Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Strahlenschutzgesetz dient primär der Umsetzung der Richtlinie 2013/59/Euratom zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung und zur Aufhebung der Richtlinien 89/618/Euratom, 90/641/Euratom, 96/29/Euratom, 97/43/Euratom und 2003/122/Euratom, ABl. Nr. L 13 vom 17.01.2014 S. 1, in österreichisches Recht. Diese Richtlinie legt grundlegende Sicherheitsstandards zum Schutz der Gesundheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, der Bevölkerung, Patientinnen und Patienten und anderer Personen vor den Gefahren durch ionisierende Strahlung fest.

Weiters setzt das Strahlenschutzgesetz folgende Richtlinien in österreichisches Recht um:

–      Richtlinie 2009/71/Euratom über einen Gemeinschaftsrahmen für die nukleare Sicherheit kerntechnischer Anlagen, ABl. Nr. L 172 vom 02.07.2009 S. 18, sowie Richtlinie 2014/87/Euratom zur Änderung der Richtlinie 2009/71/Euratom über einen Gemeinschaftsrahmen für die nukleare Sicherheit kerntechnischer Anlagen, ABl. Nr. L 219 vom 25.07.2014 S. 42,

–      Richtlinie 2006/117/Euratom über die Überwachung und Kontrolle der Verbringungen radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente, ABl. Nr. L 337 vom 05.12.2006 S. 21,

–      Richtlinie 2011/70/Euratom über einen Gemeinschaftsrahmen für die verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle, ABl. Nr. L 199 vom 02.08.2011 S. 48, sowie

–      Richtlinie 2001/42/EG über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, ABl. Nr. L 197 vom 21.07.2001 S. 30.

Neben der Umsetzung dieser Richtlinien sollen mit diesem Gesetz weitere Regelungen zur laufenden Verbesserung des Schutzes vor Gefahren durch ionisierende Strahlung getroffen werden, die den internationalen Stand der Technik widerspiegeln sollen.

Obwohl viele der derzeit geltenden Bestimmungen aufrecht bleiben sollen, soll keine Novellierung des derzeit in Kraft befindlichen Strahlenschutzgesetzes – StrSchG, BGBl. Nr. 227/1969, erfolgen, sondern eine Neufassung erstellt werden. Primär soll damit eine bessere Übersichtlichkeit und Lesbarkeit durch die Rechtsanwenderinnen und Rechtsanwender erzielt werden.

Die in der Richtlinie 2013/59/Euratom festgelegten Standards beruhen auf Empfehlungen der Internationalen Strahlenschutzkommission (ICRP). Die ICRP hat mit ihrer Publikation 103 ein neues umfassendes Strahlenschutzsystem eingeführt, das zwischen folgenden drei Expositionssituationen unterscheidet:

–      Geplante Expositionssituationen,

–      Bestehende Expositionssituationen sowie

–      Notfallexpositionssituationen.

Dieses Strahlenschutzsystem ist in die Richtlinie 2013/59/Euratom eingeflossen und soll auch die inhaltliche und systematische Grundlage für dieses Bundesgesetz bilden.

Die Richtlinie 2013/59/Euratom wurde gegenüber der Richtlinie 96/29/Euratom deutlich erweitert und vertieft. Sie tritt an die Stelle von fünf bisherigen Rechtsvorschriften, die inkonsistent waren, dem wissenschaftlichen Fortschritt nicht ausreichend Rechnung trugen bzw. nicht eingehend auf natürliche Strahlungsquellen oder den Umweltschutz eingingen. Sie legt dar, wie die Sicherheit von radioaktivem Material gewährleistet werden kann und welche Informationspflichten bei einer Exposition im Notfall bestehen.

Sie gilt insbesondere für:

–      Herstellung, Erzeugung, Verarbeitung, Handhabung, Beseitigung, Verwendung, Lagerung, Besitz, Beförderung, Einfuhr in die EU und Ausfuhr aus der EU von radioaktivem Material;

–      Herstellung und Betrieb von elektrischer Ausrüstung, die ionisierende Strahlung aussendet;

–      menschliche Betätigungen, bei denen natürliche Strahlenquellen vorhanden sind, durch die sich die Exposition von Arbeitskräften oder der Öffentlichkeit erheblich erhöht, wie z. B. die Exposition von raumfahrenden Personal gegenüber kosmischer Strahlung;

–      Exposition im häuslichen Umfeld gegenüber Radon in der Innenraumluft sowie externe Exposition gegenüber Gammastrahlung aus Baumaterialien;

–      Vorgehen in Notfall-Expositionssituationen, soweit dabei Maßnahmen zum Schutz von Öffentlichkeit und Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern erforderlich sind.

Diese Richtlinie legt die allgemeinen Grundsätze des Strahlenschutzes dar, wobei besonderes Augenmerk auf Dosisbeschränkungen für die berufsbedingte Exposition, die Exposition der Bevölkerung und die medizinische Exposition gelegt wird. Die von der ICRP vorgeschlagenen Bandbreiten für Referenzwerte in bestehenden und Notfall-Expositionssituationen sind in einem Anhang aufgeführt. Zum Schutz von schwangeren und stillenden Arbeitnehmerinnen, Auszubildenden, Schülerinnen und Studierenden besteht eine Sonderregelung.

Die wesentlichsten neuen Regelungen betreffen folgende Bereiche:

–      Schutz vor Radon;

–      Tätigkeiten mit natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien;

–      Verbraucherprodukte, die radioaktive Stoffe enthalten;

–      Tätigkeiten mit einer Exposition zwecks nicht-medizinischer Bildgebung;

–      Expositionen aufgrund kontaminierter Waren oder radioaktiver Altlasten.

Auf diese neuen Regelungen wird im besonderen Teil der Erläuterungen näher eingegangen.

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 12 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 („Gesundheitswesen“).

Besonderer Teil

1. Teil (Übergeordnete Bestimmungen)

1. Hauptstück (Ziel, Geltungsbereich, Umsetzungshinweis und Begriffsbestimmungen)

Zu § 1 (Ziel, Geltungsbereich):

Mit § 1 Abs. 1 sollen Art. 1 der Richtlinie 2013/59/Euratom, Art. 1 der Richtlinie 2009/71/Euratom sowie Art. 1 der Richtlinie 2011/770/Euratom umgesetzt werden. Auf die in Art. 1 der Richtlinie 2013/59/Euratom erfolgte Aufzählung der verschiedenen Expositionen soll jedoch verzichtet werden.

Mit § 1 Abs. 2 und 3 sollen die Art. 2 und 3 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden, wobei jedoch auf die in Art. 2 erfolgte exemplarische Aufzählung verschiedener Bereiche verzichtet werden soll.

Zu § 3 (Begriffsbestimmungen):

Es sollen die in diesem Bundesgesetz verwendeten Begriffe definiert werden, die für das Verständnis und die Anwendbarkeit notwendig sind und sich nicht aus dem allgemeinen Sprachgebrauch ergeben.

Grundsätzlich sollen die Begriffe der Richtlinie 2013/59/Euratom, der Richtlinie 2009/71/Euratom, der Richtlinie 2006/117/Euratom, der Richtlinie 2011/70/Euratom und der Richtlinie 2001/42/EG übernommen werden. In wenigen Fällen soll jedoch eine Anpassung an den langjährigen österreichischen Sprachgebrauch im Strahlenschutz erfolgen.

Zu Z 5 (Aufenthaltsraum):

Diese Begriffsbestimmung orientiert sich an der Begriffsbestimmung des Österreichischen Instituts für Bautechnik in der Veröffentlichung „OIB-Richtlinien – Begriffsbestimmungen“ (OIB-330-001/19).

Wichtig ist das Kriterium des länger dauernden (also nicht nur vorübergehenden) Aufenthalts. Jedenfalls umfasst sind daher Wohn- und Schlafzimmer, aber auch Arbeitsräume, Unterrichtsräume und Hobbyräume. Nicht als Aufenthaltsräume anzusehen sind Lagerräume, Badezimmer, Toiletten und Gang.

Zu Z 8 (Behandlung von radioaktiven Abfällen):

Die Handhabung von radioaktiven Abfällen bei der Bewilligungsinhaberin/dem Bewilligungsinhaber fällt nicht unter diese Begriffsbestimmung.

Zu Z 24 (externe Arbeitskraft):

Um überhaupt als externe Arbeitskraft zu gelten, muss man eine strahlenexponierte Arbeitskraft sein. Daher ist auch dieser Begriff sehr umfassend zu verstehen und umfasst zumindest alle, die in den Erläuterungen zu Z 68 angeführt sind.

Zu Z 25 (fliegendes Personal):

Zu den sonstigen Personen zählen etwa Sicherheitspersonal und medizinisches Personal.

Zu Z 27 (gefährliche radioaktive Quelle):

Zu den gefährlichen radioaktiven Quellen zählen zum einen hoch radioaktive umschlossene Quellen (Z 30) und zum anderen offene radioaktive Stoffe, die ein Radionuklid enthalten, dessen aktuelle Aktivität gleich dem gemäß § 43 Z 5 im Verordnungsweg festgelegten Wert oder höher ist.

Zu Z 28 (geplante Expositionssituation):

Geplante Expositionssituationen umfassen sowohl „normale“ als auch potenzielle Expositionen gemäß § 3 Z 50. Unter „normalen Expositionen“ sind erwartete Expositionen zu verstehen, die bei einer Tätigkeit unter normalen Bedingungen auftreten, einschließlich geringfügiger Vorkommnisse (zB Kontaminationen geringen Ausmaßes), die ohne weitreichende Maßnahmen unter Kontrolle gehalten werden können..

Zu Z 34 (kerntechnische Anlage):

Ein Zwischenlager für radioaktive Abfälle fällt nur dann unter den Begriff der kerntechnischen Anlage, wenn es direkt mit einer kerntechnischen Anlage in Zusammenhang steht und sich auf dem Gelände dieser Anlage befindet. Hingegen zählt ein Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente stets zu den kerntechnischen Anlagen, unabhängig davon, wo es sich befindet.

Zu Z 35 (Kontamination):

Um als Kontamination im Sinne dieses Bundesgesetzes zu gelten, muss diese unbeabsichtigt oder ungewollt sein. So ist etwa eine Kontamination, die absichtlich herbeigeführt wird und auch gewollt ist (zB Aufbringen von radioaktiven Stoffen auf ein Material zur Ermittlung von dessen Dekontaminierbarkeit), keine Kontamination im Sinne dieses Bundesgesetzes. Hingegen zählt eine Kontamination, die zwar beabsichtigt, aber (von der Gesellschaft) ungewollt ist, als Kontamination im Sinne dieses Bundesgesetzes (zB eine absichtlich herbeigeführte Kontamination aus kriminellen oder terroristischen Motiven).

Zu Z 55 (radioaktiver Stoff):

Im Zusammenhang mit dem Strahlenschutz außer Acht gelassen werden können – und damit nicht zu den radioaktiven Stoffen zählen – jedenfalls Stoffe, die zwar Radionuklide enthalten, deren Aktivität oder Aktivitätskonzentration aber die Freigrenzen nicht überschreitet oder die aus der regulatorischen Kontrolle behördlich freigegeben worden sind.

Zu Z 57 (Radon):

Es gibt mehrere radioaktive Radonisotope. Das aus Sicht des Strahlenschutzes relevanteste Isotop ist Radon-222. In speziellen Fällen kann aber auch Radon-220 eine gewisse Rolle spielen. In diesem Bundesgesetz ist mit dem Begriff „Radon“ das Isotop Radon-222 sowie gegebenenfalls seine Zerfallsprodukte gemeint. Die Zerfallsprodukte sind deshalb einbezogen, da der größte Teil der Dosis durch sie bewirkt wird, vor allem durch die kurzlebigen Zerfallsprodukte Polonium-218 und Polonium-214.

Zu Z 59 (Radonschutzbeauftragte/Radonschutzbeauftragter):

Diese Begriffsbestimmung orientiert sich an jener der/des Strahlenschutzbeauftragen (§ 3 Z 71), da die Funktion von Radonschutzbeauftragten in Unternehmen mit Arbeitsplätzen, an denen die effektive Dosis durch Radon sechs Millisievert pro Jahr überschreitet, ähnlich jener von Strahlenschutzbeauftragten bei Tätigkeiten gemäß § 3 Z 73 ist (siehe Erläuterungen zu § 84).

Zu Z 64 (schwerer Unfall):

Die Bedingungen für einen schweren Unfall können durch Mehrfachversagen verursacht werden, etwa den vollständigen Ausfall aller Stränge des Sicherheitssystems oder durch ein äußerst unwahrscheinliches Ereignis.

Zu Z 68 (strahlenexponierte Arbeitskraft):

Dieser Begriff ist sehr umfassend zu verstehen. Darunter fallen jedenfalls Selbstständige, Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer, Auszubildende, Studierende und Grundwehrdienerinnen/Grundwehrdiener, die im Rahmen ihrer Arbeit oder ihres Dienstes entsprechende Strahlendosen erhalten können.

Zu Z 70 (Strahlenquelle):

Strahlenquellen können in künstliche und natürliche Strahlenquellen unterteilt werden. Bei den natürlichen Strahlenquellen sind insbesondere natürlich vorkommende radioaktive Materialien zu erwähnen. Bei radioaktiven Quellen und Strahlengeneratoren handelt es sich um künstliche Strahlenquellen.

Zu Z 73 (Tätigkeit):

Der Begriff „Tätigkeit“ beruht auf der Richtlinie 2013/59/Euratom und ist bewusst sehr allgemein gehalten. Wesentlich dabei ist, dass grundsätzlich nur solche Betätigungen darunterfallen, die Expositionen gegenüber ionisierender Strahlung bewirken, die als geplante Expositionssituationen (§ 3 Z 28) behandelt werden.

Betätigungen die Expositionen bewirken, aber in bestehenden Expositionssituationen und Notfallexpositionssituationen stattfinden, sind also keine Tätigkeiten im Sinne dieses Begriffes. Erhöhte Radonexpositionen am Arbeitsplatz (3. Hauptstück 1. Abschnitt) sowie die berufliche Exposition durch kosmische Strahlung (3. Hauptstück 2. Abschnitt) zählen zwar zu den geplanten Expositionssituationen, gelten aber gemäß Richtlinie 2013/59/Euratom nicht als Tätigkeiten. Da eine Prüfung und Überprüfung der Rechtfertigung im Sinne von § 4 iVm § 12 nur für Tätigkeiten vorgesehen ist, braucht die Rechtfertigung von Betätigungen, die eine erhöhte Radonexposition am Arbeitsplatz oder eine berufliche Exposition durch kosmische Strahlung bewirken, nicht geprüft werden.

Somit umfasst der Begriff „Tätigkeit“ in etwa die Begriffe „Umgang mit Strahlenquellen“ und „Arbeiten mit Strahlenquellen“ des derzeitigen Strahlenschutzgesetzes (§ 2 Abs. 1 bzw. 45 StrSchG 1969), jedoch ohne die dort miterfassten Expositionen durch Radon sowie von fliegendem Personal durch kosmische Strahlung.

Jedenfalls als Tätigkeiten im Sinne von Z 73 sind somit anzusehen:

1.      Betrieb von Strahlengeneratoren sowie

2.      Herstellung, Erzeugung, Verarbeitung, Handhabung, Beseitigung, Verwendung, Lagerung und Beförderung von radioaktiven Materialien unabhängig davon, ob diese künstliche oder natürliche radioaktive Stoffe enthalten.

Durch die generelle Einbeziehung von natürlichen radioaktiven Stoffen in den Begriff „Tätigkeit“, die auf den Vorgaben der Richtlinie 2013/59/Euratom basiert, sollen die Begriffe „Umgang mit Strahlenquellen“ und „Arbeiten mit Strahlenquellen“ des derzeitigen Strahlenschutzgesetzes unter dem Begriff „Tätigkeit“ zusammengefasst werden (mit Ausnahme der oben erwähnten Betätigungen, die eine Exposition durch Radon oder kosmische Strahlung bewirken).

Zu Z 78 (unbeabsichtigte Exposition):

Dieser Begriff umfasst nur medizinische Expositionen von Patientinnen/Patienten und sonstigen Personen, die sich medizinischen Expositionen unterziehen (zB Probanden, Teilnehmerinnen/Teilnehmer an Reihenuntersuchungen).

2. Hauptstück (Strahlenschutzsystem)

1. Abschnitt (Allgemeine Grundsätze des Strahlenschutzes)

Zu § 4 (Rechtfertigung):

Mit § 4 soll Art. 5 Buchstabe a der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden, wobei jedoch sprachliche Änderungen und eine Anpassung an die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes vorgesehen sind.

Mit diesen Bestimmungen soll der Strahlenschutzgrundsatz der Rechtfertigung für Tätigkeiten sowie für bestehende Expositionssituationen und Notfallexpositionssituationen in allgemeiner Form eingeführt werden. (Konkrete Bestimmungen zur Rechtfertigung von Tätigkeiten, insbesondere zum behördlichen Verfahren zur Prüfung und Überprüfung der Rechtfertigung, sehen die §§ 12 und 13 vor.) Gemäß diesem Grundsatz sind Tätigkeiten nur dann gerechtfertigt, wenn der damit verbundene Nutzen für die Einzelne/den Einzelnen oder für die Gesellschaft die durch die mit der Tätigkeit verbundene Exposition möglicherweise verursachte gesundheitliche Schädigung überwiegt. Im Fall von bestehenden Expositionssituationen oder Notfallexpositionssituationen dürfen Maßnahmen, die die Exposition verändern oder neue Expositionspfade eröffnen, nur dann angeordnet oder empfohlen werden, wenn sie mehr Nutzen als Schaden mit sich bringen.

Unter neuen Tätigkeiten (Abs. 1) versteht man Tätigkeiten, für die in Österreich noch nie eine Bewilligung oder Zulassung beantragt wurde und daher ihre Rechtfertigung von der in Österreich dafür zuständigen Behörde noch nicht geprüft wurde. Ein Beispiel dafür wäre etwa die Verwendung eines neuen Radiopharmakons in der Nuklearmedizin. Wurde eine Tätigkeit in Österreich bereits einmal bewilligt oder zugelassen, und ist daher eine Prüfung der Rechtfertigung für diese Tätigkeit bereits erfolgt, handelt es sich somit nicht um eine neue Tätigkeit im Sinne des Abs. 1. Wird etwa von einem Institut erstmals ein Antrag auf Bewilligung zum Betrieb eines Linearbeschleunigers für strahlentherapeutische Anwendungen gestellt, braucht die Rechtfertigung nicht geprüft zu werden, da Linearbeschleuniger für die Strahlentherapie bereits bewilligt wurden und damit die Prüfung der Rechtfertigung bereits erfolgt ist.

Zu § 5 (Optimierung):

Mit § 5 Abs. 1 und 3 soll Art. 5 Buchstabe b der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden, wobei jedoch sprachliche Änderungen vorgesehen sind.

Mit diesen Bestimmungen soll der Strahlenschutzgrundsatz der Optimierung eingeführt werden. Gemäß diesem Grundsatz ist der Strahlenschutz von Personen, die der Exposition der Bevölkerung oder einer beruflichen Exposition ausgesetzt sind, mit dem Ziel zu optimieren, die Höhe der Individualdosen, die Wahrscheinlichkeit einer Exposition sowie die Anzahl der exponierten Personen unter Berücksichtigung des jeweils aktuellen technischen Erkenntnisstandes sowie wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Faktoren so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar zu halten (ALARA-Prinzip: As Low As Reasonably Achievable). Die Optimierung des Strahlenschutzes von Personen, die medizinischer Exposition ausgesetzt sind, bezieht sich auf die Höhe der Individualdosis und muss mit dem medizinischen Zweck der Exposition vereinbar sein.

Mit § 5 Abs. 2 soll festgelegt werden, dass jede Exposition auch unterhalb der aufgrund dieses Bundesgesetzes festgesetzten Dosisgrenzwerte so niedrig wie möglich zu halten und jede unnötige Exposition zu vermeiden ist.

Der Grundsatz der Optimierung ist nicht nur in Bezug auf die effektive Dosis, sondern auch in Bezug auf Organ-Äquivalentdosen als Vorsorgemaßnahme angesichts der Unsicherheiten hinsichtlich der gesundheitlichen Schädigungen unter dem Schwellenwert für Gewebereaktionen anzuwenden.

Bei der Optimierung sind gemäß dem ALARA-Prinzip auch wirtschaftliche und gesellschaftliche Faktoren zu berücksichtigen. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Faktoren bedeutet dies, dass etwa Strahlenschutzmaßnahmen, die hohe Kosten verursachen, die Exposition jedoch nur wenig verringern, nicht gesetzt werden müssen. Hinsichtlich der gesellschaftlichen Faktoren bedeutet dies, dass Strahlenschutzmaßnahmen, die die Exposition nur wenig verringern oder geringe Expositionen verhindern, jedoch große Einschränkungen des gesellschaftlichen Lebens zur Folge haben, nicht gesetzt werden müssen. Beispielsweise wäre etwa ein totales Besuchsverbot oder ein überlanger verpflichtender stationärer Aufenthalt im Krankenhaus von Personen, denen radioaktive Stoffe zu medizinischen Zwecken appliziert oder implantiert wurden und die daher eine Exposition von Kontaktpersonen bewirken, als unverhältnismäßige gesellschaftliche Einschränkung anzusehen.

Andererseits bedeutet ALARA jedoch auch, dass auch unterhalb von Grenz- und Referenzwerten eine Verringerung der Exposition gegenüber ionisierender Strahlung erforderlich ist, wenn dies keine oder nur wenig Kosten verursacht ist und das gesellschaftliche Leben nicht oder kaum beeinflussen.

Zu § 6 (Dosisbegrenzung):

Mit § 6 soll Art. 5 Buchstabe c sowie Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Mit diesen Bestimmungen soll der Strahlenschutzgrundsatz der Dosisbegrenzung eingeführt werden. Gemäß diesem Grundsatz darf in geplanten Expositionssituationen die Summe der Dosen, der eine Einzelperson ausgesetzt ist, die aufgrund dieses Bundesgesetzes festgesetzten Dosisgrenzwerte nicht überschreiten. Dosisgrenzwerte gelten jedoch nicht für medizinische Expositionen. Sie sollen aber auch nicht für Expositionen zwecks nicht-medizinischer Bildgebung, bei denen medizinisch-radiologische Ausrüstung verwendet wird, gelten (siehe Erläuterungen zu den §§ 29 bis 31).

Neu gegenüber der derzeit gültigen Rechtslage wird sein, dass hinsichtlich der Einhaltung der Grenzwerte für die berufliche Exposition künftig nicht nur Expositionen aufgrund von Tätigkeiten zu berücksichtigen sein werden, sondern auch Expositionen aufgrund folgender anderer geplanter Expositionssituationen:

-       Radon am Arbeitsplatz, wenn davon auszugehen ist, dass die effektive Dosis sechs Millisievert pro Jahr überschreitet (siehe auch Erläuterungen zu § 84), sowie

-       kontaminierte Waren und radioaktive Altlasten, sofern eine rechtliche Verantwortung dafür besteht (siehe auch Erläuterungen zu § 108 Abs. 5).

In der Praxis werden, wenn überhaupt, nur einige wenige Einzelfälle davon betroffen sein.

2. Abschnitt (Optimierungsinstrumente)

Zu § 7 (Dosisbeschränkungen für geplante Expositionssituationen):

Mit § 7 soll Art. 6 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Die Festlegung von Dosisbeschränkungen soll jedoch nicht wie in der Richtlinie vorgesehen durch die Bewilligungsinhaberin/den Bewilligungsinhaber unter Aufsicht der zuständigen Behörde oder im Fall von externen Arbeitskräften zwischen Bewilligungsinhaberin/Bewilligungsinhaber und Genehmigungsinhaberin/Genehmigungsinhaber festgelegt werden, sondern von der/dem jeweils zuständigen Bundesministerin/Bundesminister mit Verordnung oder der zuständigen Behörde mit Bescheid.

Gemäß Begriffsbestimmung (§ 3 Z 15) handelt es sich bei einer Dosisbeschränkung um eine obere Schranke von Individualdosen, mittels derer eine Optimierung für eine bestimmte Strahlenquelle in einer geplanten Expositionssituation erreicht werden soll. Mit der Einhaltung einer für eine bestimmte Strahlenquelle festgelegten Dosisbeschränkung ist somit dem Prinzip der Optimierung ausreichend Genüge getan. Solche Dosisbeschränkungen gibt es auch schon im derzeitigen Strahlenschutzrecht, auch wenn sie fälschlicherweise dort meist als Dosisgrenzwerte bezeichnet werden. Beispiele dafür sind die höchstzulässigen Ortsdosiswerte außerhalb von Strahlenanwendungsräumen und die sogenannten Dosisgrenzwerte für die jährliche Exposition der Bevölkerung aufgrund von radioaktiven Ableitungen.

Mit Abs. 1 sollen die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz für ihren jeweiligen Vollziehungsbereich ermächtigt werden, zum Zweck der Optimierung Dosisbeschränkungen für geplante Expositionssituationen im Verordnungsweg festzulegen.

Abs. 2 soll es der für die betreffende geplante Expositionssituation zuständigen Behörde ermöglichen, zum Zweck der Optimierung Dosisbeschränkungen mit Bescheid vorzuschreiben. Grundsätzlich gilt dies nur für Fälle, für die es keine gemäß Abs. 1 mit Verordnung festgelegten Dosisbeschränkungen gibt. Zur Sicherstellung, dass in Fällen, in denen eine Person mehreren Strahlenquellen ausgesetzt ist, keine Grenzwertüberschreitungen auftreten können, hat die zuständige Behörde auf Basis der Bestimmungen des Abs. 3 erforderlichenfalls entsprechend niedrigere als die mit Verordnung festgelegten Dosisbeschränkungen vorzuschreiben.

Abs. 3 soll die gemäß Abs. 2 zuständige Behörde verpflichten, sicherzustellen, dass die Dosisbeschränkungen mit den Dosisgrenzwerten für die Summe der Dosen, der eine Einzelperson ausgesetzt ist, vereinbar sind. Das heißt, dass in Fällen, in denen eine Person mehreren Strahlenquellen ausgesetzt ist, im Rahmen des Bewilligungsverfahrens die Dosisbeschränkungen so festzulegen sind, dass die Dosisgrenzwerte eingehalten werden. Dies gilt nicht nur für die von der Behörde gemäß Abs. 2 mit Bescheid vorgeschriebenen Dosisbeschränkungen, sondern auch für die gemäß Abs. 1 mit Verordnung festgelegten.

Mit Abs. 4 soll festgelegt werden, dass für medizinische Expositionen Dosisbeschränkungen nur für Betreuungs- und Begleitpersonen sowie für Freiwillige, die an der medizinischen oder biomedizinischen Forschung teilnehmen, festzulegen sind. Für alle anderen medizinischen Expositionen (zB Exposition von Patientinnen/Patienten als Teil ihrer Untersuchung oder Behandlung) ist die Festlegung von Dosisbeschränkungen, ebenso wie jene von Dosisgrenzwerten, nicht sinnvoll.

Mit Abs. 5 soll festgelegt werden, dass Dosisbeschränkungen als effektive Dosis oder Organ-Äquivalentdosen von Einzelpersonen für einen bestimmten angemessenen Zeitraum oder als von diesen Dosen abgeleitete Werte festzulegen sind. Als Zeitraum wird, wenn es sich bei der Dosisbeschränkung um die effektive Dosis oder die Organ-Äquivalentdosen von Einzelpersonen handelt, üblicherweise ein Jahr festgelegt. Als abgeleitete Werte werden etwa die Ortsdosisleistung oder die Aktivitätskonzentration verwendet. Im Fall von Ortsdosisleistungen wird als Zeitraum üblicherweise eine Woche oder eine Stunde festgelegt, im Fall von Aktivitätskonzentrationen ist die Festlegung eines Zeitraumes nicht zweckmäßig.

Zu § 8 (Referenzwerte):

Mit § 8 soll Art. 7 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Gemäß Begriffsbestimmung (§ 3 Z 60) handelt es sich bei einem Referenzwert um den Wert der effektiven Dosis oder Organ-Äquivalentdosis oder der Aktivitätskonzentration, oberhalb dessen Expositionen in einer Notfallexpositionssituation oder bestehenden Expositionssituation als unangemessen betrachtet werden, auch wenn es sich nicht um einen Grenzwert handelt, der nicht überschritten werden darf. Referenzwerte sind somit zwar keine Grenzwerte, es sind aber jedenfalls bei ihrer Überschreitung Maßnahmen zur Verringerung der Exposition zu setzen. Aus Gründen der Optimierung sind solche Maßnahmen auch unterhalb der Referenzwerte zu setzen.

Mit Abs. 1 soll die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ermächtigt werden, im Verordnungsweg Referenzwerte für verschiedene taxativ aufgezählte Bereiche festzulegen, wobei sowohl Anforderungen des Strahlenschutzes als auch gesellschaftliche Faktoren zu berücksichtigen sein sollen. Bei der Festlegung der Referenzwerte für die Bevölkerung soll insbesondere Anhang I der Richtlinie 2013/59/Euratom zu berücksichtigen sein. Die verpflichtende Berücksichtigung von gesellschaftlichen Faktoren bei der Festlegung von Referenzwerten bedeutet, dass diese nicht so niedrig festgelegt werden dürfen, dass sie beispielsweise eine unverhältnismäßige Einschränkung der Lebensumstände der betroffenen Personen darstellen oder in Notfallexpositionssituationen die Durchführung von Schutzmaßnahmen verhindern.

