71/BI XXVII. GP

Eingebracht am 28.05.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Parlamentarische Bürgerinitiative

 

betreffend

Klare und erreichbare Kriterien für die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft

 

 

Seitens der Einbringer:innen wird das Vorliegen einer Bundeskompetenz in

folgender Hinsicht angenommen:

Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft fallen gemäß Art 11 Abs 1 Z 1 B-VG in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes.

 

Dieses Anliegen wurde bis zur Einbringung im Nationalrat von  6451  Bürger:innen

mit ihrer Unterschrift unterstützt.

(Anm.: zumindest 500 rechtsgültige Unterschriften müssen für die Einbringung im

Nationalrat vorliegen.)

 

 

Anliegen

Der Nationalrat wird ersucht,

klare und transparente Richtlinien für die Bewilligung der Beibehaltung der Staatsbürgerschaft zu erstellen, um sie auf ein erreichbares Niveau zu bringen. Wir schlagen dafür einen demonstrativen Kriterienkatalog vor, der sowohl die Bindung zu Österreich, als auch die Gründe für die fremde Staatsbürgerschaft berücksichtigt: Nachweisbare Verbundenheit zu Österreich, z.B. durch

o regelmäßige Aufenthalte

o persönlichen Verkehr mit Angehörigen

o Besitz von Eigentum, wie Liegenschaften oder Unternehmensanteilen

o abgeleisteten Grundwehr- oder Zivildienst Gründe für die fremde Staatsbürgerschaft, z.B. durch

o rechtmäßigen Aufenthalt seit mindestens fünf Jahren

o Einschränkungen im Aufenthaltsstatus

o Notwendigkeit für das berufliche Fortkommen

o Nachteilige Auswirkungen auf das Familienleben oder die Vermögenssituation

 

Ein konkreter Vorschlag für eine Novellierung des StbG 1985 ist angehängt.

 

Parlamentarische Bürgerinitiative betreffend

Klare und erreichbare Kriterien für die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft

 

 

 

 

Angaben Erstunterzeichner:in

Name

Anschrift und

E-Mail Adresse

Geb. Datum

Datum der

Unterzeichnung

Eingetragen in die Wählerevidenz der Gemeinde

Alexander

Philipp

RADER

 

 

 

 

 

 


 

 

Bürgerinitiative: Klare und erreichbare Kriterien für die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft

Österreichische Bürgerinnen und Bürger verlieren grundsätzlich die österreichische Staatsbürgerschaft bei dem Erwerb einer fremden Staatsbürgerschaft. Eine Bewilligung zur Beibehaltung der Staatsbürgerschaft erfolgt nur in seltenen Fällen. Diese wird durch vage und äußerst restriktive Kriterien geregelt und in jedem Bundesland unterschiedlich gehandhabt. Wir fordern eine Gesetzesänderung mit einem einheitlichen Kriterienkatalog für die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Dieser soll transparente Richtlinien schaffen, die Hürden senken und damit die Beibehaltung auf ein erreichbares Maß bringen.

Ausgangslage

Gemäß §27 StbG 1985 führt der Erwerb einer fremden Staatsbürgerschaft zum Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft. Die Beibehaltung wird laut §28 StbG 1985 bewilligt, wenn sie im Interesse der Republik liegt oder besonders berücksichtigungswürdige Gründe im Privat- oder Familienleben vorliegen. Diese Regelungen sind nicht nur sehr vage, sondern in der Praxis auch äußerst restriktiv, und verwehren den meisten Menschen die Beibehaltung.

Seit 1985 hat sich die grenzüberschreitende Mobilität unserer Gesellschaft deutlich erhöht.

In der heutigen Zeit ist es völlig normal, sich im Ausland niederzulassen, um eine Ausbildung zu absolvieren, sich beruflich weiterzuentwickeln oder eine Familie zu gründen. Dadurch bauen Österreicherinnen und Österreicher sich eine Existenz im neuen Staat auf, ohne jedoch ihre Bindung an Österreich zu verlieren. Diese Bindung bleibt erhalten, wenn sie z.B. Besitztümer in Österreich haben, ihre Bekannten und Angehörigen in Österreich geblieben sind oder sie weiterhin beruflich in Österreich tätig sind. Deshalb wollen sie verständlicherweise ihre Staatsbürgerschaft nicht aufgeben.

Jedoch sind Österreicherinnen und Österreicher oft mit gravierenden Nachteilen konfrontiert, wenn sie die Staatsbürgerschaft des Gastlandes nicht annehmen. Ihnen werden Berufschancen verwehrt oder gar das Aufenthaltsrecht entzogen. So verlangen viele Berufe im staatlichen Sektor die Staatsbürgerschaft, aber auch andere, wie die Rettungsflieger in der Schweiz. Aufenthaltsrechte sind ohne Staatsbürgerschaft meist zeitlich begrenzt. In den USA muss man regelmäßig für viel Geld eine Verlängerung der Grünen Karte beantragen, die abgelehnt werden kann. Durch Brexit haben Österreicherinnen und Österreicher nur noch mehr ein begrenztes Aufenthaltsrecht in Großbritannien, das sie verlieren, wenn sie längere Zeit außer Landes sind.

Die Liste der Benachteiligungen ist noch viel länger, aber keiner dieser Argumente reicht in der derzeitigen Rechtslage aus, um die Staatsbürgerschaft beizubehalten. Denn die restriktive Formulierung des Gesetzes verlangt „extreme Beeinträchtigungen", die praktisch kaum erfüllbar sind.

Zielsetzung der Bürgerinitiative

Wir fordern klare und transparente Richtlinien für die Bewilligung der Beibehaltung der Staatsbürgerschaft, um sie auf ein erreichbares Niveau zu bringen. Wir schlagen dafür einen demonstrativen Kriterienkatalog vor, der sowohl die Bindung zu Österreich als auch die Gründe für die fremde Staatsbürgerschaft berücksichtigt:

   Nachweisbare Verbundenheit zu Österreich, z.B. durch

o  regelmäßige Aufenthalte

o  persönlichen Verkehr mit Angehörigen

o  Besitz von Eigentum, wie Liegenschaften oder Unternehmensanteilen

o  abgeleisteten Grundwehr- oder Zivildienst

o  Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2

   Gründe für die fremde Staatsbürgerschaft, z.B. durch

o  rechtmäßigen Aufenthalt seit mindestens fünf Jahren

o  Einschränkungen im Aufenthaltsstatus

o  Notwendigkeit für das berufliche Fortkommen

o  Nachteilige Auswirkungen auf das Familienleben oder die Vermögenssituation

Das Ziel dieser Kriterien ist es, Auslandsösterreicherinnen und Auslandsösterreichern mit einer Bindung zu ihrer Heimat oder Nachteilen durch den Verlust der Staatsbürgerschaft die Beibehaltung zu ermöglichen. Ein konkreter Vorschlag für eine Novellierung des StbG 1985 ist angehängt. Dieser verbessert auch andere Aspekte, z.B. bezüglich Fristen, Klarstellungen, Erstreckung und Verluste bei Minderjährigen.

 

 

 


 

 








ENTWURF 
EINER NOVELLE ZUM 
STAATSBÜRGERSCHAFTSGESETZ 1985


von
Mag. Balazs Esztegar LL.M.
Rechtsanwalt
https://esztegar.at
Stand: 05.02.2024
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INHALTSVERZEICHNIS
Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1. 	Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.1. 	Aktuelle Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.2. 	Probleme der aktuellen Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5
1.2.1. 	Unerfüllbare und intransparente Kriterien für Beibehaltung . . . . . . . . . . 5
1.2.2. 	Unbeabsichtigter Verlust bei minderjährigen Kindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.2.3. 	Unterschiedliche Staatsbürgerschaften innerhalb der Familie. . . . . . . . . . . . . . 8
1.2.4. 	Fristenproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .8
2. 	Zielsetzung der Novelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
3. 	Vorgeschlagener Gesetzestext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
4. 	Erläuterungen zum vorgeschlagenen Gesetzestext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13
4.1. 	Neuer Kriterienkatalog für die Bewilligung der Beibehaltung . . . . . . . . . . . . . 13
4.1.1. 	Aufenthalte in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .15
4.1.2. 	Aufrechterhaltung gesicherter Lebensumstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .15
4.1.3. 	Berufliches Fortkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
4.1.4. 	Persönlicher Verkehr mit Familienangehörigen in Österreich . . . . . . . . . 16
4.1.5. 	Vermögen im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16
4.1.6. 	Deutschkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
4.1.7. 	Vermögensnachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
4.1.8. 	Abgeleisteter Grundwehrdienst oder Zivildienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
4.2. 	Keine Einschränkung der privaten Gründe auf Abstammung . . . . . . . . . . . . . . 17
4.3. 	Einschränkung des Verlustes bei Familien und Minderjährigen . . . . . . . . . . . . .18
4.4. 	Erstreckung der Beibehaltungsbewilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
4.5. 	Verlängerungsmöglichkeit der Beibehaltungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
4.6. 	Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .20
4.7. 	Klarstellung der Anwendbarkeit der Putativösterreicherregelung . . . . . . . . . . . .21
5. 	Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21


