Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Protokoll zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten zur Abänderung des am 22. September 2003 in Abu Dhabi unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine unmittelbare Anwendung des Protokolls im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Protokoll Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Die steuerlichen Beziehungen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten werden gegenwärtig durch das Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Protokoll, BGBl. III Nr. 88/2004, das am 22. September 2003 in Abu Dhabi unterzeichnet wurde, geschützt. Dieses Abkommen entspricht derzeit weder dem OECD-Standard betreffend Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS-Standard) noch dem OECD-Standard betreffend die steuerliche Transparenz und Amtshilfebereitschaft und ist daher revisionsbedürftig. Vor dem Hintergrund des Berichts des Rechnungshofes „Kapitalertragsteuer-Erstattungen nach Dividendenausschüttungen“ (Rechnungshof GZ 004.499/010–PR3/18) wird eine Änderung des Artikels zur Dividendenbesteuerung vorgenommen.

Besonderer Teil

Zu Art. 1:

Art. 1 des Abänderungsprotokolls modifiziert den Titel des Abkommens im Einklang mit dem OECD-Standard betreffend Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, wodurch der Sinn und Zweck des Abkommens klargestellt wird.

Zu Art. 2:

In Art. 2 des Abänderungsprotokolls erfolgt eine Anpassung der Präambel des Abkommens an den OECD-Standard betreffend Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung. Die Vertragsstaaten bekräftigen ihre Absicht, durch das Abkommen keine Möglichkeiten der Nicht- oder Niedrigbesteuerung durch Steuerverkürzung oder ‑umgehung schaffen zu wollen. Insbesondere ist es explizit kein Ziel des Abkommens, missbräuchliche Gestaltungen, mit denen die Entlastungen dieses Abkommens mittelbar Personen verschafft werden sollen, die in Drittstaaten ansässig sind („Treaty-shopping“), zuzulassen.

Zu Art. 3:

In Bezug auf den persönlichen Anwendungsbereich des Abkommens wird auf österreichischer Seite die Ansässigkeitsdefinition an Art. 4 Abs. 1 OECD-Musterabkommen (OECD-MA) angepasst. Insbesondere wird dadurch klargestellt, dass auch ein Vertragsstaat und seine Gebietskörperschaften als ansässig gelten.

Zu Art. 4:

Mit Art. 4 des Abänderungsprotokolls wird ein allgemeines Quellenbesteuerungsrecht für Dividenden in Höhe von 10 % eingeführt (Art. 10 Abs. 1 lit. b des Abkommens). Für bestimmte Nutzungsberechtigte gilt jedoch weiterhin eine Quellensteuerbefreiung; und zwar erstens für den Vertragsstaat selbst, seine Gebietskörperschaften und für qualifizierte staatliche Einrichtungen sowie zweitens für substantielle Beteiligungen, die von Kapitalgesellschaften gehalten werden (Art. 10 Abs. 1 lit. c des Abkommens). Die für substantielle Beteiligungen maßgebliche Beteiligungshöhe in Höhe von 10 % entspricht jener der innerstaatlichen internationalen Schachtelbefreiung in § 10 KStG 1988.

Die Befreiung für qualifizierte staatliche Einrichtungen entspricht der Abkommenspolitik der Vereinigten Arabischen Emirate. Gemäß dem Protokoll zu Art. 10 des Abkommens sind qualifizierte staatliche Einrichtungen solche Einrichtungen, die (mittelbar oder unmittelbar) zu 100 % im staatlichen Eigentum stehen (vgl. unten zu Artikel 8). Die Befreiung gilt ausschließlich für die explizit im Protokoll genannten Einrichtungen und kann nur im Wege einer Konsultationsvereinbarung zwischen den Vertragsstaaten ausgeweitet werden.

Zu Art. 5:

In Art. 5 wird die Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung seitens Österreichs geändert. Gemäß Art. 24 Abs. 2 des geänderten Abkommens gelangt nun generell die Anrechnungsmethode zur Anwendung, denn im Verhältnis zu den Vereinigten Arabischen Emiraten kann die Anwendung der Befreiungsmethode oftmals dem aus der Sicht Österreichs wichtigen Abkommensziel der Vermeidung von Keinmalbesteuerung zuwiderlaufen.

