Protokoll zur Abänderung des am 22. September 2003 in Abu Dhabi unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll

 

Vereinfachte wirkungsorientierte Folgenabschätzung

 

Einbringende Stelle:

Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres

Vorhabensart:

Über- oder zwischenstaatliche Vereinbarung

Laufendes Finanzjahr:

2021

 

Inkrafttreten/

Wirksamwerden:

2022

 

Vorblatt

 

Problemanalyse

Die steuerlichen Beziehungen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten werden gegenwärtig durch das Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll, BGBl. III Nr. 88/2004, das am 22. September 2003 in Abu Dhabi unterzeichnet wurde, geregelt. Dieses Abkommen entspricht derzeit weder dem OECD-Standard betreffend Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS-Standard) noch dem OECD-Standard betreffend die steuerliche Transparenz und Amtshilfebereitschaft. Vor dem Hintergrund des Berichts des Rechnungshofs „Kapitalertragsteuer-Erstattungen nach Dividendenausschüttungen“ (Rechnungshof GZ 004.499/010-PR3/18) ist darüber hinaus eine Änderung des Artikels zur Dividendenbesteuerung erforderlich. Das Mehrseitige Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, BGBl. III Nr. 93/2018, wurde zwar von beiden Staaten unterzeichnet und ratifiziert, findet aber im bilateralen Verhältnis zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten keine Anwendung. Daher ist das Abkommen teilweise revisionsbedürftig.

 

Es wird keine vollständige Revision in der Form eines Voll-Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) durchgeführt, sondern nur eine Teilrevision in der Form eines Abänderungsprotokolls. Durch das Protokoll soll die (internationale) Verpflichtung Österreichs zur Anpassung seiner DBA an die OECD-Standards umgesetzt sowie den Anforderungen des Rechnungshofs entsprochen werden.

 

Die Bedeutung der Vereinigten Arabischen Emirate als Wirtschaftspartner für Österreich ist bei einer Analyse der volkswirtschaftlichen Daten ersichtlich. Die Vereinigten Arabischen Emirate sind, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), die 29. Volkswirtschaft der Welt. Gemessen an der Handelsintensität zählen sie zwar nicht zu den bedeutendsten Handelspartnern Österreichs. Die Ausfuhren aus Österreich nehmen allerdings ein bedeutendes Ausmaß an (478 Mio € im Jahr 2019). Die Einfuhren sind wesentlich geringer und entsprechen ungefähr einem Fünftel der Ausfuhren. Somit hatte Österreich im Jahr 2019 eine positive Handelsbilanz von 376 Mio. € mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (Quelle: WKO Länderprofil VAE, Stand Februar 2021). Österreichische Unternehmen haben ca. 150 Firmenniederlassungen in den Vereinigten Arabischen Emiraten gegründet; weitere rund 300 Unternehmen sind über Vertreter aktiv (Quelle: WKO Wirtschaftsbericht VAE, Stand Oktober 2020). Die österreichischen Direktinvestitionen in den VAE stiegen im Jahr 2019 massiv und betrugen 8,06 Mrd. € (+44,3 %); die Direktinvestitionen der VAE in Österreich betrugen 2019 10,85 Mrd. € (+3,9 %).

 

Ziel(e)

1. Umsetzung von OECD-Standards betreffend Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS-Standard), steuerliche Transparenz und Amtshilfebereitschaft

 

Die Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung stellen eine ernste Bedrohung für die Steuereinnahmen, die Steuerhoheit der Staaten und die Steuergerechtigkeit dar. Multinationale Unternehmen nutzen oft Unterschiede zwischen den nationalen Bestimmungen und Lücken in den internationalen Standards aus, um ihre Steuerschuld deutlich zu reduzieren oder sogar zu beseitigen. Die BEPS-Maßnahmen, welche durch das Abänderungsprotokoll umgesetzt werden, haben das Ziel, jene Strukturen, die eine doppelte Nichtbesteuerung erleichtern, einzuschränken bzw. nach Möglichkeit zu verhindern. Sie entsprechen dem von der OECD entwickelten Mindeststandard. In der Erkenntnis der Notwendigkeit, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, haben sich alle OECD- und G20-Länder zu einer konsistenten Umsetzung in den Bereichen Vermeidung von Treaty-Shopping, länderbezogene Berichterstattung, Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken und Verbesserung der Streitbeilegung verpflichtet.