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1. AUSGANGSSITUATION

1.1. 	Aktuelle Rechtslage
Das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht ist von jeher durch das Prinzip der Einzelstaatlichkeit geprägt. Darin kommt das Bestreben zum Ausdruck, mehrfache Staatsangehörigkeit, somit das Bestehen einer weiteren Staatsangehörigkeit neben der österreichischen Staatsbürgerschaft tunlichst zu vermeiden.
Bereits das Staatsbürgerschaftsgesetz 19491 enthielt in § 9 Abs 1 Z 1 eine Bestimmung, wonach der Erwerb einer fremden Staatsbürgerschaft zum Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft führte. Allerdings bestand schon damals die Möglichkeit, vom Bundesministerium für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt „aus triftigen Gründen“ die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft für diesen Fall zu bewilligen. In diesem Sinne sah das spätere Staatsbürgerschaftsgesetz 19652 in seinem § 27 Abs 1 ebenfalls den automatischen Verlust der Staatsbürgerschaft im Fall des freiwilligen Erwerbs einer fremden Staatsangehörigkeit vor, sofern dem Staatsbürger nicht vorher die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft gemäß § 28 StbG 1965 bewilligt wurde. Während das Vorgängergesetz noch sehr pauschal von „triftigen Gründen“ sprach, enthielt §28 Abs 1 StbG 1965 schon nähere Angaben dazu, wann die Beibehaltung zu bewilligen war, nämlich dann, wenn sie wegen der vom Staatsbürger bereits erbrachten oder von ihm noch zu erwartenden außerordentlichen Leistungen im Interesse der Republik lag; dies galt insbesondere für außerordentliche Leistungen auf kulturellen oder wirtschaftlichen Gebieten. Zusätzliches Erfordernis war, dass der fremde Staat, dessen Staatsangehörigkeit angestrebt wurde, der Beibehaltung zustimmte, sofern eine solche Zustimmung aufgrund zwischenstaatlicher Vertrage erforderlich war.
In konsequenter Weiterführung dieser Tendenz enthält das heute in Geltung stehende Staatsbürgerschaftsgesetz 19853 (im Folgenden kurz: StbG 19853 die folgenden Bestimmungen, welche den (automatischen) Verlust der Staatsbürgerschaft im Fall des Erwerbs einer fremden Staatsangehörigkeit sowie die Rahmenbedingungen für die Bewilligung der Beibehaltung für diesen Fall regeln:
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1 BGBl Nr 276/1949.
2 BGBl Nr 250/1965.
3 BGBl Nr 311/1985 (WV) idgF.
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Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit
§ 27. (1) Die Staatsbürgerschaft verliert, wer auf Grund seines Antrages, seiner Erklärung oder seiner ausdrücklichen Zustimmung eine fremde Staatsangehörigkeit erwirbt, sofern ihm nicht vorher die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft bewilligt worden ist.
(2)	Ein nicht voll handlungsfähiger Staatsbürger verliert die Staatsbürgerschaft nur dann, wenn die auf den Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit gerichtete Willenserklärung (Abs. 1) für ihn entweder von seinem gesetzlichen Vertreter oder mit dessen ausdrücklicher Zustimmung von ihm selbst oder einer dritten Person abgegeben wird. Die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters muß vor dem Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit vorliegen. Ist jemand anderer als die Eltern oder die Wahleltern gesetzlicher Vertreter, so tritt der Verlust der Staatsbürgerschaft überdies nur dann ein, wenn das Pflegschaftsgericht die Willenserklärung (Zustimmung) des gesetzlichen Vertreters vor dem Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit genehmigt hat. (BGBI. Nr. 403/1977, Art. XIV Z 1)
(3)	Ein minderjähriger Staatsbürger, der das 14. Lebensjahr vollendet hat, verliert die Staatsbürgerschaft außerdem nur, wenn er der auf den Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit gerichteten Willenserklärung (Abs. 1) seines gesetzlichen Vertreters oder der dritten Person (Abs. 2) vor dem Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit ausdrücklich zugestimmt hat. (BGBl. Nr. 202/1985, Art. I Z 13)
§ 28. (1) Einem Staatsbürger ist für den Fall des Erwerbes einer fremden Staatsangehörigkeit (§ 27) die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft zu bewilligen, wenn
1.	sie wegen der von ihm bereits erbrachten und von ihm noch zu erwartenden Leistungen oder aus einem besonders berücksichtigungswürdigen Grund im Interesse der Republik liegt, und — soweit Gegenseitigkeit besteht - der fremde Staat, dessen Staatsangehörigkeit er anstrebt, der Beibehaltung zustimmt sowie die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 6 und 8 sinngemäß erfüllt sind, oder
2.	es im Fall von Minderjährigen dem Kindeswohl entspricht.
(2)	Dasselbe gilt für Staatsbürger, wenn sie die Staatsbürgerschaft durch Abstammung erworben haben und in ihrem Privat- und Familienleben ein für die Beibehaltung besonders berücksichtigungswürdiger Grund vorliegt.
(3)	Die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft darf nur auf schriftlichen Antrag und unter der Bedingung bewilligt werden, daß die fremde Staatsangehörigkeit binnen zwei Jahren erworben wird.
(4)	Der Antrag ist vom voll handlungsfähigen Staatsbürger persönlich zu unterfertigen. Ist der Staatsbürger nicht voll handlungsfähig, so ist der Antrag für ihn entweder von seinem gesetzlichen Vertreter persönlich oder mit dessen schriftlicher Zustimmung von ihm selbst oder einer dritten Person zu unterfertigen. Der vom gesetzlichen Vertreter oder mit dessen schriftlicher Zustimmung von einer dritten Person gestellte Antrag bedarf der schriftlichen Zustimmung des minderjährigen Staatsbürgers, sofern dieser das 14. Lebensjahr vollendet hat. Ist jemand anderer als die Eltern oder die Wahleltern gesetzlicher Vertreter, so bedarf der Antrag oder die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters ferner der Genehmigung des Pflegschaftsgerichts.
(5)	Der Bescheid, mit dem die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft bewilligt wird, ist schriftlich zu erlassen.
§ 29. (1) Der Verlust der Staatsbürgerschaft gemäß § 27 erstreckt sich auf die Kinder des Fremden, sofern sie minderjährig und ledig sind und ihm von Rechts wegen in die fremde Staatsangehörigkeit folgen oder folgen würden, wenn sie diese nicht bereits besäßen, wenn
1.	die Mutter gemäß § 143 ABGB, oder
2.	der Vater gemäß § 144 Abs. 1 ABGB
die Staatsbürgerschaft verliert, es sei denn der andere Elternteil ist weiterhin Staatsbürger. § 27 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.
(2) 	Der Verlust der Staatsbürgerschaft ist auf die Wahlkinder des Fremden, sofern sie minderjährig und ledig sind und ihm von Rechts wegen in die fremde Staatsangehörigkeit folgen oder folgen würden, zu erstrecken, wenn der Wahlelternteil die Staatsbürgerschaft verliert, es sei denn der andere Elternteil oder Wahlelternteil ist weiterhin Staatsbürger. § 27 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.

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1.2. 	Probleme der aktuellen Rechtslage
1.2.1. 	Unerfüllbare und intrasparente Kriterien für Beibehaltung
Der obige kurze historische Abriss zeigt, dass die heute, im 21. Jahrhundert, in Geltung stehenden Bestimmungen über den Verlust der Staatsbürgerschaft bei Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit sowie Regelungen zur Bewilligung der Beibehaltung im Wesentlichen auf einer Grundlage basieren, die unmittelbar bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zurückreicht. Es kann nicht übersehen werden, dass sowohl Österreich als Staat, als auch die Gesellschaft und der Alltag der BürgerInnen seit dieser Zeit einen tiefgreifenden Wandel erfahren haben. Sowohl die persönlichen, gesellschaftlichen aber auch wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich seither nachhaltig verändert. So ist heute eine deutlich höhere grenzüberschreitende Mobilität aus privaten wie beruflichen Gründen zu erkennen. Dies führt dazu, dass Menschen zunehmend nicht ihr ganzes Leben in einem Staat niedergelassen sind, sondern durchaus intensive Bindungen zu mehreren Staaten entwickeln können, und zwar aus privaten Gründen wie etwa Eheschließung ebenso, wie aus beruflichen Gründen oder zum Zwecke weiterführender Ausbildungen. Nicht zuletzt der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union und die von der Europäischen Union primärrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten wie Arbeitnehmerfreizügigkeit und Niederlassungsfreiheit haben zu einer deutlich erhöhten Mobilität von Österreicherinnen und Österreichern geführt, die sich zumindest zeitweise im Ausland niederlassen, ihre privaten, beruflichen, gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Bindungen an Österreich jedoch nicht aufgeben.
Infolge dessen steigt das Bedürfnis von österreichischen StaatsbürgerInnen, die sich im Ausland niedergelassen, dort Familie gegründet und in vielen Fällen erfolgreiche berufliche Laufbahnen ergriffen und Existenzen aufgebaut haben, nach der Annahme der Staatsangehörigkeit des Landes, in dem sie aktuell niedergelassen sind. Vielfach handelt es sich dabei nicht bloß um einen Wunsch zur bequemeren Bewältigung des Alltags, sondern, wie auch die gegenwärtigen massiven Reisebeschränkungen im Zusammenhang mit COVID-19 anschaulich vor Augen geführt haben, um einen notwendigen Schritt zur Aufrechterhaltung und Sicherung der im Ausland aufgebauten Existenzen, des Familienlebens und der Erwerbstätigkeit respektive des Berufes.



