwenden und beim Oralverkehr kein Samenerguss in den Mund. Und diese Frage sollte man stellen: Hatten Sie in den letzten x Wochen/Monaten – das ist das diagnostische Fenster – Geschlechtsverkehr (anal oder vaginal oder umgekehrt) – in Klammern – ohne Kondom oder Oralverkehr mit Samenerguss in Ihren Mund außerhalb einer stabilen, festen Beziehung? Somit hätte man das Risikoverhalten erfasst. Das wäre auch stimmig mit der Safer-Sex-Botschaft, die der Staat ja aussendet und aussprechen soll.

Wenn man das nicht will, könnte man natürlich auch nach der Anzahl der Sexualpartner oder nach bestimmten Sexualpraktiken fragen, aber ich denke, das, was die staatliche Safer-Sex-Botschaft ist, sollte da auch das entsprechende Kriterium sein.

Es wurde hier zwar nicht in die Fragen verpackt, aber ich spreche es trotzdem an, weil es ein weitverbreiteter Einwand ist: Wir können doch nicht in der breiten Bevölkerung Leute fragen, ob sie Analverkehr hatten und dabei ein Kondom verwendet haben. Stellen Sie sich das irgendwo in ländlichen Gebieten vor! Das ist das, was mitunter als Einwand kommt: Das können wir ja nicht fragen.

Jetzt überlegen Sie, die Blutspendewilligen werden ja jetzt schon gefragt: Haben Sie HIV, sind Sie infiziert? Sie werden jetzt schon gefragt: Spritzen Sie Drogen? Sie werden jetzt schon gefragt: Gehen Sie der Prostitution nach? Sie werden jetzt schon gefragt: Waren Sie im letzten Jahr im Gefängnis? Sie werden jetzt schon gefragt: Hatten Sie Sex mit jemandem, der HIV hat?, und so weiter und so fort. Hatten Sie mehr als drei Sexualpartner im Jahr? – Warum soll man dann nicht diese Dinge, die man ja seit 40 Jahren unters Volk bringen will: Anal-, Vaginalverkehr: kein Kondom, Oralverkehr: kein Samenerguss in den Mund, fragen?

Wenn das tatsächlich – was es nicht ist – zu intim ist, dann möchte ich sagen, ich glaube, unsere Bevölkerung ist mittlerweile nicht mehr dieser mittelalterlichen Meinung und schon so weit, dass man das sehr wohl fragen kann. Wenn man das wirklich nicht fragen könnte oder es da oder dort noch Leute gäbe, die deswegen nicht zur Blutspende gehen, dann würde ich es genau deshalb wichtig finden, dass diese Frage im Fragebogen enthalten ist, damit die Leute vom Blutspenden – und das sind ja nicht wenige, da hat das Rote Kreuz durchaus auch eine Möglichkeit, etwas ganz Wesentliches zur HIV-Prävention beizutragen, nämlich durch den Fragebogen diese Präventionsbotschaft mit zu verbreiten – diese Präventionsbotschaft mit nach Hause nehmen, damit sie nicht so wie jetzt: Die homo- und bisexuell aktiven Männer sind die Gefahr, bei uns fragt man nicht einmal, ob wir mit oder ohne Kondom verkehrt haben!, sondern: Beim Geschlechtsverkehr, egal, welche Richtung, Kondom verwenden und kein Samenerguss in den Mund!, als Botschaft mitnehmen.

Wenn da tabuisiert wird, wenn man gschamig ist und sagt: Das können wir nicht fragen!, dann ist das gerade heute am Welt-Aids-Tag etwas sehr Beschämendes, das man im 21. Jahrhundert nach 40 Jahren HIV und Aids bitte nicht mehr tun sollte, sondern es wäre geradezu notwendig, das zu verbreiten.

Lassen Sie mich an das anschließen, was Herr Dr. Amort zu Beginn gesagt hat – ich bin auch schon so alt, dass ich mich an diese Anfänge erinnern kann, ich war damals schon dabei –: Wir waren vor Jahrzehnten schon so weit, dass gepredigt wurde, es gibt keine Risikogruppen, es gibt Risikoverhalten, und dieser Bereich wird letzten Endes immer noch an Risikogruppen und nicht am Risikoverhalten festgemacht. Und bitte sagen Sie jetzt nicht, da geht es ja um Risikoverhalten, wenn nicht gefragt wird, ob jemand lesbisch oder schwul ist, sondern ob ein Mann mit einem Mann Sex hatte. Das ist ungefähr so, als würden Sie sagen: Wir schließen Christen nicht aus, sondern wir schließen nur Leute aus, die Weihnachten feiern. – Danke schön.

Dr. Christof Jungbauer: Ich möchte zuerst auf die Thematik von Herrn Abgeordnetem Smolle eingehen: Gibt es eine Möglichkeit, das Risikoverhalten abzufragen, ohne die Sicherheit dadurch in irgendeiner Weise zu reduzieren? – Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich glaube, das schließt relativ nahtlos an Ihre Antworten an. Ich kann diese Ansicht nicht teilen. Ich glaube, wir haben hinsichtlich unserer Möglichkeiten die höchste Blutsicherheit. Die Blutsicherheit, je nachdem, welche Quelle Sie nehmen, wird in Österreich mit ungefähr 1 : 4,3 Millionen dargestellt; das wären die Daten von Hourfar. 1 : 4,3 Millionen! Sie müssen sich vorstellen, dass ich bereits betreffend ungefähr 3,5 Millionen Blutkomponenten in verantwortlichen Positionen gesessen bin, und es macht einen großen Unterschied, ob ein Risiko von 1 : 4,3 Millionen oder eines von 1 : 100 000 besteht.