Zu Art. 6:

Durch diese Protokollbestimmung verpflichten sich die beiden Vertragsstaaten dem OECD-MA folgend zum umfassenden Informationsaustausch. Davon sind entsprechend dem OECD-Standard betreffend Transparenz und Amtshilfebereitschaft auch Bankinformationen (Art. 27 Abs. 5 des geänderten Abkommens) erfasst.

Die in Art. 8 Z 6 vereinbarten Durchführungsbestimmungen sind zu beachten (vgl. unten zu Artikel 8).

Zu Art. 7:

In das Abkommen wird eine Anti-Missbrauchsregelung in der Form des Hauptzweck-Kriteriums (Principal Purpose-Test) aufgenommen, wonach bei Gestaltungen und Transaktionen keine Abkommensvergünstigungen gewährt werden, wenn der Hauptzweck oder einer der Hauptzwecke dieser Gestaltungen und Transaktionen der Erhalt solcher Vergünstigungen ist. Der neu eingefügte Art. 28A des Abkommens entspricht der Bestimmung in Art. 29 Abs. 9 OECD-MA. Dadurch wird der BEPS-Mindeststandard umgesetzt.

Zu Art. 8:

In Art. 8 Z 1 wird das ursprüngliche Protokoll zum Abkommen dahingehend geändert, dass sich die Auslegung des Abkommens nunmehr nur noch auf das OECD-Musterabkommen und den Kommentar in der aktuellsten Fassung stützt. Der Verweis auf das UN-Musterabkommen und den Kommentar wird gestrichen. Dadurch wird das Einvernehmen zwischen den beiden Vertragsstaaten zum Ausdruck gebracht, dass die Auslegung ausschließlich auf Basis der OECD-Standards erfolgen soll.

In Art. 8 Z 2 wird die Protokollbestimmung zu Art. 4 des Abkommens angepasst, da die Bestimmung der Ansässigkeit bestimmter in den Vereinigten Arabischen Emiraten von der Regierung errichteter Unternehmen nunmehr an den neu im Abkommen eingeführten Begriff der „qualifizierten staatlichen Einrichtung“ anknüpfen soll.

In Art. 8 Z 3 wird die „qualifizierte staatliche Einrichtung“ definiert. Die Definition umfasst demnach staatliche Einrichtungen und Institutionen, so z. B. auch Unternehmen, die im 100%igen staatlichen Eigentum stehen. In Bezug auf die Vereinigten Arabischen Emirate werden jene Einrichtungen aufgelistet, für die die Quellensteuerbefreiung für Dividenden zur Anwendung gelangt. Es werden mit dieser Bestimmung insbesondere Staatsfonds (sogenannte Sovereign Wealth Funds) der Vereinigten Arabischen Emirate begünstigt. In Bezug auf Österreich wird lediglich die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) begünstigt. Weitere Einrichtungen wären im Wege einer Verständigung zwischen den Vertragsstaaten (Konsultation gemäß Art. 26 des Abkommens) zu bestimmen.

Art. 8 Z 4 wurde auf Wunsch der Vereinigten Arabischen Emirate aufgenommen, da die Fluglinie „Gulf Air“ nicht mehr im Eigentum der Vereinigten Arabischen Emirate steht.

In Art. 8 Z 5 des Protokolls erfolgt aufgrund der Einführung eines Quellenbesteuerungsrechts für Dividenden eine entsprechende Anpassung des ursprünglichen Protokolls zum Abkommen.

In Art. 8 Z 6 werden die verwaltungstechnischen Auslegungsgrundsätze entsprechend dem OECD-Standard betreffend die Durchführung des steuerlichen Informationsaustausches geregelt. Diese umfassen die Darstellung der voraussichtlichen Erheblichkeit der Auskünfte. Weiters wird klargestellt, dass Fishing Expeditions nicht zulässig sind. Schließlich wird klargestellt, wie in dem Fall vorzugehen ist, wenn die ausgetauschten Informationen auch für andere Zwecke verwendet werden sollen. Diese Durchführungsbestimmungen gehen nicht über die Bestimmungen im OECD-Musterkommentar und den OECD-Standard hinaus, sondern sollen lediglich die praktische Durchführung des Informationsaustausches erleichtern.

Zu Art. 9:

Dieser Artikel betrifft Bestimmungen über das Inkrafttreten sowie über den zeitlichen Anwendungsbereich des Protokolls.