Mit Abs. 2 soll unter anderem festgelegt werden, dass gemäß dem ALARA-Prinzip die Optimierung auch unterhalb des Referenzwertes fortzusetzen ist.

3. Abschnitt (Dosisbegrenzung)

Zu § 9 (Dosisgrenzwerte):

Mit § 9 soll die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ermächtigt werden, im Verordnungsweg Dosisgrenzwerte für die berufliche Exposition und die Exposition der Bevölkerung sowie Voraussetzungen, unter denen individuelle berufliche Expositionen von Arbeitskräften zugelassen werden können, die die festgelegten Dosisgrenzwerte überschreiten, festzulegen. Die diesbezüglichen Vorgaben sind in den Art. 9, 11, 12 sowie 52 der Richtlinie 2013/59/Euratom enthalten.

Mit einer Ausnahme sollen die derzeit gültigen Grenzwerte nicht geändert werden. Die Änderung betrifft den Grenzwert der Dosis für die Augenlinse, der von derzeit 150 mSv pro Jahr künftig auf 100 mSv in einem Fünfjahreszeitraum gesenkt werden soll, wobei der Dosiswert für ein einzelnes Jahr 50 mSv nicht überschreiten darf. Für die allermeisten Tätigkeiten würde die Senkung des Grenzwertes für die Augenlinsendosis keine zusätzlichen Strahlenschutzmaßnahmen erforderlich machen, da die tatsächlich auftretenden Augenlinsendosen weit unterhalb des vorgesehenen niedrigeren Grenzwertes liegen. Anders ist die Lage in der interventionellen Radiologie. Hier werden in den meisten Fällen zusätzliche Strahlenschutzmaßnahmen zu ergreifen sein, um den vorgesehenen Grenzwert für die Augenlinsendosis mit Sicherheit einhalten zu können. Diesbezügliche Studien zeigen, dass mit relativ einfachen Maßnahmen, wie etwa der konsequenten Verwendung von Schutzbrillen und dem Anbringen von geeigneten Abschirmungen, die vorgesehenen Grenzwerte problemlos einzuhalten sind.

Zu § 10 (Altersbegrenzung für strahlenexponierte Arbeitskräfte):

Mit § 10 soll Art. 8 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Mit § 10 soll festgelegt werden, dass Personen unter 18 Jahren mit keiner Arbeit beauftragt werden dürfen, die sie zu strahlenexponierten Arbeitskräften macht. Davon ausgenommen sollen jedoch Personen zwischen 16 und 18 Jahren sein, deren Ausbildung oder Studium es erfordert, mit Strahlenquellen zu arbeiten.

Derzeit dürfen gemäß § 30 Abs. 3 StrSchG 1969 Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in Strahlenbereichen nicht tätig sein. Die vorgesehene Regelung soll dies jedoch künftig für Personen zwischen 16 und 18 Jahren zulassen, sofern deren Ausbildung oder Studium es erfordert, mit Strahlenquellen zu arbeiten. Diese Regelung wird es künftig etwa Personen in Ausbildung zur Röntgenassistenz gemäß MAB-Gesetz ermöglichen, praktische Übungen in der Röntgendiagnostik auch bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres zu absolvieren. Neben der genannten Einschränkung, dass Ausbildung oder Studium es erfordern müssen, mit Strahlenquellen zu arbeiten, sollen für diese Personen auch niedrigere Grenzwerte als für sonstige strahlenexponierte Arbeitskräfte gelten. Diese Grenzwerte sollen gemäß § 9 im Verordnungsweg festgelegt werden. Die diesbezüglichen Vorgaben sind in Art. 11 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2013/59/Euratom enthalten.

Zu § 11 (Schwangere und stillende Arbeitskräfte):

Mit § 11 soll Art. 10 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Mit Abs. 1 soll festgelegt werden, dass für eine schwangere Arbeitskraft die Arbeitsbedingungen so zu gestalten sind, dass dem ungeborenen Kind ein Schutz gewährt wird, der dem Schutz von Einzelpersonen der Bevölkerung vergleichbar ist.

Derzeit dürfen gemäß § 30 Abs. 3 StrSchG 1969 Schwangere in Strahlenbereichen nicht tätig sein. Die vorgesehene Regelung soll dies jedoch künftig zulassen, wobei die Arbeitsbedingungen dann so zu gestalten sind, dass die Dosis für das ungeborene Kind so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar ist und zumindest während der verbleibenden Zeit der Schwangerschaft 1 Millisievert nicht überschreitet (siehe Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2013/59/Euratom).

Die vorgesehenen Bestimmungen des Abs. 2 bedeuten keine wesentliche inhaltliche Änderung zur derzeit gültigen Rechtslage, wonach gemäß § 30 Abs. 4 StrSchG 1969 stillende Frauen keine Arbeiten mit bewilligungspflichtigen radioaktiven Stoffen ausführen dürfen, bei denen die Gefahr einer Inkorporation besteht.

2. Teil (Geplante Expositionssituationen)

1. Hauptstück (Tätigkeiten)

1. Abschnitt (Rechtfertigung und Verbot von Tätigkeiten)

Zu § 12 (Rechtfertigung):

Mit § 12 soll Art. 19 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden. Zum Begriff „neue Tätigkeit“ siehe die Erläuterungen zu § 4.

Auf die in der Richtlinie 2013/59/Euratom getroffene Unterscheidung zwischen Kategorien und Arten von Tätigkeiten soll jedoch verzichtet werden, da eine solche Unterscheidung im österreichischen System keine Auswirkungen auf die Prüfung der Rechtfertigung im Rahmen eines Bewilligungs- oder Zulassungsverfahrens hätte. Außerdem ist unklar, was die Richtlinie unter einer Kategorie bzw. Art von Tätigkeit überhaupt versteht und welche Auswirkungen eine solche Unterscheidung auf die Rechtfertigung einer neuen Tätigkeit haben sollte.

Ist die Überprüfung einer bestehenden Tätigkeit erforderlich, weil neue Verfahren und Techniken verfügbar sind, die demselben Zweck dienen, jedoch mit keiner oder einer geringeren Exposition verbunden sind (Abs. 2 Z 3), so sind bei der Überprüfung der Rechtfertigung auch der Nutzen, die Risiken und die Wirtschaftlichkeit dieser Verfahren und Techniken zu berücksichtigen.

Zu § 13 (Verfahren zur Prüfung oder Überprüfung der Rechtfertigung):

Mit § 13 soll das Verfahren zur Prüfung oder Überprüfung der Rechtfertigung von neuen bzw. bestehenden Tätigkeiten festgelegt werden.

Zuständig für die Prüfung bzw. Überprüfung der Rechtfertigung soll nicht die strahlenschutzrechtliche Bewilligungsbehörde sein, sondern hinsichtlich der Anwendung ionisierender Strahlung in der Medizin und der Veterinärmedizin der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, in allen übrigen Fällen die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.

Dass eine solche Prüfung bzw. Überprüfung der Rechtfertigung durch die für die Vollziehung zuständige Stelle erfolgen soll, ist dadurch begründet, dass österreichweit eine einheitliche Vollziehung sichergestellt wird. Auch in Bezug auf die Kostentragung für eine allenfalls notwendige Beiziehung von nichtamtlichen Sachverständigen ergeben sich Verwaltungsvereinfachungen, da deren Kosten dann unmittelbar vom Bund getragen werden.

In § 13 soll zwar auf Bewilligungen eingeschränkt werden, jedoch soll dasselbe Regime gemäß diesem Gesetz auch für Bauartzulassungen, für die Genehmigung von Arbeiten externer Arbeitskräfte sowie für Tätigkeiten mit einer Exposition zwecks nicht-medizinischer Bildgebung (dort ist allerdings jene Ministerin/jener Minister für die Rechtfertigungsprüfung bzw. -überprüfung zuständig, der/dem die Vollziehung des dafür erforderlichen gesonderten Bundesgesetzes obliegt) gelten.

Zu § 14 (Verbot von Tätigkeiten):

Wie schon bisher soll auch künftig ionisierende Strahlung auf den menschlichen Körper ausschließlich für medizinische Zwecke angewendet werden dürfen, sofern nicht andere im Sinne von § 4 Abs. 1 dieses Bundesgesetzes gerechtfertigte Tätigkeiten durch Bundesgesetz für zulässig erklärt wurden (§ 14 Abs. 1). Ein Beispiel für ein solches Bundesgesetz ist das Suchtmittelgesetz – SMG, BGBl. Nr. 112/1997, das gemäß § 43 bei Verdacht, dass eine Person Suchtgift im Körper verberge, unter bestimmten Voraussetzungen die körperliche Untersuchung mit geeigneten bildgebenden Verfahren erlaubt (in der Regel erfolgt eine Röntgenaufnahme des Abdomen).

Mit § 14 Abs. 2 soll die Überprüfung der Rechtfertigung von bestehenden gemäß Abs. 1 für zulässig erklärten Tätigkeiten geregelt werden.

Mit § 14 Abs. 3 soll Art. 21 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Mit § 14 Abs. 4 soll die/der jeweilige Bundesministerin/Bundesminister für ihren/seinen Vollziehungsbereich ermächtigt werden, im Verordnungsweg nicht gerechtfertigte Tätigkeiten für unzulässig zu erklären. Dies erfolgte auch schon bisher, jedoch auf Basis der sehr generellen Verordnungsermächtigung des § 36 StrSchG 1969. Beispielsweise ist gemäß § 27 Abs. 8 der Medizinischen Strahlenschutzverordnung – MedStrSchV, BGBl. II Nr. 275/2017, der Betrieb von Panoramaanlagen mit intraoraler Röntgenröhre nicht zulässig.

2. Abschnitt (Bewilligungs- und Meldebestimmungen)

Zu §§ 15 bis 17 (Allgemeine Bestimmungen, Errichtungsbewilligung, Bewilligung für die Ausübung der Tätigkeit):

Im Grundsatz sollen die derzeit bestehenden Bewilligungs- und Meldebestimmungen auch weiterhin gelten. Es sollen also auch künftig Tätigkeiten (siehe Erläuterungen zu § 3 Z 73) grundsätzlich entweder einer Bewilligung bedürfen oder einer Meldepflicht unterliegen. Ausnahmen von der Bewilligungs- bzw. Meldepflicht sollen – wie auch schon bisher – unter Berücksichtigung eines angemessenen Strahlenschutzes im Verordnungsweg festgelegt werden können. Weiters sollen auch künftig bestimmte Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung erfüllt sein müssen.

Sind für eine Tätigkeit bautechnische Strahlenschutzmaßnahmen erforderlich, soll wie bisher grundsätzlich ein zweistufiges Bewilligungsverfahren durchzuführen sein (Errichtungsbewilligung und Bewilligung für die Ausübung der Tätigkeit). Basierend auf praktischen Erfahrungen der Bewilligungsbehörden soll aus verfahrensökonomischen Gründen jedoch die Möglichkeit geschaffen werden, für bestimmte Tätigkeiten und unter bestimmten Voraussetzungen ein zweistufiges Bewilligungsverfahren in einem gemeinsamen Verfahren abzuhandeln. Für welche Tätigkeiten und unter welchen Voraussetzungen dies möglich sein soll, soll im Verordnungsweg festgelegt werden. Vorgesehen ist, ein gemeinsames Verfahren bei Röntgeneinrichtungen mit einer Nennspannung von bis zu 100 Kilovolt zu ermöglichen, sofern die erforderlichen bautechnischen Strahlenschutzmaßnahmen vorhanden sind.

Bislang wurde bei den Bewilligungsbestimmungen unterschieden zwischen Anlagen für den Umgang mit Strahlenquellen (§§ 5, 6 und 7 StrSchG 1969) und dem sonstigen Umgang mit Strahlenquellen (§ 10 StrSchG 1969), ohne jedoch den Anlagenbegriff zu definieren. Dies hat in der Praxis zu unterschiedlichen Interpretationen und Vorgangsweisen der Behörden geführt. Die vorgesehenen Bestimmungen sind nun so konzipiert, dass alles auf den Begriff der Tätigkeit bezogen wird. Der Begriff der Anlage soll nicht mehr vorkommen. Dadurch sollte künftig eine österreichweit einheitliche Interpretation und Vorgangsweise der Behörden sichergestellt sein.

Auch wenn die Bewilligungs- und Meldebestimmungen grundsätzlich beibehalten werden sollen, soll eine Bereinigung hinsichtlich nicht benötigter Bestimmungen erfolgen. So soll etwa künftig nicht mehr für alle Tätigkeiten eine Sicherheits- und Störfallanalyse sowie eine Notfallplanung erforderlich sein, sondern nur noch für bestimmte Tätigkeiten, die mit einem entsprechenden Strahlenrisiko behaftet sind (graded approach). Nähere Bestimmungen dazu und zu den einem Antrag auf Bewilligung sonst noch beizulegenden Unterlagen sollen im Verordnungsweg festgelegt werden können.

Mit den §§ 15 bis 17 sollen die Art. 24 bis 29 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden. Angemerkt wird, dass hier nur eine sinngemäße Umsetzung dieser Vorgaben unter Berücksichtigung der bislang in Österreich üblichen Praxis sinnvoll erscheint. Außerdem ist vorgesehen, dass bestimmte Vorgaben erst im Verordnungsweg umgesetzt werden (§ 15 sieht eine entsprechende Verordnungsermächtigung vor).

Durch die in § 15 Abs. 6 Z 2 verwendete Formulierung „hinsichtlich der Verlässlichkeit der Bewilligungswerberin/des Bewilligungswerbers […] keine Bedenken bestehen“ soll zum Ausdruck gebracht werden, dass ohne gegenteilige Hinweise die zuständige Behörde vom Vorliegen der Verlässlichkeit ausgehen kann. Sollten solche Bedenken bestehen, kann der Nachweis der Verlässlichkeit, insbesondere durch die Vorlage eines aktuellen Strafregisterauszuges, eines Verwaltungsstrafregisterauszuges, einer Bestätigung der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde oder einer sonstigen geeigneten Bescheinigung der zuständigen Justiz- oder Verwaltungsbehörden, erbracht werden. Als verlässlich wird eine Person anzusehen sein, wenn sie voraussichtlich die beabsichtigten Tätigkeiten sachgemäß ausüben wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Ausübung von Tätigkeiten missbräuchlich, nicht sorgfältig oder leichtfertig erfolgt, oder sie den aus diesem Bundesgesetz und den darauf beruhenden Verordnungen oder Bescheiden sich ergebenden Verpflichtungen nicht oder nur teilweise nachkommt. Als nicht verlässlich gilt eine Person jedenfalls dann, wenn aus von ihr zu vertretenden Gründen die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes nicht möglich ist.

Mit § 15 Abs. 7 soll festgelegt werden, dass die zuständige Behörde Sachverständige gemäß dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, in ein Verfahren zur Bewilligung einer Tätigkeit gemäß den §§ 16 oder 17 einzubeziehen hat. Es wären in solche Verfahren somit jedenfalls Sachverständige einzubeziehen, und nicht nur in Fällen, in denen die Aufnahme eines Beweises notwendig ist, wie dies das AVG vorsieht.

Gemäß § 16 Abs. 2 sollen in einen Bescheid, mit dem eine Errichtungsbewilligung erteilt wird, auch Bedingungen und Auflagen für einen allfälligen Probebetrieb aufzunehmen sein. Dies erfolgt derzeit etwa bei Errichtungsbewilligungen für Teilchenbeschleuniger, die in der Strahlentherapie zur Anwendung kommen. Im Rahmen des Probebetriebes werden vor allem umfangreiche Messungen zur Dosisverteilung durchgeführt, die Bestrahlung von Patientinnen/Patienten ist jedoch nicht erlaubt. Patientenbestrahlungen sind nur auf Basis einer Bewilligung für die Ausübung der Tätigkeit gemäß § 17 zulässig.

In Bezug auf die Formulierung „innerhalb von drei Monaten“ soll davon ausgegangen werden, dass die – für allfällige Amtshaftungsansprüche relevante – Verpflichtung zur Entscheidung „ohne unnötigen Aufschub“ gemäß § 73 Abs. 1 AVG unberührt bleibt (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, § 73 AVG Rz 87 [2018], mwN).

Zu §§ 18, 19 und 20 (Änderung einer Tätigkeit oder bautechnischer Strahlenschutzmaßnahmen, Vorschreibung weiterer Bedingungen und Auflagen, Wechsel der Inhaberin/des Inhabers einer Bewilligung):

Die für diese Belange vorgesehenen Bestimmungen unterscheiden sich inhaltlich nicht von der derzeit geltenden Rechtslage gemäß StrSchG, BGBl. Nr. 227/1969.

Eine Änderung einer Tätigkeit ist jedenfalls als strahlenschutzrelevant anzusehen, wenn sie zu einer Erhöhung von Individualdosen, der Wahrscheinlichkeit einer Exposition oder der Anzahl der exponierten Personen führen kann. Eine Änderung einer Tätigkeit ist möglicherweise auch dann relevant hinsichtlich der in einem Bescheid vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen, wenn sie zu einer Verbesserung des Strahlenschutzes führt. Daher bedarf jede Änderung einer Tätigkeit einer behördlichen Prüfung, da sich durch die Änderung die Notwendigkeit der Vorschreibung von anderen Bedingungen und Auflagen ergeben könnte, als die im betreffenden Bescheid vorgeschriebenen.

Zu § 21 (Gefahr im Verzug, Untersagung, Einschränkung, Widerruf einer Bewilligung):

Durch Abs. 1 iVm § 148 soll die zuständige Behörde bei Gefahr im Verzug verpflichtet werden, alle geeigneten Maßnahmen zu veranlassen, um diese Gefahr abzuwehren (siehe auch Erläuterungen zu § 148).

Mit Abs. 2 sollen Regelungen für die Wiederaufnahme der Tätigkeit nach einer Untersagung oder Einschränkung wegen Gefahr im Verzug festgelegt werden.

Mit Abs. 3 soll festgelegt werden, wann die zuständige Behörde eine Bewilligung zu widerrufen hat.

Zu § 22 (Beendigung und Unterbrechung von Tätigkeiten; Erlöschen von Bewilligungen):

Die für die Beendigung von Tätigkeiten und das Erlöschen von Bewilligungen vorgesehenen Bestimmungen unterscheiden sich nicht grundsätzlich von der derzeit gültigen Rechtslage. Künftig sollen jedoch die in Abs. 2 Z 4 vorgesehenen Fristen gesetzlich festgelegt sein, im Unterschied zur derzeitigen Rechtslage, nach der diese Fristen im Einzelfall per Bescheid vorzuschreiben sind, wobei jedoch die gemäß § 12 Abs. 1 StrSchG 1969 festgelegten maximalen Zeiträume zu beachten sind. Die künftig vorgesehenen Fristen entsprechen im Wesentlichen den derzeit maximal möglichen.

Mit der neuen Bestimmung des Abs. 4 soll sichergestellt werden, dass nach der Beendigung von Tätigkeiten oder dem Erlöschen von Bewilligungen die Behörde einen Nachweis über die ordnungsgemäße Weitergabe oder Beseitigung von radioaktiven Materialien und aktivierten Anlagen- und Gebäudeteilen sowie die Dekontamination von kontaminierten Anlagen- und Gebäudeteilen erhält.

Es wird darauf hingewiesen, dass durch einen Wechsel der Inhaberin/des Inhabers einer Bewilligung gemäß § 20 aufgrund der dinglichen Wirkung des Bescheides eine Bewilligung nicht erlischt.

3. Abschnitt (Tätigkeiten mit natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien)

Strahlenschutz im Zusammenhang mit natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien ist eine relativ junge Regelungsmaterie im Gemeinschaftsrecht. In der Richtlinie 96/29/Euratom finden sich diesbezüglich in einem Teilsegment Bestimmungen (Art. 40 und 41), die in Österreich durch die §§ 36d bis 36j StrSchG 1969 und die Natürliche Strahlenquellen-Verordnung – NatStrV, BGBl. II Nr. 2/2008, umgesetzt wurden.

Anders als in bisherigen Richtlinien sind gemäß Richtlinie 2013/59/Euratom auch menschliche Betätigungen mit natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien als Tätigkeiten einzustufen (siehe Erläuterungen zu § 3 Z 74). Daraus folgt, dass die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gleichermaßen für Expositionen durch natürlich vorkommende radioaktive Materialien, wie für solche durch künstliche radioaktive Stoffe, gelten. Das betrifft insbesondere die

–      Bewilligungs- und Meldebestimmungen (§§ 15 bis 22),

–      Maßnahmen zum Schutz von Arbeitskräften (§§ 67 bis 72),

–      Bestimmungen betreffend Strahlenschutzbeauftragte (§§ 63 bis 66),

–      Bestimmungen betreffend Ableitung und Freigabe (§§ 54, 55 und 73) sowie

–      behördliche Überprüfung der Ausübung von Tätigkeiten (§ 61).

Gemäß § 15 Abs. 3 sollen im Verordnungsweg auch für Tätigkeiten mit natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien unter Berücksichtigung eines angemessenen Strahlenschutzes Voraussetzungen festgelegt werden, nach denen solche Tätigkeiten von der Bewilligungs- bzw. Meldepflicht auszunehmen sind. Jene Tätigkeitsbereiche, die mit Verordnung festgelegt werden, sind als gerechtfertigt anzusehen.

Analog zur NatStrV sollen die gemäß den §§ 24 bis 26 vorgesehenen Abschätzungen und Ermittlungen auch künftig ausschließlich durch gemäß § 129 behördlich ermächtigte Überwachungsstellen erfolgen. Wesentliche Grundlage für diese Ermächtigung ist eine einschlägige Akkreditierung als Konformitätsbewertungsstelle im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 (siehe § 129 Abs. 2). Nur bei solchen akkreditierten Stellen ist durch das Akkreditierungsverfahren (Erstakkreditierung, regelmäßige Überwachung und 5-jährliche Reakkreditierung) sichergestellt, dass die Anforderungen der international anerkannten Norm DIN/ISO 17025 über Anforderungen von Konformitätsbewertungsstellen erfüllt werden.

Zu § 23 (Betroffene Tätigkeitsbereiche):

Die Verordnungsermächtigung dient der Umsetzung von Art. 23 und dem zugehörigen Anhang VI der Richtlinie 2013/59/Euratom. Im Verordnungsweg sollen Tätigkeitsbereiche, in denen natürlich vorkommende radioaktive Materialien eingesetzt werden und/oder Rückstände solcher Materialien anfallen, festgelegt werden. Betätigungen in diesen Bereichen gelten dann als Tätigkeiten gemäß § 3 Z 73 und unterliegen somit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

Die gemäß Anhang VI der Richtlinie 2013/59/Euratom zu berücksichtigenden Industriezweige sind großteils bereits derzeit als Arbeitsbereiche in § 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NatStrV genannt. Neu hinzukommen gemäß Anhang VI lediglich noch die Industriezweige der Zementherstellung, der Primäreisenproduktion sowie der Zinn-, Blei- und Kupferschmelze.

Die auf dem Verordnungsweg festgelegten Tätigkeitsbereiche gelten grundsätzlich als gerechtfertigt. Trotzdem könnte in Einzelfällen eine Prüfung der Rechtfertigung erforderlich sein, beispielsweise, wenn Materialien mit hohen Radioaktivitätsgehalten verwendet werden sollen, obwohl auch solche mit deutlich geringeren zur Verfügung stehen. Weiters könnten auch Arbeitsprozesse, die eine hohe Exposition bewirken, Anlass für eine Prüfung der Rechtfertigung sein.

Zu § 24 (Dosisabschätzung für tätig werdende Personen):

Diese Bestimmung ist inhaltsgleich mit § 16 Abs. 1 NatStrV, soll aber künftig im Gesetz verankert sein.

Zu § 25 (Ermittlung der Aktivitätskonzentration von Ableitungen und Dosisabschätzung für die Bevölkerung durch Ableitungen):

Die Festlegungen des § 25 sollen iVm mit der Verordnungsermächtigung in § 54 in Bezug auf die Ableitung von natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien mit dem Abwasser oder der Abluft der Umsetzung der Forderung der Richtlinie 2013/59/Euratom nach einer Überwachung von Ableitungen im Hinblick auf den Schutz von Einzelpersonen der Bevölkerung dienen.

Gemäß Abs. 1 soll zuerst eine Ermittlung der Aktivitätskonzentration erfolgen. Liegt diese unter den gemäß § 28 Z 3 im Verordnungsweg festgelegten Werten, kann die Behörde davon ausgehen, dass die gemäß § 28 Z 4 im Verordnungsweg festgelegte Dosisbeschränkung zum Schutz der Bevölkerung eingehalten wird. Bei Überschreitung der Werte soll gemäß Abs. 2 eine Dosisabschätzung erforderlich sein, um die Einhaltung der Dosisbeschränkung zu überprüfen. Analog zur NatStrV soll die Dosisbeschränkung auch künftig mit 0,3 Millisievert pro Jahr festgelegt werden.

Zu § 26 (Ermittlung der Aktivitätskonzentration von Rückständen und Dosisabschätzung für die Bevölkerung durch Rückstände):

Diese Bestimmungen sind weitgehend inhaltsgleich mit § 20 NatStrV, sollen aber künftig in diesem Bundesgesetz verankert sein.

Die Bestimmungen sollen dem Schutz jener Personen dienen, die auf dem gesamten Beseitigungs- oder Verwertungsweg von Rückständen aus Tätigkeiten mit natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien – bei der temporären Lagerung auf dem Betriebsgelände, beim Transport zu einer Beseitigungs- oder Verwertungsanlage, bei der Beseitigung selbst (zB Einbringung in eine Deponie) oder dadurch, dass Rückstände weiter- bzw. wiederverwertet werden – exponiert werden könnten.

Wie bei den Ableitungen soll auch bei den Rückständen zuerst die Ermittlung der Aktivitätskonzentration erfolgen (Abs. 1). Liegt diese unter den gemäß § 28 Z 3 im Verordnungsweg festgelegten Werten, kann die Behörde davon ausgehen, dass die Freigabekriterien erfüllt und die Rückstände daher nicht strahlenschutzrelevant sind. Die Rückstände können also auf konventionellem Weg (unter Einhaltung der abfallrechtlichen Bestimmungen) beseitigt oder wiederverwertet werden.

Bei Überschreitung der Werte soll gemäß Abs. 2 eine Dosisabschätzung erforderlich sein, die der Behörde als Grundlage für das Bewilligungsverfahren dienen soll. Obwohl, wie oben erwähnt, die im Verordnungsweg festgelegten Tätigkeitsbereiche grundsätzlich als gerechtfertigt gelten, wird im Fall von hohen Dosen dennoch zu prüfen sein, ob die betreffende Tätigkeit gerechtfertigt ist. Ist die Tätigkeit gerechtfertigt, ist die Dosisabschätzung Grundlage für die im Bewilligungsbescheid zum Schutz von Arbeitskräften und Einzelpersonen der Bevölkerung im Zusammenhang mit diesen Rückständen vorzuschreibenden Maßnahmen.

Zu § 27 (Sonstige Tätigkeiten):

Mit § 27 soll die Behörde dazu ermächtigt und verpflichtet werden, bei Tätigkeiten mit natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien, die nicht in einen gemäß § 23 im Verordnungsweg genannten Tätigkeitsbereich fallen, jedoch die Exposition der dabei tätig werdenden Personen oder der Bevölkerung erheblich erhöht sein kann, dem Unternehmen die entsprechenden Abschätzungen und Ermittlungen gemäß den §§ 24 bis 26 vorzuschreiben. Davon betroffen könnte eventuell die Ausstellung von Gegenständen mit solchen radioaktiven Materialien (zB Mineraliensammlungen, Urangläser, uranglasierte Keramiken) in Museen oder ähnlichen Einrichtungen sein.

Im Unterschied zu den gemäß § 23 im Verordnungsweg festgelegten Tätigkeitsbereichen, bei denen das betroffene Unternehmen von sich aus seinen Verpflichtungen gemäß den §§ 24 bis 26 nachzukommen hat, hat hier die zuständige Behörde tätig zu werden und entsprechende Abschätzungen und Ermittlungen vorzuschreiben, wenn sie Kenntnis davon erlangt, dass durch eine sonstige Tätigkeit die Exposition erheblich erhöht sein kann. Ab welcher effektiven Dosis von einer erheblich erhöhten Exposition auszugehen ist, soll gemäß § 28 Z 6 im Verordnungsweg festgelegt werden.

Im Wesentlichen besteht diese Regelung für sonstige Tätigkeiten bereits in den §§ 2 Abs. 2 und 28 NatStrV. Künftig sollen jedoch Betätigungen, bei denen eine erheblich erhöhte Exposition festgestellt wird, als Tätigkeit anzusehen und damit die entsprechenden strahlenschutzrechtlichen Festlegungen für Tätigkeiten mit natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien anzuwenden sein.

Zu § 28 (Verordnungsermächtigung):

Gemäß § 28 sollen im Verordnungsweg nähere Festlegungen in Bezug auf Tätigkeiten mit natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien getroffen werden, wie etwa hinsichtlich des Abschätzungs- und Ermittlungsverfahrens sowie der Aufgaben und Verpflichtungen der Überwachungsstellen.