Ich gebe zu, dass in der Medizin andere Risiken gegeben sind, aber der Bereich Blut ist ein besonders sensibler Bereich. Sie können sich ausrechnen, was passiert, wenn die Transmission bei 1 : 100 000 liegt. Das wäre etwas anderes. Ich bin da ein Betroffener, ich bin, glaube ich, der Einzige hier, der da zur Rechenschaft gezogen werden kann. Das können natürlich die Damen und Herren Abgeordneten, die diesen Antrag eingebracht haben, nicht, daher bewerten sie diese Sache sicher anders als ich.

Also es mag, wenn man sich sehr bemüht, Möglichkeiten geben, wie man relativ adäquat ein Risiko abfragt, aber ich glaube nicht, dass das Ergebnis dasselbe ist. Ich glaube, dass man Sicherheit verliert.

Das Zweite, und das habe ich bei Ihren Antworten auch vermisst: Keiner von Ihnen ist auf die Compliance eingegangen. Das Problem ist ganz einfach: Es macht einen Unterschied, ob jemand nicht compliant ist, der ein durchschnittlich 62-fach erhöhtes Risiko oder ein x-fach erhöhtes Risiko hat, oder jemand, der vielleicht promiskuitiv ist und ein 2,3-fach erhöhtes Risiko hat, oder jemand aus der Durchschnittsbevölkerung. Es tut mir leid, ich möchte das nicht, aber es macht einen Unterschied.

Also nein, ich glaube nicht, dass es möglich ist; zumindest ist dieses Vorgehen sehr risikobehaftet. Ich glaube eben, dass es durchaus eine gewisse Berechtigung hat, weiters einen pauschalen Zugang zu pflegen. Dafür gibt es auch Daten; es gibt für alles Daten, für die eine Sache, für die andere Sache, et cetera, die man hier zitieren kann. Die eigene Risikobeurteilung ist einfach sehr, sehr unzuverlässig, wenn Sie an die letzten Transmissionen in Österreich denken. Im Übrigen haben Sie gesagt, die letzte Transmission war eine heterosexuelle. – Ja, aber die davor war eine, die MSM miteingeschlossen hat. Ich glaube, es macht keinen Sinn, auf Einzelereignisse einzugehen, das ist nicht aussagekräftig.

Wenn Sie sich an den Fall der Malariatransmission erinnern, dann sehen Sie sicher, wie die Strafverfolgungsbehörden in diesem Fall agiert haben. Die haben das sehr, sehr eng gesehen, die haben auch die Mitverantwortung aller möglichen Beteiligten, inklusive Sanitäter, der der Spenderin das Blut abgenommen hat, sehr, sehr eng gesehen. Ich bin mir nicht sicher, ob hier bewusst ist, was das für einen Impact hat, vor allem auf der Patientenseite. Ich glaube, es ist ein sehr, sehr hohes Gut, dass wir dieses Sicherheitsniveau haben, und wir müssen sehr aufpassen, da alles risikobehaftet ist. Dessen muss man sich, glaube ich, bewusst sein und so ehrlich muss man sein.

Zum nächsten Punkt: Warum wird nicht nach dem persönlichen Risikoverhalten gefragt, sondern immer pauschal gewertet? Dem liegt eben die Problematik der Risikoperzeption und der Compliance zugrunde, und da gibt es Daten – im Übrigen auch vom Robert-Koch-Institut, von Frau Offergeld et cetera –, die zeigen, dass die Risikoperzeption halt schlecht ist. Ich möchte überhaupt nicht sagen, dass das ein Phänomen ist, das nur unter MSM vorkommt. Das ist auch bei anderen so. Schauen Sie auf den Malariafall, auch da war die Risikoperzeption schlecht, aber der Effekt für die Blutsicherheit ist ein anderer, wenn man eine Gruppe hat, die ein stark erhöhtes Risiko hat, weil man dieses Risiko auch mit der Testung mitnimmt. Das Eingangsrisiko schlägt immer durch die Testung durch. Man hat dann insgesamt ein höheres Risiko, aber man wird diese Gruppe mit dem hohen Risiko trotzdem entsprechend öfters im diagnostischen Fenster drinnen haben. Das ist das Rationale dahinter. Daher sind pauschale Rückstellungen in gewisser Weise berechtigt.

Betreffend diskriminierend/nicht diskriminierend: Es geht immer darum, ob man vergleichbare Gruppen hat. Wenn Sie meinen, dass Frauen, die Sex mit Frauen haben und Menschen, die heterosexuellen Geschlechtsverkehr haben, mit Männern, die Geschlechtsverkehr mit Männern haben, vergleichbar sind, dann stimmt das aufgrund des durchschnittlichen Risikos nicht.