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Zugleich ist zu verzeichnen, dass diese AuslandsösterreicherInnen regelmäßig weiterhin starke Bindungen an Österreich haben, die über die emotionale Bindung weit hinausgehen. Beispiele für derartige Bindungen sind regelmäßig das Vorhandensein nächster Angehörigen (Eltern, Geschwister etc) in Österreich, Besitztümer wie Liegenschaften in Österreich oder sogar berufliche oder unternehmerische Tätigkeiten, die weiterhin in Österreich entfaltet werden.
Entsprechend der aktuellen Rechtslage und der hierzu ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur, welche sich als äußerst restriktiv bei der Bewilligung von Beibehaltungsanträgen nach § 28 StbG 1985 darstellt, ist es allerdings den meisten AuslandsösterreicherInnen verwehrt, die österreichische Staatsbürgerschaft behalten zu können, wenn sie aus nachvollziehbaren Gründen die Staatsangehörigkeit jenes Staates annehmen möchten, in dem sie niedergelassen sind. Die oben dargestellten Aspekte beispielsweise werden von der höchstgerichtlichen Judikatur regelmäßig nicht als „besonders berücksichtigungswürdiger Grund im Privat- und Familienleben“ im Sinne des § 28 Abs 2 StbG 1985 anerkannt.
Die äußerst restriktive höchstgerichtlichen Judikatur führt naturgemäß zu einer ebenso restriktiven Verwaltungspraxis der Staatsbürgerschaftsbehörden, die sich naturgemäß an der Rechtsprechung der Höchstgerichte, insbesondere des Verwaltungsgerichtshofes, zu orientieren haben. Ausgangsbasis für diese restriktive Auslegung des an sich unbestimmten Gesetzesbegriffes des „besonders berücksichtigungswürdigen Grundes“ ist insbesondere folgende Formulierung in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage,4 mit dem § 28 Abs 2 StbG 1985 in das Gesetz eingefügt wurde:
Die vorgeschlagene Einfügung eines neuen Abs 2 soll Staatsbürgern die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft trotz Erwerb einer anderen dann ermöglichen, wenn ein für die Beibehaltung besonders berücksichtigungswürdiger persönlicher Grund vorliegt. Damit wird es möglich, extreme Beeinträchtigungen des Privat- und Familienlebens des Staatsbürgers zu vermeiden, die sich aus der Nichtannahme der Staatsangehörigkeit oder dem Verlust der Staatsbürgerschaft ergeben könnten. (Hervorhebungen durch den Autor)
Tatsächlich findet sich in einer Mantra artigen Wiederholung in der Judikatur der Verweis auf die vom Gesetzgeber geforderte „extreme Beeinträchtigung“. Faktum ist allerdings, dass die Judikatur und damit auch die Verwaltungspraxis dadurch ein derart hohes Ausmaß an Beeinträchtigung verlangt, dass diese Qualifikation praktisch kaum je zu erfüllen ist. So zeigte sich in vielen Fällen, dass nicht einmal im Zusammenhang mit dem Austritt des
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4 ErläutRV 1283 BlgNR XX GP.
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Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union („Brexit“) eine derartige extreme Beeinträchtigung für die im Vereinigten Königreich niedergelassenen AuslandsösterreicherInnen angenommen wurde; dies obgleich die österreichische Bundesregierung durch die damalige Außenministerin im Jänner 2019 selbst angekündigt hatte, im Fall eines „Hard Brexit“ die Möglichkeit einer Doppelstaatsbürgerschaft für die rund 25.000 in Großbritannien lebenden Österreicherinnen und Österreicher zu eröffnen.5 An dieser Stelle ist auch auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs6 zu verweisen, wonach im Fall des Verlustes der Unionsbürgerschaft, welche mit dem Verlust der nationalen Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates eintritt, die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein muss.
1.2.2. 	Unbeabsichtigter Verlust bei minderjährigen Kindern
Ein weiterer Reformbedarf besteht im Fall von minderjährigen Kindern, w^enn ein Elternteil die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, der andere Elternteil jedoch nicht. In derartigen Fällen führt die Unwissenheit der Eltern, denen es nicht zugemutet werden kann, zwischen Staatsbürgerschaft durch Abstammung und Staatsbürgerschaft durch Verleihung zugunsten der Kinder zu unterscheiden, nicht selten dazu, dass durch gut gemeinte Handlungen der Eltern die Kinder, welche nach einem Elternteil die österreichische Staatsbürgerschaft durch Abstammung mit der Geburt erworben haben, die österreichische Staatsbürgerschaft bereits in den ersten Monaten ihres Lebens wieder verlieren können. Zum einfacheren Verständnis sei das Problem an folgendem Beispiel veranschaulicht:
Der Vater ist Österreicher, die Mutter Russin. Die Eltern sind nicht verheiratet und leben in Österreich, wo das Kind zur Welt kommt, Gemäß § 7 StbG 1985 wird das Kind bei rechtzeitigem Vaterschaftsanerkenntnis rückwirkend mit der Geburt österreichischer Staatsbürger durch Abstammung. Das russische Staatsangehörigkeitsrecht sieht hier jedoch keine Abstammung, sondern eine - vereinfachte — Einbürgerung des Kindes nach der Mutter vor. Die Eltern stellen daher einen Antrag, der im staatsbürgerschaftsrechtlichen Sinn ein Antrag auf Verleihung der russischen Staatsangehörigkeit und nicht bloß auf Ausstellung eines Reisepasses ist. Erhält das Kind aufgrund dieses Antrages der Eltern die russische Staatsangehörigkeit, tritt nach § 27 Abs 1 und 2 StbG 1985 automatisch der Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft ein.
Da der Verlust nach § 27 StbG 1985 immer automatisch eintritt, ohne dass es eines Behördenverfahrens bedarf, ist das Kind im dargestellten Beispiel ab dem Tag des Erwerbs der fremden Staatsangehörigkeit nicht mehr Österreicher. Selbst für den Fall, dass das Kind eine lange Zeit hindurch (mindestens 15 Jahre) fälschlich und ohne sein eigenes Verschulden für einen Österreicher gehalten wird, wäre in diesem Fall die Sanierung der Staatsbürgerschaft auf Basis des
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5 https://orf.at/stories/3106899/
6 EuGH vom 12.03.2019 in der Rechtssache C-221/17 (Tjebbes u.a.).
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§ 57 StbG 1985 (sog. Putativösterreicherregelung) einzig aus dem Grund nicht möglich, weil die Judikatur7 entgegen dem Gesetzeswortlaut dieser Bestimmung selbige so ausgelegt, dass sie nur für Personen anwendbar sei, die noch niemals zuvor Staatsbürger waren. Folglich führt allein der Umstand, dass Eltern regelmäßig keine derart detaillierte Kenntnis im Staatsbürgerschaftsrecht haben, um zwischen Staatsbürgerschaft durch Abstammung und Staatsbürgerschaft durch (vereinfachte) Verleihung unterscheiden zu können, in vielen Fällen zum unerwünschten, ja „versehentlichen“ Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft von minderjährigen Kindern.
1.2.3. 	Unterschiedliche Staatsbürgerschaften innerhalb der Familie
Obgleich das Staatsbürgerschaftsgesetz prinzipeil Bestrebungen zeigt, Staatsbürgerschaften innerhalb der Familie zu harmonisieren und unterschiedliche Staatsbürgerschaften im Familienverband als ein nicht erwünschtes Ergebnis anzusehen sind,8 ist gerade im Bereich der Beibehaltungsverfahren diese Bestrebung nicht konsequent umgesetzt. Es besteht keine Möglichkeit, die Bewilligung der Beibehaltung für die gesamte Familie zu beantragen. Mitunter sind für die Anträge beider Ehegatten und der Kinder sogar unterschiedliche Staatsbürgerschaftsbehörden zuständig.1’ Da es sich daher um getrennte Anträge und somit getrennte Verwaltungsverfahren handelt, müssen die Beibehaltungskriterien von jeder Person in der Familie selbst und unabhängig von den Verfahren der anderen Personen erfüllt werden. Aufgrund der restriktiven Bewilligung und der schwer zu erreichenden Kriterien, aber auch durch die teils unterschiedliche Verwaltungspraxis der Staatsbürgerschaftsbehörden in diesem Bereich, kommt es daher regelmäßig zu unterschiedlichen Ergebnisses. Es kann daher sein, dass dem einen Ehegatten die Beibehaltung bewilligt wird, dem anderen jedoch nicht; ebenso können Minderjährige gemäß § 28 Abs 1 Z 2 StbG 1985 die Beibehaltungsbewilligung regelmäßig leichter erwirken als ihre Eltern, weil es regelmäßig dem Kindeswohl entspricht, während die Eltern die dargestellten Kriterien — jeweils für sich - erfüllen müssten.
1.2.4. 	Fristenproblem
Schließlich ergibt sich häufig ein Problem daraus, dass selbst im Falle einer positiven Bewilligung der Beibehaltung die Geltungsdauer des Beibehaltungsbescheides mit zwei Jahren gesetzlich beschränkt ist. Dies führt in vielen Staaten der Welt zu einem zeitlichen Problem
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7 VwGH vom 25.09.2018, Ra 2017/01/0331.
8 Dazu der Leiter der Abteilung Aufenthalt und Staatsbürgerschaftswesen im Innenministerium, Dietmar Hudsky, in: Parlamentskorrespondcnz Nr. 880 vom 08.10.2014.
9 Die Zuständigkeit richtet sich, da regelmäßig kein Hauptwohnsitz in Österreich besteht, nach der Evidenzgemeinde gemäß § 49 Abs 2 StbG 1985.
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zulasten der Antragsteller, die regelmäßig keinen Einfluss auf die Dauer des Staatsbürgerschaftsverfahrens nehmen können und damit zu einer Art aleatorischem Element: Wenn die Verleihung der fremden Staatsangehörigkeit auch nur einen Tag nach Ablauf der Zweijahresfrist erfolgt, obwohl der Antrag fristwahrend gestellt wurde, geht die österreichische Staatsbürgerschaft damit verloren, weil der Beibehaltungsbescheid ausgelaufen ist. Eine besonders lange Verfahrensdauer, die die in § 28 Abs 3 StbG 1985 vorgesehene Zweijahresfrist überschreitet, ist selbst in Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht außergewöhnlich.10
Eine Erstreckung dieser Frist durch die Verwaltungsbehörde ist im Gesetz nicht vorgesehen. Es ist selbst in Österreich fallweise nicht ungewöhnlich, dass ein Verfahren über die Verleihung der Staatsbürgerschaft einen Zeitraum von zwei Jahren überschreitet. Es ist daher angebracht, diese starre Zeitvorgabe den Gegebenheiten auf internationaler Ebene anzupassen.