4. Abschnitt (Tätigkeiten mit einer Exposition zwecks nicht-medizinischer Bildgebung)

Mit den Festlegungen dieses Abschnittes, ergänzt durch § 6 zweiter Satz, sollen Art. 22 sowie Anhang V der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden. Diese Tätigkeiten werden erstmals auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene geregelt.

Wie aus der Begriffsbestimmung (§ 3 Z 23) ersichtlich, ist bei diesen Expositionen zu Bildgebungszwecken nicht der gesundheitliche Nutzen der strahlenexponierten Person die Hauptabsicht. Wie aus der Liste in Anhang V der Richtlinie hervorgeht, sind dies andere Zwecke, wie etwa die radiologische Altersbestimmung oder das Aufspüren von im oder am Körper verborgenen Gegenständen.

Die bereits bestehende Festlegung, dass ionisierende Strahlung auf den menschlichen Körper ausschließlich für medizinische Zwecke angewendet werden darf, sofern nicht durch Bundesgesetz andere gerechtfertigte Anwendungen für zulässig erklärt wurden (§ 4 Abs. 3 StrSchG 1969), soll auch für diesen Bereich beibehalten werden (siehe auch Erläuterungen zu § 14). Beispiele für Festlegungen in Bundesgesetzen, mit denen Tätigkeiten mit einer Exposition zwecks nicht-medizinischer Bildgebung für zulässig erklärt worden sind, sind § 43 SMG sowie § 12 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005.

Die Ausübung einer durch Bundesgesetz gemäß § 14 Abs. 1 für zulässig erklärten Tätigkeiten bedarf jedenfalls auch einer Bewilligung gemäß § 17, sofern bautechnische Strahlenschutzmaßnahmen erforderlich sind auch gemäß § 16.

Zu § 29 (Betroffene Tätigkeiten):

Mit § 29 soll – in Umsetzung des Anhangs V der Richtlinie 2013/59/Euratom – eine nicht-taxative Liste an Tätigkeiten mit einer Exposition zwecks nicht-medizinischer Bildgebung festgelegt werden. Dabei soll unterschieden werden, ob medizinisch-radiologische Ausrüstung (zB Röntgengeräte) oder andere Ausrüstung (zB Bodyscanner) zum Einsatz kommt (Abs. 1 bzw. 2), da abhängig von der Art der Ausrüstung in den §§ 30 und 31 unterschiedliche Regelungen vorgesehen sind.

Zu § 30 (Rechtfertigung):

Mit Abs. 1 soll Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Gemäß Abs. 1 Z 1 soll jede einzelne solche Tätigkeit (zB Röntgenuntersuchung von Personen, die im Verdacht stehen, Suchtgift im Körper zu verbergen) zu rechtfertigen sein, bevor sie gemäß § 14 Abs. 1 durch Bundesgesetz für zulässig erklärt wird. Gemäß Abs. 1 Z 2 soll überdies jede einzelne Exposition, bei der medizinisch-radiologische Ausrüstung angewendet wird, im Voraus unter Berücksichtigung der spezifischen Ziele des Verfahrens und der Merkmale der betroffenen Person zu rechtfertigen sein. Das heißt beispielsweise im Fall von Röntgenuntersuchungen von Personen, die im Verdacht stehen, Suchtgift im Körper zu verbergen, dass in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob dieser Verdacht auch ausreichend dringend ist. Diese Art der „doppelten“ Rechtfertigung (sowohl die Tätigkeit als auch jede einzelne Exposition muss gerechtfertigt sein) ist bei medizinischen Expositionen seit langer Zeit üblich.

Mit den Abs. 2 und 3 sollen die Zuständigkeiten und die Vorgehensweise im Zusammenhang mit der Prüfung sowie der regelmäßigen Überprüfung der Rechtfertigung festgelegt werden.

Zu § 31 (Weitere Festlegungen):

Mit § 31 soll Art. 22 Abs. 4 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

5. Abschnitt (Verbraucherprodukte)

Zu § 32 (Zulassung zum Inverkehrbringen):

Mit § 32 sollen Art. 20 sowie der zugehörige Anhang IV der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Verbraucherprodukte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Geräte oder Gegenstände, die zwar eine Exposition verursachen können, die allerdings so niedrig sein muss, dass eine Überwachung oder behördliche Kontrolle nach dem Verkauf nicht erforderlich ist (§ 3 Z 80). Das Verbraucherprodukt muss also aus Sicht des Strahlenschutzes unbedenklich sein.

Um diese Unbedenklichkeit sicherzustellen, soll das Inverkehrbringen von Verbraucherprodukten im Einklang mit der Richtlinie 2013/59/Euratom künftig einer behördlichen Zulassung bedürfen (Abs. 1). Welche Antragsunterlagen beizubringen sind, soll gemäß Abs. 2 iVm Abs. 8 im Verordnungsweg festgelegt werden, wobei vorgesehen ist, die in Anhang IV Abschnitt A der Richtlinie 2013/59/Euratom angeführten sachdienlichen Angaben zu berücksichtigen. Mit Abs. 3 sollen die Voraussetzungen für eine solche Zulassung festgelegt werden, wobei neben allgemeinen Voraussetzungen (in Anlehnung an eine Bewilligung gemäß § 17) insbesondere die in Anhang IV Buchstabe B der Richtlinie 2013/59/Euratom angeführten Voraussetzungen berücksichtigt sind. In Bezug auf die Verlässlichkeit der Antragstellerin/des Antragstellers sowie betreffend die Hinzuziehung von Sachverständigen wird auf die Erläuterungen zu den §§ 15 bis 17 verwiesen.

Da Verbraucherprodukte üblicherweise in einer Reihe von Mitgliedstaaten in Verkehr gebracht werden, sieht die Richtlinie 2013/59/Euratom einen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten vor, der über in jedem Staat einzurichtende Kontaktstellen (siehe § 150) abgewickelt werden soll (Abs. 6). Dadurch soll unter anderem in den Mitgliedstaaten ein für Unternehmen und Behörden möglichst aufwands- und damit kostenminimierendes System für das Inverkehrbringen von Verbraucherprodukten etabliert werden.

Derzeit in Österreich in Verkehr befindliche Verbraucherprodukte sind beispielsweise Produkte mit radioaktiven Leuchtfarben (meist mit Tritium), Thorium-dotierte Schweißelektroden, Uranglas sowie Krypton oder Thorium enthaltende Spezialglühlampen. Gemäß § 157 Abs. 6 (Übergangsbestimmung) sollen Verbraucherprodukte, die schon vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes in Österreich in Verkehr gebracht worden sind, bis Ende 2020 auch ohne Zulassung gemäß Abs. 1 weiterhin in Verkehr gebracht werden dürfen. Erst danach soll für diese Produkte eine Zulassung erforderlich sein.

6. Abschnitt (Bauartzugelassene Geräte)

Das System der Bauartzulassung soll grundsätzlich beibehalten werden, allerdings sollen künftig nur noch solche Geräte als Bauart zugelassen werden können, die für nicht-medizinische Anwendungen bestimmt sind und ein niedriges Gefährdungspotenzial besitzen. Weiters soll es künftig nicht mehr zwei Arten von Bauartzulassungen geben (§ 19 StrSchG 1969 für Geräte mit geringem Gefährdungspotenzial bzw. § 20 StrSchG 1969 für Geräte mit höherem Gefährdungspotenzial), sondern nur noch eine Art, wobei sich die Voraussetzungen dafür an den derzeitigen Bestimmungen für Geräte mit geringem Gefährdungspotenzial orientieren sollen.

Für derzeit bereits bauartzugelassene Geräte soll künftig Folgendes gelten:

–      Gemäß § 19 StrSchG 1969 zugelassene Bauarten gelten weiterhin als bauartzugelassen (siehe Übergangsbestimmung gemäß § 157 Abs. 2).

–      Gemäß § 20 StrSchG 1969 zugelassene Bauarten gelten nur dann weiterhin als bauartzugelassen, wenn sie die künftigen – im Verordnungsweg festzulegenden – Aktivitäts- und Dosisleistungshöchstwerte einhalten (siehe Übergangsbestimmung § 157 Abs. 3). Um die große Gruppe der Gepäcksröntgengeräte, deren Gefährdungspotenzial in der Regel sehr niedrig ist, weiterhin als zugelassene Bauart in Verkehr bringen zu können, ist vorgesehen, den maximalen Dosisleistungswert von derzeit 1 Mikrosievert pro Stunde in 10 cm Entfernung entsprechend anzuheben.

–      Alle übrigen gemäß § 20 StrSchG 1969 zugelassenen Bauarten dürfen nach gewissen Übergangszeiten (siehe Übergangsbestimmung gemäß § 157 Abs. 5) nicht mehr in Verkehr gebracht und auch nicht mehr als bauartzugelassene Geräte verwendet werden. Eine Weiterverwendung darf danach nur noch auf der Grundlage einer strahlenschutzrechtlichen Bewilligung erfolgen. Betroffen davon sind vor allem Geräte zur zerstörungsfreien Werkstoffprüfung, die üblicherweise hoch radioaktive Quellen enthalten und damit ein entsprechend hohes Gefährdungspotenzial haben.

Zu den §§ 33 bis 36 (Zulassung von Bauarten; Vorschreibung weiterer Bedingungen und Auflagen, Widerruf; Bauartschein, Bedienungsanleitung, Verwendung und Weitergabe einer zugelassenen Bauart; Verordnungsermächtigung):

Die Bestimmungen für das behördliche Bauartzulassungsverfahren sowie für das Inverkehrbringen und Verwenden von bauartzugelassenen Geräten sollen im Wesentlichen nicht gegenüber den derzeit gemäß den §§ 19, 20 und 20b bis 22 StrSchG 1969 geltenden geändert werden.

So soll auch künftig jedem Gerät ein Bauartschein beizugeben sein (§ 35 Abs. 1). Die Inhalte des Bauartartscheines sollen gemäß § 36 Z 3 im Verordnungsweg festgelegt werden.

Gemäß § 35 Abs. 2 soll vor dem erstmaligen Inverkehrbringen eines bauartzugelassenen Gerätes der Zulassungsbehörde ein Muster des Bauartscheines zur Prüfung vorzulegen sein. Diese Vorgangsweise entspricht der schon jetzt üblichen Praxis und soll nunmehr auch rechtlich verankert werden.

Die gegenüber dem StrSchG 1969 neue Bestimmung des Abs. 5 soll dazu dienen, dass die neue Verwenderin/der neue Verwender alle Informationen erhält, die erforderlich sind, um das Gerät strahlenschutzkonform betreiben zu können.

Mit der ebenfalls neuen Bestimmung des Abs. 6 soll sichergestellt werden, dass nach der Beendigung von Tätigkeiten mit bauartzugelassenen Geräten, die radioaktive Quellen enthalten, die Behörde einen Nachweis über die ordnungsgemäße Weitergabe oder Beseitigung erhält. Die Bestimmungen zur Einhaltung eines geordneten abfallrechtlichen Entsorgungsweges (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002) bleiben davon unberührt.

Gemäß § 36 Z 4 sollen im Verordnungsweg Meldepflichten, unter anderem für Verwenderinnen/Verwender eines bauartzugelassenen Gerätes, festgelegt werden. Es ist vorgesehen, dass künftig auch die Weitergabe eines Gerätes der Behörde zu melden sein soll. Eine solche Pflicht fehlt im derzeitigen Strahlenschutzrecht und soll daher ergänzt werden.

Die Verwenderin/der Verwender eines bauartzugelassenen Gerätes ist als Äquivalent zur Bewilligungsinhaberin/zum Bewilligungsinhaber gemäß § 3 Z 13 anzusehen. Personen, die ein solches Gerät (zB Gepäckröntgengerät) bedienen, sind somit keine Verwenderinnen/Verwender im Sinne dieses Gesetzes.

7. Abschnitt (Anwendung ionisierender Strahlung in der Medizin und der Veterinärmedizin)

Zu § 37 (Verordnungsermächtigung):

Mit § 37 soll der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ermächtigt werden, für die dort angeführten Belange Bestimmungen im Verordnungsweg festzulegen. Mit der MedStrSchV ist dies bereits erfolgt. Insbesondere wurden damit das Kapitel VII (Medizinische Expositionen) sowie Art. 83 der Richtlinie 2013/59/Euratom in österreichisches Recht umgesetzt. Rechtliche Grundlage für diese Verordnung ist § 36 Abs. 1 StrSchG 1969.

Zu § 38 (Rechtfertigung von Reihenuntersuchungen):

Mit § 38 soll Art. 55 Abs. 1 Buchstabe f der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden. Derzeit etablierte Reihenuntersuchungen mit medizinisch-radiologischen Verfahren sind etwa das Brustkrebs-Früherkennungsprogramm und die Untersuchung von bestimmten Personengruppen auf Tuberkulose gemäß Tuberkulosegesetz, BGBl. Nr. 127/1968.

Zu § 39 (Diagnostische Referenzwerte):

Mit § 39 soll Art. 56 Abs. 2 Richtlinie 2013/59/Euratom hinsichtlich der Festlegung von diagnostischen Referenzwerten umgesetzt werden. Die sonstigen EU-Vorgaben zu den diagnostischen Referenzwerten wurden bereits mit der MedStrSchV umgesetzt.

Diagnostische Referenzwerte wurden in Österreich erstmals im Jahr 2004 mit der Medizinischen Strahlenschutzverordnung, BGBl. II Nr. 409/2004, festgelegt. Mit einer Novelle zu dieser Verordnung im Jahr 2010 (BGBl. II Nr. 197/2010) und zuletzt mit der neuen Medizinischen Strahlenschutzverordnung im Jahr 2018 erfolgte eine Aktualisierung dieser Werte. Obwohl bislang nicht dezidiert im Strahlenschutzgesetz vorgeschrieben, wird diese Verpflichtung vom Gesundheitsressort schon seit langem wahrgenommen.

Zu § 40 (Überweisungsleitlinien):

Mit § 40 soll Art. 58 Buchstabe c der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Die „Orientierungshilfe Radiologie – Anleitung zum optimalen Einsatz der klinischen Radiologie“, die von der Österreichischen Ärztekammer herausgegeben wird, ist als eine solche Überweisungsleitlinie an­zusehen.

Zu § 41 (Melde- und Verbreitungssystem für unfallbedingte medizinische Expositionen und unbeabsichtigte Expositionen):

Mit § 41 soll Art. 63 Buchstabe f der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Zu § 42 (Erhebung der Bevölkerungsdosis durch medizinische Expositionen):

Mit § 42 soll Art. 64 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden. Obwohl bislang nicht dezidiert im Strahlenschutzgesetz vorgeschrieben, werden schon bislang in Abständen von einigen Jahren Erhebungen der durch die Röntgendiagnostik, die nuklearmedizinische Diagnostik sowie die interventionelle Radiologie verursachten Dosis der Bevölkerung vom Gesundheitsressort in Auftrag gegeben.

8. Abschnitt (Radioaktive Quellen)

Mit diesem Abschnitt sollen insbesondere Kapitel IX Abschnitt 2 (Kontrolle radioaktiver Strahlenquellen) sowie die zugehörigen Anhänge III, XIV, XV und XVI der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Zu § 43 (Verordnungsermächtigung):

Wie bereits derzeit der Fall, sollen auch künftig nähere Bestimmungen betreffend radioaktive Quellen im Verordnungsweg festgelegt werden.

Zu § 44 (Bewilligungsvoraussetzungen für Tätigkeiten mit gefährlichen radioaktiven Quellen):

Gemäß § 15 Abs. 6 Z 3 soll die Erfüllung der Bestimmungen des § 44 Voraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung sein.

Mit Abs. 1 soll festgelegt werden, dass die Erteilung einer Bewilligung für Tätigkeiten mit gefährlichen radioaktiven Quellen an das Vorliegen einer Sicherheitsanalyse und eines Notfallplans geknüpft ist.

Die Voraussetzungen für eine Bewilligung gemäß Abs. 2 beruhen auf der Richtlinie 2013/59/Euratom und sollen nur für hoch radioaktive umschlossene Quellen gelten. Diese speziellen Bewilligungsvoraussetzungen sind derzeit bereits in der AllgStrSchV (§ 64 Abs. 3 und 6) festgelegt und sollen nun – wie auch alle anderen Bewilligungsvoraussetzungen – künftig in diesem Bundesgesetz geregelt werden.

Die in Z 1 genannten 50 000 Einwohnerinnen/Einwohner beziehen sich sowohl auf Gemeindeverbände als auch auf Ortsgemeinden.

Zu § 45 (Analyse-, Aufzeichnungs- und Meldepflicht von strahlenschutzrelevanten Ereignissen):

Mit Abs. 1 Z 2 bis 4 sollen Art. 85 Abs. 3 und Art. 86 Abs. 4, mit Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 Art. 96 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Ziel dieser Bestimmungen ist primär, dass die Behörde umgehend von strahlenschutzrelevanten Ereignissen erfährt, und dass solche Ereignisse analysiert und auf den Analyseergebnissen aufbauend Maßnahmen zu ihrer künftigen Vermeidung getroffen werden.

9. Abschnitt (Strahlengeneratoren)

Zu §§ 46 und 47 (Verordnungsermächtigung; Analyse-, Aufzeichnungs- und Meldepflicht von strahlenschutzrelevanten Ereignissen):

Analog zu Tätigkeiten mit radioaktiven Quellen sollen auch bei Tätigkeiten mit Strahlengeneratoren nähere Bestimmungen im Verordnungsweg geregelt werden.

Hinsichtlich Analyse-, Aufzeichnungs- und Meldepflichten strahlenschutzrelevanter Ereignisse sollen für Tätigkeiten mit Strahlengeneratoren die gleichen Bestimmungen wie für Tätigkeiten mit radioaktiven Quellen gelten.

10. Abschnitt (Nukleare Sicherheit bei kerntechnischen Anlagen)

Zu § 48 (Ziele und Grundsätze):

In der Richtlinie 2014/87/Euratom sind Grundsätze und Ziele der nuklearen Sicherheit von kerntechnischen Anlagen vorgegeben, die mit § 48 umgesetzt werden sollen.

Mit Abs. 1 sollen die beiden in der Richtlinie 2014/87/Euratom für kerntechnische Anlagen formulierten Ziele der nuklearen Sicherheit, nämlich Unfälle zu vermeiden sowie im Fall eines Unfalls dessen Auswirkungen abzumildern und frühe bzw. große Freisetzungen von radioaktiven Stoffen in die Umgebung zu vermeiden, umgesetzt werden. Bei Forschungsreaktoren, wie dem in Österreich derzeit betriebenen, sind solche Freisetzungen allerdings aus physikalisch-technischen Gründen ausgeschlossen.

Mit Abs. 2 Z 1 soll die Anwendung eines gestaffelten Sicherheitskonzepts in kerntechnischen Anlagen festgelegt werden, das fünf Schutzebenen vorsieht, wobei bei Versagen einer Ebene die jeweils nächste Ebene zum Tragen kommt:

–      Ziel der ersten Schutzebene ist die Vermeidung von anomalen Betriebsbedingungen und Fehlfunktionen.

–      Wenn diese Ebene versagt, werden auf der zweiten Schutzebene anomale Betriebsbedingungen beherrscht und Fehlfunktionen entdeckt.

–      Bei Versagen der zweiten Ebene gewährleistet die dritte Ebene, dass Sicherheitsfunktionen weiter vorhanden sind, indem Sicherheitssysteme aktiviert werden.

–      Als vierte Ebene dient das Unfallmanagement dazu, schwere Unfälle mit anlagenexterner Freisetzung von radioaktiven Stoffen unter Kontrolle zu bringen und die Auswirkungen abzumildern.

–      Die letzte Ebene ist die Abmilderung der radiologischen Auswirkungen außerhalb der Anlage durch anlagenexternes Notfallmanagement im Fall sehr schwerer Unfälle.

Gemäß Abs. 2 Z 2 sollen die Bewilligungsinhaberin/der Bewilligungsinhaber sowie die zuständige Behörde Maßnahmen zu treffen haben, um eine effektive Sicherheitskultur im Nuklearbereich zu fördern und zu verbessern. Bestimmungen hinsichtlich der Förderung und Verbesserung der Sicherheitskultur sollen gemäß § 52 Z 3 im Verordnungsweg festgelegt werden, wobei die Vorgaben des Art. 8b der Richtlinie 2014/87/Euratom Berücksichtigung finden sollen.

Mit Abs. 3 soll die Anforderung der Richtlinie 2014/87/Euratom betreffend Verantwortlichkeit der Bewilligungsinhaberin/des Bewilligungsinhabers für die nukleare Sicherheit einer kerntechnischen Anlage umgesetzt werden.

Mit Abs. 4 bis 6 soll Art. 7 der Richtlinie 2014/87/Euratom betreffend „Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheit und des anlageninternen Notfallschutzes“ umgesetzt werden. Der in der genannten Richtlinie verwendete Begriff des „Notfallschutzes“ ist inhaltlich ident mit dem in der Richtlinie 2013/59/Euratom sowie auch dem im Strahlenschutzgesetz verwendeten Begriff der „Notfallvorsorge“.

Mit Personen der zuständigen Behörde, die mit Aufgaben im Bereich der nuklearen Sicherheit kerntechnischer Anlagen betraut sind, sind primär amtliche und nichtamtliche Sachverständige gemeint. Solche Personen benötigen jedoch nicht zwingend alle hier genannten Aus- und Fortbildungen, sondern nur jene, die den Aufgabenbereich betreffen, mit dem sie betraut sind.

Mit Abs. 7 soll die Vorgabe des Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2009/71/Euratom geändert durch Richtlinie 2014/87/Euratom in Bezug auf die Unabhängigkeit der zuständigen Behörde explizit in den Rechtstext aufgenommen werden. Abs. 7 soll gleichzeitig mit dem Übergang der Zuständigkeit für die behördliche Überwachung vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie mit 1. Jänner 2021 in Kraft treten (siehe Erläuterungen zu § 158 Abs.2).

11. Abschnitt (Forschungsreaktoren)

Zu § 49 (Bewilligungsvoraussetzungen):

Mit § 49 Abs. 1 bis 3 sollen spezifische Voraussetzungen für die Erteilung einer Errichtungsbewilligung, einer Betriebsbewilligung sowie einer Bewilligung zur Stilllegung von Forschungsreaktoren festgelegt werden. Die Stilllegung von Forschungsreaktoren ist als Tätigkeit im Sinne von § 3 Z 73 anzusehen. Gemäß § 15 Abs. 6 Z 4 soll die Erfüllung der Bestimmungen des § 49 Voraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung sein. Die Voraussetzungen sind derzeit in der AllgStrSchV festgelegt und sollen – wie auch alle anderen Bewilligungsvoraussetzungen – künftig im Gesetz geregelt werden.

Die Voraussetzungen sollen insbesondere Anforderungen der Richtlinien 2009/71/Euratom und 2014/87/Euratom umfassen, wie beispielsweise angemessene Ressourcen für den sicheren Betrieb und die Stilllegung sowie das Vorliegen eines Sicherheitsberichtes und eines anlageninternen Notfallplans.

Die Publikation der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), Safety Standard, SSR-3: Sicherheit von Forschungsreaktoren, die 2016 aktualisiert wurde, kann als Referenz für den Stand der Technik bei Forschungsreaktoren zur Erfüllung der Forderung von Abs. 4 herangezogen werden.

Zu § 50 (Beauftragte für nukleare Sicherheit):

Eine wesentliche Konsequenz aus den Anforderungen der Richtlinien 2009/71/Euratom und 2014/87/Euratom ist die Trennung von Strahlenschutz und nuklearer Sicherheit bei Forschungsreaktoren. In diesem Sinn sind im Rahmen des Bewilligungsverfahrens für Forschungsreaktoren zusätzlich zur/zum Strahlenschutzbeauftragten auch Beauftragte für nukleare Sicherheit zu nennen (§ 49 Abs. 2 Z 5).

Mit § 50 sollen nähere Bestimmungen hinsichtlich der Beauftragten für nukleare Sicherheit festgelegt werden.

Zu § 51 (Selbstbewertung und Peer Reviews):

Die Vorgaben hinsichtlich Selbstbewertung und internationaler Peer Reviews wurden mit der Richtlinie 2014/87/Euratom gegenüber der Richtlinie 2009/71/Euratom ausgeweitet und konkretisiert. Die Ausweitung betrifft sowohl themenbezogene Peer Reviews als auch internationale Peer Reviews nach einem schweren Unfall in einer kerntechnischen Anlage. Bei den themenbezogenen Peer Reviews sollen die Mitgliedstaaten laut Erwägungsgrund 23 der Richtlinie 2014/87/Euratom unter Nutzung der European Nuclear Safety Regulators Group (ENSREG) und aufbauend auf den Fachkenntnissen der Western European Nuclear Regulators Association (WENRA) alle sechs Jahre eine Methode, die Rahmenbedingungen und einen Zeitrahmen für Peer Reviews zu einem gemeinsamen spezifischen technischen Thema im Zusammenhang mit der nuklearen Sicherheit ihrer kerntechnischen Anlagen festlegen. Das zu prüfende gemeinsame spezifische technische Thema soll auf der Grundlage der von WENRA festgelegten Sicherheitsreferenzniveaus oder von Feedback aus der Betriebserfahrung, Vorkommnissen und Unfällen sowie technologischen und wissenschaftlichen Entwicklungen ausgewählt werden. Aufgrund der von ENSREG und der WENRA erarbeiteten Vorgaben sind thematische Peer Reviews derzeit für den Forschungsreaktor in Österreich nicht erforderlich. Die internationalen Peer Reviews werden zurzeit durch Integrated Regulatory Review Service (IRRS) Missions von der IAEO durchgeführt.

Zu § 52 (Verordnungsermächtigung):

Weitere Festlegungen zur nuklearen Sicherheit und zum Strahlenschutz bei Forschungsreaktoren und zur vollständigen Umsetzung der Richtlinien 2009/71/Euratom und 2014/87/Euratom sollen im Verordnungsweg getroffen werden.

12. Abschnitt (Entsorgungsanlagen)

Zu § 53 (Bewilligungsvoraussetzungen):

Mit § 53 Abs. 1 bis 3 sollen spezifische Voraussetzungen für die Erteilung einer Errichtungsbewilligung, Betriebsbewilligung sowie einer Bewilligung zur Stilllegung für Entsorgungsanlagen festgelegt werden. Die Stilllegung von Entsorgungsanlagen ist als Tätigkeit im Sinne von § 3 Z 73 anzusehen. Gemäß § 15 Abs. 6 Z 5 soll die Erfüllung der Bestimmungen des § 53 Voraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung sein.

Die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 und 2 sollen insbesondere Anforderungen der Richtlinie 2011/70/Euratom umfassen, wie beispielsweise angemessene Ressourcen für den sicheren Betrieb sowie das Vorliegen eines integrierten Managementsystems.

Für Endlager für radioaktive Abfälle sollen in diesem Bundesgesetz keine Festlegungen erfolgen. Entsprechende Bestimmungen sollen geschaffen werden, sobald der Gesetzgeber die grundsätzlichen Entscheidungen über die endgültige Entsorgung der österreichischen radioaktiven Abfälle getroffen hat.

Die folgenden Publikationen der IAEO können als Referenz für den Stand der Technik bei Errichtung und Betrieb von Entsorgungsanlagen zur Erfüllung der Forderung von Abs. 4 herangezogen werden:

–      Safety Standards, Safety Requirement GSR Part 5: Predisposal Management of Radioactive Waste, General Safety Requirements Part 5, Wien 2009;

–      Safety Standards WS-G-2.5: Predisposal Management of Low and Intermediate Level Radioactive Waste, Wien 2003;

–      Safety Standards, Specific Safety Guide, No. SSG-29: Near Surface Disposal Facilities for Radioactive Waste, Wien 2014.

Gemäß Abs. 5 sollen im Verordnungsweg Festlegungen hinsichtlich Errichtung, Betrieb und Stilllegung von Entsorgungsanlagen erfolgen. Es ist vorgesehen, insbesondere die Art. 7 und 10 der Richtlinie 2011/70/Euratom, die vor allem den sicheren Betrieb der Entsorgungsanlagen betreffen, dabei zu berücksichtigen.

13. Abschnitt (Schutz von Einzelpersonen der Bevölkerung bei Tätigkeiten unter normalen Bedingungen)

Dieser Abschnitt soll, gemeinsam mit den Bewilligungs- und Meldebestimmungen der §§ 15 bis 17, der Umsetzung der Art. 65 bis 68 sowie von Art. 29 Abs. 4 der Richtlinie 2013/59/Euratom dienen.

Zu § 54 (Ableitungen):

Im Verordnungsweg sollen insbesondere Art. 29 Abs. 4, Art. 65 Abs. 2 und Art. 67 Abs. 1 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Die derzeitigen Regelungen für die Ableitung von radioaktiven Stoffen mit dem Abwasser oder der Abluft sollen im Wesentlichen beibehalten werden. Es ist vorgesehen, im Verordnungsweg wie bisher eine Dosisbeschränkung für die Exposition der Bevölkerung von 0,3 Millisievert pro Jahr festzulegen und zusätzlich Aktivitätskonzentrationswerte für Ableitungen, bei deren Einhaltung die Behörde davon ausgehen kann, dass die festgelegte Dosisbeschränkung jedenfalls eingehalten wird. Da künftig auch Betätigungen mit natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien als Tätigkeiten im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten sollen, werden auch Ableitungen aus solchen Tätigkeiten von diesen Regelungen umfasst sein. Da aber analoge Festlegungen bereits derzeit in den §§ 26 und 27 NatStrV verankert sind, werden sich für Unternehmen, die die Ableitung natürlich vorkommender radioaktiver Materialien beabsichtigen, keine wesentlichen Änderungen ergeben.