Ich gebe zu, im Einzelfall gibt es davon Abweichungen, aber da haben Sie wieder das Problem der Risikoperzeption, dass das eigene Risiko oft nicht richtig eingeschätzt wird, und diesbezüglich gibt es eine Menge an Evidenz. Ich glaube, das macht sehr wohl einen Unterschied. In dem einen Fall gibt es ein 72-fach erhöhtes Risiko, im anderen das Durchschnittsrisiko oder das bis zu 2,3-fach erhöhte Risiko. Bei Frauen, die Sex mit Frauen haben, gibt es überhaupt keine Übertragungen, also da wird es auch keine Rückstellungen geben; es gibt keine Evidenz dafür.

Die nächste Frage war zum Import von Blut: Nein, es wird kein Blut nach Österreich importiert, außer im Fall von Rare-Blood-Cases – wenn man eine Blutgruppe braucht, die es nur einmal unter Zigtausenden gibt, zum Beispiel Bombay-Blut oder solche Dinge.

Vielleicht darf ich der Frage vorgreifen, ob Blut aus Österreich ins Ausland verkauft wird. – Nein, natürlich nicht. Dazu muss man wissen, dass die Blutversorgung – da gibt es an und für sich einen Konsens in der europäischen Gesetzgebung –, die Versorgung mit labilen Blutkomponenten, regional erfolgen soll. Deutschland bildet eine Ausnahme, dort gibt es den Medizinmarkt, die sehen das anders. Die würden aber, wenn Blut importiert würde – weil ja dann die nationalen Kontrollmechanismen schwer durchzuführen sind –, vermutlich anfangen, die Sache zu überdenken. In Europa wird aber, wie gesagt, kein Blut exportiert oder importiert. Die einzige Ausnahme sind die Thalassämieländer und die Sichelzellenländer, also zum Beispiel Griechenland. Griechenland muss einen Teil seiner Blutversorgung aus der Schweiz beziehen.

Haben wir zu wenig Blut? – Nein, also in den 20 Jahren, die ich dabei bin, habe ich keinen einzigen Fall erlebt, in dem ein Mensch durch eine Nichtverfügbarkeit von Blutkonserven verstorben wäre. Das ist eine große Leistung des Systems. Wenn öffentlich zur Blutspende aufgerufen wird, wenn wir die Medien bemühen, wenn wir die Message aussenden, dass Blut gebraucht wird, bedeutet das, dass die Lagerstände suboptimal oder sehr schlecht sind, aber wir konnten in 100 Prozent der Fälle in den letzten 20 Jahren die Blutversorgung in Österreich aufrechterhalten.

Jetzt komme ich zu den Testungen: Wie wird in Österreich getestet? – Entsprechend den gesetzlichen Regulativen, manchmal noch darüber hinaus. Bei HIV zum Beispiel wird auf Antikörper, Antigen und im Pool auf HIV-RNA getestet. Diese Pool-PCR trifft die Vorgaben des Paul-Ehrlich-Institutes in Deutschland. Das ist das einzige Institut in der Europäischen Union, das da Vorgaben gemacht hat. Auch diesbezüglich: Wenn man die höheren Kosten akzeptieren und die Poolgröße verkleinern würde, könnte man das Risiko trotzdem nicht angleichen. Man hätte zwar eine minimal höhere Blutsicherheit bei höheren Kosten, aber man könnte dadurch ein unterschiedlich hohes Eingangsrisiko nicht angleichen; das bleibt gleich.

Zu Herrn Abgeordneten Shetty: Warum werden MSM zur Stammzellenspende zugelassen und zur Blutspende nicht? – Bei der Stammzellspende hat man ein Problem, man braucht einen genetischen Zwilling. Den genetischen Zwilling finden Sie je nach Genotyp des HLA-Systems mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 : 500 000. Natürlich gibt es auch Allerweltstypen, die findet man wahrscheinlich mit nur 1 : 10 000 oder 1 : 20 000. Da wird ein ganz anderes Risiko in Kauf genommen. Sie haben ja schon die gelinderen Mittel angesprochen: Es geht um die gelinderen Mittel. Es geht darum, wie sinnvoll es ist, eine Maßnahme zu ergreifen, um damit einem anderen zu helfen. Bei der Blutstammzelltransplantation ist das sinnvoll, sonst sterben die Leute, und wenn es international keinen anderen Spender gibt, dann wird man das natürlich machen.

Zu den Daten: Ich kann Ihnen natürlich gerne die Referenzen übermitteln, damit sie dem Protokoll beigefügt werden.

Dr. med. Günter Koderhold: Der genderneutrale Fragebogen des Amerikanischen Roten Kreuzes ist eine gleichwertige Alternative. Der Spender oder die Spenderin kann sich aussuchen, ob er oder sie den Standardfragebogen nimmt oder den genderneutralen Fragebogen, der natürlich umfangreicher ist – das ist klar –: Es wird fast kriminalistisch gefragt, wer mit wem, wann, wo und wie.