 

Staaten sind wegen der ständig enger werdenden internationalen Wirtschaftsbeziehungen immer mehr am gegenseitigen Austausch von Informationen zur Anwendung der innerstaatlichen Steuergesetze interessiert. Aufgrund der derzeitigen Regelung zum Informationsaustausch besteht ein Hindernis für den Zugang zu umfassenden Informationen, welche allerdings sowohl zur Durchführung des Abkommens als auch zur Durchführung des innerstaatlichen Rechts erforderlich sind. Das Abänderungsprotokoll beseitigt dieses Hindernis.

 

Zusammengefasst stellt das Abänderungsprotokoll sicher, dass österreichische Doppelbesteuerungsabkommen dem neuesten Stand des internationalen Steuerrechts entsprechen. Zudem hält Österreich hiermit die eingegangene Verpflichtung ein, den von der OECD im Rahmen des BEPS-Projektes ausgearbeiteten Mindeststandard umzusetzen.

 

2) Umsetzung der Rechnungshofempfehlung hinsichtlich der Quellenbesteuerung von Dividenden

 

Vor dem Hintergrund eines erhöhten Missbrauchsrisikos von DBA, die eine volle Kapitalertragsteuer-Erstattung für Dividenden vorsehen, empfahl der Rechnungshof in seinem Bericht „Kapitalertragsteuer-Erstattungen nach Dividendenausschüttungen“ (Rechnungshof GZ 004.499/010-PR3/18), unter anderen das DBA-VAE als Ganzes, insbesondere im Hinblick auf das vereinbarte Ausmaß der Kapitalertragsteuer-Erstattungen, zu evaluieren und entsprechend den Ergebnissen bei Bedarf neu zu verhandeln.

 

Inhalt

Das Vorhaben umfasst hauptsächlich folgende Maßnahme(n):

1) Vermeidung von Abkommensmissbrauch

 

Zur Vermeidung von Abkommensmissbrauch enthält das Protokoll einen neuen Titel (Artikel 1 des Protokolls), eine neue Präambel (Artikel 2 des Protokolls) sowie eine ausdrückliche Bestimmung zur Beschränkung der Abkommensvergünstigungen (Principal-Purpose-Test bzw Hauptzwecktest) (Artikel 7 des Protokolls).

Die neue Präambel, welche der Präambel des OECD Musterabkommens 2017 nachgebildet ist, hält ausdrücklich fest, dass durch das Abkommen nicht die Schaffung von Möglichkeiten zur Nicht- oder Niedrigbesteuerung durch Steuerverkürzung oder -umgehung beabsichtigt wird. Dieser Abkommenszweck spiegelt sich auch im neuen Titel des Abkommens wider. Der Principal-Purpose-Test, welcher Artikel 29 Abs. 9 des OECD Musterabkommens in der Fassung 2017 entspricht, versagt Begünstigungen des DBA für jene Gestaltungen, welche als einen ihrer Hauptzwecke den Erhalt dieser Begünstigungen haben. Die Bestimmung stellt somit eine allgemeine Anti-Missbrauchsregel auf Abkommensebene dar und kann angewendet werden, um jegliche Gestaltung zu bekämpfen, welche der Steuerverkürzung oder -umgehung dient.

Die Maßnahme 1 dient der Umsetzung von Ziel 1.

 

2) Umsetzung des OECD-Standards betreffend steuerliche Transparenz und Amtshilfebereitschaft

 

Das gegenwärtige Abkommen enthält hinsichtlich des Informationsaustausches eine veraltete Bestimmung (Artikel 27), welche nicht mehr dem OECD-Standard entspricht. Somit war es erforderlich, Artikel 27 an den neuesten OECD-Standard anzupassen (Artikel 26 des OECD Musterabkommens in der Fassung 2017). Die neu gefasste Bestimmung zum Informationsaustausch (Artikel 6 des Protokolls) gewährleistet, dass auch Informationen, die sich im Besitz von Banken und anderen Finanzinstituten befinden, ausgetauscht werden.

Die Maßnahme 2 dient der Umsetzung von Ziel 1.