Zu § 55 (Schätzung und Ermittlung der Dosen von Einzelpersonen der Bevölkerung):

Die Art. 66 und 68 der Richtlinie 2013/59/Euratom legen Aufgaben für die zuständigen Behörden sowie für Bewilligungsinhaberinnen/Bewilligungsinhaber fest, wenn bei Tätigkeiten im Normalbetrieb strahlenschutzrelevante Expositionen von Einzelpersonen der Bevölkerung verursacht werden. Diese Festlegungen zielen jedoch auf Tätigkeiten ab, die in Österreich derzeit nicht ausgeübt werden (zB Betrieb von Kernkraftwerken oder Wiederaufbereitungsanlagen).

Derzeit kann daher in Österreich der Bevölkerungsschutz im Normalbetrieb auf die behördliche Regelung von Ableitungen eingeschränkt werden. Lediglich bei einigen Anlagen, wie beispielsweise beim Forschungsreaktor der Technischen Universität Wien oder bei der Entsorgungsanlage in Seibersdorf, kann auch die behördliche Vorschreibung von Umweltüberwachungsprogrammen in deren Umgebung erforderlich sein.

Falls künftig in Österreich jemand Tätigkeiten beabsichtigt, bei denen die Art. 66 und 68 der Richtlinie 2013/59/Euratom zum Tragen kommen, soll gemäß § 55 die Behörde unter Berücksichtigung dieser Artikel Bedingungen und Auflagen zur Schätzung und Ermittlung der Dosen von Einzelpersonen der Bevölkerung in den Bescheid gemäß § 17 Abs. 2 aufzunehmen haben.

14. Abschnitt (Notfallvorsorge und -reaktion bei Tätigkeiten)

Mit den §§ 56 bis 60 sollen, soweit es sich um Verpflichtungen der Bewilligungsinhaberin/des Bewilligungsinhabers handelt, die Art. 17, 53, 69 und 70 sowie der zugehörige Anhang XII der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden. Demnach soll bei Tätigkeiten, bei denen sich radiologische Notfälle ereignen können, entsprechende Vorsorge zu treffen und im Fall solcher Notfälle entsprechend zu reagieren sein.

Zu § 56 (Berufsbedingte Notfallexposition):

Grundsätzlich sollen berufsbedingte Notfallexpositionen bei Tätigkeiten unterhalb der Grenzwerte für die berufliche Exposition bleiben. Falls dies nicht möglich ist, sollen die im Verordnungsweg festzulegenden Referenzwerte maßgebend sein (Abs. 1). Vorgesehen ist, die derzeit in Anlage 8 der Interventionsverordnung – IntV, BGBl. II Nr. 145/2007, festgelegten Referenzwerte auch künftig anzuwenden. Weiters soll mit Abs. 1 festgelegt werden, dass bei Überschreitung der Grenzwerte für die berufliche Exposition ein Notfalleinsatz auf freiwilliger Basis zu erfolgen hat.

Gemäß Abs. 2 sollen Notfalleinsatzkräfte regelmäßig zu unterweisen sein und gemäß Abs. 3 und 4 sollen bei einem radiologischen Notfall alle Vorkehrungen zu deren Schutz zu treffen sein.

Zu § 57 (Notfallreaktion):

Mit Abs. 1 soll Art. 69 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Um bei radiologischen Notfällen bei Tätigkeiten, die auch eine Notfallvorsorge für die Bevölkerung erfordern, eine optimale Behördenzusammenarbeit sicherzustellen, soll gemäß Abs. 2 die Bewilligungsbehörde unverzüglich die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie darüber verständigen müssen, da diese gemäß § 123 Abs. 1 Z 4 für solche Notfallexpositionen zuständig sein soll.

Zu § 58 (Notfallvorsorge für die Bevölkerung):

Mit diesen Bestimmungen soll die Bewilligungsinhaberin/der Bewilligungsinhaber verpflichtet werden, entsprechende Notfallvorsorgemaßnahmen für Arbeitskräfte sowie die von einem Notfall möglicherweise betroffene Bevölkerung zu treffen.

Gemäß Abs. 1 soll für den Betrieb eines Forschungsreaktors oder einer Entsorgungsanlage die Bewilligungsinhaberin/der Bewilligungsinhaber eine Notfallvorsorge für die Bevölkerung zu treffen haben. Gemäß Abs. 2 soll für nicht in Abs. 1 genannte Tätigkeiten erforderlichenfalls die Behörde eine solche Notfallvorsorge vorzuschreiben haben. Die Bewilligungswerberin/der Bewilligungswerber hat gemäß § 15 Abs. 5 der Behörde alle Unterlagen zu übermitteln, die sie zur Beurteilung der Tätigkeit und damit zur Vorschreibung eines angemessenen Bevölkerungsschutzes benötigt.

Mit Abs. 3 sollen die Vorgaben des Art. 70 der Richtlinie 2013/59/Euratom hinsichtlich Information der Bevölkerung vor Eintritt eines Notfalles umgesetzt werden, soweit sie die Bewilligungsinhaberin/den Bewilligungsinhaber betreffen. Es sei hier angemerkt, dass beim Betrieb von Forschungsreaktoren, Entsorgungsanlagen und Teilchenbeschleunigern mit Teilchenenergien von ≥ 50 MeV gemäß § 2 Z 3 Störfallinformationsverordnung, BGBl. Nr. 391/1994, ähnliche Informationspflichten gegenüber der Bevölkerung bestehen.

Zu § 59 (Notfallvorsorge für Arbeitskräfte):

Gemäß § 59 soll eine Notfallvorsorge für die Arbeitskräfte beim Betrieb eines Forschungsreaktors oder einer Entsorgungsanlage sowie bei Ausübung einer Tätigkeit mit gefährlichen radioaktiven Quellen zu treffen sein.

Zu § 60 (Verordnungsermächtigung):

Weitere Bestimmungen für die Notfallvorsorge bei Tätigkeiten, wie beispielsweise Anforderungen an Notfallpläne, Sicherheitsanalysen und Notfallübungen für Tätigkeiten mit radioaktiven Quellen, sollen im Verordnungsweg festgelegt werden.

15. Abschnitt (Behördliche Überprüfung)

Zu § 61 (Behördliche Überprüfung):

Art. 104 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2013/59/Euratom normiert, dass jeder Mitgliedstaat ein geeignetes Inspektionssystem zur Durchsetzung der Vorgaben der Richtlinie inklusive entsprechender Überwachungs- und Abhilfemaßnahmen einzurichten hat. Für Tätigkeiten hat die zuständige Behörde ein Programm für Inspektionen einzurichten, „das dem möglichen Ausmaß und der Art der mit den Tätigkeiten verbundenen Gefahr, einer allgemeinen Bewertung von Strahlenschutzfragen bei diesen Tätigkeiten und dem Stand der Einhaltung der gemäß dieser Richtlinie verabschiedeten Bestimmungen Rechnung trägt“.

Das in Österreich derzeit gemäß § 17 StrSchG 1969 bestehende System der behördlichen Überprüfung des Umgangs mit Strahlenquellen erfüllt diese Forderung der Richtlinie und soll daher sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich der Überprüfungsintervalle im Wesentlichen unverändert beibehalten werden (Abs. 1). Im Zuge dieser Überprüfungen hat die zuständige Behörde das Recht auf freien Zugang zu jeder Zeit zu jenen Einrichtungen, in denen die behördlich bewilligten Tätigkeiten ausgeübt werden. Der zuständigen Behörde sind die Auskünfte zu erteilen sowie Einsicht in alle Aufzeichnungen und Unterlagen zu gewähren, die für die Beurteilung der Einhaltung bzw. Nichteinhaltung der Strahlenschutzbestimmungen erforderlich sind.

Mit Abs. 1 lit. c soll festgelegt werden, dass Tätigkeiten mit gefährlichen radioaktiven Quellen jährlich zu überprüfen sein sollen (bislang galt dies nur für hoch radioaktive umschlossene Quellen). Die bisher erforderliche eigene Bestimmung, dass Tätigkeiten in nuklearmedizinischen Einrichtungen für die Therapie jährlich zu überprüfen sind, ist künftig obsolet, da sie in der Regel von der vorgesehenen Bestimmung des Abs. 1 lit. c umfasst ist.

Die behördliche Überprüfung verringert nicht die Verantwortung für den Schutz vor Gefahren durch ionisierende Strahlung bei der Ausübung von Tätigkeiten.

Mit Abs. 2 sollen Festlegungen für die behördliche Überprüfung der Ausübung einer meldepflichtigen Tätigkeit mit natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien sowie der Verwendung eines gemäß § 33 bauartzugelassenen Gerätes getroffen werden.

Außerdem sollen die behördlichen Überprüfungen auch auf die übrigen geplanten Expositionssituationen ausgeweitet werden. Konkret sind das Arbeiten externer Arbeitskräfte (siehe § 83), Arbeitsplätze mit einer Radonexposition über 6 Millisievert pro Jahr (siehe § 85) sowie Expositionen von fliegendem Personal durch kosmische Strahlung (siehe § 89).

Jederzeitige Überprüfungen gemäß Abs. 3 können auch unangekündigt erfolgen. Die Art, der Umfang und die Häufigkeit von unangekündigten Überprüfungen sind abhängig vom Strahlenrisiko der betreffenden Tätigkeit (graded approach).

Mit Abs. 4 soll ein Rahmen festgelegt werden, was behördliche Überprüfungen gemäß Abs. 1 bis 3 zu umfassen haben.

Gegenstand von behördlichen Überprüfungen ist grundsätzlich die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen und Bescheide. Da es aber weder erforderlich noch möglich ist, im Rahmen solcher Überprüfungen die Einhaltung aller strahlenschutzrechtlichen Vorschriften zu überprüfen, ist es ausreichend, sich dabei auf die für die betreffende Tätigkeit maßgeblichen Strahlenschutzvorschriften zu beschränken. Jedenfalls sollten die Bedingungen und Auflagen des Bewilligungsbescheides bzw. Bauartscheines Thema bei den behördlichen Überprüfungen sein.

In der Regel werden jedenfalls die erforderlichen Aus- und Fortbildungen im Strahlenschutz, die physikalischen und ärztlichen Kontrollen und die für die betreffenden Tätigkeiten maßgeblichen Strahlenschutzvorschriften, sowie die Einhaltung der Bedingungen und Auflagen des Bescheides überprüft.

Zusätzlich werden von den Behörden tätigkeitsspezifische Überprüfungsschwerpunkte gesetzt, wie zB etwa bei Forschungsreaktoren und Entsorgungsanlagen die operativen Tätigkeiten und Verfahren, Aufzeichnungen darüber und die Ergebnisse der Überwachung, Strukturen und Systeme, die für die Sicherheit wichtig sind, Verbindungen mit unterschiedlichen Auftrags- und Dienstleistern oder Angaben zur Sicherheitskultur sowie zur Notfallvorsorge und Notfallreaktion.

Unmittelbar anwendbare EU-Rechtsakte sind etwa EU-Verordnungen (zB Verordnung (Euratom) Nr. 1493/93 des Rates über die Verbringung radioaktiver Stoffe zwischen den Mitgliedstaaten).

Zu § 62 (Feststellung und Anzeige von Übertretungen):

Mit § 62 sollen Regelungen geschaffen werden für den Fall, dass die zuständige Behörde die Übertretung von Strahlenschutzvorschriften feststellt und (allenfalls) eine Anzeige an die zuständige Verwaltungsstrafbehörde erfolgt. Damit soll sichergestellt werden, dass auch den Bestimmungen der Richtlinie 2013/59/Euratom Art. 105 Rechnung getragen wird.

Bei Übertretung von Strahlenschutzvorschriften hat die zuständige Behörde eine angemessene Frist zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes festzulegen verbunden mit der Mitteilung der Behörde, dass (i) eine Verwaltungsübertretung besteht, (ii) diese noch andauert und das rechtswidrige Verhalten einzustellen ist (Abs. 1).

Als schwerwiegende Übertretungen im Sinne von Abs. 3 werden in der Regel die illegale Beseitigung von radioaktiven Materialien und solche anzusehen sein, die zu Überschreitungen der Dosisgrenzwerte führen können.

Eine Anzeigepflicht nach § 78 der Strafprozessordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975, bleibt von den Bestimmungen des § 62 unberührt. Mit Abs. 4 soll eine Regelung geschaffen werden, die konkrete Informationen über tatsächlich erstattete Anzeigen im Zusammenhang mit behördlichen Überprüfungen zur Einhaltung von Strahlenschutzvorschriften darlegen soll.

Parallel zur Erstattung einer Anzeige an die Verwaltungsstrafbehörde wäre diese Meldung gemäß Abs. 4 gleichzeitig auch in Kopie (praktischerweise per E-Mail, …) von den, die im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung die behördliche Überprüfung durchgeführt haben, vorzunehmen.

16. Abschnitt (Strahlenschutzbeauftragte)

Die rechtlichen Bestimmungen betreffend Strahlenschutzbeauftragte sollen im Wesentlichen in der derzeit gültigen Form beibehalten und im Strahlenschutzgesetz zusammengeführt werden. Verzichtet soll künftig jedoch auf den etwas sperrigen Begriff der „weiteren mit dem Strahlenschutz betrauten Personen“ werden. Gemäß § 16 Abs. 1 bzw. § 17 Abs. 1 soll aber weiterhin als Bewilligungsvoraussetzung eine Strahlenschutzbeauftragte/ein Strahlenschutzbeauftragter der Behörde zu nennen sein.

Zu § 63 (Anwesenheitspflicht):

Die Bestimmungen betreffend die Anwesenheit von Strahlenschutzbeauftragten sind praktisch ident mit den derzeit geltenden.

Zu § 64 (Aufgaben):

Die Aufgaben von Strahlenschutzbeauftragten sollen künftig im Gesetz in allgemeiner Form festgelegt werden. Eine schriftliche Regelung des Zuständigkeitsbereiches von Strahlenschutzbeauftragten durch die Bewilligungsinhaberin/den Bewilligungsinhaber, die im Jahr 2006 im Verordnungsweg eingeführt wurde (§ 15 Abs. 2), sich in der Praxis jedoch nicht wirklich bewährt hat, soll künftig nicht mehr erforderlich sein.

Die gemäß Abs. 2 vorgesehenen Bestimmungen entsprechen der derzeitigen Rechtslage.

Zu § 65 (Wechsel in der Person der/des genannten Strahlenschutzbeauftragten):

Die vorgesehenen Bestimmungen entsprechen der derzeitigen Rechtslage.

Zu § 66 (Aus- und Fortbildung):

Mit § 66 soll die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ermächtigt werden, im Verordnungsweg Bestimmungen betreffend die Aus- und Fortbildung von Strahlenschutzbeauftragten festzulegen. Wie auch bislang schon sollen die Inhalte der Ausbildungen für die verschiedenen Tätigkeitsbereiche in Anlagen der AllgStrSchV festgelegt werden.

17. Abschnitt (Maßnahmen zum Schutz von Arbeitskräften)

Die rechtlichen Bestimmungen zum Schutz von Arbeitskräften sollen im Wesentlichen in der derzeit gültigen Form beibehalten werden. Wie bisher sollen auch künftig die konkreten Maßnahmen zum Schutz von Arbeitskräften in der AllgStrSchV festgelegt werden. Basis dafür soll die umfangreiche Verordnungsermächtigung gemäß § 72 bilden.

Zu § 67 (Verantwortlichkeit):

Mit § 67 soll Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Gemäß § 3 Abs. 2 StrSchG 1969 kommt auch derzeit schon die Verantwortung für die Einhaltung aller strahlenschutzrechtlichen Bestimmungen der Bewilligungsinhaberin/dem Bewilligungsinhaber (dazu zählen gemäß § 2 Abs. 4 StrSchG 1969 auch Verwenderinnen/Verwender einer zugelassenen Bauart) zu, und somit auch die Einhaltung der Bestimmungen zum Schutz der Arbeitskräfte.

Die Verwenderin/der Verwender eines bauartzugelassenen Gerätes ist als Äquivalent zur Bewilligungsinhaber/zum Bewilligungsinhaber gemäß § 3 Z 13 anzusehen. Personen, die ein solches Gerät (zB Gepäckröntgengerät) bedienen, sind somit keine Verwenderinnen/Verwender im Sinne dieses Gesetzes.

Zu § 68 (Strahlenschutzunterweisung):

Mit § 68 soll iVm der Verordnungsermächtigung gemäß § 72 Z 1 Art. 15 und Art. 32 lit f der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden. Die Bestimmungen des vorgesehenen § 68 entsprechen inhaltlich jenen des § 29 StrSchG 1969.

Zu § 69 (Ärztliche Untersuchungen):

Mit § 69 sollen iVm der Verordnungsermächtigung gemäß § 72 Z 3 und 5 die Art. 45 bis 50 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Im Wesentlichen sollen die derzeit für ärztliche Untersuchungen geltenden Bestimmungen beibehalten werden, wobei jedoch bei der konkreten Ausformulierung der Gesetzestext und der Verordnungstext besser aufeinander abgestimmt werden sollen. Lediglich die Enduntersuchungen gemäß § 30 Abs. 3 StrSchG 1969 und § 35 AllgStrSchV sollen künftig aus folgenden Gründen nicht mehr erforderlich sein:

–      Weder die Richtlinie 2013/59/Euratom noch die ICRP oder sonstige Strahlenschutzorganisationen sehen solche Untersuchungen vor.

–      Auch bislang war eine Enduntersuchung nur erforderlich, wenn die effektive Dosis der beruflich strahlenexponierten Person im letzten Jahr mehr als 2 Millisievert betragen hat. Ansonsten gilt eine nicht länger als zwölf Monate zurückliegende Eignungs- oder Kontrolluntersuchung als Enduntersuchung (§ 35 Abs. 3 Z 1 AllgStrSchV).

–      Zweck der derzeitigen Enduntersuchungen scheint primär die Feststellung eines Strahlenschadens zu sein, da gemäß § 36 Abs. 2 AllgStrSchV aufgrund der Ergebnisse einer Enduntersuchung die ermächtigte Ärztin/der ermächtigte Arzt eine gesundheitliche Beurteilung vorzunehmen und in einem ärztlichen Zeugnis festzuhalten hat, ob bei der untersuchten Person ein Strahlenschaden festgestellt wurde und ob eine Nachuntersuchung erforderlich ist. Hier kann es sich nur um die Feststellung deterministischer Strahlenschäden handeln. Solche Schäden treten jedoch erst über sogenannten Dosisschwellenwerten auf, die weit über den Dosisgrenzwerten für strahlenexponierte Arbeitskräfte liegen. Expositionen über den Dosisschwellenwerten für deterministische Strahlenschäden können bei Tätigkeiten praktisch nur unfall- oder notfallbedingt auftreten und sollten daher sofort bemerkt werden. Gemäß § 69 Abs. 3 ist vorgesehen, dass eine Sofortuntersuchung in allen Fällen zu erfolgen hat, in denen eine strahlenexponierte Arbeitskraft einer Exposition über den Dosisgrenzwerten ausgesetzt war. (Anmerkung: Entsprechende Regelungen gibt es in Zusammenhalt der §§ 31 Abs. 2, 33 Abs. 1 StrSchG 1969 und § 34 Abs. 1 AllgStrSchV auch derzeit schon.)

Zu § 70 (Kostentragung der ärztlichen Untersuchungen):

Die vorgesehenen Bestimmungen zur Kostentragung der ärztlichen Untersuchungen entsprechen im Wesentlichen den derzeit geltenden.

Zu § 71 (Dosisermittlung):

Mit § 71 sollen iVm der Verordnungsermächtigung gemäß § 72 Z 4 und 5 die Art. 41, 43 und 44 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Im Wesentlichen sollen die derzeit für die physikalische Kontrolle geltenden Bestimmungen beibehalten werden, wobei jedoch bei der konkreten Ausformulierung der Gesetzestext und der Verordnungstext besser aufeinander abgestimmt werden sollen.

Zu § 72 (Verordnungsermächtigung):

Mit § 72 soll die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ermächtigt werden, im Verordnungsweg weitere Bestimmungen und Maßnahmen zum Schutz von Arbeitskräften sowie Kriterien für bestimmte Belange festzulegen. Es ist vorgesehen, die derzeit zum Schutz von Arbeitskräften geltenden Bestimmungen im Wesentlichen beizubehalten.

18. Abschnitt (Freigabe von radioaktiven Materialien aus der regulatorischen Kontrolle)

Zu § 73 (Freigabe):

Mit § 73 sollen Art. 30 und Teile des Anhangs VII der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Die derzeitigen Regelungen für die Freigabe von radioaktiven Materialien sollen im Wesentlichen beibehalten werden. Künftig sollen allerdings auch natürlich vorkommende radioaktive Materialien durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes geregelt werden (derzeit gibt es analoge Regelungen in § 23 NatStrV). Gerade bei Tätigkeiten mit natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien fallen zum Teil große Materialmengen an Rückständen an. Damit kommt hier der Möglichkeit zur Freigabe besonders große Bedeutung zu, um dem Abfallminimierungsgebot gemäß § 141 Abs. 4 Z 1 zu entsprechen und nicht Materialien als radioaktiven Abfall behandeln zu müssen, die wiederverwertbar oder deponiefähig wären.

In Anhang VII der Richtlinie 2013/59/Euratom werden erstmals auf EU-Ebene Freigabewerte festgelegt, wobei es einen Wertesatz für künstliche Radionuklide und einen für natürliche Radionuklide gibt. Diese Werte sollen gemäß Abs. 2 Z 1 im Verordnungsweg festgelegt werden. Werden natürliche Radionuklide aufgrund ihrer Radioaktivität, Spaltbarkeit oder Bruteigenschaft verwendet, sind gemäß Art. 30 Abs. 3 der Richtlinie 2013/59/Euratom die allgemeinen Freigabekriterien für künstliche Radionuklide anzuwenden. Diese Regelung soll gemäß Abs. 2 Z 1 im Verordnungsweg festgelegt werden.

Grundsätzlich soll gemäß Abs. 3 (1. Satz) die absichtliche Verdünnung radioaktiver Materialien zur Erreichung der Freigabekriterien weiterhin unzulässig sein. Allerdings soll gemäß Abs. 3 (2. Satz) und Abs. 4 im Einklang mit Art. 30 Abs. 4 der Richtlinie 2013/59/Euratom unter gewissen Voraussetzungen eine Vermischung von Materialien zulässig sein, und zwar, wenn eine solche Vermischung im normalen Arbeitsprozess erfolgt und Radioaktivität nicht von Belang ist, sowie wenn die Behörde in speziellen Einzelfällen eine Vermischung zwecks Wiederverwertung oder Wiederverwendung zulässt.

19. Abschnitt (Strahlenschutz im militärischen Bereich)

Zu § 74 (Ausnahmen von der Bewilligungs- und Meldepflicht sowie der Meldepflicht an das Zentrale Quellenregister):

Die derzeit in § 26b StrSchG 1969 festgelegten Regelungen in Bezug auf den Strahlenschutz im militärischen Bereich sollen inhaltlich beibehalten werden. Primär aus Gründen der militärischen Geheimhaltung sollen gemäß Abs. 1 auch künftig Tätigkeiten von der Bewilligungs- und Meldepflicht ausgenommen sein, sofern diese der wehrtechnischen Forschung oder Erprobung dienen oder mit Strahlenquellen erfolgen, die Bestandteile von militärischen Ausrüstungsgegenständen sind. Gemäß Abs. 2 soll auch keine Meldepflicht für radioaktive Quellen an das Zentrale Quellenregister gemäß § 134 bestehen.

Für Tätigkeiten, die nicht gemäß Abs. 1 von der Bewilligungs- und Meldepflicht ausgenommen sind, gelten – wie auch derzeit – die gleichen strahlenschutzrechtlichen Vorschriften wie im zivilen Bereich. Die Bestimmungen des 19. Abschnittes sind darauf also auch künftig nicht anwendbar. Ein Beispiel für eine solche Tätigkeit ist der Betrieb von Röntgeneinrichtungen für medizinische Expositionen.

Zu § 75 (Schutz des Personals und der Bevölkerung):

Mit § 75 soll die Bundesministerin für Landesverteidigung verpflichtet werden, durch sinngemäße Anwendung aller strahlenschutzrechtlichen Bestimmungen, die dem Schutz von Menschen oder der Umwelt dienen, sicherzustellen, dass durch Tätigkeiten gemäß § 74 Abs. 1 keine unzulässigen Expositionen für die dabei tätig werdenden Personen und die Bevölkerung entstehen. Die in diesem Zusammenhang wesentlichsten Bestimmungen sollen in Z 1 bis 6 nicht-taxativ angeführt werden.

Zu § 76 (Dosisaufzeichnungen und ärztliches Zeugnis):

Mit § 76 soll sichergestellt werden, dass spätestens nach Beendigung der Tätigkeit als strahlenexponierte Arbeitskraft im militärischen Bereich für die betreffende Person alle Ergebnisse der Dosisermittlung sowie die ärztlichen Zeugnisse im Zentralen Dosisregister vorliegen. Diese Daten werden vor allem dann benötigt, wenn die Person danach im zivilen Bereich als strahlenexponierte Arbeitskraft tätig werden sollte.

2. Hauptstück (Externe Arbeitskräfte)

Mit den Bestimmungen für externe Arbeitskräfte sollen Art. 51 sowie Anhang X Abschnitt B und C der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Gemäß § 3 Z 24 ist eine externe Arbeitskraft jede strahlenexponierte Arbeitskraft, die nicht von der Bewilligungsinhaberin/dem Bewilligungsinhaber beschäftigt wird, die/der für die Überwachungs- und die Kontrollbereiche verantwortlich ist, die aber Arbeiten in diesen Bereichen ausführt. Um überhaupt als externe Arbeitskraft zu gelten, muss man eine strahlenexponierte Arbeitskraft sein. Eine strahlenexponierte Arbeitskraft ist gemäß § 3 Z 68 „eine Person, die bei ihrer Arbeit […] einer Exposition ausgesetzt ist und bei der davon auszugehen ist, dass sie Strahlendosen erhalten kann, die einen der für die Exposition der Bevölkerung festgelegten Dosisgrenzwerte übersteigen“. In der Praxis bedeutet dies, dass die betreffende Person im Rahmen ihrer Arbeit eine effektive Dosis von mehr als einem Millisievert pro Jahr erhalten kann. (Anmerkung: Dass die Grenzwerte für die Organ-Äquivalentdosis überschritten werden könnten, kann praktisch ausgeschlossen werden.)

Personen, die bei Bewilligungsinhaberinnen/Bewilligungsinhabern tätig werden und dabei einer Exposition ausgesetzt sind, ohne bei ihnen beschäftigt zu sein, werden in folgende drei Gruppen unterteilt:

1.      Personen, die dort Tätigkeiten gemäß § 3 Z 73 ausüben. Für solche Tätigkeiten bedarf es einer eigenen strahlenschutzrechtlichen Bewilligung, und die Verantwortung für die Überwachungs- und die Kontrollbereiche liegt bei der Inhaberin/dem Inhaber dieser Bewilligung. Es handelt sich bei diesen Personen somit nicht um externe Arbeitskräfte gemäß § 3 Z 24. In diese Gruppe fallen beispielsweise Serviceleute von Hersteller- und Lieferfirmen von Strahlenquellen sowie Personen, die eichtechnische Tätigkeiten ausüben.

2.      Personen, die dort Arbeiten durchführen (jedoch keine Tätigkeiten gemäß § 3 Z 73 ausüben), deren Exposition allerdings so gering ist, dass sie nicht als strahlenexponierte Arbeitskräfte gemäß § 3 Z 68 gelten. Sie sind gemäß § 3 Z 24 somit auch keine externen Arbeitskräfte. Für den Strahlenschutz dieser Personen hat die Bewilligungsinhaberin/der Bewilligungsinhaber zu sorgen. In der Regel fallen in diese Gruppe beispielsweise Personen, die eichpolizeiliche Revisionen durchführen, sowie Reinigungspersonal.

3.      Personen, die dort Arbeiten durchführen (jedoch keine Tätigkeiten gemäß § 3 Z 73 ausüben), deren Exposition jedoch ein Ausmaß erreicht, dass sie als strahlenexponierte Arbeitskräfte gemäß § 3 Z 68 gelten. Diese Personen sind somit externe Arbeitskräfte gemäß § 3 Z 24. In diese Gruppe werden voraussichtlich in Österreich nur sehr wenige Personen fallen. Am ehesten könnten Personen darunterfallen, die in ausländischen Kernanlagen Arbeiten in Strahlenbereichen durchführen.

Die derzeit in Österreich geltenden Bestimmungen für externe Arbeitskräfte sollen im Wesentlichen beibehalten werden. Wie von der Richtlinie 2013/59/Euratom vorgegeben, sollen jedoch künftig nicht nur strahlenexponierte Arbeitskräfte der Kategorie A sondern auch jene der Kategorie B davon betroffen sein. Absehbar wird sich dadurch die in Österreich derzeit nur sehr geringe Anzahl von externen Arbeitskräften nicht stark erhöhen.