Das ist natürlich logisch, da ja eine geschlechtliche Definition nicht dabei ist. Darauf muss man die Spender aufmerksam machen, dass der genderneutrale Fragebogen umfangreicher ist. Er ist aber gleichwertig. Es war auch nicht so gedacht, dass der ursprüngliche, kurze Fragebogen ersetzt wird oder verschwindet, sondern das ist eine gleichwertige Möglichkeit der Befragung.

Zur Änderung der Blutspenderverordnung: Aufgrund der kurzen Haltbarkeit von Blutkonserven, die ja in das diagnostische Fenster hineinfallen, erscheint nach kontrollierten Studien eigentlich nur eine Überlegung betreffend Plasma, das ja zwei Jahre haltbar ist, möglich. Da muss man aber erst kontrollierte Studien machen, indem man die Spender mit Risikoverhalten zumindest ein- bis zweimal nach der Blut- oder Plasmaabgabe kontrolliert. Das wäre der Luxemburger Weg. Wir müssen da das Rad nicht neu erfinden, wir können uns das anschauen. Aufgrund der kurzen Haltbarkeit von Blutkonserven erscheint mir das bei sexuellen Risikogruppen nicht machbar; nach kontrollierten Studien. – Danke.

Zweite Fragerunde der Abgeordneten

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Es gibt ja das dezidierte Versprechen des Herrn Minister, dass er eine diskriminierungsfreie Blutspende ermöglichen möchte. Von Dr. Graupner ist schon aufgezeigt worden, wo Handlungsbedarf besteht, damit dieses Versprechen eingelöst werden kann. Ich möchte Dr. Koderhold und Dr. Grabovac fragen: Können Sie diese Aussage unterstreichen, oder sehen Sie weitere Hemmnisse, bevor diese diskriminierungsfreie Blutspende möglich wird?

Alle drei will ich noch fragen, wie sie das Risiko einschätzen, dass die Qualität der Blutsicherheit durch diese umgesetzten Maßnahmen verringert wird. Wie, schätzen Sie, wirkt sich das auf die Blutsicherheit aus, wenn diese Empfehlung umgesetzt wird?

Herrn Dr. Jungbauer frage ich, wie er die Blutsicherheit in Ungarn, Belgien und den USA einschätzt. Wie viel schlechter als in Österreich ist sie? – Wenn man seinen Ausführungen folgt, sollte dort eine schlechtere Blutsicherheit als in Österreich gegeben sein. – Danke.

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Dr. Jungbauer, ich richte mich wieder an Sie und möchte da ein bisschen nachhaken. Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie meinen, dass das Risiko bei ungeschütztem Analverkehr bei zwei Männern größer ist als beim ungeschützten Analverkehr zwischen Mann und Frau? Wo finde ich eine entsprechende evidenzbasierte Statistik?

Zum Zweiten: Wie kompliziert wäre es, diesen angesprochenen Algorithmus, in den Sie die Fragebögen einspeisen und mit dem Sie auch recht schnell zu Ergebnissen kommen, was zum Beispiel rückzustellen ist, entsprechend neu zu programmieren, das heißt zum Beispiel, um weitere Fragen zu erweitern?

Wieso wird das Risikoverhalten nicht breiter abgefragt, wenn Sie die Sicherheit derart in den Vordergrund stellen? Und ich wiederhole auch nochmals die Frage: Welche Optionen gäbe es aus Ihrer Sicht, aus Sicht des Roten Kreuzes, da eine Abfrage zum Risikoverhalten so durchzuführen, dass die Sicherheit vielleicht sogar noch größer, zumindest aber gleichbleibend wäre? Welche Optionen gibt es da aus Ihrer Sicht? – Danke.

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Eine kurze Frage insbesondere an unseren Experten Dr. Graupner, weil immer wieder gesagt worden ist, wir müssen das Rad nicht neu erfinden: Wie schaut es aus, wo gibt es international gute Beispiele, wo seitens der Politik in den letzten Jahren oder in den letzten Monaten entsprechende Entwicklungen veranlasst wurden, da diskriminierungsfrei zu werden? Was sind gute internationale Beispiele? Woran könnte sich Österreich orientieren beziehungsweise warum wären das aus Ihrer Sicht gute Beispiele in dieser Frage, an denen wir uns in Österreich orientieren sollten?

Abgeordneter Yannick Shetty (NEOS): Ich möchte zuerst einen Punkt ansprechen, ich hätte ihn von mir aus nicht angesprochen, aber, Herr Dr. Jungbauer, Sie haben das Thema der Rechenschaft selber thematisiert. Da Sie auch als Leiter der Blutspendezentrale und nicht nur als Arzt hier sind, möchte ich das kurz thematisieren und auch eine Frage anhängen. Es ist natürlich klar, dass Blutspendeeinrichtungen wie das Rote Kreuz das Risiko für eine Haftung reduzieren müssen, das ist im privaten Bereich, dort, wo Geld verdient wird, überall so. Auch im Privatrecht gibt es eine Produkthaftung, und auch da versuchen natürlich Unternehmerinnen und Unternehmer, das Risiko zu minimieren. Das ist, finde ich, auch verständlich, daher muss man die Aussagen schon auch in diesem Kontext verstehen. Ich bin deswegen auch dankbar dafür, dass Sie das von sich aus angesprochen haben.