 

3) Einführung einer Quellenbesteuerung auf Dividenden

 

Durch die Maßnahme 3 (Artikel 4 des Protokolls) wird Artikel 10 Abs. 1 des Abkommens dahingehend geändert, dass ein generelles Quellenbesteuerungsrecht für Dividenden in Höhe von 10 % eingeführt wird (Artikel 10 Abs. 1 lit. b des Abkommens). Die vom Quellenstaat einbehaltene Steuer muss im Ansässigkeitsstaat bis zum Anrechnungshöchstbetrag angerechnet werden. Substantielle Beteiligungen, die von Kapitalgesellschaften gehalten werden, profitieren jedoch weiterhin von einem 0%-igen Quellensteuersatz (Artikel 10 Abs. 1 lit. c des Abkommens). Die dafür notwendige Mindestbeteiligungshöhe beträgt 10 % und entspricht somit jener der innerstaatlichen internationalen Schachtelbefreiung in § 10 KStG 1988.

Auf Wunsch der Vereinigten Arabischen Emirate gilt gemäß Artikel 10 Abs. 1 lit. c des Abkommens außerdem eine Ausnahme von der Quellenbesteuerung, wenn der Nutzungsberechtigte der Staat, eine Gebietskörperschaft oder eine qualifizierte staatliche Einrichtung ist. In Artikel 8 Z 2 des Protokolls wird die „qualifizierte staatliche Einrichtung“ definiert.

Die Maßnahme 3 dient der Umsetzung von Ziel 2.

 

Beitrag zu Wirkungsziel oder Maßnahme im Bundesvoranschlag

 

Das Vorhaben trägt dem Wirkungsziel „Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Österreichs durch eine einfache, transparente und leistungsgerechte Gestaltung des Steuersystems im internationalen Kontext unter Wahrung eines angemessenen Abgabenaufkommens“ der Untergliederung 16 Öffentliche Abgaben im Bundesvoranschlag des Jahres 2021 bei.

 

Finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und andere öffentliche Haushalte:

 

Die BEPS-Maßnahmen, welche durch das Abkommen umgesetzt werden, haben das Ziel, jene Strukturen, die eine doppelte Nichtbesteuerung erleichtern, einzuschränken bzw nach Möglichkeit zu verhindern. Dies würde mittelbar zusätzliche Steuereinnahmen generieren. Die BEPS-Maßnahmen sind allerdings für sich allein genommen nicht in der Lage, sämtliche aggressive Steuerplanungsmodelle einzudämmen. Auf die erzielten Steuereinnahmen werden zudem auch Faktoren eine Auswirkung haben, welche nicht dem Einfluss des Abkommens unterliegen und sich daher auch gegenläufig entwickeln können, wie z. B. die allgemeine wirtschaftliche Lage.

Eine genaue Schätzung des mittelbar generierten zusätzlichen Steueraufkommens ist zudem insofern schwierig, als in vielen anderen Bereichen, beispielsweise im österreichischen innerstaatlichen Recht, auch BEPS-Maßnahmen ergriffen werden und somit ein geändertes Steueraufkommen auf mehrere verschiedene Initiativen zurückzuführen sein wird. Zudem müsste hierfür das derzeitige Ausmaß der Gewinnverlagerung eingeschätzt werden können. Allerdings liegen die dafür notwendigen Informationen nicht vor, denn die vorhandenen Studien (siehe hierzu den Abschnitt „Vorhandene Studien/Folgenabschätzungen“ in der wirkungsorientierten Folgenabschätzung zum Mehrseitigen Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, BGBl. III Nr. 93/2018, 1670 der Beilagen XXV. GP) sind veraltet und ungenau. Zusätzlich fehlt der Bezug zu Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

 

Die Erweiterung des Amtshilfeartikels ist mit keinem nennenswerten erhöhten Sach- oder Personalaufwand verbunden. Die derzeitigen Amtshilfeersuchen, die auf der Grundlage der bestehenden Rechtsinstrumente, d.h. auf der Grundlage der Amtshilfekonvention sowie der Amtshilfebestimmungen im bestehenden Abkommen gestellt werden, werden von den Mitarbeitern des Central Liaison Office (CLO) und der Finanzämter bearbeitet. Diese Personalressourcen werden künftig auch für etwaige zusätzliche Ersuchen auf der Grundlage der neuen erweiterten Amtshilfebestimmungen im revidierten Abkommen und der damit einhergehenden Maßnahmen eingesetzt.