Zu § 77 (Genehmigungspflicht):

Arbeiten externer Arbeitskräfte sollen wie auch schon derzeit einer behördlichen Autorisierung bedürfen, wobei diese begrifflich von der Bewilligung für Tätigkeiten gemäß den §§ 15 bis 17 abgegrenzt und als „Genehmigung“ bezeichnet werden soll. Der vorgesehene Ablauf eines Genehmigungsverfahrens ist analog dem eines Bewilligungsverfahrens.

Zu §§ 78 bis 80 (Schutzbestimmung, Verantwortlichkeiten, Pflichten externer Arbeitskräfte) sowie § 82 (Verordnungsermächtigung):

Die vorgesehenen Bestimmungen entsprechen inhaltlich im Wesentlichen den derzeitigen Regelungen (§§ 44 bis 46 AllgStrSchV). Zwecks einheitlicher Struktur dieses Bundesgesetzes sollen allerdings einige Bestimmungen zum Schutz externer Arbeitskräfte künftig auf gesetzlicher Ebene verankert werden. Im Verordnungsweg sollen insbesondere Details zu den Verantwortlichkeiten festgelegt werden.

Zu § 81 (Strahlenschutzpass):

Die Verpflichtung zum Führen eines Strahlenschutzpasses soll künftig auf Personen eingeschränkt werden, die als externe Arbeitskräfte im Ausland arbeiten (Abs. 1). Unternehmen, deren externe Arbeitskräfte ausschließlich im Inland eingesetzt werden, soll es künftig freigestellt sein, ob sie weiterhin Strahlenschutzpässe nützen oder ihrer Verpflichtung zur Sammlung, Bilanzierung und Aufzeichnung der Daten aus der Dosisermittlung auf andere Art nachkommen möchten (Abs. 3).

Die Vorgaben in Bezug auf Beantragen und Führen von Strahlenschutzpässen (Abs. 2) sowie auch zur behördlichen Administration der Pässe (§ 136) sollen im Wesentlichen beibehalten werden (derzeit regeln dies die §§ 47 bis 49 AllgStrSchV).

Zu § 83 (Behördliche Überprüfung):

Analog zu bewilligten oder gemeldeten Tätigkeiten sollen auch Arbeiten externer Arbeitskräfte in regelmäßigen Abständen behördlich überprüft werden.

3. Hauptstück (Nicht als Tätigkeiten geltende strahlenschutzrelevante Betätigungen)

1. Abschnitt (Erhöhte Radonexposition am Arbeitsplatz)

Dieser Abschnitt behandelt den Schutz vor Radon an Arbeitsplätzen, für die die durchgeführte Dosisabschätzung ergeben hat, dass die effektive Dosis voraussichtlich bei einer oder mehreren Arbeitskräften 6 Millisievert pro Jahr überschreitet. Gemäß Art. 54 Abs. 3 der Richtlinie 2013/59/Euratom ist eine solche Exposition als geplante Expositionssituation zu betrachten und entsprechend zu regulieren. Anders als bei Tätigkeiten gemäß § 3 Z 73, bei denen in Fällen höheren Gefährdungspotenzials eine Genehmigungspflicht vorgesehen ist, soll für diese Arbeitsplätze „nur“ eine Meldepflicht an die Behörde bestehen (siehe Art. 25 Abs. 2 sowie Art. 35 Abs. 2 1. Satz der Richtlinie 2013/59/Euratom).

Auch wenn Arbeitskräfte, die einer erhöhten Radonexposition ausgesetzt sind, nicht als strahlenexponierte Arbeitskräfte gemäß § 3 Z 68 gelten, sollen die Schutzmaßnahmen für diese Arbeitskräfte vergleichbar mit jenen bei Tätigkeiten sein. Unter anderem soll für die betroffenen Arbeitskräfte eine laufende Dosisermittlung durch eine gemäß § 131 Abs. 1 Z 3 ermächtigte Überwachungsstelle erforderlich sein. Auch soll die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber eine Radonschutzbeauftragte/einen Radonschutzbeauftragten beizuziehen haben, der/dem analoge Aufgaben wie einer/einem Strahlenschutzbeauftragten obliegen sollen. Ärztliche Untersuchungen gemäß § 69 Abs. 1 bis 3 sind für die Arbeitskräfte jedoch nicht vorgesehen.

Ebenfalls Teil der behördlichen Regulierung soll die Möglichkeit von Überprüfungen durch die zuständige Behörde sein.

Zu § 84 (Maßnahmen zum Schutz vor Radon, Radonschutzbeauftragte):

Mit Abs. 1 Z 1 bis 4 sollen die Maßnahmen festgelegt werden, die die verantwortliche Person zum Schutz der betroffenen Arbeitskräfte zu treffen hat.

Gemäß Abs. 1 Z 2 soll eine laufende Ermittlung der effektiven Dosis der betroffenen Arbeitskräfte erfolgen.

Mit der Unterweisung der Arbeitskräfte (Abs. 1 Z 3) soll bei den betroffenen Arbeitskräften das Bewusstsein in Bezug auf das Gesundheitsrisiko durch Radon und die Wichtigkeit von Radonschutzmaßnahmen geschaffen werden. Die Unterweisung soll erforderlichenfalls aber auch konkrete Verhaltensregeln für diese Arbeitskräfte zur Dosisminimierung beinhalten.

Im Sinne des ALARA-Prinzips sollen gemäß Abs. 1 Z 4 von der verantwortlichen Person unter Mitwirkung der/des Radonschutzbeauftragten organisatorische Maßnahmen zu erarbeiten und umzusetzen sein. Solche organisatorischen Maßnahmen können beispielsweise die Überarbeitung von Dienstplänen und Dienstanweisungen, die Begrenzung von Aufenthaltszeiten in Räumen mit sehr hoher Radonkonzentration oder auch eine generelle örtliche Umorganisation der Arbeitsprozesse innerhalb des Unternehmens sein mit dem Ziel, dass der Hauptaufenthalt in Räumen mit geringer Radonkonzentration stattfindet. Damit die zuständige Behörde Kenntnis von den organisatorischen Maßnahmen erhält, soll eine diesbezügliche Meldepflicht der verantwortlichen Person verankert werden (Abs. 2).

Analog zu den Verpflichtungen bei Tätigkeiten soll die verantwortliche Person Aufzeichnungen über die Maßnahmen zum Schutz der Arbeitskräfte zu führen haben.

Wesentlich im Zusammenhang mit der Umsetzung der Radonschutzmaßnahmen ist die Pflicht zur Beiziehung einer im Schutz vor Radon ausgebildeten Person (Abs. 1 Z 1), um sicherzustellen, dass die Maßnahmen von einer fachlich kompetenten Person durchgeführt bzw. beaufsichtigt werden. Die gemäß Abs. 4 vorgesehenen Aufgaben der/des Radonschutzbeauftragten sowie die gemäß Abs. 3 vorgesehenen Festlegungen sind an die seit langem bewährten diesbezüglichen Bestimmungen für Strahlenschutzbeauftragte angelehnt.

Die bei Tätigkeiten in der Regel erforderliche dauernde Anwesenheit oder zumindest leichte Erreichbarkeit der/des Strahlenschutzbeauftragten erscheint beim Schutz vor Radon nicht notwendig. Es kann daher auch eine nicht dem Betrieb zugehörige Person als Radonschutzbeauftragte/Radonschutzbeauftragter herangezogen werden.

Da davon auszugehen ist, dass im überwiegenden Ausmaß betriebsexterne Personen als Radonschutzbeauftragte tätig sein werden, wurde – anders als bei den Regelungen betreffend Strahlenschutzbeauftragte (§ 64 Abs. 2) – auf eine Festlegung in Abs. 5 verzichtet, wonach der/dem Radonschutzbeauftragten die zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigte Zeit einzuräumen ist. Auch wenn diese Festlegung nicht explizit verankert ist, haben die verantwortlichen Personen selbstverständlich sowohl im Fall von betriebsinternen als auch von betriebsexternen Radonschutzbeauftragten dafür Sorge zu tragen, dass diese ihre Aufgaben in vollem Umfang erfüllen können.

Ausbildungsdauer und -inhalte für Radonschutzbeauftragte sollen im Verordnungsweg festgelegt werden (§ 86 Z 3). Jedenfalls vorgesehene Inhalte sind die rechtlichen Grundlagen, bestimmende Faktoren für die Radonexposition sowie die Aufgaben, Rechte und Pflichten von Radonschutzbeauftragten. Die Ausbildung soll gemäß § 126 Abs. 2 Z 2 von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie anerkannt werden müssen.

Es wird angemerkt, dass für Unternehmen im Geltungsbereich der NatStrV schon derzeit das Erfordernis zur Beiziehung einer „sachkundigen Person“ besteht (§ 10 Abs. 4 NatStrV).

Zu § 85 (Behördliche Überprüfung):

Wie in den Erläuterungen zu § 61 dargelegt, sollen im Einklang mit Art. 104 Abs. 1 der Richtlinie 2013/59/Euratom für alle geplanten Expositionssituationen Festlegungen getroffen werden, die der zuständigen Behörde eine periodische Überprüfung der Einhaltung der strahlenschutzrechtlichen Bestimmungen durch die/den jeweils Verantwortliche/Verantwortlichen ermöglicht.

Anders als bei Tätigkeiten, bei denen die behördlichen Überprüfungen verpflichtend durchzuführen sind, soll die Überprüfung der Umsetzung von Radonschutzmaßnahmen – sofern die Behörde aufgrund der ihr vorliegenden Informationen von einer Umsetzung ausgehen kann – im Ermessen der Behörde liegen. Das kann damit begründet werden, dass eine laufende Dosisermittlung durch eine ermächtigte Überwachungsstelle, auf deren Ergebnisse die Behörde im Wege des Zentralen Dosisregisters Zugriff hat, und zudem eine Meldepflicht der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers an die Behörde über Maßnahmen zur Verringerung der Radonexposition vorgesehen sind. Eine verpflichtende behördliche Überprüfung soll auf jene Fälle eingeschränkt werden, in denen die Behörde aufgrund der Daten- und Informationslage annehmen muss, dass keine ausreichenden Radonschutzmaßnahmen getroffen werden. Dies wird beispielsweise dann der Fall sein, wenn effektive Dosen im Bereich von 20 Millisievert pro Jahr ermittelt werden und/oder die verantwortliche Person aus Sicht der Behörde keine angemessenen Radonschutzmaßnahmen gesetzt hat, wenn aufgrund eines signifikanten Anstiegs der effektiven Dosen im Rahmen der laufenden Dosisermittlung davon auszugehen ist, dass getroffene Radonschutzmaßnahmen nicht mehr wirksam sind, oder wenn die von der verantwortlichen Person der Behörde gemäß § 84 Abs. 2 zur Kenntnis gebrachten organisatorischen Maßnahmen offenbar keinen Erfolg zeigen.

2. Abschnitt (Berufliche Exposition durch kosmische Strahlung)

Im Zusammenhang mit dem Schutz vor kosmischer Strahlung ist gemäß den Vorgaben der Richtlinie 2013/59/Euratom (Erwägungsgrund 26) die Exposition des fliegenden Personals als geplante Expositionssituation zu behandeln. Zusätzlich zum Betrieb von Luftfahrzeugen wird von dieser Richtlinie nun auch der Betrieb von Raumfahrzeugen geregelt. Die Exposition von Einzelpersonen der Bevölkerung oder Arbeitskräften außer dem fliegenden oder raumfahrenden Personal durch kosmische Strahlung soll nicht im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes liegen (siehe § 1 Abs. 3 Z 2).

Zu § 87 (Verantwortlichkeit):

Die Verantwortlichkeit für den Strahlenschutz in der Luft- und Raumfahrt soll den in den jeweiligen Materiengesetzen definierten Betreibern übertragen werden.

Zu §§ 88 und 90 (Strahlenschutzmaßnahmen in der Luftfahrt; Verordnungsermächtigung):

Mit diesen Bestimmungen soll Art. 35 Abs. 3 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden. Im Wesentlichen sollen die derzeit gemäß der Strahlenschutzverordnung fliegendes Personal – FlP-StrSchV, BGBl. II Nr. 235/2006, geltenden Regelungen betreffend fliegendes Personal beibehalten werden: Jede Luftfahrzeugbetreiberin/jeder Luftfahrzeugbetreiber hat die zu erwartenden Dosen für sein fliegendes Personal abzuschätzen, wobei die Vorgangsweise im Verordnungsweg festgelegt werden soll. Das vorgesehene Verfahren erfordert nur geringen Aufwand. Nur falls für das fliegende Personal eine effektive Dosis von mehr als 1 Millisievert pro Jahr zu erwarten ist, sollen weitergehende Strahlenschutzmaßnahmen durchzuführen sein. Insbesondere soll dann die Dosis für das betroffene Personal laufend von einer gemäß § 130 ermächtigten Stelle zu ermitteln sein (dies erfolgt in der Regel mit Hilfe von Computerprogrammen). Details zur Dosisermittlung und zu den Verpflichtungen der Luftfahrzeugbetreiberinnen/Luftfahrzeugbetreiber sollen ebenfalls im Verordnungsweg festgelegt werden (§ 90).

Während beim fliegenden Personal im Linienflugbetrieb durchaus mit Jahresdosen von mehr als 1 Millisievert zu rechnen ist, sind Dosen von über 6 Millisievert pro Jahr unwahrscheinlich. In solchen Fällen soll gemäß § 88 Abs. 3 die zuständige Behörde mittels Bedingungen und Auflagen für einen ausreichenden Strahlenschutz sorgen.

Zu § 89 (Behördliche Überprüfung):

Das System der periodischen behördlichen Überprüfungen soll auch für den Strahlenschutz in der Luftfahrt zur Anwendung kommen.

Zu § 91 (Strahlenschutzmaßnahmen in der Raumfahrt):

In der Regel wird die effektive Dosis für raumfahrendes Personal mehr als 1 Millisievert pro Einsatz betragen. Daher sollen gemäß Richtlinie 2013/59/Euratom die relevanten für den Schutz von Arbeitskräften bei Tätigkeiten vorgesehenen Bestimmungen zur Anwendung kommen (also die relevanten Bestimmungen der §§ 67 bis 72). Vor allem sollen die verantwortlichen Betreiberinnen/Betreiber vorab eine Dosisabschätzung durchzuführen und der Behörde eine geeignete Dosisermittlung darzulegen haben.

3. Teil (Bestehende Expositionssituationen)

1. Hauptstück (Schutz vor Radon)

Der Schutz vor Radon, sowohl an Arbeitsplätzen als auch in Aufenthaltsräumen von Wohngebäuden, ist eine weitgehend neue Regelungsmaterie im Gemeinschaftsrecht. In der Richtlinie 96/29/Euratom finden sich diesbezüglich nur in einem Teilsegment („Arbeiten, bei denen die Arbeitnehmer und gegebenenfalls Einzelpersonen der Bevölkerung, Thoron- oder Radonfolgeprodukten […] ausgesetzt sind“, Art. 40 Abs. 2 Buchstabe a der Richtlinie) Festlegungen, die allerdings in Bezug auf Regulierungsmaßnahmen eher rudimentär ausgestaltet sind (siehe Art. 40 Abs. 3 und Art. 41 dieser Richtlinie). In Österreich wurde auf dieser Basis die NatStrV erlassen, die für bestimmte Kategorien von Arbeitsplätzen (§ 2 NatStrV) Radonschutzmaßnahmen vorschreibt (in der NatStrV als „Arbeitsbereiche“ bezeichnet – insbesondere Wasserversorgungsanlagen, Radon-Kuranstalten, Besucherbergwerke und -höhlen).

Die genannten Kategorien von Arbeitsplätzen sind auch vom Geltungsbereich der Richtlinie 2013/59/Euratom erfasst, wobei diese nun einer dezidierten behördlichen Regulierung zu unterwerfen sind. Dazu kommen allerdings gemäß Vorgabe der Richtlinie 2013/59/Euratom noch alle im Erdgeschoß oder in Kellergeschoßen befindlichen Arbeitsplätze in Gebieten mit erhöhter Radonexposition. Diese Gebiete sind von den Mitgliedstaaten zu erheben und festzulegen. Angemerkt wird, dass zu den Arbeitsplätzen auch solche in öffentlichen Gebäuden zählen, also zB in Amtsgebäuden, Schulen oder Kindergärten.

Die Richtlinie 2013/59/Euratom trägt mit den Bestimmungen zum Schutz vor Radon dem Umstand Rechnung, dass jüngste epidemiologische Untersuchungen in Wohngebäuden eine statistisch signifikante Zunahme des Lungenkrebsrisikos durch eine längere Radonexposition im Bereich von etwa 100 Bq/m³ nachgewiesen haben (Erwägungsgrund 22). Ähnliche Ergebnisse zeigen neue Berechnungen der ICRP, sodass die ICRP in ihrer Publikation 137 nun einen etwa doppelt so hohen Dosiskoeffizienten für Radon vorschlägt. Diesen neuen Erkenntnissen folgend empfehlen maßgebliche Organisationen wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die IAEO nun einen Referenzwert für Radon in Gebäuden von maximal 300 Bq/m³. Dieser Referenzwert wurde in die Richtlinie 2013/59/Euratom aufgenommen.

Österreich zählt in Europa zu den Ländern mit dem höchsten geogenen Radonpotenzial. Aufgrund besonderer geologischer Bedingungen gibt es in Österreich Gebiete, in denen eine beträchtliche Anzahl von Gebäuden Radonkonzentrationen über 300 Bq/m³ aufweist. In diesen Gebieten sind gemäß Richtlinie 2013/59/Euratom künftig Radonmessungen an allen Arbeitsplätzen im Keller- und Erdgeschoß erforderlich, um die Radonexposition der Arbeitskräfte zu ermitteln und erforderlichenfalls durch geeignete Maßnahmen gezielt senken zu können bzw. – wo dies nicht möglich ist – hinsichtlich der Einhaltung der Grenzwerte zu überwachen. Das bedeutet eine beachtliche Weiterentwicklung im Schutz vor Radon, da aufgrund bisheriger Messungen und Abschätzungen davon ausgegangen werden kann, dass radonexponierte Arbeitskräfte oftmals wesentlich höhere Dosen erhalten als strahlenexponierte Arbeitskräfte im Rahmen von Tätigkeiten (zB im medizinischen oder industriellen Bereich).

Der wesentliche sich aus der Richtlinie 2013/59/Euratom ergebende Handlungsbedarf kann wie folgt zusammengefasst werden:

–      Erstellung eines „Nationalen Radon-Maßnahmenplans“ als übergeordnete Grundlage zum Schutz vor Radon; darauf aufbauend sind für jene Themengebiete, für die dies notwendig ist, Detaildokumente (im Einklang mit der Richtlinie als Strategien bezeichnet) zu erarbeiten und umzusetzen (soll mit § 93 erfolgen);

–      Festlegung von Referenzwerten (soll im Verordnungsweg auf Basis von § 8 Abs. 1 Z 1 und 2 erfolgen);

–      Ermittlung von Radonschutzgebieten und Radonvorsorgegebieten (soll mit § 92 umgesetzt werden; die Gebietsfestlegung soll im Verordnungsweg auf Basis von § 92 Abs. 2 erfolgen);

–      Festlegung von Maßnahmen zur Reduktion des Radonrisikos an Arbeitsplätzen (soll mit den §§ 98 bis 101 sowie mit den §§ 84 bis 86 umgesetzt werden);

–      Information der Bevölkerung, von Behörden sowie von maßgeblichen Interessenträgerinnen/Interessenträgern in Bezug auf die Radonthematik (soll mit § 94 umgesetzt werden);

–      Maßnahmen zum baulichen Radonschutz (diese Umsetzung kann – von übergeordneten Festlegungen im Radon-Maßnahmenplan abgesehen – nicht im Rahmen dieses Bundesgesetzes erfolgen, da Baurecht in die Kompetenz der Bundesländer fällt).

Aufgrund des hohen geogenen Radonpotenzials in Österreich wird aus der Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie 2013/59/Euratom ein erheblicher Aufwand für Bundes- und Landesdienststellen sowie Unternehmen resultieren. Darüber hinaus wird eine verhältnismäßig große Anzahl von Unternehmen, unter anderem auch im öffentlichen Bereich, von messtechnischen Erhebungen und erforderlichenfalls der Durchführung von Radonschutzmaßnahmen betroffen sein. Aufgrund von in Österreich sowie in anderen mit Österreich vergleichbaren Staaten bereits durchgeführten Erhebungen ist allerdings davon auszugehen, dass – erforderlichenfalls nach Durchführung von in der Regel einfachen und kostengünstigen Radonschutzmaßnahmen – nur ein geringer Prozentsatz an Arbeitsplätzen Radonexpositionen über dem Referenzwert von 300 Bq/m³ aufweisen wird. Noch deutlich geringer sollte die Anzahl von Unternehmen sein, bei denen an Arbeitsplätzen effektive Dosen durch Radon von über 6 mSv pro Jahr auftreten und somit umfassende Radonschutzmaßnahmen iSd § 84 erforderlich wären.

Analog zur NatStrV soll die Erhebung der Radonexposition am Arbeitsplatz ausschließlich durch dafür gemäß § 131 Abs. 1 Z 1 und 2 ermächtigte Überwachungsstellen erfolgen.

1. Abschnitt (Allgemeine Bestimmungen)

In diesem Abschnitt sollen allgemeine Festlegungen zum Schutz vor Radon getroffen werden (österreichweite Erhebung von Radondaten, Erstellung des Radon-Maßnahmenplans, Radondatenbank, Einbeziehung von Fachinstitutionen), wobei ein Großteil davon bereits derzeit in § 38b StrSchG 1969 enthalten ist. Um volle Konformität mit der Richtlinie 2013/59/Euratom zu erreichen, sollen jedoch einige Anpassungen und Ergänzungen erfolgen.

Um die Anforderungen der Richtlinie 2013/59/Euratom zu erfüllen (insbesondere hinsichtlich der Festlegung der Gebiete gemäß Art. 103 Abs. 3), ist die schon vor längerer Zeit erstellte österreichische Radonpotenzialkarte zu überarbeiten und zu verbessern. Zu diesem Zweck wurden im Zeitraum 2013 bis 2019 österreichweit Messungen der Radonkonzentration in Innenräumen durchgeführt.

Zu § 92 (Erhebung der Radonkonzentration, Festlegung von Gebieten):

Die Erhebung von Radondaten (Abs. 1) ist bereits derzeit in § 38b Abs. 1 StrSchG 1969 geregelt. Auf dieser rechtlichen Grundlage wurden in Österreich etwa 20 000 Radonmessungen in Wohngebäuden durchgeführt. Auf Basis der dabei gewonnenen Ergebnisse wurde – unter Einbeziehung von Daten über Gebäudeeigenschaften und Nutzungsgewohnheiten der Bewohnerinnen/Bewohner – die österreichische Radonpotenzialkarte erstellt. Auf dieser Karte sind Gemeinden nach niedrigem, mittlerem und höherem Radonpotenzial klassifiziert. Entsprechend der Radonpotenzialklasse wurde die Art der erforderlichen Vorsorgemaßnahmen bei Neubauten festgelegt (siehe ÖNORM S 5280-2) bzw. wurden Empfehlungen für die Notwendigkeit von Radonmessungen bei Bestandsbauten abgeleitet.

Die bestehende Datenbasis war allerdings in vielen Regionen Österreichs aufgrund der verhältnismäßig geringen Anzahl an Radonmessungen und/oder der angewandten Messmethode nicht aussagekräftig genug, um den Forderungen der Richtlinie 2013/59/Euratom insbesondere im Hinblick auf die Festlegung von Gebieten, in denen eine Überschreitung des Referenzwertes in einer beträchtlichen Anzahl von Gebäuden zu erwarten ist (Art. 103 Abs. 3), mit genügender Sicherheit entsprechen zu können.

Im Auftrag des damaligen Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus hat die bei der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) situierte Radonfachstelle in Zusammenarbeit mit den Bundesländern in den Jahren 2013 bis 2019 rund 50.000 zusätzliche Radonmessungen in allen Bundesländern (außer Wien) durchgeführt, um eine aktuelle Darstellung des Radonpotenzials zu erhalten und auf dieser Basis die von der Richtlinie 2013/59/Euratom geforderte Gebietsfestlegung vornehmen zu können. Dieses sehr umfangreiche Projekt wurde im Sommer 2019 abgeschlossen. Basierend auf den Ergebnissen dieser Messkampagne sollen im Verordnungsweg Radonschutzgebiete bzw. Radonvorsorgegebiete festgelegt werden.

„Wesentliche Änderungen“ im Sinne des Abs. 3, die eine Evaluierung der Gebietsfestlegung erforderlich machen würden, sind beispielsweise neue Erkenntnisse betreffend die Methodik zur Gebietsfestlegung (zB neue geostatistische Methoden). Die Erweiterung der Datengrundlage aufgrund neu hinzugekommener Messergebnisse ist hingegen nicht als wesentliche Änderung anzusehen. Eine erweiterte Datengrundlage fließt in die alle zehn Jahre erforderliche Evaluierung ein.

Zu § 93 (Radon-Maßnahmenplan):

Die Umsetzung von Art. 103 Abs. 1 iVm dem Anhang XVIII der Richtlinie 2013/59/Euratom, der die Erstellung eines nationalen Maßnahmenplans zur Angabe der langfristigen Risiken durch Radonexpositionen fordert, erfolgte bereits anlässlich der Novelle BGBl. I Nr. 133/2015 zum derzeitigen Strahlenschutzgesetz (Anfügung des § 38b Abs. 6).

Ein Entwurf dieses Radon-Maßnahmenplans liegt bereits vor. Die Finalisierung ist nach erfolgter Festlegung der Radonschutz- und Radonvorsorgegebiete vorgesehen. Der Maßnahmenplan wird, bezogen auf die österreichische Situation sowie unter Berücksichtigung der Auflistung in Anhang XVIII der Richtlinie 2013/59/Euratom, eine Reihe von Einzelmaßnahmen enthalten, durch die eine Senkung der Radonexposition für Arbeitskräfte und für die Bevölkerung erreicht werden soll.

Zur Umsetzung der Maßnahmen sind gemäß Abs. 3 im Einklang mit Art. 101 und 102 der Richtlinie 2013/59/Euratom von den jeweils dafür Zuständigen, sofern erforderlich, Strategien zu entwickeln. Hinsichtlich baulicher Radonschutzmaßnahmen und der damit in Zusammenhang stehenden Informationstätigkeiten obliegt dies den Bundesländern, hinsichtlich aller übrigen Maßnahmen der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Als Beispiel sei hier die Entwicklung einer Kommunikationsstrategie zur Information aller relevanten Zielgruppen über das Thema Radon genannt, die eine ganz wesentliche Maßnahme im Radon-Maßnahmenplan darstellt.

„Wesentliche Änderungen“ im Sinne des Abs. 2, die eine Evaluierung des Radon-Maßnahmenplanes erforderlich machen würden, sind beispielsweise neue Erkenntnisse aus Kosten-Wirksamkeits-Analysen, neue Erkenntnisse zur Radonexposition an Arbeitsplätzen aufgrund der erhobenen Daten oder neue Erkenntnisse zum Gesundheitsrisiko durch Radon, etwa aufgrund einer Neubewertung des Radonrisikos.

Analog zum Maßnahmenplan sind auch die Strategien regelmäßig zu überprüfen und für den Fall, dass die Wirksamkeit nicht den Zielsetzungen entspricht, entsprechend anzupassen.

Zu § 94 (Information):

Mit § 94 soll Art. 74 Abs. 3 der Richtlinie 2013/59/Euratom auf Bundesebene umgesetzt werden, demzufolge „lokale und nationale Informationen über die Radonexposition in Innenräumen und die damit verbundenen Gesundheitsrisiken, über die Wichtigkeit der Durchführung von Radonmessungen und über die zur Verringerung vorhandener Radonkonzentrationen verfügbaren technischen Mittel“ bereitzustellen sind.

Da aktuell das Wissen in der Bevölkerung über das Gesundheitsrisiko durch Radon und generell die Sensibilisierung gegenüber der Radonthematik verhältnismäßig gering erscheint, ist es wichtig, die Informationen und Schulungen derart zu gestalten, dass ein Multiplikatorsystem entsteht, über das eine effiziente Wissensweitergabe ermöglicht wird.

Daher ist bundesseitig ein aus zwei Säulen bestehendes System der Radoninformation vorgesehen:

–      Bereitstellung umfassender Informationen zur Radonthematik auf der Homepage des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, um weite Kreise der Bevölkerung zu erreichen (dazu wurde bereits vor einigen Jahren die URL radon.gv.at eingerichtet) sowie

–      Schulungen für Zielgruppen mit einer Multiplikatorfunktion, insbesondere sind dies Behördenvertreterinnen/Behördenvertreter sowie in den Schutz vor Radon involvierte Interessenträgerinnen/Interessenträger (zB Interessenvertretungen, Umweltmedizinerinnen/Umweltmediziner, Lungenfachärztinnen/Lungenfachärzte, der Zivilschutzverband, Umweltorganisationen, Innungen und Berufsverbände); solche Schulungen werden bereits jetzt in geringem Umfang von einschlägigen Fachinstitutionen im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie angeboten und sollen künftig deutlich verstärkt angeboten werden.