Daran angehängt die Frage, die jetzt vielleicht polemisch klingt, aber sie ist durchaus ernst gemeint: Sie sagen, es muss sozusagen alles in Richtung Blutsicherheit abzielen – das stimmt natürlich! –; wäre es dann auch im Sinne der Blutsicherheit, wenn man alle Männer – es sind mehr Männer als Frauen HIV-positiv – oder auch andere große Gruppen von der Blutspende ausschließt? Wäre das im Sinne der Blutsicherheit? – Ich nehme an: ja. Ist es sinnvoll? – Ich glaube: nein. Die Frage zielt darauf ab, dass es natürlich auch eine Abwägung zwischen mehreren Aspekten gibt und dass nicht nur die Blutsicherheit im Vordergrund steht. Natürlich steht diese an oberster Stelle, aber man möchte auch möglichst viele Menschen zur Blutspende bewegen.

Dann noch eine zweite Frage, nämlich an Herrn Dr. Graupner: Sie haben das Urteil des Europäischen Gerichtshofes angesprochen. Ist dieses Urteil auch für private Blutspendeeinrichtungen bindend? Und wenn ja: Wie ist es zu erklären, dass dann Blutspendeeinrichtungen in Österreich diese Praxis seit Jahren weiterhin rechtswidrig vollziehen?

Dann nochmals eine Frage an Sie, Herr Dr. Jungbauer, bezüglich der Praxis des Roten Kreuzes: Da ja nicht nur MSM ausgeschlossen sind, sondern auch Frauen, die mit Männern, die Sex mit Männern hatten, Kontakt hatten, ausgeschlossen sind, haben wir uns, weil es uns interessiert hat, die Mühe gemacht, bei unterschiedlichen Blutspendezentralen in den Bundesländern anzurufen, um zu erfahren, wie denn die Praxis gehandhabt wird, nämlich in Bezug auf eine Frau, die angegeben hat, mit einem Mann in einer Beziehung zu sein, der früher Sex mit Männern hatte, und da waren die Antworten unterschiedlich. Wir haben die Antwort bekommen, es braucht einen verpflichtenden Aidstest für Mann und Frau; es gab die Antwort: Rückstellung des Mannes um zwölf Monate; und es reichte bis zum Totalausschluss beider. Natürlich weiß ich, dass ich das nicht belegen kann, aber auch Ihre Quellen waren für uns nicht einsehbar. Können Sie uns vielleicht erklären, warum die Praxis da unter den Blutspendeeinrichtungen des Roten Kreuzes so divergiert?

Zweite Antwortrunde der Experten

Dr. med. Dr. scient. med. Igor Grabovac: Ärzte und Ärztinnen nehmen Verantwortung für Patienten wahr, das ist unser Job. Ich bin wirklich sehr froh, dass Herr Dr. Jungbauer diese große Verantwortung übernimmt, aber das ist nur das, was wir jederzeit machen. Jedes Mal, wenn ich ein Rezept schreibe, übernehme ich Verantwortung; jedes Mal, wenn ein Chirurg/eine Chirurgin in einen OP-Saal geht, übernimmt er oder sie Verantwortung für die Patientinnen und Patienten.

Wir haben auch etwas über Risikoperzeption gehört: Ja, das ist auch ganz klar, die Risikoperzeption für HIV ist niedriger geworden, aber nicht in der MSM-Gruppe. Die MSM-Gruppe zeigt eine bessere Testungsrate, bessere Adherence und bessere Compliance als jene der heterosexuellen Menschen. Warum ist das so? – Weil sich für Jahrzehnte alle unsere Public-Health-Initiativen, -Interventionen nur auf MSM fokussiert und nicht an heterosexuelle Menschen gerichtet haben. Das ist jetzt das Ergebnis, dass die Perzeption von Risiko bei heterosexuellen Menschen niedriger geworden ist.

Ich habe noch eine Frage in Bezug auf die Blutsicherheit bekommen, und ich kann nur sagen, dass dann, wenn wir diese neue Frage, diesen neuen Algorithmus, dass wir alle Menschen unabhängig von sexueller Orientierung oder Geschlecht fragen, implementieren, die Blutsicherheit besser werden muss. Es muss sicher besser sein, weil wir mehr Menschen in das Screening inkludieren. – Vielen Dank.

Obmann Mag. Gerhard Kaniak erklärt, dass man die Redezeit von Professor Amort, der nicht mehr anwesend ist, fair zwischen Dr. Graupner und Dr. Jungbauer aufteilen werde, weil diese ihre Redezeit in der ersten Antwortrunde schon ziemlich aufgebraucht haben.

Dr. Helmut Graupner: Die Frage nach dem internationalen Vorbild: Ich darf vielleicht bei den Ländern, die ich vorhin genannt habe, Italien hervorheben. Ich kann mich erinnern, ich selbst war vor 20 Jahren in Italien und habe damals im Rahmen eines Urlaubs einmal Blut gespendet; kein Mensch hat nach homosexuellen, nach gleichgeschlechtlichen Kontakten gefragt.