2.  ZIELSETZUNG DER NOVELLE
Das Ziel der hier vorgeschlagenen Novellierung des Staatsbürgerschaftsrechts ist die Entschärfung des Verlusttatbestandes, insbesondere für minderjährige Kinder und Familien, und zugleich eine Verbesserung und Erleichterung der Möglichkeiten, im Fall der Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit durch im Ausland lebende Österreicherinnen und Österreicher die österreichische Staatsbürgerschaft beizubehalten und damit eine nachhaltige Bindung dieser Personen an Österreich zu gewährleisten.
In diesem Zusammenhang sei auf die vom Auslandsösterreicher-Weltbund durchgeführte „Onlineumfrage unter Auslandsösterreichern zum Thema Doppelstaatsbürgerschaft“11 verwiesen. Es wurden etwa 2.400 AuslandsösterreicherInnen befragt.
∩	Rund 90% der Befragten hatten nur die österreichische Staatsbürgerschaft.
∩	90,3% der Befragten gaben an, dass das Thema Staatsbürgerschaft in ihrem Leben „sehr wichtig“ oder „eher wichtig“ sei.

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10 So erfolgt etwa die Einbürgerung in Dänemark durch Gesetz und nicht durch Verwaltungsakt, was regelmäßig zu einem sehr langen Verfahren führt.
11 Online abrufbar unter https://www.weltbund.at/neuigkeiten/auslandsoesterreicher-und-auslandsoesterreicherinnen-und-ihre-staatsbuergerschaft/
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∩	88,6% der Befragten befürworteten eine Möglichkeit, Österreicherinnen und Österreichern, die schon länger im Ausland leben, den Zugang zur Doppelstaatsbürgerschaft zu erleichtern.
∩	64,7% gaben an, die Staatsangehörigkeit ihres derzeitigen Aufenthaltslandes nur dann erwerben zu wollen, wenn sie die österreichische beibehalten können; demgegenüber gaben lediglich gerade einmal 2,7% an, die Staatsangehörigkeit ihres Aufenthaltslandes jedenfalls erwerben zu wollen, selbst wenn dies zum Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft führt.
∩	82,8% der Befragten gaben an, das Verfahren über die Bewilligung der Beibehaltung der Staatsbürgerschaft als kompliziert zu empfinden.
∩	88,2% äußerten den Wunsch, der Auslandsösterreicher-Weltbund solle sich für eine einfache, geregelte und gerechte Vorgangsweise bei der Bewilligung der Beibehaltung einsetzen.
∩	Etwa die Hälfte der Befragten gab an, bereits mehr als 20 Jahre im Ausland zu leben, weitere etwa 22% gaben an, sich bereits 11-20 Jahre in ihrem Gastland zu befinden.
Weitere bemerkenswerte Resultate der Umfrage zeigen, dass die Mehrheit der Befragten aus privaten oder beruflichen Gründen Österreich verlassen hat und zuvor mehrheitlich etwa 20- 29 Jahre lang in Österreich gelebt hat. Bei der Frage nach dem Bildungsabschluss zeigte sich, dass eine Mehrheit der AuslandsösterreicherInnen (fast 60 %) über einen Hochschulabschluss verfügte.
Das Ziel der vorgeschlagenen Novelle ist daher, eine transparente und erreichbare Neuregelung in jenen Bereichen des Staatsbürgerschaftsrechts zu schaffen, die speziell für AuslandsösterreicherInnen von Bedeutung sind, damit diesen einerseits keine unnötigen Hürden dadurch in den Weg gelegt werden, dass sie vor die Wahl gestellt werden, die fremde Staatsangehörigkeit ihres Gastlandes nur auf Kosten ihrer österreichischen Staatsbürgerschaft annehmen zu können und andererseits die Bindung dieser im Ausland oftmals sehr erfolgreichen Personen an Österreich aufrecht zu erhalten oder sogar zu stärken.
3. VORGESCHLAGENER GESETZESTEXT
Änderungen gegenüber der aktuellen Rechtslage sind durch Fettdruck und Streichung gekennzeichnet.