Ziel dieses Systems ist es, die Bürgerinnen/Bürger rasch und unbürokratisch über Radon zu informieren, und zwar sowohl auf nationaler Ebene über die Ministeriumsinformationen als auch auf eher lokaler Ebene über die Behörden und die oben genannten Interessenträgerinnen/Interessenträger.

Mittelfristig sollen auch Anstrengungen unternommen werden, die Radonthematik verstärkt in die schulische Ausbildung zu integrieren.

Zu § 95 (Radondatenbank):

Die Sammlung von Daten in einer Radondatenbank soll insbesondere zwei Zwecken dienen:

–      Zentrale Erfassung der Ergebnisse der Radonmessungen in Wohngebäuden sowie der Werte jener Parameter, die neben den Radonwerten für die Festlegung der Radonschutz- und Radonvorsorgegebiete benötigt werden; diese kontinuierlich wachsende Datenbasis soll dann für die regelmäßige Evaluierung sowie eine allfällige Anpassung der Gebietsfestlegungen herangezogen werden.

–      Zentrale Erfassung der Ergebnisse der Radonmessungen sowie der Maximalwerte der Dosisabschätzungen an Arbeitsplätzen in Radonschutzgebieten. Diese Daten werden nach der Übermittlung durch die ermächtigte Überwachungsstelle ohne Prüfung auf Vollständigkeit und Richtigkeit den zuständigen Behörden zur Verfügung gestellt. Dadurch soll die zuständige Behörde einfach kontrollieren können, ob die gemäß § 99 verantwortlichen Personen ihren Verpflichtungen nachgekommen sind.

Die gesammelten Daten sollen überdies für eine periodische Evaluierung der Radonexposition in Österreich und der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen (siehe auch § 93 Abs. 2) herangezogen werden.

Zu § 96 (Einbeziehung von Fachinstitutionen):

In Umsetzung der Richtlinie 2013/59/Euratom hat die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hinsichtlich des Schutzes vor Radon viele zum Teil neue Aufgaben zu erfüllen (Erhebung von Radondaten; Führen einer zentralen Radondatenbank; Festlegung von Radonschutz- und Radonvorsorgegebieten; Erstellung und regelmäßige Aktualisierung des Radon-Maßnahmenplanes sowie der Umsetzungsstrategien, die in ihren Kompetenzbereich fallen; Information über Radon etc.).

Die Bewältigung dieser Aufgaben erfordert großes fachliches Knowhow, weshalb auf Grundlage des § 38b Abs. 4 StrSchG 1969 bereits im Jahr 2006 vom damaligen Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft bei der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) die Fachstelle für Radon eingerichtet wurde. Die Radonfachstelle unterstützt seitdem die/den für den Radonschutz zuständige Bundesministerin/zuständigen Bundesminister bei der Erfüllung der genannten Aufgaben und koordiniert in deren/dessen Auftrag unter anderem die bundesweiten Mess- und Informationstätigkeiten auf dem Radonsektor. Daneben wurden in der Vergangenheit für Spezialaufgaben auch andere Institutionen, etwa aus dem universitären Bereich, herangezogen.

Die Einrichtung der Fachstelle für Radon bei der AGES hat sich sehr bewährt. Österreich zählt heute zu jenen Mitgliedstaaten, die in fachlicher Hinsicht führend im Radonbereich sind. Die Inhalte des § 38b Abs. 4 StrSchG 1969 sollen daher, angepasst an den aktuellen Status, in dieses Bundesgesetz aufgenommen werden.

Zu § 97 (Verordnungsermächtigung):

Um standardisierte und dem Stand der Technik entsprechende Radonmessungen, Dosisabschätzungen und Dosisermittlungen sicherzustellen, sollen im Verordnungsweg entsprechende Vorgaben wie beispielsweise erforderliche Messzeiten, geeignete Messsysteme und Messorte, festgelegt werden.

Weiters sollen im Verordnungsweg die Aufgaben und Verpflichtungen der Überwachungsstellen geregelt werden (Interaktion mit dem Unternehmen sowie mit der zuständigen Behörde, Datenweiterleitung an die Radondatenbank sowie an das Zentrale Dosisregister etc.).

Auch die an die Radondatenbank zu übermittelnden Daten sollen im Verordnungsweg geregelt werden. Wie in den Erläuterungen zu § 95 dargelegt, benötigen die zuständigen Behörden Informationen aus der Datenbank über Radonerhebungen an Arbeitsplätzen, um ihren behördlichen Pflichten nachkommen zu können.

2. Abschnitt (Schutz vor Radon am Arbeitsplatz)

In diesem Abschnitt sollen die Arbeitsplätze festgelegt werden, an denen Radonerhebungen und erforderlichenfalls Maßnahmen zum Schutz vor Radon durchzuführen sind, sowie Verpflichtungen der für diese Arbeitsplätze verantwortlichen Personen. Sofern trotz Optimierungsmaßnahmen am Arbeitsplatz effektive Dosen über 6 Millisievert pro Jahr auftreten können, sollen zusätzlich noch die Bestimmungen des § 84 sowie die gemäß § 86 im Verordnungsweg festgelegten Bestimmungen anzuwenden sein (siehe dortige Erläuterungen).

Zu § 98 (Betroffene Arbeitsplätze):

Gemäß Art. 54 Abs. 2 der Richtlinie 2013/59/Euratom ist an Arbeitsplätzen, an denen erhöhte Radonkonzentrationen auftreten können, eine Radonmessung durchzuführen. Im Fall der Überschreitung des Referenzwertes sind Radonschutzmaßnahmen erforderlich.

Gemäß Richtlinie 2013/59/Euratom sollen die in Abs. 1 Z 1 bis 5 angeführten Arbeitsplätze betroffen sein. Zu den in Z 2 genannten untertägigen Arbeitsbereichen in Bergwerken, Schächten, Stollen, Tunneln und Höhlen sowie den in Z 3 genannten Schaubergwerken und -höhlen zählen auch Gebäude mit Verbindung zum untertägigen Bereich bzw. zum Schaubergwerk oder zur Schauhöhle. Zwecks Abgrenzung der Schaubergwerke und -höhlen von den in Z 2 genannten Arbeitsbereichen sei klargestellt, dass Schaubergwerke und -höhlen dem Zweck der Besichtigung durch Besucher dienen; die dem Schutz vor Radon unterliegenden Arbeitsplätze sind hier in der Regel jene des Personals, das die Führungen vornimmt.

Bei entsprechend langen Aufenthaltszeiten sind auch Aufenthalts- und Bereitschaftsräume als Arbeitsplätze anzusehen.

Die in der NatStrV „Arbeitsbereiche“ genannten Kategorien von Arbeitsplätzen entsprechen den Arten von Arbeitsplätzen gemäß Art. 54 Abs. 2 Buchstabe b der Richtlinie 2013/59/Euratom und sollen weitgehend unverändert bleiben. Wie bereits in den Erläuterungen zum 3. Teil, 1. Hauptstück, dargelegt, bestehen für diese Kategorien von Arbeitsplätzen bereits Regelungen zum Schutz vor Radon in der NatStrV.

Dazu sollen entsprechend den Vorgaben des Art. 54 Abs. 2 Buchstabe a der Richtlinie 2013/59/Euratom noch alle Arbeitsplätze in Radonschutzgebieten kommen, wenn sich der Arbeitsplatz im Erdgeschoß oder in Kellergeschoßen befindet.

Gemäß Abs. 2 sollen Arbeitsplätze unter bestimmten Voraussetzungen, welche im Verordnungsweg auf Basis der Ermächtigung in § 101 Z 1 festgelegt werden, von den Bestimmungen gemäß § 100 zur Erhebung der Radonexposition ausgenommen werden. Solche Ausnahmevoraussetzungen könnten beispielsweise die Ausführung der erdberührten Bauteile gegen drückendes Wasser oder die Ausstattung mit einer kontrollierten mechanischen Raumbelüftung sein.

Bei den gemäß § 98 Abs. 1 Z 1 bis 4 festgelegten Kategorien von Arbeitsplätzen mit potenziell erhöhten Radonexpositionen sollen – wie auch schon bisher – maximale Aufenthaltszeiten berücksichtigt werden. Bei Wasserversorgungsanlagen ist auch die Berücksichtigung der pro Tag abgegebenen Wassermenge angedacht.

Gemäß Abs. 3 sollen erforderlichenfalls auch auf Arbeitsplätzen, die nicht in Abs. 1 genannt sind, die Bestimmungen gemäß den §§ 99 und 100 sowie die gemäß § 101 im Verordnungsweg festgelegten Bestimmungen anzuwenden sein. Die zuständige Behörde soll dies von Amts wegen mit Bescheid festzustellen haben. Ein Erfordernis zur Erhebung der Radonexposition am Arbeitsplatz sowie zur Durchführung allfälliger Optimierungsmaßnahmen wird insbesondere dann bestehen, wenn aufgrund von besonderen Gegebenheiten das Überschreiten einer effektiven Dosis von 6 Millisievert pro Jahr nicht ausgeschlossen werden kann. Hier wären beispielsweise untertägige Arbeitsplätze mit direktem Felskontakt und Naturboden (zB Katakomben, Bunker, Weinkeller) zu nennen.

Zu § 99 (Verantwortlichkeit):

Mit Abs. 1 soll Art. 31 Abs. 3 Buchstabe c der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden. Die verantwortliche Person wird in der Regel die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber im Unternehmen sein.

Gemäß Abs. 2 soll die Verantwortung auch berufliche Betätigungen Dritter am Arbeitsplatz einschließen, die zu einer erhöhten Radonexposition dieser Personen führen könnten, wie beispielsweise Wartungs- und Installationsarbeiten in Wasserversorgungsanlagen.

Gemäß Abs. 3 soll iVm § 98 Abs. 2 Z 2 der Bundesministerin für Landesverteidigung die Verantwortung für die Durchführung von Radonschutzmaßnahmen an Arbeitsplätzen, deren Geheimhaltung im Interesse der militärischen Landesverteidigung geboten ist, zukommen.

Durch diesen Paragraphen soll festgelegt werden, wer (gegenüber der Behörde) für den Schutz vor Radon am Arbeitsplatz verantwortlich ist. Diese Verantwortung kann nicht übertragen werden. Die verantwortliche Person kann jedoch für Aufgaben, die ihr gemäß den Bestimmungen des StrSchG 2020 und der darauf gegründeten Radonschutzverordnung obliegen, Dritte heranziehen. Diese Vorgangsweise ist in zahlreichen Bereichen des Strahlenschutzes tägliche Praxis und könnte auch beim Schutz vor Radon zu effizienterer Abwicklung führen. Z.B. könnte eine größere Zahl an Unternehmen mit ähnlichen Unternehmensinhalten eine/einen Dritten beauftragen, die/der dann gewisse Aufgaben übernimmt.

Solche Aufgaben, die an Dritte übertragen werden könnten, wären beispielsweise:

–      die Veranlassung der Erhebung der Radonexposition am Arbeitsplatz sowie erforderlichenfalls die Durchführung bzw. Veranslassung von Optimierungsmaßnahmen (§ 100 Abs. 1 und 2);

–      die Erstattung der Meldung an die zuständige Behörde gemäß § 100 Abs. 4;

–      die Veranlassung allfälliger neuerlicher Erhebungen sowie die Erfüllung der diesbezüglichen Meldepflichten (Verordnungsermächtigung gemäß § 101 Z 4);

–      die Information der Arbeitskräfte gemäß § 100 Abs. 5.

Es sei darauf hingewiesen, dass die/der herangezogene Dritte gegebenenfalls gegenüber der zuständigen Behörde und der ermächtigten Überwachungsstelle den Nachweis zu erbringen hat, dass sie/er im Auftrag der verantwortlichen Person handelt. Für solche Fälle sowie zur Klarstellung der Befugnisse, wäre eine vertragliche Vereinbarung zwischen der verantwortlichen Person und der/dem herangezogenen Dritten vorteilhaft.

Zu § 100 (Erhebung der Radonexposition am Arbeitsplatz, Optimierungsmaßnahmen):

Für eine Erstbeurteilung der Radonsituation am Arbeitsplatz soll durch eine dafür ermächtigte Überwachungsstelle (§ 131 Abs. 1 Z 1 bzw. 2) eine Ermittlung der Radonkonzentration durchzuführen sein (Abs. 1). Die Ermittlung der Radonkonzentration ist kostengünstig und für die Auftraggeberin/den Auftraggeber nur mit geringem Aufwand verbunden. In der Regel werden dazu passive Radondetektoren über einen längeren Zeitraum (mindestens zwei Monate) in den Räumlichkeiten, in denen sich Arbeitsplätze befinden, aufgestellt und danach von der Überwachungsstelle ausgewertet. Die ermittelte Radonkonzentration soll an die Auftraggeberin/den Auftraggeber und die Radondatenbank (§ 95) übermittelt werden (diese Verpflichtung soll basierend auf § 97 Z 2 im Verordnungsweg festgelegt werden). Die entsprechenden Daten sollen gemäß § 95 Abs. 3 den zuständigen Behörden zur Verfügung gestellt werden, womit diese Kenntnis über die Durchführung der Radonmessungen und deren Ergebnis erlangen. Ergibt die Ermittlung, dass an allen Arbeitsplätzen eines Unternehmens der Referenzwert für die Radonkonzentration (vorgesehen sind 300 Bq/m³) eingehalten wird, soll die für den Arbeitsplatz verantwortliche Person keine weiteren Veranlassungen zu treffen haben. Lediglich im Fall von baulichen oder betrieblichen Änderungen, die zu einer Erhöhung der Radonexposition führen können, soll eine neuerliche Erhebung der Radonexposition erforderlich sein (Kriterien dafür sollen im Verordnungsweg basierend auf § 101 Z 4 festgelegt werden).

Ergibt die Ermittlung der Radonkonzentration am Arbeitsplatz, dass der Referenzwert überschritten wird, sollen Maßnahmen zur Verringerung der Radonkonzentration (Optimierungsmaßnahmen) zu treffen sein (Abs. 2 Z 1). In den meisten Fällen sind bauliche Optimierungsmaßnahmen, wie beispielsweise der Einbau eines sogenannten Radonbrunnens oder einer mechanischen Belüftung, einfach und kostengünstig und können von spezialisierten Firmen oder auch von der verantwortlichen Person selbst durchgeführt werden. Anschließend soll eine Überprüfung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen durch eine ermächtigte Überwachungsstelle erfolgen (Abs. 2 Z 2). Wenn die Optimierungsmaßnahmen erfolgreich waren und der Referenzwert nun nicht mehr überschritten wird, soll die verantwortliche Person nichts weiter zu veranlassen haben.

Überschreitet die Radonkonzentration trotz Optimierungsmaßnahmen den Referenzwert weiterhin, soll die verantwortliche Person eine Abschätzung der Dosis für die am Arbeitsplatz tätigen Arbeitskräfte durch eine ermächtigte Überwachungsstelle (§ 131 Abs. 1 Z 3) zu veranlassen haben (Abs. 2 Z 3). Diese Abschätzung erfolgt in der Regel rechnerisch unter Berücksichtigung der Radonkonzentration und der Aufenthaltszeiten.

Gemäß Art. 54 Abs. 3 der Richtlinie 2013/59/Euratom besteht für alle Arbeitsplätze, an denen der Referenzwert überschritten wird, eine Meldepflicht. Gemäß Abs. 4 soll eine derartige Meldung innerhalb von vier Wochen nach Erhalt der Dosisabschätzung erfolgen. Die Unterlagen, die einer solchen Meldung beizulegen sind, sollen im Verordnungsweg festgelegt werden (§ 101 Z 2), hier handelt es sich beispielsweise um die ermittelte Radonkonzentration, die Ergebnisse der Dosisabschätzung sowie die durchgeführten Optimierungsmaßnahmen.

Wird zwar der Referenzwert der Radonkonzentration, aber bei keiner Arbeitskraft eine effektive Dosis von 6 Millisievert pro Jahr überschritten, soll die verantwortliche Person die betroffenen Arbeitskräfte zu informieren und Aufzeichnungen darüber zu führen haben (Abs. 5). Die Arbeitskräfte sind jedenfalls über die Ergebnisse der Erhebungen zur Radonexposition sowie über allfällige Radonschutzmaßnahmen und Verhaltensregeln zur Reduktion der Radonexposition zu informieren. Dafür können das vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zur Verfügung gestellte Informationsmaterial (siehe Erläuterungen zu § 94) sowie allfällige Informationen der Überwachungsstellen verwendet werden. Ziel dieser Information ist es, das Bewusstsein für das Radonrisiko bei den Betroffenen zu schärfen.

Überschreitet die effektive Dosis bei einer oder mehreren Arbeitskräften 6 Millisievert pro Jahr, soll diese Situation (gemäß Art. 35 Abs. 2 der Richtlinie 2013/59/Euratom) wie eine geplante Expositionssituation zu behandeln sein. In solchen Fällen sollen weitere Radonschutzmaßnahmen gemäß den Bestimmungen des § 84 sowie den gemäß § 86 im Verordnungsweg festgelegten Bestimmungen zu ergreifen sein.

Gemäß dem im Strahlenschutz etablierten „ALARA-Prinzip“ sind Optimierungsmaßnahmen soweit durchzuführen, wie sie unter Berücksichtigung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Faktoren vernünftig sind. Kommt die zuständige Behörde zum Ergebnis, dass die durchgeführten Radonschutzmaßnahmen dem Grundsatz der Optimierung nicht ausreichend Rechnung tragen, soll sie dieses Ergebnis gegenüber der verantwortlichen Person von Amts wegen mit Bescheid feststellen (Abs. 7). In einem solchen Fall hat die verantwortliche Person den Verpflichtungen gemäß Abs. 2 und gegebenenfalls Abs. 4 (zu nennen wäre hier die Durchführung weiterer Optimierungsmaßnahmen und gegebenenfalls eine erneute Meldung an die Behörde) erneut nachzukommen.

Analog zu Tätigkeiten (siehe § 22) soll auch die Beendigung einer Betätigung (zB infolge einer Firmenschließung) vom meldepflichtigen Unternehmen der Behörde schriftlich zu melden sein (Abs. 9). Damit weiß die Behörde, dass von diesem Unternehmen keine weiteren Meldungen zu erwarten sind.

Auf die Ausführungen hinsichtlich der Verantwortlichkeit (Erläuterungen zu § 99) sei verwiesen.

Zu § 101 (Verordnungsermächtigung):

Die Verordnungsermächtigung soll Grundlage für die Festlegung weiterer Bestimmungen zum Schutz vor Radon am Arbeitsplatz im Verordnungsweg sein.

2. Hauptstück (Spätphase nach einem radiologischen Notfall)

Die Spätphase nach einem radiologischen Notfall ist als bestehende Expositionssituation gemäß Richtlinie 2013/59/Euratom anzusehen, da sie keine Sofortmaßnahmen mehr erfordert.

Mit den Bestimmungen dieses Hauptstückes sollen die behördliche Vorsorge und Reaktion in der Spätphase nach einem radiologischen Notfall festgelegt und Art. 71 und 73 der Richtlinie 2013/59/Euratom für den genannten Bereich sowie die Art. 100 bis 102 der Richtlinie, die in allgemeiner Form Vorgaben an Programme und Strategien für bestehende Expositionssituationen geben, umgesetzt werden. Für die Exposition von Personen in der Spätphase sollen die gemäß § 8 Abs. 1 Z 4 im Verordnungsweg festgelegten Referenzwerte gelten.

Von ihrem Inhalt her sind die Bestimmungen weitgehend bereits im derzeitigen Strahlenschutzrecht, insbesondere in der IntV (dortiger 3. Teil 2. Abschnitt), enthalten. Der Struktur dieses Bundesgesetzes folgend sollen einige Bestimmungen künftig auf gesetzlicher Ebene verankert werden.

Zu § 102 (Maßnahmenkatalog):

Zur Umsetzung von Art. 73 Abs. 1 der Richtlinie 2013/59/Euratom betreffend kontaminierte Gebiete, insbesondere im Hinblick auf die Forderung nach einer optimierten Schutzstrategie, soll unter Einbeziehung von Interessenträgerinnen und Interessenträgern ein Maßnahmenkatalog ausgearbeitet und bei Bedarf aktualisiert werden. Dieser Maßnahmenkatalog soll die Grundlage für die Festlegung von Schutz- und Sanierungsmaßnahmen in der Spätphase bilden. Nähere Festlegungen dazu sollen gemäß § 105 Z 1 im Verordnungsweg getroffen werden.

Diese Forderung der Richtlinie ist in Österreich, basierend auf den bestehenden strahlenschutzrechtlichen Bestimmungen, bereits seit vielen Jahren erfüllt. Ein Maßnahmenkatalog sowohl mit Schutzmaßnahmen in Notfallexpositionssituationen als auch Schutz- und Sanierungsmaßnahmen in der Spätphase nach einem radiologischen Notfall liegt als Teil des behördlichen Notfallmanagements vor und ist auch für die Bevölkerung auf der Homepage des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie einsehbar.

Zu § 103 (Zuständigkeiten und Ablauf in der Spätphase):

Die Bestimmungen für die Spätphase sollen weitgehend analog jenen für Notfallexpositionssituationen (§ 123) sein.

Mit Abs. 1, 2 und 4 sollen die behördlichen Zuständigkeiten und der Ablauf in der Spätphase geregelt werden. Wie in einer Notfallexpositionssituation stehen auch in der Spätphase die Lagebewertung, die Festlegung von allfälligen Schutz- und Sanierungsmaßnahmen und die Umsetzung von behördlichen Anordnungen oder Empfehlungen an die betroffene Bevölkerung im Mittelpunkt.

Die Meldepflicht der Landeshauptleute gemäß Abs. 5 soll – wie auch § 123 Abs. 7 für Notfallexpositionssituationen – dazu dienen, dass der Bund seinen internationalen (IAEO, Europäische Kommission) sowie bilateralen Informationspflichten nachkommen kann.

Mit Abs. 6 sollen Art. 71 und Anhang XII Abschnitt B der Richtlinie 2013/59/Euratom für die Spätphase nach einem radiologischen Notfall umgesetzt werden.

Wie in Notfallexpositionssituationen soll auch in der Spätphase eine Delegation von Behördenaufgaben von den Landeshauptleuten an die Bezirksverwaltungsbehörden wie auch ein An-Sich-Ziehen durch den Bund möglich sein (Abs. 7).

Mit Abs. 8 soll die Umsetzung einzelner Schutz- und Sanierungsmaßnahmen durch Verordnungen der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sichergestellt werden. Unberührt davon bleibt die Umsetzung von Schutzmaßnahmen, die dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006, unterliegen, da hier die Zuständigkeit des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gegeben ist.

Zu § 104 (Gebiete mit lang anhaltender Restkontamination):

Mit diesen Bestimmungen soll iVm den gemäß § 105 Z 2 im Verordnungsweg zu treffenden näheren Festlegungen Art. 73 Abs. 2 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Bei Gebieten mit lang anhaltender Restkontamination handelt es sich vor allem um Gebiete, aus denen die Bevölkerung nach einem radiologischen Notfall abgesiedelt werden musste. Soll ein solches „Sperrgebiet“ längerfristig wieder für Bewohnerinnen/Bewohner sowie für gesellschaftliche und wirtschaftliche Tätigkeiten freigegeben werden, sind gemäß Richtlinie 2013/59/Euratom entsprechende Vorkehrungen für die Begrenzung der Exposition der Bevölkerung in diesem Gebiet festzulegen. Solche Vorkehrungen sollen basierend auf § 105 Z 2 im Verordnungsweg konkretisiert werden, um alle Detailanforderungen der Richtlinie 2013/59/Euratom umzusetzen.

Für Österreich ist die Einrichtung von Sperrgebieten selbst nach schweren Unfällen in grenznahen KKW sehr wahrscheinlich nicht erforderlich, kann aber – wie der KKW-Unfall von Fukushima gezeigt hat – nicht gänzlich ausgeschlossen werden. (Anm.: In Japan wurden Sperrgebiete bis zu einer Distanz von 40 bis 50 km vom KKW Fukushima eingerichtet, aus denen die Bevölkerung zumindest temporär abgesiedelt wurde.)

Zu § 105 (Verordnungsermächtigung):

Die Verordnungsermächtigung soll Grundlage für die Festlegung weiterer Bestimmungen zum Maßnahmenkatalog gemäß § 102 und zu den Maßnahmen gemäß § 104 im Verordnungsweg sein.

3. Hauptstück (Kontaminierte Waren, radioaktive Altlasten)

Aufgrund der bisherigen Erfahrung sind für Österreich sowohl die Einfuhr von radioaktiv kontaminierten Waren als auch das Auffinden von radioaktiven Altlasten zwar seltene, aber doch zu erwartende Ereignisse. Beispiele aus den letzten Jahren dafür sind der Import von radioaktiv kontaminierten Stahlerzeugnissen aus asiatischen Staaten bzw. eine Reihe von Kontaminationen auf Liegenschaften, die auf den Umgang mit Radium und Thorium zu Beginn des 20. Jahrhunderts zurückzuführen sind. Kontaminierte Waren und radioaktive Altlasten sind gemäß Richtlinie 2013/59/Euratom als bestehende Expositionssituation anzusehen.

Zu § 106 (Maßnahmenkatalog):

Art. 101 Abs. 1 der Richtlinie 2013/59/Euratom gibt vor, dass Strategien für einen angemessenen Umgang mit bestehenden Expositionssituationen festzulegen sind. Zu diesem Zweck soll – analog zu den Notfallexpositionssituationen (§ 118 Abs. 1 Z 4) und zur Spätphase nach einem radiologischen Notfall (§ 102) – ein Maßnahmenkatalog zu erstellen sein, der die geforderten optimierten Schutzstrategien samt Schutz- und Sanierungsmaßnahmen enthält. Nähere Bestimmungen zu den Inhalten des Maßnahmenkataloges sollen gemäß Abs. 2 im Verordnungsweg festgelegt werden.

Zu § 107 (Verantwortlichkeit):

Mit Abs. 1 soll die Verantwortung für bestehende Expositionssituationen gemäß diesem Hauptstück zugewiesen werden. Im Fall von radioaktiven Altlasten soll die Kenntnis von der Existenz der Altlast jedenfalls die Verantwortung und damit die Verpflichtung, für die Kosten von Schutz- und Sanierungsmaßnahmen aufzukommen (§ 108 Abs. 6), implizieren. Auch Erwerberinnen/Erwerber von Liegenschaften sollen bei fahrlässiger Unkenntnis einer radioaktiven Altlast für diese verantwortlich sein, das heißt, wenn bei Anwendung zumutbarer Sorgfalt (Einsichtnahme in den Grundbuchsbestand etc.) die Kenntnis über eine Altlast hätte erlangt werden können.

Abs. 2 soll die Verantwortlichen verpflichten, bestehende Expositionssituationen unverzüglich zu melden.

Zu § 108 (Behördliches Verfahren):

Mit Abs. 1 bis 3 sollen die Art. 100 bis 102 der Richtlinie 2013/59/Euratom betreffend die Festlegung von Programmen und Strategien für bestehende Expositionssituationen aufgrund von radioaktiven Altlasten oder kontaminierten Waren umgesetzt werden. Die Vorgangsweise der zuständigen Behörde soll festgelegt werden, wobei der Maßnahmenkatalog gemäß § 106 als Grundlage für ihre Entscheidungen dienen soll. Sind für eine konkrete Situation keine passenden Strategien verfügbar, soll die zuständige Behörde anlassbezogen über Schutz- und Sanierungsmaßnahmen zu entscheiden haben. Möglich ist auch, dass eine bestehende Expositionssituation gar keine Schutz- und Sanierungsmaßnahmen erfordert.

Der Schlusssatz des Abs. 1 soll bei länger zurückliegenden Ereignissen die behördliche Informationsverpflichtung gegenüber betroffenen Personen auf ein für die zuständige Behörde zumutbares Ausmaß einschränken. Vor allem bei radioaktiven Altlasten könnte sonst nämlich ein unverhältnismäßiger Aufwand für Behörden entstehen.

Gemäß Abs. 4 sollen Liegenschaftseigentümerinnen/Liegenschaftseigentümer und Verfügungsberechtigte erforderliche Maßnahmen wie beispielsweise Grabungen auf ihrem Grund zu dulden haben, etwa damit Untersuchungen zur Art und Ausdehnung von radioaktiven Altlasten vorgenommen werden können. Da es sich um Maßnahmen im öffentlichen Interesse handelt, wird diese Duldungspflicht als sachlich gerechtfertigt und angemessen angesehen.

Mit Abs. 5 soll die entsprechende Verpflichtung aus Art. 100 Abs. 3 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden. Diese Bestimmung wird absehbar nur äußerst selten zur Anwendung kommen, da es zum einen bei radioaktiven Altlasten in der Regel keine rechtlich Verantwortlichen iSd § 107 gibt und zum anderen sowohl bei kontaminierten Waren als auch bei radioaktiven Altlasten üblicherweise keine Maßnahmen zum Schutz von Arbeitskräften erforderlich sind.

Gemäß Abs. 6 sollen die Kosten für alle durchgeführten Maßnahmen von den rechtlich Verantwortlichen zu tragen sein. Kann keine rechtliche Verantwortung festgestellt werden, sind die angefallenen Kosten vom Bund zu tragen, da es im Interesse der Öffentlichkeit liegt, kontaminierte Waren und radioaktive Altlasten aufzufinden, zu sichern und zu entsorgen.