Auch in dieser Aufbereitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages findet sich eine Studie speziell zu Italien, in der die Zeit vor einer auf das individuelle Risiko abstellenden Praxis mit jener danach verglichen wurde, und da haben sich keine signifikanten Unterschiede ergeben. Das heißt, die Länder mit einer solchen Praxis, die auf das individuelle Risiko und nicht auf einen pauschalen Ausschluss abstellt, sind jene Länder, glaube ich, an denen man sich orientieren sollte. Man sollte es also nicht nur auf Ausschlussfristen reduzieren, sondern wirklich auf das individuelle Risiko abstellen.

Es geht ja nicht nur darum, dass wir bei MSM eine überschießende Fragestellung beenden, sondern es geht sehr wohl darum, wie ich eingangs gesagt habe, im heterosexuellen Bereich eine zu laxe Fragestellung zu verschärfen. Das ist ja auch ein wesentlicher Punkt: Da wird nicht einmal nach geschütztem Verkehr gefragt. Da hier dargestellt wird, es besteht die Gefahr, dass die Blutsicherheit darunter leidet, muss ich schon fragen, warum man dann im heterosexuellen Bereich nicht nach geschütztem Verkehr fragt. Warum fragt man nicht einmal danach und lässt Menschen, die im heterosexuellen Bereich bis zu drei wechselnde Sexualpartner im Jahr haben, da in jeder Art und Weise fröhlich Spaß haben, ungeschützt, mit Austausch von Körpersäften? In dem Fall sind dann also mindestens vier Personen beteiligt, und die lässt man einfach ohne Ausschluss Blut spenden; wie gesagt, sind es, wenn einer nachweislich infektiös war, sogar nur vier Monate Ausschluss, bei Homosexuellen sind es zwölf Monate. Wenn das aber nicht der Fall ist, können die sozusagen zu viert viel Spaß haben und sind nicht ausgeschlossen.

Wenn ich wirklich den maximalen Schutz haben will und daran kein Jota ändern will, dann ist das, würde ich sagen, doch unglaubwürdig, wenn ich zugleich im heterosexuellen Bereich nicht einmal eine Frage nach ungeschütztem Verkehr stelle.

Die Frage zum EuGH-Urteil, dazu, ob es verbindlich für Blutspendeeinrichtungen ist: Ja, die entsprechende Richtlinie der Europäischen Union ist innerstaatlich unmittelbar verbindlich, und alle Blutspendeeinrichtungen haben sich daran zu halten. Diese Entscheidung des EuGH ist ganz klar, eindeutig und verbindlich.

Mich verwundert es ja, dass man daran so festhält: Wir wollen den pauschalen Ausschluss!, obwohl der EU-Gerichtshof als höchstes Gericht der Europäischen Union ganz klar festgestellt hat, dass gezielt nach stabiler Beziehung, nach geschütztem oder ungeschütztem Verkehr und ähnlichen Dingen zu fragen ist. Es wird aber gesagt: Das ist uns egal, wir wollen das trotzdem. – Ich glaube, da genügt der Hinweis auf den Rechtsstaat.

Zur Gruppendefinition – wenn ich das abschließend noch sagen darf –: Wenn Sie jetzt lesbische Frauen und schwule Männer vergleichen, gut, dann sind das natürlich Extreme, aber ansonsten gebe ich schon zu bedenken, dass sich Gruppen auch durch eigene Entscheidung generieren. Sie stellen die Allgemeinbevölkerung den MSM gegenüber, also den homo- und bisexuell aktiven Männern; Sie könnten ja auch die homo- und bisexuellen Männer den besonders sexuell aktiven und promisk lebenden Heterosexuellen gegenüberstellen, dann schaut die Geschichte schon wieder anders aus. Und dort haben Sie sicher ein erhöhtes Risiko. Denken Sie an Leute, die Swingerpartys et cetera besuchen!

Abschließend – ich weiß, die Abgeordneten stellen die Fragen, nicht ich, aber ich stelle die Frage in den Raum –: Was hilft es der Sicherheit der Blutspende und der Blutsicherheit, wenn man schwule und bisexuelle Männer ausschließt, die in einer stabilen monogamen Beziehung leben und seit Jahren nur mit ihrem Partner Sex haben, wenn man schwule und bisexuelle Männer ausschließt, die im letzten Jahr nur Sex hatten, der nicht zu einer Übertragung führen konnte? Es gibt ja auch noch etwas anderes als Oralverkehr und Analverkehr – Petting, wechselseitige Onanie et cetera wird auch weit verbreitet praktiziert. Das hilft überhaupt nichts! Man darf gleichzeitig aber sehr wohl gezielt fragen. – Danke schön.

Dr. Christof Jungbauer: Die erste Frage war zur Blutsicherheit in Ungarn und den USA. Das sind zwei Länder, die ganz unterschiedliche Qualitäten haben. Ungarn ist ein Land mit durchaus schwerwiegenden Repressalien in Bezug auf Minderheiten, in Bezug auf politisch Andersdenkende, das kann man mit den USA nicht vergleichen. Ich glaube, die USA sind ein sehr gutes Beispiel, und da muss man schauen, wie sich die weiterentwickeln und sollte das durchaus laufend evaluieren. Wichtig ist, dass uns allen klar ist, dass die USA nicht in einem Schritt quasi von permanenter Rückstellung auf diese drei Monate gegangen sind, genauso wie all die Länder, die relativ kurze Rückstellungen haben. Also all die, die auf drei oder vier Monate gegangen sind, haben das immer in mehreren Schritten gemacht, um einfach zu kontrollieren, ob die Compliance et cetera noch passt.