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Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit
§ 27. (1) Die Staatsbürgerschaft verliert, wer auf Grund seines Antrages, seiner Erklärung oder seiner ausdrücklichen Zustimmung eine fremde Staatsangehörigkeit erwirbt, sofern ihm nicht vorher die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft bewilligt worden ist.
(1a) 	Der Verlust nach Abs 1 tritt nicht ein, wenn der Staatsbürger im Zeitpunkt des Erwerbs der fremden Staatsangehörigkeit nachweislich den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen und seinen ständigen und rechtmäßigen Aufenthalt seit mindestens fünf Jahren durchgehend im Ausland hat und er die Staatsangehörigkeit eines Staates erwirbt, dessen Staatsangehöriger
1.	sein minderjähriges lediges Rind ist oder
2.	sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender Ehegatte ist, sofern die Ehe vor dem Zeitpunkt des Erwerbs der fremden Staatsangehörigkeit seit mindestens fünf Jahren bestanden hat und die eheliche Lebensgemeinschaft zu diesem Zeitpunkt nicht aufgehoben ist.
(2) Ein nicht voll handlungsfähiger Staatsbürger verliert die Staatsbürgerschaft nur dann, wenn die auf den Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit gerichtete Willenserklärung (Abs. 1) für ihn entweder von seinem gesetzlichen Vertreter oder mit dessen ausdrücklicher Zustimmung von ihm selbst oder einer dritten Person abgegeben wird. Die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters muss vor dem Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit vorliegen. Ist jemand anderer als die Eltern oder die Wahleltern gesetzlicher Vertreter, so tritt der Verlust der Staatsbürgerschaft überdies nur dann ein, wenn das Pflegschaftsgericht die Willenserklärung (Zustimmung) des gesetzlichen Vertreters vor dem Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit genehmigt hat.
(2a) Der Verlust nach Abs 2 tritt bei einem minderjährigen Staatsbürger nicht ein, wenn ein Elternteil Staatsbürger bleibt und der minderjährige Staatsbürger die Staatsangehörigkeit jenes Staates erwirbt, dessen Staatsangehöriger der andere Elternteil ist.
(3) Ein minderjähriger Staatsbürger, der das 14. Lebensjahr vollendet hat, verliert die Staatsbürgerschaft außerdem nur, wenn er der auf den Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit gerichteten Willenserklärung (Abs. 1) seines gesetzlichen Vertreters oder der dritten Person (Abs. 2) vor dem Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit ausdrücklich zugestimmt hat. Abs 2a gilt sinngemäß.
§ 28. (1) Einem Staatsbürger ist für den Fall des Erwerbes einer fremden Staatsangehörigkeit (§ 27) die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft zu bewilligen, wenn
1. 	sie wegen der von ihm bereits erbrachten und von ihm noch zu erwartenden Leistungen oder aus einem besonders berücksichtigungswürdigen Grund im Interesse der Republik liegt, und — soweit Gegenseitigkeit besteht — der fremde Staat, dessen Staatsangehörigkeit er anstrebt, der Beibehaltung zustimmt sowie die Voraussetzungen des § 10 Abs 1 Z 2 bis 6 und 8 sinngemäß erfüllt sind, oder
2. 	es im Fall von Minderjährigen dem Kindeswohl entspricht.
(2) Einem Staatsbürger ist für den Fall des Erwerbes einer fremden Staatsangehörigkeit (§ 27) die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft überdies zu bewilligen, wenn
1. 	er nachweislich den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen und seinen ständigen und rechtmäßigen Aufenthalt seit mindestens fünf Jahren durchgehend im Ausland hat und
2. 	ein für die Beibehaltung berücksichtigungswürdiger Grund im Privat- oder Familienleben vorliegt.
(2a) Bei der Beurteilung des berücksichtigungswürdigen Grundes im Privat- oder Familienleben gemäß Abs 2 sind insbesondere zu berücksichtigen:
1.	die Anzahl, Regelmäßigkeit und Dauer der Aufenthalte des Staatsbürgers im Bundesgebiet;
2.	die Aufrechterhaltung gesicherter Lebensumstände des Staatsbürgers im Wohnsitzstaat, insbesondere im Hinblick auf nachteilige Auswirkungen auf das Familienleben, den Aufenthaltsstatus oder die Vermögensituation;
3.	das berufliche Fortkommen des Staatsbürgers;
4.	der persönliche Verkehr mit nächsten Angehörigen, die den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet haben;
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5.	das Vorhandensein maßgeblicher Vermögenswerte im Bundesgebiet, deren Verwaltung der Staatsbürger zu besorgen hat, darunter insbesondere Liegenschaftsvermögen oder Unternehmensanteile;
6.	Kenntnisse der deutschen Sprache auf dem Sprachniveau B2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen;
7.	unverhältnismäßige Vermögensnachteile aus Gründen des Erbrechts, des Sozialversicherungsrechts oder des Steuerrechts;
8.	ein vom Staatsbürger abgeleiteter Grundwehrdienst oder ordentlicher Zivildienst.
(3)	Die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft darf nur auf schriftlichen Antrag und unter der Bedingung bewilligt werden, dass die fremde Staatsangehörigkeit binnen zwei Jahren erworben wird.
(3a) 	Die Frist nach Abs 3 ist auf Antrag des Staatsbürgers, dem die Beibehaltung bewilligt wurde, einmalig um weitere zwei Jahre zu verlängern, wenn der Staatsbürger der Behörde vor Ablauf der Frist nach Abs 3 nachweist, dass er den auf den Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit gerichteten Antrag vor Ablauf der Frist bei der zuständigen Behörde im Ausland eingebracht hat.
(4)	Der Antrag ist vom voll handlungsfähigen Staatsbürger persönlich zu unterfertigen. Ist der Staatsbürger nicht voll handlungsfähig, so ist der Antrag für ihn entweder von seinem gesetzlichen Vertreter persönlich oder mit dessen schriftlicher Zustimmung von ihm selbst oder einer dritten Person zu unterfertigen. Der vom gesetzlichen Vertreter oder mit dessen schriftlicher Zustimmung von einer dritten Person gestellte Antrag bedarf der schriftlichen Zustimmung des minderjährigen Staatsbürgers, sofern dieser das 14. Lebensjahr vollendet hat. Ist jemand anderer als die Eltern oder die Wahleltern gesetzlicher Vertreter, so bedarf der Antrag oder die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters ferner der Genehmigung des Pflegschaftsgerichts.
(5)	Der Bescheid, mit dem die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft bewilligt wird, ist schriftlich zu erlassen.
§ 28a. (1) Die Bewilligung der Beibehaltung ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs 1 Z 2 bis 8 auf den mit dem Bewilligungswerber im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten zu erstrecken, wenn
1.	dieser die Staatsbürgerschaft besitzt;
2.	die eheliche Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht aufgehoben ist;
3.	die Ehe seit mindestens fünf Jahren aufrecht ist.
(2)	Die Bewilligung der Beibehaltung ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs 1 Z 2 bis 8 auf die Kinder des Bewilligungswerbers zu erstrecken, sofern diese minderjährig und ledig sind und mit ihm im gemeinsamen Haushalt leben.
(3)	Die Bewilligung der Beibehaltung ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs 1 Z 2 bis 8 auf die Wahlkinder des Bewilligungswerbers zu erstrecken, sofern diese minderjährig und ledig sind und mit ihm im gemeinsamen Haushalt leben.
(4)	Die Voraussetzung der Minderjährigkeit entfallt bei einem behinderten Kind, wenn die Behinderung erheblich ist und das Kind mit dem für die Erstreckung der Bewilligung der Beibehaltung maßgebenden Elternteil im gemeinsamen Haushalt lebt oder diesem die Sorgepflicht für das Kind obliegt und er seiner Unterhaltspflicht nachkommt. Als erheblich behindert im Sinne dieser Bestimmung gelten Personen, die infolge eines Leidens oder Gebrechens in ihrer körperlichen oder geistigen Fähigkeit so wesentlich beeinträchtigt sind, dass sie einer besonderen Pflege oder eines besonderen Unterhaltsaufwandes bedürfen und voraussichtlich dauernd nicht fähig sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Die erhebliche Behinderung ist durch geeignete medizinische Befunde nachzuweisen.
(5)	Die Erstreckung der Bewilligung der Beibehaltung darf nur gleichzeitig mit der Bewilligung der Beibehaltung der Staatsbürgerschaft, nur für dieselbe fremde Staatsangehörigkeit und nur innerhalb derselben Frist verfügt werden. § 28 Abs 3a gilt sinngemäß.
§ 29. (1) Der Verlust der Staatsbürgerschaft gemäß § 27 erstreckt sich auf die Kinder des Fremden, sofern sie minderjährig und ledig sind und ihm von Rechts wegen in die fremde Staatsangehörigkeit folgen oder folgen würden, wenn sie diese nicht bereits besäßen, wenn
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3.	die Mutter gemäß § 143 ABGB, oder
4.	der Vater gemäß § 144 Abs. 1 ABGB
die Staatsbürgerschaft verliert, es sei denn der andere Elternteil ist weiterhin Staatsbürger. § 27 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.
(2) Der Verlust der Staatsbürgerschaft ist auf die Wahlkinder des Fremden, sofern sie minderjährig und ledig sind und ihm von Rechts wegen in die fremde Staatsangehörigkeit folgen oder folgen würden, zu erstrecken, wenn der Wahlelternteil die Staatsbürgerschaft verliert, es sei denn der andere Elternteil oder Wahlelternteil ist weiterhin Staatsbürger. § 27 Abs 3 ist sinngemäß anzuwenden.
ABSCHNITT IV
BEHÖRDEN UND VERFAHREN
§ 39. (1) Zur Erlassung von Bescheiden in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft ist unbeschadet des § 41 die Landesregierung zuständig.
(2) Örtlich zuständig ist jene Landesregierung, in deren Bereich die Person, auf die sich der Bescheid bezieht, ihren Hauptwohnsitz hat, sonst die Landesregierung, in deren Bereich die Evidenzstelle (§ 49 Abs. 2) liegt. Die Zuständigkeit zur Erstreckung der Verleihung oder Beibehaltung richtet sich nach der Zuständigkeit zur Verleihung oder Beibehaltung der Staatsbürgerschaft.
ABSCHNITT VI
Erwerb der Staatsbürgerschaft durch Anzeige
§ 57. (1) Ein Fremder erwirbt unter den Voraussetzungen des § 10 Abs 1 Z 2 bis 6 und 8 und Abs 2 Z 1 und 3 bis 7 die Staatsbürgerschaft, wenn er der Behörde unter Bezugnahme auf dieses Bundesgesetz schriftlich anzeigt, dass er zumindest in den letzten 15 Jahren von einer österreichischen Behörde fälschlich als Staatsbürger behandelt wurde und dies nicht zu vertreten hat. Als Staatsbürger wird insbesondere behandelt, wem ein Staatsbürgerschaftsnachweis, Reisepass oder Personalausweis ausgestellt wurde. Die Behörde hat die fälschliche Behandlung als Staatsbürger dem Fremden schriftlich zur Kenntnis zu bringen und ihn über die Frist zur Anzeige gemäß Abs. 2 zu belehren. Den Erwerb durch Anzeige hat die Behörde rückwirkend mit dem Tag, an dem der Fremde das erste Mal von einer österreichischen Behörde fälschlich als Staatsbürger behandelt wurde, mit Bescheid festzustellen. Dem Erwerb der Staatsbürgerschaft durch Anzeige steht nicht entgegen, dass der Fremde bereits einmal Staatsbürger war.
(2)	Die Anzeige ist binnen sechs Monaten ab Kenntnis der fälschlichen Behandlung gemäß Abs. 1 einzubringen.
(3)	Die Frist gemäß Abs. 1 entfällt, wenn der Fremde den Grundwehr- oder Ausbildungsdienst oder den ordentlichen Zivildienst geleistet hat.
(4)	Eine Anzeige gemäß Abs. 1 kann auch bei der örtlich zuständigen Vertretungsbehörde im Ausland (§ 41 Abs. 2) eingebracht werden. Diese hat die Anzeige an die zuständige Behörde weiterzuleiten.
(5)	Anzeigen und Bescheide gemäß Abs. 1 und im Verfahren beizubringende Dokumente, insbesondere Zeugnisse, Personenstandsurkunden und Übersetzungen, sind gebührenfrei.
4.   ERLÄUTERUNGEN ZUM VORGESCHLAGENEN GESETZESTEXT
4.1. 		Neuer Kriterienkatalog für die Bewilligung der Beibehaltung
Das Ziel der Novelle ist in erster Linie die Unterstützung von AuslandsösterreicherInnen beim Erwerb der Staatsangehörigkeit jenes Staates, in dem sie niedergelassen sind, unter Aufrechterhaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Die vorgeschlagene Neuregelung des § 28 Abs 2 StbG 1985 enthält aus diesem Grund eine Einschränkung der Anwendbarkeit der Beibehaltung auf Staatsbürger, die nachweislich den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen und ihren ständigen und rechtmäßigen Aufenthalt seit mindestens 5 Jahren durchgehend im Ausland (wenn
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auch nicht zwingend in demselben fremden Staat) haben. Die Bezugnahme auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen und den ständigen und rechtmäßigen Aufenthalt im Ausland findet sich auch an anderer Stelle Staatsbürgerschaftsgesetzes, etwa in § 12 Abs 2 StbG 1985. Alternativ wäre es auch denkbar, ähnlich wie in § 37 Abs 2 StbG 1985 an den Hauptwohnsitz außerhalb des Bundesgebietes anzuknüpfen, was letztlich vor dem Hintergrund des im Staatsbürgerschaftsrecht relevanten Hauptwohnsitzbegriffes12 zum selben Ergebnis führen wird. Da an den Lebensmittelpunkt angeknüpft wird, sollen vorübergehende Aufenthalte in Österreich unschädlich bleiben und zu keine Unterbrechung führen. Erst bei einer Verlagerung des Lebensmittelpunktes in das Bundesgebiet, wobei eine gewisse Dauerhaftigkeit einerseits, aber auch das berufliche und familiäre Umfeld andererseits zu berücksichtigen sein wird, wäre eine Unterbrechung und bei neuerlicher Verlagerung ins Ausland ein Neubeginn des Fristenlaufes anzunehmen.
Die Anknüpfung an einen berücksichtigungswürdigen Grund im Privat- und Familienleben bleibt in dieser Konstellation erhalten. Allerdings wird vorgeschlagen, das Erfordernis auf einen „berücksichtigungswürdigen Grund“ zu reduzieren und „besonders“ zu streichen, um darin auch die Reduktion des notwendigen Beeinträchtigungsausmaßes in Abkehr von der bislang geforderten „extremen Beeinträchtigung“ zum Ausdruck zu bringen und die Kriterien auf ein erreichbares Maß zu bringen.
Der vorgeschlagene neue Abs 2a führt zur Vereinheitlichung der Beibehaltungskriterien und, um den Verwaltungsbehörden und -gerichten Anhaltspunkte für den heranzuziehenden Beurteilungsmaßstab zu geben, einen demonstrativen Kriterienkatalog ein.13 Die vorgeschlagenen Beurteilungskriterien sollen einerseits Aspekte berücksichtigen, die sich aus der Bindung des Staatsbürgers an Österreich ergeben, so etwa die Anzahl, Regelmäßigkeit und Dauer der Aufenthalte im Bundesgebiet, der persönliche Verkehr mit nächsten Angehörigen, die den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet haben, das Vorhandensein erheblicher Vermögenswerte im Bundesgebiet, deren Verwaltung der Staatsbürger zu besorgen hat, insbesondere Liegenschaftsvermögen oder Unternehmensanteile, sowie nicht zuletzt ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache. Andererseits sollen bei den relevanten Kriterien auch jene Aspekte Berücksichtigung finden, die aus nachvollziehbaren Gründen eine Annahme der fremden Staatsangehörigkeit im Aufenthaltsland des Staatsbürgers für nachvollziehbar
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12 Esztegar in Esztegar/Plunger/Eberwein [Hrsg], StbG § 12 Rz 3.
13 Vergleichbares findet sich beispielsweise in § 11 Abs 3 NAG.