Mit Abs. 7 sollen die Bestimmungen des § 124 betreffend das An-sich-Ziehen der Zuständigkeit auch für den Bereich der radioaktiven Altlasten übernommen werden. In der Regel wird es allerdings zweckmäßiger sein, wenn die Landeshauptfrau/der Landeshauptmann – nicht zuletzt aufgrund der örtlichen Nähe – das behördliche Verfahren zur Sicherung und Entsorgung der Altlast durchführt.

Mit Abs. 8 soll eine Regelung für den Fall geschaffen werden, dass trotz Sanierungsmaßnahmen weiterhin Restkontaminationen bestehen bleiben und Maßnahmen zur ständigen Begrenzung der Exposition notwendig sind. Die Behörde soll in solchen Fällen die notwendigen Maßnahmen – beispielsweise Zutrittsregelungen oder ein Überwachungsprogramm – mit Bescheid vorzuschreiben haben.

4. Teil (Notfallexpositionssituationen)

Im 4. Teil sollen jene Festlegungen getroffen werden, die erforderlich sind, um in Notfallexpositionssituationen behördenseitig adäquat reagieren zu können. Gemeinsam mit den Verpflichtungen, die den Bewilligungsinhaberinnen/Bewilligungsinhabern bei radiologischen Notfällen zukommen (siehe die §§ 56 bis 60), sollen die Festlegungen die rechtliche Basis für ein leistungsfähiges radiologisches Notfallmanagement in Österreich bilden.

Die Bestimmungen sind inhaltlich weitgehend bereits im derzeitigen Strahlenschutzrecht (§§ 36b, 37 und 38 StrSchG 1969 sowie IntV) enthalten. Da insbesondere die Festlegungen im derzeitigen Strahlenschutzrecht jedoch aufgrund teilweise unklarer Formulierungen immer wieder die Notwendigkeit zu Klarstellungen ergeben haben, sollen diese künftig klarer gefasst werden. Außerdem sollen, der Struktur dieses Bundesgesetzes folgend, alle wesentlichen Bestimmungen in Bezug auf Notfallexpositionssituationen künftig auf gesetzlicher Ebene verankert werden.

1. Hauptstück (Allgemeine Bestimmungen)

1. Abschnitt (Notfallmanagementsystem, Information der Öffentlichkeit, internationale Zusammenarbeit)

Mit den Bestimmungen dieses Abschnittes sollen die Art. 70, 71, 97 und 99 sowie die zugehörigen Anhänge der Richtlinie 2013/59/Euratom in Bezug auf die behördlichen Aufgaben in Notfallexpositionssituationen umgesetzt werden.

Zu § 109 (Notfallmanagementsystem):

Mit Abs. 1 bis 3 sollen die Forderungen von Art. 97 und Anhang XI Abschnitt A der Richtlinie 2013/59/Euratom betreffend die Einrichtung und Aufrechterhaltung eines Notfallmanagementsystems umgesetzt werden.

In diesem Notfallmanagementsystem sind alle in Österreich möglichen Notfallexpositionssituationen sowie Qualitätsanforderungen gemäß internationalen Standards zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung solcher Qualitätsanforderungen und deren regelmäßige Überprüfung sind Forderungen der IAEO, die in der Veröffentlichung „Preparedness and Response for a Nuclear or Radiological Emergency, General Safety Requirements No. GSR Part 7, Vienna 2015“ enthalten sind. Die wichtigsten Eckpunkte dieser internationalen Qualitätsanforderungen sollen in diesem Bundesgesetz verankert werden (insbesondere in den §§ 109, 118, 119 und 123).

Eine weitere Anforderung an ein Notfallmanagementsystem ist die Erstellung von Notfallplänen. Diese dienen dem Schutzziel, sowohl schwere deterministische Strahlenwirkungen zu verhindern als auch das Risiko von stochastischen Strahlenwirkungen zu verringern. Dabei sollen die allgemeinen Grundsätze des Strahlenschutzes und die gemäß § 8 Abs. 1 Z 6 bis 9 im Verordnungsweg festgelegten Referenzwerte zu berücksichtigen sein.

Mit Abs. 4 sollen regelmäßige Überprüfungen des Notfallmanagementsystems, einschließlich internationaler Peer Reviews, festgelegt werden.

Zu § 110 (Information der Öffentlichkeit):

Mit dieser Bestimmung sollen Art. 70 und 71 sowie Anhang XII der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Die Information der von einem Notfall wahrscheinlich betroffenen Einzelpersonen der Bevölkerung zur Vorbereitung auf Notfallexpositionssituationen soll in angemessener Art und Weise erfolgen. Diese Informationen haben laut Richtlinie 2013/59/Euratom unter anderem die Grundbegriffe der Radioaktivität und deren Auswirkungen auf Mensch und Umwelt bis hin zu vorgesehenen Notfallmaßnahmen und Verhaltensregeln für die Bevölkerung bei einem Notfall zu umfassen. Solche Informationen werden von den zuständigen Ministerien und auch vonseiten der Bundesländer der Öffentlichkeit bereits seit vielen Jahren, insbesondere in Form von Broschüren, Foldern und detaillierten Mitteilungen via Homepage zur Verfügung gestellt.

Im Fall einer Notfallexpositionssituation soll die Information der Öffentlichkeit auf die jeweilige Situation hin angepasst erfolgen und insbesondere Angaben zur konkreten Notfallexpositionssituation, mögliche Schutzmaßnahmen, spezielle Warnhinweise für bestimmte Bevölkerungsgruppen sowie die Ankündigung, den Anweisungen und Aufrufen der zuständigen Behörde Folge zu leisten, umfassen.

Zu § 111 (Internationale Zusammenarbeit):

Mit diesen Bestimmungen soll Art. 99 der Richtlinie 2013/59/Euratom, der Eckpunkte der internationalen Zusammenarbeit festlegt, umgesetzt werden. Es handelt sich dabei um eine neue Anforderung, die in der Richtlinie 96/29/Euratom nicht enthalten war.

Diese internationale Zusammenarbeit soll nicht nur bei grenzüberschreitenden radiologischen Notfällen, sondern bereits im Rahmen der Notfallvorsorge erfolgen.

In Bezug auf die Notfallvorsorge ist jeder Mitgliedstaat gemäß Richtlinie 2013/59/Euratom verpflichtet, hinsichtlich möglicher radiologischer Notfälle, die sich auf seinem Staatsgebiet ereignen und sich auf andere Staaten (Mitgliedstaaten oder Drittstaaten) auswirken können, mit den zuständigen Behörden dieser Staaten zusammenzuarbeiten. Behörden anderer Mitgliedstaaten haben daher mit den österreichischen Behörden bezüglich solcher Notfälle, wie etwa KKW-Unfälle, zu kooperieren und umgekehrt. Zweck dieser Kooperation ist es, das behördliche Notfallmanagementsystem (§ 109), das entsprechend den Ergebnissen einer Bewertung möglicher Notfallexpositionssituationen auszulegen ist, zu optimieren.

Im Anlassfall ist das primäre Ziel der geforderten Zusammenarbeit betroffener Staaten eine Harmonisierung der Vorgehensweise bei einem grenzüberschreitenden Notfall. Um die betroffene Bevölkerung in den Grenzregionen nicht zu verunsichern, sollen, soweit dies der Ereignisablauf erlaubt, beiderseits der Grenze vergleichbare Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung getroffen werden. Auch die Information der Öffentlichkeit soll abgestimmt werden, um Widersprüche zu vermeiden.

Die gute und enge bilaterale Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten und ihren Behörden bietet hier für Österreich eine Grundlage für Abstimmungsmaßnahmen sowohl im Rahmen der Notfallvorsorge als auch im Anlassfall. Mit einigen Nachbarstaaten wurde auch bereits ein umfassender Daten- und Informationsaustausch zwischen Notfallsystemen und elektronischen Lagedarstellungssystemen institutionalisiert.

Gemäß Richtlinie 2013/59/Euratom soll eine internationale Zusammenarbeit auch bei Ereignissen erfolgen, die nicht unbedingt zu einer Notfallexpositionssituation führen (zB bei Verlust und Fund gefährlicher radioaktiver Quellen). Dies soll mit Abs. 3 umgesetzt werden.

2. Abschnitt (Personaleinsatz in Notfallexpositionssituationen)

Zu § 112 (Kriterien für den Personaleinsatz):

Mit diesen Bestimmungen, die weitgehend inhaltsgleich mit jenen im derzeitigen Strahlenschutzrecht sind, sollen Kriterien für den Personaleinsatz in Notfallexpositionssituationen festgelegt werden. Gemäß Abs. 1 soll die zuständige Behörde in Fällen, in denen bei der Durchführung von Schutzmaßnahmen die Dosisgrenzwerte für die Bevölkerung überschritten werden können, festzulegen haben, welche Personen dafür eingesetzt werden können, wobei vorrangig Notfalleinsatzkräfte (das sind gemäß § 3 Z 43 speziell ausgebildete Personen mit einer festgelegten Rolle in einem radiologischen Notfall) zum Einsatz kommen sollen.

Mit Abs. 2 sollen bestimmte Personengruppen von der Durchführung von Schutzmaßnahmen, bei denen die Dosisgrenzwerte der Bevölkerung überschritten werden können, ausgeschlossen werden.

Zu § 113 (Notfalleinsatzkräfte):

Mit diesen Bestimmungen sowie den gemäß § 117 Z 1 im Verordnungsweg festzulegenden näheren Bestimmungen soll Art. 17 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden. Demnach müssen Notfalleinsatzkräfte über eine entsprechende Aus- und Fortbildung verfügen. Darüber hinaus sollen sie im Falle eines konkreten Einsatzes die notwendigen Informationen und erforderliche Schutzausrüstung erhalten müssen.

Gemäß Abs. 3 sollen, sofern möglich, berufsbedingte Notfallexpositionen unterhalb der gemäß § 9 Z 1 für die berufliche Exposition im Verordnungsweg festgelegten Grenzwerte bleiben müssen.

Weitere Festlegungen zu Notfalleinsatzkräften sollen gemäß § 118 Abs. 4 in den jeweiligen Notfallplänen auf Bundes- und auf Landesebene festzulegen sein.

Zu § 114 (Personen, die keine Notfalleinsatzkräfte sind):

Mit Abs. 1 soll der zuständigen Behörde die Möglichkeit eingeräumt werden, auch Personen, die keine Notfalleinsatzkräfte sind, als Helferinnen/Helfer für die Durchführung von Schutzmaßnahmen heranzuziehen, wenn dadurch eine wesentliche Optimierung erreicht werden kann. Dafür sollen aber die in Z 1 bis 6 angeführten Voraussetzungen gelten. Solche Personen können beispielsweise Probenehmerinnen/Probenehmer bei einer großräumigen radioaktiven Kontamination oder auf die Bergung von radioaktiven Quellen spezialisierte Einsatzteams sein.

Abs. 2 soll die Grundlage für einen angemessenen Schutz für Personen bilden, die in einer Notfallexpositionssituation dringend notwendige Arbeiten durchführen.

Zu § 115 (Dosisermittlung und ärztliche Untersuchungen):

Mit § 115 sollen Regelungen für die Dosisermittlung und die ärztliche Untersuchung für Personen, die in Notfallexpositionssituationen tätig werden, getroffen werden.

Zu § 116 (Assistenzeinsatz des Bundesheeres):

Mit diesen Bestimmungen soll die erforderliche Information militärischer Dienststellen für den Fall der Anforderung eines Assistenzeinsatzes des Bundesheeres gemäß den Bestimmungen des Wehrgesetzes 2001 – WG 2001, BGBl. I Nr. 146/2001, sichergestellt werden.

Zu § 117 (Verordnungsermächtigung):

Die Verordnungsermächtigung soll Grundlage für die Festlegung weiterer Bestimmungen zum Personaleinsatz in Notfallexpositionssituationen sein.

2. Hauptstück (Behördliche Notfallvorsorge und -reaktion)

1. Abschnitt (Behördliche Notfallvorsorge)

Zu § 118 (Notfallpläne):

Mit diesen Bestimmungen soll Art. 98 Abs. 1 bis 3 und 5 sowie Anhang XI Abschnitt B der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Abs. 1 und 2 sollen die Anforderungen an die Notfallpläne auf gesamtstaatlicher sowie auf Länderebene festlegen. Gemäß Abs. 1 soll der gesamtstaatliche Notfallplan in Zukunft auch den Maßnahmenkatalog mit optimierten Schutzstrategien für verschiedene Arten von radiologischen Notfällen sowie den Probenahmeplan für Umwelt-, Futtermittel- und Lebensmittelproben beinhalten. Mit Abs. 3 soll die Überprüfung und Aktualisierung der Notfallpläne geregelt werden.

Mit Abs. 4 soll festgelegt werden, dass in den jeweiligen Notfallplänen für die verschiedenen Arten von radiologischen Notfällen die jeweils erforderlichen Notfalleinsatzkräfte, deren Aufgabenbereiche und Einsatzbereitschaft sowie deren Alarmierung und Anforderung festzulegen sind.

In den bestehenden gesamtstaatlichen Notfallplänen sind derzeit die Strahlenspürerinnen/Strahlenspürer der Bundespolizei, die Notfalleinsatzkräfte der AGES und die mobile Einsatzgruppe von Nuclear Engineering Seibersdorf (NES) als Notfalleinsatzkräfte auf Bundesebene festgelegt.

Zu § 119 (Notfallübungen):

Mit diesen Bestimmungen soll Art. 98 Abs. 4 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden. Weitere Vorgaben zu Notfallübungen sollen basierend auf § 122 Z 2 im Verordnungsweg festgelegt werden.

Zu § 120 (Notfallsysteme, erforderliche Daten):

Diese Bestimmungen sollen die rechtliche Grundlage für die Einrichtung und den Betrieb von Entscheidungshilfesystemen, die Einrichtung und den Betrieb eines elektronischen Lagedarstellungssystems zur Erfassung von Informationen über einen radiologischen Notfall sowie für die Sicherstellung notfallrelevanter Daten bilden.

Zu § 121 (Kaliumiodid-Tabletten):

Die Erfahrung aus dem Reaktorunfall von Tschernobyl zeigt, dass ab etwa 1990 Schilddrüsenkrebs bei Kindern und Jugendlichen in den vom Unfall stark betroffenen Regionen der Ukraine, Weißrusslands und Russlands vermehrt auftritt. Ursache dafür ist das beim Reaktorunfall in großen Mengen freigesetzte radioaktive Iod, das in die Schilddrüse eingelagert wird und dort zu hohen lokalen Dosen führt. Die rechtzeitige Gabe von stabilem Iod in Form von Kaliumiodid-Tabletten sättigt die Schilddrüse mit stabilem Iod und verhindert so sehr wirksam die Aufnahme von radioaktivem Iod. Damit kann die Entstehung von Schilddrüsenkrebs verhindert werden.

Seit Anfang der 1990er-Jahre beschafft daher das jeweilige Gesundheitsressort Kaliumiodid-Tabletten für die Bevölkerung zum Schutz der Schilddrüse vor radioaktivem Iod. Die Tabletten werden in Schulen, Kindergärten sowie sonstigen Kinderbetreuungseinrichtungen gelagert und können für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre zur Heimbevorratung gratis in Apotheken abgeholt werden. Weiters wurde vom Gesundheitsressort gemeinsam mit den Ländern im Jahr 2012 eine dezentrale Notfallversorgung mit Kaliumiodid-Tabletten aufgebaut.

Mit § 121 sollen nunmehr die Beschaffung von Kaliumiodid-Tabletten sowie die Einrichtung eines geeigneten Vorverteilungs-, Lagerungs- und Abgabesystems sowie eine Mitwirkungspflicht der Landeshauptleute auch gesetzlich verankert werden.

Zu § 122 (Verordnungsermächtigung):

Die Verordnungsermächtigung soll Grundlage für die Festlegung weiterer Bestimmungen zur behördlichen Notfallvorsorge sein.

2. Abschnitt (Behördliche Notfallreaktion)

Zu § 123 (Zuständigkeiten und Ablauf):

Mit diesen Bestimmungen sollen für den Fall einer Notfallexpositionssituation die Zuständigkeiten sowie der behördliche Ablauf geregelt werden.

Gemäß Abs. 1 soll die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie für die dort taxativ angeführten Ereignisse zuständig sein. Dabei handelt es sich um Ereignisse, die in der Regel sowohl räumlich als auch zeitlich ausgedehnte behördliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung notwendig machen. Zu Abs. 1 Z 1 ist anzumerken, dass es sich hierbei um Unfälle in kerntechnischen Anlagen im Ausland handelt. Die Zuständigkeit des BMNT für die behördliche Notfallvorsorge bei Unfällen in der einzigen in Österreich befindlichen kerntechnischen Anlage (Forschungsreaktor der TU Wien), wird mit Abs. 1 Z 4 festgelegt. Alle sonstigen Notfallexpositionssituationen sollen künftig in die Zuständigkeit der Landeshauptleute fallen.

Die vorgesehene Zuständigkeitsregelung entspricht der bereits derzeit gelebten Praxis, da – ungeachtet der formalen Zuständigkeit des Bundes im derzeitigen Strahlenschutzrecht – bei kleinräumigen/lokalen Notfallexpositionssituationen die Bewertung der Lage und erforderlichenfalls das Setzen von behördlichen Schutzmaßnahmen auf Landesebene erfolgt (in der Regel direkt vor Ort durch die Einsatzleitung). Diese bewährte Praxis soll nunmehr auch gesetzlich verankert werden. Falls ein in die Zuständigkeit der Landeshauptleute fallendes Ereignis auf Bundesebene zweckmäßiger behandelt werden kann, soll gemäß § 124 die Möglichkeit des An-sich-Ziehens der Zuständigkeit durch den Bund bestehen.

Mit Abs. 2 soll der behördliche Ablauf in Notfallexpositionssituationen festgelegt werden. Von der zuständigen Behörde sollen alle notwendigen Maßnahmen getroffen werden (zB Bewertung der Lage, Festlegung von Schutzmaßnahmen, behördliche Anordnungen und Empfehlungen an die betroffene Bevölkerung, Neubewertung der Lage und der Schutzmaßnahmen). Ebenso soll sie auch entscheiden, wann eine Notfallexpositionssituation beendet ist und in eine bestehende Expositionssituation („Spätphase“) übergeht. Zusätzlich sollen Ermittlungen zu den Folgen des Notfalls anzustellen und Aufzeichnungen darüber zu führen sein.

Mit Abs. 3 sollen die Inhalte des § 37 Abs. 3 StrSchG 1969 in Bezug auf die Duldungspflicht, wenn für behördliche Aufgaben das Betreten von Liegenschaften erforderlich ist, wie zB für Probenahme- oder Messtätigkeiten, übernommen werden. Da es sich dabei um Maßnahmen im öffentlichen Interesse handelt, ist diese Duldungspflicht sachlich gerechtfertigt und angemessen. Inhaltlich gleichartige Bestimmungen finden sich u.a. in § 73a Abfallwirtschaftsgesetz – AWG, BGBl. I Nr. 102/2002, oder in § 23 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 – UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993.

Abs. 4 soll – inhaltlich analog zu § 37 Abs. 2 StrSchG 1969 – die Strahlenschutzbehörde berechtigen, im Notfall die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes heranzuziehen. Zum einen soll auf jene Organe zugegriffen werden können, die eine Ausbildung als Notfalleinsatzkräfte haben (konkret sind dies derzeit die Strahlenspürerinnen/Strahlenspürer der Bundespolizei), zum anderen sollen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Behörden im Fall von Widerstand gegen Schutzmaßnahmen zu unterstützen haben.

Mit Abs. 5 sollen Art. 71 und Anhang XII Abschnitt B der Richtlinie 2013/59/Euratom in Bezug auf die Information der betroffenen Bevölkerung in einem radiologischen Notfall umgesetzt werden.

Gemäß Abs. 6 soll die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Fall ihrer Zuständigkeit – wie auch schon derzeit – den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz bei den in Abs. 2 genannten Aufgaben einzubeziehen haben.

Mit Abs. 8 soll rechtlich verankert werden, dass aus Effizienzgründen für Behördenabstimmungen auf Krisenmanagementstrukturen, wie sie zB im Bundesministerium für Inneres bestehen, zurückgegriffen werden kann.

Die Meldepflicht der Landeshauptleute gemäß Abs. 9 soll dazu dienen, dass der Bund seinen internationalen (IAEO, Europäische Kommission) sowie bilateralen Informationspflichten nachkommen kann. Die Meldewege sind in den Notfallplänen festgelegt. Die Klammerausdrücke „(möglichen)“ in Z 2 und „(möglicherweise)“ in Z 3 sind dahingehend zu verstehen, dass auch dann eine Meldung zu erfolgen hat, wenn deterministische gesundheitliche Auswirkungen durch das Ereignis zwar nicht sicher, aber auch nicht auszuschließen sind (Z 2) bzw. eine Bewertung des Ereignisses mit Stufe 3 oder höher zwar nicht sicher, aber auch nicht auszuschließen ist (Z 3).

Mit Abs. 10 soll die für internationale Meldungen von Notfällen notwendige Notfallklassifizierung der IAEO in Österreich implementiert werden.

Mit Abs. 11 soll der/dem jeweiligen Landeshauptfrau/Landeshauptmann eine Delegationsmöglichkeit (d.h. die Übertragung der Zuständigkeit von einer Behörde an eine andere Behörde) eingeräumt werden, wobei in den so bestimmten Fällen die Bezirksverwaltungsbehörde im eigenen Namen entscheidet. Die Übertragung der Zuständigkeit für bestimmte Ereignisse erfolgt im Weg einer Verordnung durch die Landeshauptfrau/den Landeshauptmann. Die Beschwerdemöglichkeit an das jeweilige Landesverwaltungsgericht bleibt von der Delegation unberührt.

Mit Abs. 12 soll die Umsetzung einzelner Schutzmaßnahmen durch Verordnungen der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sichergestellt werden. Diese Verordnungen sind in geeigneter Weise, wie beispielsweise in Rundfunk oder Fernsehen, kundzumachen und sollen möglichst rasch in Kraft treten können. Sie sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen.

Unberührt davon bleibt die Umsetzung von Schutzmaßnahmen, die dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG, BGBl I Nr. 13/2006 unterliegen, da hier die Zuständigkeit des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gegeben ist.

Zu § 124 (An-sich-Ziehen von Zuständigkeiten):

Durch diese Bestimmungen soll der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie die Möglichkeit eingeräumt werden, bei Notfallexpositionssituation, die in der Zuständigkeit der Landeshauptleute liegen, diese Zuständigkeit an sich zu ziehen.

Eine solche Zuständigkeitsübertragung wird absehbar nur in ganz seltenen Fällen zum Tragen kommen, zB wenn über den Bereich eines Bundeslandes hinaus Schutzmaßnahmen zu setzen sind oder wenn das Ereignis derart große Besorgnis in der Bevölkerung auslöst, dass es zweckmäßig erscheint, die erforderlichen Maßnahmen einschließlich der Bevölkerungsinformation vonseiten des Bundes zu setzen.

5. Teil (Expositionssituationsübergreifende Bestimmungen)

1. Hauptstück (Radioaktivitätsüberwachung)

Zu § 125 (Radioaktivitätsüberwachung):

Mit § 125 sollen Art. 35 des Euratom-Vertrags sowie Art. 72 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden. Demnach hat jeder Mitgliedstaat geeignete Messsysteme und Programme zur Radioaktivitätsüberwachung einzurichten.

In Österreich ist eine solche Radioaktivitätsüberwachung in Bezug auf Umweltmedien (Luft, Niederschlag, Oberflächengewässer, Boden etc.), Lebensmittel, Futtermittel sowie sonstige aus Strahlenschutzsicht überwachungsbedürftige Waren und Produkte auf Basis von § 37 Abs. 1 StrSchG 1969 seit vielen Jahren etabliert. Das Überwachungsprogramm besteht im Wesentlichen aus zwei einander ergänzenden Systemen:

-       dem automatisch arbeitenden Strahlenfrühwarnsystem sowie

-       einem laborgestützten Überwachungssystem, das von der AGES betrieben wird.

Die Abs. 1 bis 5, die weitgehend inhaltsgleich zu den Bestimmungen in § 37 Abs. 1 StrSchG 1969 sind, sollen die gesetzliche Grundlage für diese behördliche Radioaktivitätsüberwachung bilden und die jeweiligen Zuständigkeiten festlegen.

Art und Umfang der Radioaktivitätsüberwachung werden derzeit von den zuständigen Ministerien (Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie) in Arbeitsprogrammen festgelegt, die regelmäßig evaluiert und erforderlichenfalls aktualisiert werden. Diese Arbeitsprogramme, die bislang keine rechtliche Grundlage hatten, sollen künftig rechtsverbindlich zu erstellen sein (Abs. 2 zweiter Satz).

Mit Abs. 6 soll die Bestimmung des § 37 Abs. 5 Z 5 StrSchG 1969 übernommen werden, wonach die Ergebnisse der behördlichen Radioaktivitätsüberwachung der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen sind. Derzeit erfolgt dies zum einen in Form von 2-jährlich erscheinenden bewertenden Berichten (Berichtsreihe „Radioaktivität und Strahlung in Österreich – Daten und Bewertung“) und zum anderen durch Informationen auf den Homepages der zuständigen Bundesministerien. Diese Art der Öffentlichkeitsinformation soll auch künftig beibehalten werden.

2. Hauptstück (Behördliche Anerkennungen und Ermächtigungen)

Zu § 126 (Anerkennung von Ausbildungen):

Das Verfahren sowie die Voraussetzungen für die Anerkennung der in § 126 genannten Ausbildungen sollen im Wesentlichen in der bisher in der AllgStrSchV festgelegten Form beibehalten werden. Die Ausbildungsinhalte sollen wie bisher im Verordnungsweg festgelegt werden, basierend auf den §§ 37 Abs. 1 Z 6, 52 Z 4, 66, 72 Z 3 und 86 Z 3.

Künftig sollen auch Strahlenschutzausbildungen für anwendende Fachkräfte und an den praktischen Aspekten medizinisch-radiologischer Verfahren beteiligten Personen sowie Ausbildungen zu Radonschutzbeauftragten einer behördlichen Anerkennung bedürfen.

Zu § 127 (Ermächtigung von Ärztinnen/Ärzten, arbeitsmedizinischen Diensten und Krankenanstalten):

Das Verfahren sowie die Voraussetzungen für die Ermächtigung von Ärztinnen/Ärzten, arbeitsmedizinischen Diensten und Krankenanstalten zur Durchführung von ärztlichen Untersuchungen gemäß § 69 sollen im Wesentlichen unverändert beibehalten werden.

Zu § 128 (Ermächtigung von Dosismessstellen):

Das Verfahren sowie die Voraussetzungen für die Ermächtigung von Dosismessstellen sollen im Wesentlichen unverändert beibehalten, die Festlegungen allerdings klarer gefasst werden.

Zu §§ 129 bis 131 (Ermächtigung von Überwachungsstellen hinsichtlich Tätigkeiten mit natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien; Ermächtigung von Stellen zur Ermittlung der Dosis von fliegendem Personal; Ermächtigung von Überwachungsstellen hinsichtlich Radon):

Analog zu den derzeitigen Festlegungen (§ 9 NatStrV bzw. § 5 FlP-StrSchV) sollen die jeweils vorgeschriebenen Erhebungen (Dosisermittlungen, in einigen Bereichen auch Dosisabschätzungen sowie Aktivitätskonzentrationsbestimmungen) auch künftig ausschließlich von behördlich autorisierten Stellen durchgeführt werden. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass für diese Erhebungen spezielles fachliches Wissen erforderlich ist. Diese Festlegung ist auch hilfreich für die Strahlenschutzbehörden, da eigenständige fachliche Bewertungen vonseiten der Behörde in der Regel unterbleiben können.

Wie in den Erläuterungen zum 5. Teil 2. Hauptstück dargelegt, bedürfen diese Stellen – nach einer entsprechenden Übergangsfrist – künftig einer Ermächtigung durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Voraussetzung dafür ist eine einschlägige Akkreditierung. Die derzeitige Regelung, die auch eine zeitlich befristete Zulassung ohne Akkreditierung ermöglicht, soll künftig entfallen.

Für Überwachungsstellen hinsichtlich Radon sollen wegen der unterschiedlichen Anforderungen eigene Ermächtigungen für die verschiedenen Aufgaben (Ermittlung der Radonkonzentration bzw. Abschätzung und Ermittlung der Dosis, § 131 Abs. 1 Z 1 bis 3) erforderlich sein.

Auf die diesbezüglichen Übergangsbestimmungen (§ 157 Abs. 8 und 10) sei verwiesen.

Mit dem jeweiligen Abs. 4 soll festgelegt werden, wann eine Ermächtigung zu widerrufen ist.

3. Hauptstück (Zentrale Strahlenschutzregister, Strahlenschutzpass)

Mit der Novelle 2002 zum derzeitigen Strahlenschutzgesetz (§§ 35a bis 35e) wurde die gesetzliche Grundlage für die Einrichtung von Zentralen Strahlenschutzregistern geschaffen. Seit dem Jahr 2006 werden auf Basis dieser Bestimmungen ein Dosisregister, ein Quellenregister und ein Störfallregister betrieben. Mit der genannten Novelle wurde auch die zentrale Administration von Strahlenschutzpässen für externe Arbeitskräfte gesetzlich verankert (§ 35f StrSchG 1969).