Ich würde meinen, man sollte sich die USA anschauen, und die USA sind auch groß genug. Wenn Sie bei diesen seltenen Ereignissen statistisch signifikante Daten haben wollen, dann brauchen Sie ein unglaublich großes Kollektiv und Sie brauchen Zeit. – Und diese Zeit muss man sich nehmen, so wichtig ist die Sache.

Entschuldigen Sie, dass ich auf Ungarn und andere Länder nicht eingehe. Das sind auch die Länder, in denen der Sexual Openness Index ganz, ganz gering ist, und die sind als Beispiel nicht geeignet.

Dann zur Wertung des ungeschützten Analverkehrs, nämlich diesen zwischen Mann und Frau anders zu werten als zwischen Mann und Mann: Ja, es ist schwierig, glaube ich, da genderneutral vorzugehen, wenn man weiß, dass wissenschaftlich eine Risikogruppe festgemacht wurde; das machen nicht wir, das ist auch keine österreichische Erfindung, sondern man hat einfach in der wissenschaftlichen Literatur schon vor langer Zeit diese Risikogruppen festgemacht, und dafür gibt es gute Daten. Natürlich kann man jetzt neue Risikogruppen finden et cetera, aber das müsste man alles neu untersuchen. Ich halte es für einen Fehler, für gefährlich, für den falschen Weg, zu sagen: Diese Risikogruppen erscheinen mir nicht politisch korrekt, wir schauen uns diese Daten nicht an! – Die Daten sind sehr wichtig, das sind wichtige Grundlagen für die Sicherheit von Blutprodukten. – Also ja, aus diesem Grund ist ungeschützter Analverkehr zwischen Männern, die mit Männern Sex haben, anders zu bewerten als jener zwischen Männern und Frauen, weil da ein anderes Risikoverhalten vorhanden ist.

Es ist halt so; das Risiko des Bevölkerungsdurchschnitts – und zwar vollkommen wertfrei – empfindet man als durchschnittlich. Und wenn hier eine Gruppe, eine wissenschaftliche Entität ein zigfach erhöhtes Risiko hat, dann muss man das festmachen. Es geht ja eben hauptsächlich um Compliance, und es geht um das Problem, dass in einer gewissen Gruppe, die ein stark erhöhtes Risiko hat, diese Compliance nicht gegeben ist. Vermutlich ist sie das in anderen Gruppen auch nicht, aber der Effekt ist sozusagen ein anderer. Daher würde ich das so beantworten.

Welche Möglichkeiten der Abfrage des Risikoverhaltens gibt es? – Also wir haben eben auch wiederum in der Literatur diese Gruppierung Heterosexuelle. Es gibt natürlich zum Beispiel häufig wechselnde Geschlechtspartner – Promiskuität kann man sozusagen als Risikoverhalten heranziehen. Darüber kann man lange diskutieren, man kann sagen, das wird nicht immer zutreffen. – Da gebe ich den Leuten schon recht, genauso wie alles letztlich ein Kompromiss ist, alles ist eine Gruppierung, um das statistisch überhaupt bewältigen zu können. Also das heißt, von Risikogruppen zu Risikoverhalten überzugehen und zu glauben, dass man das gleiche ungeheuer hohe Sicherheitsniveau halten können wird, ist spekulativ. Wir wissen nicht, ob das geht, und darin liegt die Gefahr, dass wir Sicherheit einbüßen. Und bevor man so einen Schritt macht, bevor man dieses Risiko eingeht und da sozusagen ungebremst von einem permanenten auf einen risikobasierten Ansatz umsteigt, sollte man sehr, sehr gute Daten und Systemvergleiche haben.

Herr Shetty! Wäre es sicherer, alle Männer von der Blutspende auszuschließen? – Na ja, wenn man diese Risikogruppierung verwendet, nein. Wenn niemand Blut spendet, dann gibt es auch keine Übertragung mehr, aber wir brauchen das Blut eben; aber natürlich wird man die Leute nehmen, die bei der Kurve ganz unten sind und nicht die, die ganz oben sind.

Frauen, die Sex mit MSM hatten: Entschuldigung, ich habe mir die Frage nicht gemerkt, ich habe sie nicht vollständig aufgeschrieben.

Obmann Mag. Gerhard Kaniak wiederholt, dass es da um das unterschiedliche Bewertungsverhalten durch die Einrichtungen des Österreichischen Roten Kreuzes gegangen ist.

Dr. Christof Jungbauer: Dazu wurden die unterschiedlichen Blutspendeeinrichtungen kontaktiert. Ja, so etwas sollte eigentlich bei einem österreichweit normierten Fragebogen und standardisierten Algorithmen des Bundesministeriums nicht vorkommen.