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erscheinen lassen, wie etwa Umstände im beruflichen Umfeld, der mögliche Verlust eines gesicherten Aufenthaltsstatus oder sonstige Umstände, die eine der derzeitigen Terminologie entsprechende extreme Beeinträchtigung im privaten Umfeld darstellen sowie letztlich auch unverhältnismäßige Vermögensnachteile aus erbrechtlichen, sozialversicherungsrechtlichen oder steuerlichen Gründen. Zu den einzelnen vorgeschlagenen Kriterien im Detail:
4.1.1.	Aufenthalte in Österreich
Das Staatsbürgerschaftsgesetz verlangt bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft in nahezu allen Fällen, dass der Fremde seine Bindung an und Integration in Österreich durch mehrere Umstände zum Ausdruck bringt. Eines dieser Umstände ist die Dauer des rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthaltes in Österreich. Umgekehrt kennt das Gesetz an anderen Stellen14 auch durchaus bereits eine Berücksichtigung eines langjährigen Aufenthaltes oder Wohnsitzes im Ausland. Insofern erscheint eine Bezugnahme auf die Anzahl, Regelmäßigkeit und Dauer der Aufenthalte des Staatsbürgers in Österreich als Beurteilungskriterium für die Bindung des Staatsbürgers an die Republik Österreich bei der Beurteilung der Beibehaltung als gerechtfertigt. Die Beibehaltung soll bewilligt werden, wenn nach Ansicht der Staatsbürgerschaftsbehörde eine ausreichende persönliche Bindung des Staatsbürgers an Österreich trotz langjährigen Auslandsaufenthalts vorliegt und diese eine gewisse Regelmäßigkeit erkennen lässt.
4.1.2.	Aufrechterhaltung gesicherter Lebensumstände
Insbesondere das Bedürfnis der Annahme der fremden Staatsangehörigkeit jenes Staates, in dem sich der Staatsbürger niedergelassen hat, ist regelmäßig von der Absicherung seiner Lebensumstände geprägt. Davon umfasst sind vor allem die Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens, die Fortführung der beruflichen oder unternehmerischen Tätigkeit, die Ermöglichung von beruflichen oder unternehmerischen Tätigkeiten, die nur oder vorwiegend Staatsangehörigen des fremden Staates offen stehen, und auch die — insbesondere in der aktuellen Pandemiesituation festgestellte — Gewährleistung der sicheren Ein- und Ausreise.
Es gilt unter anderem dem Umstand Rechnung zu tragen, dass viele Berufe eine stark gestiegene internationale Mobilität und Flexibilität erfordern, die oftmals mit Entsendungen ins Ausland über Zeitraum hinweg verbunden ist, die — je nach Jurisdiktion — dazu führen können, dass dem Staatsbürger sein Aufenthaltstitel entzogen werden kann, weil er sich zu lange im
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14 Vgl. § 12 Abs 2 letzter Satz sowie § 37 Abs 2 StbG 1985.


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Ausland befunden hat. Dass überlange Auslandsaufenthalte gegebenenfalls auch auf Umstände zurückgeführt werden können, die außerhalb der Sphäre des Staatsbürgers liegen und dennoch geeignet sind, zu einem Verlust des Aufenthaltsrechts im fremden Staat zu führen, hat zuletzt auch die COVTD-19 Pandemie aufgezeigt. In diese Fallgruppe kann aber auch ein Umstand wie der „Brexit“ gezählt werden, der - gänzlich ohne Zutun der AuslandösterreicherInnen — ihren Status verändert hat. Es ist auch nicht auszuschließen, dass in Zukunft andere Austritte aus der Europäischen Union erfolgen können, die ähnlich signifikante Auswirkungen auf AuslandsösterreicherInnen haben können, wie der Brexit. Derartige Situationen sollten daher als für die Aufrechterhaltung gesicherter Lebensumstände maßgebliche Gründe eine Bewilligung der Beibehaltung rechtfertigen.
4.1.3.	Berufliches Fortkommen
Hier sollen jene Aspekte berücksichtigt werden können, die zwar nicht unmittelbar eine Gefährdung der beruflichen Existenz gemäß den Ausführungen zu Punkt 4.1.2. mit sich bringen, die jedoch berücksichtigungswürdig erscheinen lassen, um das berufliche Fortkommen des Staatsbürgers nicht ungebührlich zu erschweren.
4.1.4.	Persönlicher Verkehr mit Familienangehörigen in Österreich
Ebenso berücksichtigungswürdig erscheint das Kriterium des persönlichen Verkehrs mit nächsten Angehörigen, die in Österreich leben. Hierbei ist primär auf die nächsten Angehörigen abzustellen, zu denen der Ehegatte oder eingetragener Partner, Kinder einschließlich Adoptiv- oder Stiefkinder sowie Verwandte in gerader aufsteigender Linie und Geschwister zu zählen sein werden. Neben der Art und Häufigkeit des persönlichen Verkehrs sind besondere, in der Person gelegene Umstände wie Pflegebedürftigkeit besonders in Kalkül zu ziehen.
4.1.5.	Vermögen im Inland
Das Vorhandensein von Vermögenswerten, insbesondere Liegenschaften, die eine Betreuung und Verwaltung durch den Staatsbürger erfordern, kann als berechtigtes Interesse für die Beibehaltung herangezogen werden, könnte doch bei Verlust der Staatsbürgerschaft die Verwaltung und die Nutzung des inländischen Vermögens erheblich erschwert oder sogar vereitelt werden. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die geltende Rechtslage die Erteilung eines Aufenthaltstitels allein aus dem Umstand, dass Vermögen im Inland besteht, prinzipiell nicht vorsieht. Zudem kommt gerade im ländlichen Bereich in dem oftmals über Generationen im Familienbesitz erhaltenen Vermögen eine Bindung an die Republik Österreich zum Ausdruck, die die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft vielfach als gerechtfertigt erscheinen lassen wird.