 

Es ist durch das Revisionsprotokoll nicht mit einer nennenswerten Steigerung der Amtshilfeersuchen im Verhältnis zu den Vereinigten Arabischen Emiraten zu rechnen, da bereits auf der Grundlage der Amtshilfekonvention und der bestehenden Bestimmungen nur sehr wenige Amtshilfeersuchen gestellt wurden. Aufgrund der Tatsache, dass die Amtshilfebestimmungen mehrerer Doppelbesteuerungsabkommen erweitert wurden bzw. in Zukunft erweitert werden könnten und dass in etliche Abkommen auch eine Vollstreckungsamtshilfe aufgenommen wurde bzw. werden könnte, ist es möglich, dass in der Gesamtbetrachtung ein erhöhter Personalaufwand durch die Revision von Doppelbesteuerungsabkommen entsteht. Die Gesamtauswirkungen der Erweiterung der Amtshilfe in Doppelbesteuerungsabkommen auf den Personalaufwand werden im BMF zentral evaluiert. Sollte sich daraus ein erhöhter Personalaufwand ergeben, wird dieser im zukünftigen Personaleinsatzplan berücksichtigt werden.

 

Daher ist der sich potentiell aufgrund des Revisionsprotokolls ergebende erhöhte Personalaufwand aktuell nicht bezifferbar. Dieser kann erst in einer nachgelagerten Gesamtbetrachtung der erweiterten Amtshilfeverpflichtungen aufgrund aller rechtlichen Entwicklungen in diesem Bereich und anhand der tatsächlichen Auskunftsersuchen im relevanten Zeitraum festgestellt werden. Die erweiterte Amtshilfeleistung wird im Übrigen mittelbar auch dazu beitragen, dass aggressive Steuerplanungsmodelle eingedämmt werden. Der positive Effekt auf die Steuereinnahmen lässt sich jedoch nicht isoliert abschätzen.

 

Im Bereich der Dividenden wird durch das Abänderungsprotokoll das allgemeine Quellenbesteuerungsrecht auf 10 % erhöht werden. Die Änderung trifft jedoch nur Portfoliobeteiligungen, da für substantielle Beteiligungen (Beteiligungshöhe mind. 10 %) weiterhin eine Befreiung gilt. Außerdem tritt keine Änderung in Hinblick auf Beteiligungen qualifizierter staatlicher Einrichtungen ein, die weiterhin einer Quellensteuer von 0 % unterliegen.

Eine finanzielle Auswirkung kann sich daher nur daraus ergeben, dass Österreich bei Portfoliobeteiligungen zukünftig

             - als Quellenstaat Kapitalertragsteuer iHv 10 % auf nach VAE abfließende Dividenden einbehalten darf (positive Auswirkung) und

             - als Ansässigkeitsstaat potentiell Quellensteuer auf aus den VAE stammende Dividenden anrechnen muss (negative Auswirkung).

Da die VAE derzeit keine Quellensteuer auf Dividenden erheben, ergibt sich jedenfalls eine positive finanzielle Auswirkung durch die Änderung der Quellensteuersätze. In welcher Höhe diese ausfällt, ist vom Ausmaß der passiven Portfoliobeteiligungen sowie vom Ausmaß der befreiten Investoren (staatliche Einrichtungen) abhängig. Eine Schätzung kann nicht vorgenommen werden, da aus den Außenhandelsstatistiken der ÖNB weder die nach VAE abfließenden Dividenden hervorgehen, noch eine Untergliederung nach Art der Investoren möglich ist (aus Gründen der Vertraulichkeit).

 

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

 

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

 

Datenschutz-Folgenabschätzung gem. Art. 35 EU-Datenschutz-Grundverordnung

Gemäß Datenschutz-Folgenabschätzung-Ausnahmenverordnung (DSFA-AV), BGBl. II Nr. 108/2018 besteht für Datenverarbeitungen im Bereich der öffentlichen Abgabenverwaltung keine Verpflichtung zur Durchführung einer Datenschutz Folgenabschätzung nach Artikel 35 DSGVO (DSFA-A17).

 

Diese Folgenabschätzung wurde mit der Version 5.9 des WFA – Tools erstellt (Hash-ID: 831072202).