Dr. med. Günter Koderhold: Vielen Dank für die Frage nach Umfang und Inhalt des genderneutralen Fragebogens, da gibt es tatsächlich Unterschiede. Es gibt auch seitens der WHO verschiedene Vorschläge, allerdings muss man natürlich anmerken, dass im Subäquatorialbereich von Afrika die HIV-Inzidenz im heterosexuellen Bereich gegeben ist.

In den USA sind die genderneutralen Fragebögen erheblich umfangreicher. Was Sie jetzt als Abgeordnete in diesem Land an Inhalt und Umfang haben wollen, das können Sie selber definieren. Sie, die Abgeordneten, können sich mehr oder weniger den Inhalt und den Umfang des genderneutralen Fragebogens definieren. Sie müssen nur bedenken, dass es eine Alternative und kein Ersatz ist, denn es gibt ja auch Bevölkerungsgruppen, die sexuell wenig aktiv und wenig experimentierfreudig sind, und diese werden nicht unbedingt – schon aus reiner Bequemlichkeit – einen sehr, sehr umfangreichen genderneutralen Fragebogen durcharbeiten wollen.

Grundsätzlich gibt es aber verschiedene Formen, das stimmt. Es gibt auch seitens der WHO einen genderneutralen, der sehr kurz ist – möglicherweise jetzt auf Subäquatorialafrika ausgerichtet. Da wird zum Beispiel gefragt: Sind Sie verheiratet oder nicht? – Das ist natürlich mit unseren westlichen Ländern nicht so vergleichbar, aber jener vom Amerikanischen Roten Kreuz ist sehr umfangreich. Wie gesagt, das können Sie natürlich nach Belieben modifizieren. – Danke.

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Es gibt noch eine Frage, die ich in der zweiten Runde gestellt habe und die unbeantwortet blieb. Ich habe eine Frage, nämlich bezogen auf den angesprochenen Algorithmus. Wie funktioniert das im Moment, dass die Antworten der Fragebögen eingespeist werden, und wie kompliziert wäre es, das entsprechend neu zu programmieren, damit man die Gruppe erweitert und somit auch die Sicherheit erweitert?

Dr. Christof Jungbauer: Na ja, man kann alles verändern, das ist vollkommen klar. Es ist ein Papierfragebogen, der österreichweit normiert absolut die gleichen Inhalte enthält. Das Layout kann unterschiedlich sein, es gibt neben dem Österreichischen Roten Kreuz auch kommunale Blutspendedienste beziehungsweise Blutspendedienste der einzelnen Bundesländer. Das Aufklärungsmaterial ist österreichweit vereinheitlicht und der Algorithmus, wie man damit umzugehen hat, ist österreichweit vereinheitlicht. – Ändern kann man alles.

Abgeordneter Yannick Shetty (NEOS): Eine Frage ist für mich noch nicht klar beantwortet. Es hat ja unter anderem auch Dr. Grabovac ausgeführt, was denn alternative Fragestellungen wären, nämlich nach dem individuellen Risikoverhalten. Da habe ich die Frage an Sie gerichtet, ob Sie der Meinung sind, dass das die Blutsicherheit gefährden wird, und Sie haben gemeint: Das ist spekulativ. – Vielleicht könnten Sie auf Ihre Spekulation eingehen.

Dr. Christof Jungbauer: Wir haben hier ein Vorgehen, das in den meisten Ländern der Welt bis vor relativ kurzer Zeit, bis vor weniger als einem Jahrzehnt, angewandt worden ist und dann oft unter Umstellung von einer permanenten Rückstellung auf eine zeitlich befristete Rückstellung verändert worden ist. Im Wesentlichen sind es aber die gleichen Fragestellungen. Das heißt, wir wissen ganz genau, wie es sich da verhält. Wenn man jetzt ein laufendes System umstellt, dann ist es mit Unsicherheiten behaftet, weil Sie ja dann anfangen müssen, Risiken zu bewerten. Und die Risikobewertung ist schwierig, weil Sie dann die Kumulation von unterschiedlichen Risiken haben. Dazu gibt es einfach nicht die gleiche wissenschaftliche Evidenz, sondern da gibt es vielleicht einmal einen Anfang einer Evidenz im Vergleich zu der traditionellen Vorgangsweise.

Es liegt sehr nahe, außer man ist bei der individuellen Risikobewertung deutlich strenger als jetzt, dass sozusagen die Personen, die aus einer Gruppe mit einem hohen Risiko, mit wissenschaftlich hohem Risiko kommen, sowieso pauschal ausgeschlossen werden. Ich kann mir also nicht vorstellen, dass sich die Blutsicherheit verbessert, wenn man das nicht tut. Insofern würde ich Nein sagen, im besten Fall können wir die Blutsicherheit gleich lassen, und das wäre eine extreme Herausforderung und das ist einfach risikobehaftet, dessen muss man sich bewusst sein.

Obmann Mag. Gerhard Kaniak denkt, dass eine hochwertige und sachliche Diskussion stattgefunden hat, bedankt sich bei den Experten, dass sie dem Gesundheitsausschuss mit ihrer Expertise zur Verfügung gestanden sind und erklärt das Hearing für beendet.

Schluss von TOP 1 und TOP 2: 17.05 Uhr