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4.1.6.	Deutschkenntnisse
Das Erfordernis von Deutschkenntnissen bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft ist bereits fest im Staatsbürgerschaftsrecht verankert und für die meisten relevanten Verleihungstatbestände eine notwendige Einbürgerungsvoraussetzung. Das Gesetz bringt auch darin die Integration und die Bindung des Antragstellers an Österreich zum Ausdruck. Insofern erscheint es gerechtfertigt, dieses Kriterium als mögliche Ausprägung einer Verbundenheit mit Österreich bei Beibehaltungswerbern zu berücksichtigen.
4.1.7.	Vermögensnachteile
Aus der Nichtannahme der fremden Staatsangehörigkeit oder aus dem Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft können auch unverhältnismäßige finanzielle Nachteile entstehen. Aufgegriffen werden sollen hier primär Fälle, in denen der mit dem Wechsel der Staatsangehörigkeit einher gehende Vermögensnachteil außer Verhältnis zur Sache steht. Derartige Bezugspunkte kennt das Staatsbürgerschaftsgesetz bereits beim Erfordernis des Verzichts auf die bisherige Staatsangehörigkeit im Fall der Verleihung.10 Wenn wirtschaftliche Umstände bereits bisher als ausreichend dafür angesehen wurden, den sonst regelmäßig zwingenden Verzicht auf die bisherige Staatsangehörigkeit bei Einbürgerungswerbern nicht zu fordern (was deren Doppelstaatsbürgerschaft zur Folge hat), so ist es konsequent, derartige Aspekte auch bei der Beibehaltung zu berücksichtigen.
4.1.8.	Abgeleisteter Grundwehrdienst oder Zivildienst
Das Staatsbürgerschaftsgesetz bringt bereits jetzt an mehreren Stellen zum Ausdruck, dass die Ableistung des Grundwehrdienstes oder ordentlichen Zivildienstes — zumindest für männliche Staatsbürger — als eine der zentralsten, aus der Staatsbürgerschaft resultierenden Verpflichtungen des Staatsbürgers gegenüber der Republik angesehen werden.16 Insofern erscheint es konsequent, den vom Staatsbürger abgeleisteten Zwangsdienst in den Kriterienkatalog aufzunehmen, weil auch darin die Verbundenheit des Staatsbürgers und die Erfüllung staatsbürgerlicher Verpflichtungen entscheidend zum Ausdruck kommen.
4.2. 	Keine Einschränkung der privaten Gründe auf Abstammung
§ 28 Abs 2 StbG 1985, der die Bewilligung der Beibehaltung aus einem besonders berücksichtigungswür¬digen Grund im Privat- und Familienleben regelt, ist de lege lata nur
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15 § 20 Abs 3 7. 2 bzw. Abs 4 StbG 1985.
16 Siehe etwa § 57 Abs 1 oder § 37 Abs 1 StbG 1985.


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anzuwenden, wenn der Bewilligungswerber die Staatsbürgerschaft durch Abstammung erworben hat. Es handelt sich hierbei um die einzige (!) Bestimmung im Staatsbürgerschaftsgesetz, die eine unterschiedliche Behandlung dahingehend vorsieht, ob jemand durch Abstammung oder durch Verleihung Staatsbürger geworden ist. Diese Unterscheidung erscheint nicht nur verfassungsgesetzlich bedenklich, sondern widerspricht auch dem Prinzip der einheitlichen Staatsbürgerschaft gemäß Art 7 Abs 1 B-VG.18 Folglich sollte diese Unterscheidung gänzlich entfallen, sodass bei Erfüllung der nunmehr vorgeschlagenen neuen Kriterien für die Bewilligung der Beibehaltung es nicht darauf ankommen soll, wie jemand ursprünglich die Staatsbürgerschaft erworben hat.
4.3. 	Einschränkung des Verlustes bei Familien und Minderjährigen
Ein zentrales Anliegen der vorgeschlagenen Änderungen ist das Bestreben, unterschiedliche Staatsbürgerschaften in der Kernfamilie, also insbesondere zwischen Eltern und Kindern sowie Ehegatten, weitestgehend zu vermeiden. Der Leiter der Abteilung Aufenthalt und Staatsbürgerschaftswesen im Innenministerium, Dietmar Hudsky, formulierte anlässlich eines öffentlichen Hearings im Innenausschuss zum Staatsbürgerschaftsrecht am 08.10.201419 den Umstand, dass „man keine unterschiedlichen Staatsbürgerschaften im Familienverband wolle“ sogar als eines der vier Hauptprinzipien des Staatsbürgerschaftsrechts. Diesem Bedürfnis trägt die aktuelle Rechtslage allerdings vielfach nur unzureichend Rechnung und sieht zahlreiche Fallstrike und Situation vor, in denen es tatsächlich und vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollt zu unterschiedlichen Staatsbürgerschaften in der Kernfamilie kommen kann.
Das Bedürfnis, innerhalb der engsten Familie eine Einheitlichkeit hinsichtlich der Staatsangehörigkeiten herzustellen, stellt somit einen besonders nachvollziehbaren Grund für die freiwillige Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit dar. Insofern erscheint es bei der Bewilligung der Beibehaltung erstrebenswert, die Annahme jener fremden Staatsangehörigkeit, die der im gemeinsamen Haushalt lebende Ehegatte oder die minderjährigen Kinder des Staatsbürgers bereits haben, als besonders nachvollziehbares Kriterium privilegiert zu behandeln.
Im Hinblick auf die Gleichschaltung von Staatsbürgerschaften in der engsten Familie soll bei volljährigen Staatsbürgern eine Ausnahmeregelung vom allgemeinen Verlusttatbestand geschaffen werden. Wenn die Staatsangehörigkeit eines Staates erworben wird, dessen

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17 Siehe etwa VfGH vom 17.06.2019, E1832/2019.
18 So auch VwGH vom 03.05.2000, 98/01/0136.
19 Parlamentskorrespondenz Nr. 880 vom 08.10.2014, abrufbar unter https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2014/PK0880/


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Staatsangehöriger der Ehegatte oder das minderjährige Kind des Staatsbürgers bereits ist, soll ausnahmsweise der Verlust der Staatsbürgerschaft nicht ein treten.
Um dem aus gesellschaftspolitischer Sicht unerwünschten und unabsichtlichen Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft im Fall minderjähriger Kinder durch unbedachte oder unwissende Handlungen der Eltern zu begegnen, wird vorgeschlagen, den Verlusttatbestand nach § 27 Abs 2 StbG 1985 einzuschränken. Es bietet sich hier an, eine der sogenannten „Verlusterstreckung“ nach § 29 Abs 1 StbG 1985 nachempfundene Restriktion in das Gesetz aufzunehmen, wonach der Verlust der Staatsbürgerschaft bei unmündigen minderjährigen Kindern nicht eintreten soll, wenn zumindest ein Elternteil weiterhin Staatsbürger bleibt. Damit ist insbesondere der Gefahr von willkürlich unterschiedlichen Staatsbürgerschaften und „versehentlichen Verlusten“ innerhalb der Familie begegnet, da diese grundsätzlich als nicht erwünschtes Phänomen angesehen werden müssen (siehe dazu das Beispiel unter Punkt 1.2.2.)
4.4. 	Erstreckung der Beibehaltungsbewilligung
Selbst bei Staatsbürgern, denen die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft bewilligt wird, ergibt sich in der Familie oftmals das Problem, dass sich die Bewilligung der Beibehaltung nur auf den Antragsteller bezieht, nicht jedoch auf seine engsten Familienangehörigen (Ehegatte, minderjährige Kinder). Das hat regelmäßig zur Folge, dass für die Aufrechterhaltung derselben Staatsbürgerschaft innerhalb der Familie jede Person für sich genommen die Beibehaltungskriterien erfüllen und einen positiven Beibehaltungsbescheid erwirken muss, was nach der bisherigen Rechtslage häufig daran scheitert, dass die übrigen Familienmitglieder, insbesondere der Ehegatte, die Kriterien nicht erfüllt.
Im Interesse der Harmonisierung der Staatsangehörigkeit innerhalb der Familie enthält das Staatsbürgerschaftsgesetz bereits an mehreren Stellen die sogenannte „Erstreckung“ eines staatsbürgerschaftsrechtlichen Tatbestandes.211 Die vorgeschlagene Novellierung führt in konsequenter Weiterentwicklung dieses dem Staatsbürgerschaftsrecht bereits bekannten Mechanismus die Erstreckung der Beibehaltung auf den Ehegatten und die minderjährigen Kinder ein.


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20 Erstreckung der Verleihung auf den Ehegatten nach § 16; Erstreckung der Verleihung auf minderjährige Kinder nach § 17; Verlusterstreckung nach § 29.



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4.5.	Verlängerungsmöglichkeit der Beibehaltungsfrist
Wie bereits ausgeführt, beläuft sich der gesetzlich festgelegte Geltungszeitraum eines Beibehaltungsbescheides nach § 28 Abs 3 StbG 1985 auf zwei Jahre. Dieser Zeitraum ist selbst bei unverzüglicher Antragstellung im Ausland vielfach nicht ausreichend, um ein Verleihungsverfahren zu Ende zu führen. Eine Fristerstreckung ist nach derzeitiger Rechtslage nicht vorgesehen und kann eine solche daher mangels gesetzlicher Grundlage von der Staatsbürgerschaftsbehörde selbst bei Härtefällen nicht bewilligt werden. Es wird daher vorgeschlagen, eine einmalige Erstreckung dieses Zeitraumes gesetzlich zu verankern. Die Verlängerung soll an die Bedingung geknüpft werden, dass die Antragstellung für die Verleihung der fremden Staatsangehörigkeit innerhalb der ersten zwei Jahre ab Erlassen des Beibehaltungsbescheides, also innerhalb der ursprünglichen Frist, bereits erfolgt ist und der Behörde nachgewiesen wird. Das Ziel ist, Härtefälle zu vermeiden, die durch ein zu lange dauerndes Verfahren im Ausland entstehen, obwohl die Antragstellung ohne schuldhafte Verzögerung des Antragstellers rechtzeitig, also innerhalb der ursprünglichen Zweijahresfrist erfolgt ist.
Ist, bei rechtzeitiger Antragstellung binnen noch offener Frist und entsprechendem Nachweis der bereits erfolgten Antragstellung im fremden Staat, die Verlängerung der Frist zu bewilligen, so ist es im Interesse der Rechtssicherheit für den betreffenden Staatsbürger unumgänglich, dass die verlängerte Frist unmittelbar und ohne Unterbrechung an die ursprüngliche Frist anknüpft. So soll vermieden werden, dass während der Entscheidung der Staatsbürgerschaftsbehörde über den Verlängerungsantrag eine Lücke entsteht und im Fall des gerade dann erfolgten Erwerbs der fremden Staatsangehörigkeit trotz eigentlich vorliegender Beibehaltungsbewilligung die österreichische Staatsbürgerschaft verloren wird.
4.6.	Zuständigkeit
Da § 39 Abs 2 StbG 1985 eine Zuständigkeitsregel für die örtliche Zuständigkeit für die Erstreckung der Verleihung enthält und mit dem vorgeschlagenen neuen § 28a StbG eine Erstreckung der Beibehaltung eingeführt werden soll, erscheint es geboten, die Zuständigkeitsbestimmung um diesen neuen Tatbestand zu erweitern, damit dieselbe Behörde über die Erstreckung der Beibehaltung entscheidet, wie auch über den Beibehaltungsantrag selbst. Hätten der Beibehaltungswerber und der Erstreckungswerber Evidenzgemeinden (§ 49 Abs 2 StbG 1985), die in unterschiedlichen Bundesländern liegen (etwa weil die Kinder im Ausland geboren sind und daher gemäß § 49 Abs 2 lit c StbG 1985 die Evidenzgemeinde Wien


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wäre), würde es sonst zu einer Unzuständigkeit jener Behörde für die Erstreckung kommen können, die über den Beibehaltungsantrag entscheiden. Da gerade diese Bewilligung erstreckt werden soll und diese Erstreckung nach dem vorgeschlagenen § 28a Abs 5 StbG nur gemeinsam mit der Bewilligung der Beibehaltung verfügt werden kann, bedarf es hierzu einer einheitlichen örtlichen Zuständigkeit der Staatsbürgerschaftsbehörde für beide Erledigungen.
4.7. 	Klarstellung der Anwendbarkeit der Putativösterreicherregelung
Obgleich die Bestimmung des § 57 StbG ihrem Wortlaut nach keine derartige Einschränkung trifft, hat die Rechtsprechung21 in überschießender Auslegung der Intentionen des Gesetzgebers und entgegen den Meinungen in der Fachliteratur22 die Bestimmung so ausgelegt, dass sie nur für den erstmaligen Erwerb der Staatsbürgerschaft anwendbar sei, nicht jedoch für einen neuerlichen (Wieder)Erwerb. Gerade in Bezug auf den in Punkt 1.2.2. dargestellten unbeabsichtigten Verlust der Staatsbürgerschaft von minderjährigen Kindern hat das Höchstgericht damit unnotwendigerweise die letztlich einzige relevante Bestimmung für unanwendbar erklärt, die gegebenenfalls die Sanierung der verloren gegangenen Staatsbürgerschaft durch ein Verhalten der Eltern ermöglicht hätte. Vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber bereits bei Einführung der Bestimmung eben solche Härtefälle regeln wollte, ist es im lichte der höchstgerichtlichen Judikatur geboten, hier eine gesetzliche Klarstellung vorzunehmen und die Bestimmung dahingehend zu präzisieren, dass sie auch dann Anwendung finden soll, wenn die betroffene Person (Putativösterreicher) bereits früher einmal irgendwann die Staatsbürgerschaft — wenn auch nur für kurze Zeit — besessen hat.
5. AUSBLICK
Die vorgeschlagenen Regelungen sind geeignet, im Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 derzeit bestehende Widersprüchlichkeiten und inkonsequente Regelungen, die gerade im engsten familiären Umfeld zu unterwünschten Ergebnissen hinsichtlich der Staatsbürgerschaft führen können, zu entschärfen. Sie tragen zur Rechtssicherheit und zur Verbesserung der Situation von AuslandsösterreicherInnen bei, ohne das im Staatsbürgerschaftsgesetz verankerte Prinzip der Vermeidung von Doppelstaatsbürgerschaften gänzlich aufzugeben. So werden insbesondere keine Änderungen vorgeschlagen, die an die Einbürgerung, also den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, anknüpfen. Die Verleihungsvoraussetzungen und der dort vorgesehene

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21 VwGH vom 25.09.2018, Ra 2017/01/0331.
22 Esztegar/Plunger, Wer kann Putativösterreicher sein?, ZfV 2019/13.

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prinzipielle Verzicht auf die bisherige Staatsangehörigkeit im Fall der Einbürgerung sollen unverändert bestehen bleiben.
Es soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass auch in diesem Bereich durchaus Reformbedarf gegeben ist, um das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht an Lebenssachverhalte anzupassen, die im 21. Jahrhundert alltäglich sind. Beispielhaft seien hier etwa die Möglichkeit genannt, der Verlust der Staatsbürgerschaft auf den Erwerb einer Staatangehörigkeit eines Drittstaates zu beschränken und im Fall des Erwerb einer Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union generell vom Verlust abzusehen, wie es in § 25 Abs 1 deutsches Staatsangehörigkeitsgesetz der Fall ist.
Auch im Bereich des Wiedererwerbs der österreichischen Staatsbürgerschaft durch ehemalige Staatsbürger ist Verbesserungspotenzial erkennbar. Der in § 10 Abs 4 Z 1 StbG 1985 grundsätzlich vorgesehen Wiedererwerb der Staatsbürgerschaft ist als Sonderfall des Ermessenstatbestandes des § 10 StbG normiert, sodass dem Wiederverleihungswerber grundsätzlich kein Rechtsanspruch zukommt; hierzu wäre ein (neuerlicher) ununterbrochener und rechtmäßiger Aufenthalt von zumindest 6 Jahren im Bundesgebiet erforderlich, was angesichts des Umstandes, dass die Person die Staatsbürgerschaft bereits zumindest 10 Jahre besessen hat, wenig nachvollziehbar erscheint. Ebenso ist bei der Wiederverleihung an im Ausland lebende Österreicherinnen ein Bedürfnis erkennbar, diesfalls nicht auf die fremde Staatsangehörigkeit verzichten zu müssen.
Derartige Vorhaben könnten irgendwann Gegenstand eines anderen Gesetzesvorhabens
sein.
Wien, am 05.02.2024	Mag. Balazs Esztegar LL.M.










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