Da sich die genannten Register und die Bestimmungen zur Administration von Strahlenschutzpässen sehr bewährt haben und die Richtlinie 2013/59/Euratom keine zusätzlichen oder geänderten Vorgaben gegenüber früheren Richtlinien zu diesen Themenbereichen macht, sollen die betreffenden Bestimmungen des derzeitigen Strahlenschutzgesetzes im Wesentlichen in dieses Bundesgesetz und basierend auf § 137 im Verordnungsweg übernommen werden.

Zu § 132 (Gemeinsame Bestimmungen):

§ 132 soll die für alle Register gleichermaßen geltenden Bestimmungen enthalten. Hingewiesen wird insbesondere auf Abs. 3, der einen Zugriff der zuständigen Behörden auf die im Register gespeicherten Daten im Rahmen der Zuständigkeit ermöglichen soll. Dadurch kann die Behörde etwa in Vorbereitung auf eine behördliche Überprüfung gemäß § 61 beispielsweise die Daten über die Dosisermittlung, ärztliche Untersuchungen sowie radioaktive Quellen einer Bewilligungsinhaberin/eines Bewilligungsinhabers aus den Registern abfragen.

Zu § 133 (Zentrales Dosisregister):

Mit § 133 iVm den das Dosisregister betreffenden Bestimmungen des § 132 und den gemäß § 137 Z 1 und 2 im Verordnungsweg festzulegenden Bestimmungen sollen Art. 43, Art. 44 Abs. 1 bis 3 und 6, Art. 48 sowie Teile des Anhangs X der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Durch die Zusammenfassung der Daten aus der Dosisermittlung sowie der Beurteilungen der Ergebnisse der ärztlichen Untersuchungen im Zentralen Dosisregister soll den Forderungen der Richtlinie 2013/59/Euratom nach einer „Akte mit den Ergebnissen der individuellen Überwachung“ für jede strahlenexponierte Arbeitskraft (Art. 31 Abs. 1) sowie einer „Gesundheitsakte“ für jede Arbeitskraft der Kategorie A (Art. 48) Rechnung getragen werden.

Zusätzlich zu den in geplanten Expositionssituationen unter Normalbedingungen erhobenen Dosisdaten sollen, wie von der Richtlinie gefordert, im Dosisregister auch Daten zur Dosisermittlung aus unfallbedingten Expositionen, aus gesondert zugelassenen Expositionen sowie aus berufsbedingten Notfallexpositionen gespeichert werden.

Die Dosisdaten sollen von den gemäß den §§ 127 bis 131 ermächtigten Stellen über Schnittstellen, die der geforderten Datensicherheit Rechnung tragen, und die Beurteilung der Ergebnisse der ärztlichen Untersuchungen von den gemäß § 126 ermächtigten Ärztinnen/Ärzten, arbeitsmedizinischen Diensten und Krankenanstalten mittels Eingabemasken in das Dosisregister zu übertragen sein. Dies soll basierend auf § 137 im Verordnungsweg festgelegt werden.

Wie schon derzeit, soll auch künftig die Überschreitung von Dosiswerten den jeweils zuständigen Behörden mittels automatisch generierter Mitteilungen auf elektronischem Weg zur Kenntnis zu bringen sein (Abs. 2).

Auch die von der Richtlinie 2013/59/Euratom geforderte langfristige Datenspeicherung soll weiterhin vom Dosisregister übernommen werden (Abs. 3).

Zu § 134 (Zentrales Quellenregister):

Das Zentrale Quellenregister soll jederzeit einen Überblick über die im Bundesgebiet befindlichen umschlossenen radioaktiven Quellen und die Beseitigung ausgedienter Quellen (zB durch Rückgabe an die Herstellerin/den Hersteller oder Entsorgung als radioaktiven Abfall) liefern.

Die für die Meldung verantwortliche Person (üblicherweise ist dies die Bewilligungsinhaberin/der Bewilligungsinhaber) soll die Quelle mittels Eingabemaske im Quellenregister zu erfassen und jede Änderung in Bezug auf die Quelle im Register zu dokumentieren haben. So soll eine lückenlose Darstellung der Vorgänge im „Lebenszyklus“ von umschlossenen radioaktiven Quellen sichergestellt werden. Diese Bestimmungen sollen gemäß den §§ 43 Z 4 und 137 Z 1 und 2 im Verordnungsweg festgelegt werden.

Durch die Erfassung aller umschlossenen radioaktiven Quellen im Zentralen Quellenregister iVm der Zugriffsmöglichkeit durch die zuständigen Behörden gemäß § 132 Abs. 3 sollen die Vorgaben von Art. 86 Abs. 3 und Art. 90 der Richtlinie 2013/59/Euratom in Bezug auf hoch radioaktive umschlossene Quellen umgesetzt werden.

Im Rahmen des Quellenregisters wird derzeit auch eine Dokumentation über in Verkehr gebrachte bauartzugelassene Geräte geführt, was gemäß § 134 Z 4 auch künftig beibehalten werden soll.

Zu § 135 (Zentrales Störfallregister):

Art. 96 der Richtlinie 2013/59/Euratom fordert, dass Unternehmen signifikante Ereignisse der zuständigen Behörde zu melden haben und dass sie solche Ereignisse zu analysieren und Aufzeichnungen darüber zu führen haben.

Für die zentrale Speicherung solcher Ereignisse wurde in Österreich bereits das Zentrale Störfallregister eingerichtet. Dieses Register soll weiterhin bestehen bleiben, wobei auch die Anforderung der IAEO bezüglich Einstufung signifikanter Ereignisse in die 7-teilige INES-Skala berücksichtigt werden soll. Die Detailbestimmungen zu den Meldeplichten an das Störfallregister sollen basierend auf § 137 Z 1 im Verordnungsweg festgelegt werden.

Zu § 136 (Administration von Strahlenschutzpässen):

Durch diese Bestimmungen soll iVm § 81 Anhang X Abschnitt C der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Die Ausstellung, Registrierung und Evidenthaltung von Strahlenschutzpässen soll weiterhin zentral durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie erfolgen. Da künftig absehbar nur noch wenige Strahlenschutzpässe auszustellen sein werden (siehe dazu die Erläuterungen zu § 81), wird der Aufwand dafür deutlich sinken.

Gemäß Strahlenschutzpass-Gebührenverordnung, BGBl. II Nr. 234/2006, wird derzeit für die behördliche Administration von Strahlenschutzpässen eine Gebühr in Höhe von € 60 eingehoben. Zur Verringerung des Verwaltungsaufwands soll diese Gebühr künftig entfallen. Die genannte Verordnung soll daher mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes gemeinsam mit dem derzeitigen Strahlenschutzgesetz außer Kraft treten (§ 158).

Zu § 137 (Verordnungsermächtigung):

Die Verordnungsermächtigung soll Grundlage für die Festlegung weiterer Bestimmungen zu den Zentralen Strahlenschutzregistern und zum Strahlenschutzpass sein.

4. Hauptstück (Herrenlose radioaktive Quellen, Metall-Kontamination)

Mit den Bestimmungen dieses Hauptstückes sollen Art. 16 und die Art. 92 bis 95 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden.

Zu § 138 (Fund von radioaktiven Quellen):

Mit den Abs. 1 bis 3 sollen die Verpflichtungen für die verschiedenen Akteure im Fall des Fundes einer radioaktiven Quelle festgelegt werden. Ähnliche Verpflichtungen bestehen auch derzeit schon (§ 26 Abs. 1 StrSchG 1969). Im Wesentlichen sollen sie beibehalten, jedoch künftig klarer gefasst werden.

Der Fund einer (vermuteten) radioaktiven Quelle stellt definitionsgemäß einen radiologischen Notfall dar (siehe § 3 Z 57: „eine nicht routinemäßige Situation oder ein nicht routinemäßiges Ereignis, bei der bzw. dem eine Strahlenquelle vorhanden ist und die bzw. das Sofortmaßnahmen erfordert, […]“). Sofortmaßnahmen, wie etwa Fernhalten von Personen von der Quelle und Messen der herrschenden Dosisleistung, werden bei einem solchen Fund jedenfalls notwendig sein. Die behördlichen Veranlassungen sollen daher gemäß Abs. 3 Z 1 auch beim Fund radioaktiver Quellen unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 123 zu treffen sein.

Gemäß Abs. 3 Z 2 soll die zuständige Behörde auch das Vorhandensein einer/eines rechtlich Verantwortlichen für die Quelle zu prüfen haben, die/der dann gemäß Abs. 4 die angefallenen Kosten tragen soll. Üblicherweise wird dies die/der frühere Besitzerin/Besitzer der radioaktiven Quelle sein. Aus dem Finden gemäß Abs. 1 ergibt sich keinesfalls eine rechtliche Verantwortung. Nicht immer wird mit zumutbarem Aufwand eine/ein rechtlich Verantwortliche/Verantwortlicher feststellbar sein, beispielsweise wenn eine Quelle im Müll aufgefunden wird und keine Identifikationsmerkmale trägt. In solchen Fällen sollen die Kosten von der öffentlichen Hand getragen werden.

Mit Abs. 5 soll die Forderung von Art. 92 Abs. 1 der Richtlinie 2013/59/Euratom zur Sensibilisierung der Bevölkerung in Bezug auf herrenlose radioaktive Quellen umgesetzt werden. Insbesondere ist diesbezüglich seitens des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie vorgesehen, die Bevölkerung via Homepage, Broschüren und Folder darüber aufzuklären, wie radioaktive Quellen üblicherweise aussehen, woran sie zu erkennen sind und was bei einem Fund zu tun bzw. zu unterlassen ist.

Zu § 139 (Maßnahmen zur Entdeckung von herrenlosen radioaktiven Quellen):

Mit Abs. 1 sollen Art. 16 Abs. 1 und Art. 92 Abs. 2 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden. Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie soll jene Unternehmen, die mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auf herrenlose radioaktive Quellen stoßen könnten (zB große Schrottplätze, Großanlagen für die Altmetallverwertung, wichtige Transitknotenpunkte), über diese Möglichkeit und über die Wichtigkeit, Systeme zur Entdeckung solcher Quellen einzurichten (zB Portalmonitore zur Eingangskontrolle), zu informieren haben.

Abs. 2 und 3 sollen – entsprechend den Vorgaben von Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2013/59/Euratom – die Verpflichtungen der betroffenen Unternehmen zur Information und Schulung ihrer Arbeitskräfte in Bezug auf den Fund radioaktiver Quellen sowie der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hinsichtlich des Informationsmaterials oder der Ausbildungskurse für die betreffenden Unternehmen, damit diese ihren Informationsverpflichtungen nachkommen können, regeln. Vorgesehen ist hier, dass das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie entsprechendes Informationsmaterial zur Verfügung stellt (siehe dazu auch Erläuterungen zu § 138 Abs. 5). Durch diese zentrale Informationsbereitstellung sollen die Verwaltungslasten für Unternehmen möglichst gering gehalten werden. Weiters soll damit erreicht werden, dass betriebsintern zielgerichtet und inhaltsgleich informiert wird, was im Interesse des Strahlenschutzes liegt.

Mit Abs. 4 soll Art. 94 Abs. 2 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden, wonach die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass im Bedarfsfall Kampagnen zur Auffindung, Bergung und Entsorgung von herrenlosen radioaktiven Quellen aus vergangenen Tätigkeiten durchgeführt werden (dazu zählen neben radioaktiven Quellen auch radioaktive Altlasten). Eine inhaltsgleiche Regelung findet sich bereits in der Richtlinie 2003/122/Euratom und ist derzeit in § 26 Abs. 6 StrSchG 1969 verankert.

Gemäß der genannten Gesetzesbestimmung hat das damalige Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft bereits Recherchen in Archiven sowie eine Reihe solcher Kampagnen beauftragt. Insgesamt wurden aufgrund dieser Recherchen etwa 30 Standorte, an denen zu Beginn des 20. Jahrhunderts Radium- oder Thorium enthaltende Produkte hergestellt worden sind, messtechnisch untersucht. An einigen wenigen Standorten wurden Restkontaminationen gefunden und anschließend beseitigt. Die Recherchen sollen fortgesetzt werden, allerdings ist nicht mehr mit einer größeren Anzahl weiterer Verdachtsstandorte zu rechnen.

Im Hinblick auf die Forderungen in Art. 94 Abs. 2 zweiter Absatz sowie Art. 95 der Richtlinie 2013/59/Euratom betreffend die Kostenbeteiligung des jeweiligen Mitgliedstaats an den behördlichen Maßnahmen zur Auffindung und Bergung von herrenlosen radioaktiven Quellen besteht kein gesonderter Umsetzungsbedarf, da die Kostentragung durch den Bund in Fällen, in denen keine/kein rechtlich Verantwortliche/Verantwortlicher ausfindig gemacht werden kann, ohnedies durch andere Rechtsbestimmungen geregelt ist (zB Art. 102 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. 1/1930).

Zu § 140 (Metall-Kontamination):

Mit diesen Bestimmungen soll Art. 93 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden. Es handelt sich dabei um neue Vorgaben, die darin begründet sind, dass vor einigen Jahren mehrfach Importe von kontaminierten Metallerzeugnissen aus Drittstaaten – insbesondere aus dem asiatischen Raum – in die EU stattgefunden haben. Diese wurden erst verspätet bemerkt, so dass bereits mehrere Mitgliedstaaten betroffen waren.

In Österreich gibt es seit dem Jahr 2006 Bestimmungen zum Eigenschutz von Unternehmen im Hinblick auf radioaktiv kontaminierte Materialien, die zur Wiederverwertung und -verwendung vorgesehen sind (§ 61 Abs. 1 AllgStrSchV). Diese Bestimmungen sollen künftig in diesem Bundesgesetz verankert werden (Abs. 1 und 2). Demnach sollen Unternehmen, die Metallerzeugnisse aus Drittstaaten importieren, von der Besitzerin/dem Besitzer oder von der Lieferantin/dem Lieferanten entsprechende Nachweise, wie beispielsweise vertrauenswürdige Messzertifikate einfordern, um die Anlieferung kontaminierter Erzeugnisse möglichst zu vermeiden. Darüber hinaus sollen Unternehmen auf privater, rechtsgeschäftlicher Ebene eine Rückführung von kontaminierten Metallerzeugnissen zu vereinbaren haben.

Mit Abs. 3 soll Art. 93 Abs. 1 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden, wonach Unternehmen, die Metallerzeugnisse aus Drittstaaten importieren, über die Wichtigkeit der Installation von Kontrollsystemen zu informieren sind. Dazu wird angemerkt, dass in Österreich bereits de facto alle größeren derartigen Unternehmen Portalmonitore zur Eingangskontrolle betreiben, mit denen in der Regel die Anlieferung kontaminierter Metallerzeugnisse entdeckt wird.

Mit den Abs. 4 und 5 sollen eine Meldepflicht für Unternehmen im Hinblick auf Ereignisse in diesem Zusammenhang eingeführt sowie die behördlichen Aufgaben in solchen Fällen festgelegt werden.

Die Behörde soll dabei die zutreffenden Festlegungen für bestehende Expositionen infolge von kontaminierten Waren (§ 108) heranzuziehen, und in Fällen, die Sofortmaßnahmen erforderlich machen, auch die Bestimmungen für Notfallexpositionen (§ 123) zu berücksichtigen haben.

5. Hauptstück (Entsorgung von radioaktiven Abfällen)

Mit diesem Hauptstück sollen primär die Bestimmungen der Richtlinie 2011/70/Euratom über einen Gemeinschaftsrahmen für die verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle umgesetzt werden. Gemäß den Vorgaben dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten eine nationale Entsorgungspolitik und einen nationalen Gesetzes-, Vollzugs- und Organisationsrahmen („Nationaler Rahmen“) zu schaffen sowie ein „Nationales Programm“ zur Umsetzung der Politik für die Entsorgung zu erstellen und umzusetzen.

Die Entsorgung von radioaktiven Abfällen betrifft in Österreich ausschließlich schwach- und mittelradioaktive Abfälle in vergleichsweise geringen Mengen, da für die Brennelemente der einzigen in Österreich betriebenen kerntechnischen Anlage (Forschungsreaktor am Atominstitut der TU Wien) eine Rücknahmevereinbarung mit dem Lieferanten der Brennelemente besteht und keine Kernkraftwerke betrieben werden und somit auch keine hoch radioaktiven Abfälle zur Entsorgung anfallen. Die in Österreich anfallenden radioaktiven Abfälle werden seit langem gemäß den rechtlichen Vorgaben von der Nuclear Engineering Seibersdorf GmbH gesammelt, verarbeitet (konditioniert) und auf dem Gelände der Anlage zwischengelagert.

Bei der Verpflichtung, seine radioaktiven Abfälle verantwortungsvoll und sicher zu entsorgen, ist die Frage der Endlagerung der radioaktiven Abfälle von besonderer Bedeutung, da dieses Thema weltweit als sensibel gilt und nur in Ansätzen gelöst ist. Hier hat Österreich die entsprechenden Schritte zu setzen, um eine bestmögliche Lösung zu realisieren und unangemessene Lasten für künftige Generationen zu vermeiden.

Zu § 141 (Grundsätze):

Mit § 141 sollen die Grundsätze für die Entsorgung von radioaktiven Abfällen festgelegt werden, die vor allem in Art. 4 der Richtlinie 2011/70/Euratom vorgegeben sind.

Mit den Bestimmungen des Abs. 4 soll Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 2011/70/Euratom umgesetzt werden.

Die gemäß Abs. 4 Z 2 vorgesehene Berücksichtigung der wechselseitigen Abhängigkeiten der einzelnen Schritte bei der Entstehung und Entsorgung von radioaktiven Abfällen bedeutet, dass jeder einzelne Schritt dahingehend zu analysieren und optimieren ist, dass sich für die nachfolgenden Schritte keine Nachteile ergeben. Beispielsweise müssen- um eine Korrosion von der Innenseite her zu verhindern- konditionierte Abfallfässer getrocknet werden, bevor sie in das Zwischenlager gebracht werden.

Beispiele für die in Abs. 4 Z 3 genannten Aspekte der passiven Sicherheit sind für die Zwischenlagerung die Verwendung von korrosionsarmen Fässern und für die spätere Endlagerung die Verbringung in eine Anlage, die nach dem Verschluss sich selbst überlassen werden kann.

Mit Abs. 5 soll die Anforderung der Richtlinie 2011/70/Euratom betreffend Verantwortlichkeit der Bewilligungsinhaberin/des Bewilligungsinhabers einer Entsorgungsanlage für die Sicherheit der Anlage sowie für die Tätigkeiten zur Entsorgung von radioaktiven Abfällen umgesetzt werden.

Mit Abs. 6 bis 8 soll Art. 8 der Richtlinie 2011/70/Euratom betreffend Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich der Entsorgung von radioaktiven Abfällen umgesetzt werden. Mit Personen der zuständigen Behörde, die mit Aufgaben im Bereich der Entsorgung von radioaktiven Abfällen oder Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten gemäß § 142 Abs. 2 Z 5 betraut sind, sind primär amtliche und nichtamtliche Sachverständige gemeint. Solche Personen brauchen jedoch nicht zwingend die Aus- und Fortbildungen für alle Bereiche, sondern nur für jene, die den Aufgabenbereich betreffen, mit dem sie betraut sind.

Zu § 142 (Nationales Entsorgungsprogramm):

Diese Bestimmungen, die weitestgehend inhaltsgleich mit jenen im derzeitigen Strahlenschutzrecht sind, sind die Basis für ein Nationales Entsorgungsprogramm im Sinne der Art. 11 und 12 der Richtlinie 2011/70/Euratom. In diesem Programm wird die österreichische Strategie für die Entsorgung von radioaktiven Abfällen dargelegt. Die Erstellung, Aktualisierung und Umsetzung des Nationalen Entsorgungsprogramms ist gemäß diesem Gesetz eine Aufgabe der Bundesregierung; der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie obliegt die Koordination.

Das Nationale Entsorgungsprogramm wurde im Rahmen einer interministeriellen Arbeitsgruppe erarbeitet und einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) unterzogen, im Zuge derer im Frühjahr 2018 eine Öffentlichkeitbeteiligung durchgeführt wurde. Am 5. September 2018 wurde das überarbeitete Nationale Entsorgungsprogramm vom Ministerrat beschlossen und dient als Basis für die weiteren Schritte hin zur künftigen sicheren Endlagerung von österreichischen radioaktiven Abfällen.

Mit Abs. 2 und 3 sollen die Inhalte des Nationalen Entsorgungsprogramms unter Berücksichtigung des Art. 12 der Richtlinie 2011/70/Euratom vorgegeben werden.

Zu Abs. 4 und 5: Das Nationale Entsorgungsprogramm stellt ein Programm im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Buchstabe a der Richtlinie 2001/42/EG (SUP-Richtlinie) dar und ist daher einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) zu unterziehen. Weiters fordert Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2011/70/Euratom, dass der Öffentlichkeit im erforderlichen Umfang die Möglichkeit gegeben wird, sich an der Entscheidungsfindung im Zusammenhang mit der Entsorgung von radioaktiven Abfällen effektiv zu beteiligen. Diese Forderung wird durch die Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der SUP erfüllt. Die diesbezüglich vorgesehenen Festlegungen sollen unter Verweis auf die Regelungen über die SUP in den §§ 8a und 8b AWG erfolgen.

Bei der Erstellung des Nationalen Entsorgungsprogramms sind in Umsetzung der SUP-Richtlinie folgende Schritte durchzuführen: Es ist ein Untersuchungsrahmen für die SUP festzulegen („Scoping“), wobei den Ländern die Möglichkeit zur Stellungnahme zusteht, und auf dieser Basis ein Umweltbericht zu erstellen, der die möglichen Umweltauswirkungen des Programms zum Inhalt hat. Der Entwurf des Nationalen Entsorgungsprogramms und der Umweltbericht sind öffentlich zu machen und der Bevölkerung ist die Möglichkeit zur Stellungnahme innerhalb von sechs Wochen einzuräumen. Im Sinne der Aarhus-Konvention sind auch Nachbarstaaten über den Prozess zu informieren und haben diese ebenfalls das Recht zur Stellungnahme. Unter Berücksichtigung der Stellungnahmen sind dann die endgültige Fassung des Programms und zugleich auch eine „zusammenfassende Erklärung“ über die Berücksichtigung der Ergebnisse der Umweltprüfung zu erstellen.

Zu § 143 (Behandlung von radioaktiven Abfällen):

Mit diesen Bestimmungen sollen die Festlegungen des § 36c StrSchG 1969 in Bezug auf die Behandlung der in Österreich anfallenden radioaktiven Abfälle grundsätzlich inhaltsgleich übernommen, jedoch in Teilbereichen aktualisiert und auch klarer gefasst werden.

Basierend auf den Festlegungen des § 36c Abs. 1 StrSchG 1969 hat die Republik Österreich im Jahr 2003 eine vertragliche Vereinbarung mit Austrian Research Centers GmbH (nunmehr: Nuclear Engineering Seibersdorf GmbH) geschlossen, worin das genannte Unternehmen verpflichtet wurde, die in Österreich anfallenden radioaktiven Abfälle zu übernehmen, zu sammeln, zu sortieren, aufzuarbeiten, zu konditionieren und bis zur Endlagerung zwischenzulagern. Diese vertragliche Vereinbarung trägt der Vorgabe von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2011/70/Euratom (umgesetzt durch § 141 Abs. 1) Rechnung, wonach die Letztverantwortung für die Entsorgung von radioaktiven Abfällen bei der Republik Österreich liegt.

Da künftig keine Vertragsschließungen in diesem Themenbereich mehr erforderlich sein werden, weil die Behandlungsanlage bei Nuclear Engineering Seibersdorf GmbH nach durchgeführter grundlegender Modernisierung den modernsten internationalen Standards entspricht, soll mit § 143 Abs. 1 eine Aktualisierung der Inhalte des § 36c Abs. 1 StrSchG 1969 erfolgen. Darüber hinaus soll die Vorgabe des Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2011/70/Euratom in Bezug auf die Unabhängigkeit der zuständigen Behörde explizit in den Rechtstext aufgenommen werden.

Mit den Abs. 4 bis 6 wird dem Verursacherprinzip (Art. 4 Abs. 3 Buchstabe e der Richtlinie 2011/70/Euratom, umgesetzt durch § 141 Abs. 4 Z 6) Rechnung getragen. Das von der Abfallverursacherin/dem Abfallverursacher zu entrichtende Behandlungsentgelt deckt die Kosten für die Sammlung, Sortierung, Aufarbeitung, Konditionierung und Zwischenlagerung der radioaktiven Abfälle ab. Das Vorsorgeentgelt hat alle Kosten abzudecken, die erforderlich sind, damit die in Österreich anfallenden radioaktiven Abfälle endgelagert werden können.

Dabei handelt es sich nicht nur um die Kosten für Bau und Betrieb des Endlagers samt Transport der radioaktiven Abfälle in dieses Endlager (Abs. 6 Z 1 und 3), sondern auch um die Kosten für die erforderlichen Vorarbeiten für die spätere Endlagerung (Abs. 6 Z 2). Zu den Vorarbeiten zählt insbesondere die Tätigkeit einer Arbeitsgruppe wie es das von der Bundesregierung im September 2018 beschlossene Nationale Entsorgungsprogramm vorsieht. In dieser Arbeitsgruppe sollen Ministeriums- und Länderbedienstete, Expertinnen/Experten, Stakeholder sowie Vertreterinnen/Vertreter der Zivilgesellschaft sämtliche Endlageraktivitäten koordinieren und Empfehlungen zur Umsetzung des Nationalen Entsorgungsprogramms ausarbeiten. Diese Aktivitäten, insbesondere die Beauftragung / Durchführung von Recherchen und Studien zu den in § 142 Abs. 2 genannten Themenbereichen, sowie die Information bzw. Beteiligung der Bevölkerung zur Vorbereitung der späteren Endlagerung werden ebenfalls signifikante Kosten verursachen, die durch die eingehobenen Vorsorgeentgelte abzudecken wären. Bei der Kalkulation der Vorsorgeentgelte (Abs. 5) wurde auch schon bisher auf die Kosten solcher Vorarbeiten Bedacht genommen, so dass die Festlegungen im nunmehrigen Abs. 6 Z 2 zwar der expliziten gesetzlichen Verankerung dienen, jedoch keine Erhöhung der Vorsorgeentgelte zur Folge haben wird.

Zu § 144 (Selbstbewertung und Peer Reviews):

Die Vorgaben hinsichtlich Selbstbewertung und internationaler Peer Reviews sind in der Richtlinie 2011/70/Euratom konkretisiert. Die Richtlinie 2011/70/Euratom (Art. 14 Abs. 3) sieht für diese Überprüfung in einem ersten Schritt eine Selbstbewertung vor, während im zweiten Schritt dazu internationale Experten eingeladen werden sollen. Über die Ergebnisse der Prüfung durch die internationalen Experten muss der Europäischen Kommission und den anderen Mitgliedstaaten berichtet werden. Die internationalen Peer Reviews können im Rahmen des „Integrated expert peer review service for radioactive waste and spent fuel management, decommissioning and remediation“ (ARTEMIS) – Programms von der IAEO durchgeführt werden. Dieses Programm ist ein von der European Nuclear Safety Regulators Group (ENSREG) anerkanntes Instrument und wird auch von den Mitgliedstaaten für diese Mission angewendet.

Zu § 145 (Verordnungsermächtigung):

Auf dem Verordnungsweg sollen insbesondere Festlegungen getroffen werden, wie Bewilligungsinhaberinnen/Bewilligungsinhaber anfallende radioaktive Abfälle zu sammeln und zu lagern haben.

6. Hauptstück (Grenzüberschreitende Verbringung von radioaktiven Abfällen und abgebrannten Brennelementen)

Mit den Bestimmungen dieses Hauptstückes sowie der Radioaktive Abfälle-Verbringungsverordnung 2009 – RAbf-VV 2009, BGBl. II Nr. 47/2009, soll die Richtlinie 2006/117/Euratom über die Überwachung und Kontrolle der Verbringungen radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente umgesetzt werden.

Zu § 146 (Behördliche Genehmigung, Zustimmung):

Derzeit sind die Vorgaben der Richtlinie 2006/117/Euratom basierend auf § 36b Abs. 7 StrSchG 1969 zur Gänze im Verordnungsweg umgesetzt. Künftig sollen einige der Bestimmungen zur behördlichen Genehmigung von grenzüberschreitenden Verbringungen von radioaktiven Abfällen und abgebrannten Brennelementen – ohne inhaltliche Änderungen – auf gesetzlicher Ebene verankert werden.

In Abs. 2 und 3 sollen die Festlegungen, in welchen Fällen die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zuständig für die Genehmigung ist, und wer den Antrag auf Genehmigung gemäß Abs. 2 zu stellen hat.

Ebenfalls auf gesetzlicher Ebene verankert werden sollen Festlegungen, wann eine grenzüberschreitende Verbringung von radioaktiven Abfällen und abgebrannten Brennelementen nicht untersagt werden darf (§ 146 Abs. 4) sowie wann das Genehmigungsregime nicht anzuwenden ist (§ 146 Abs. 5). Diesbezüglich wird explizit darauf hingewiesen, dass die Rückführung ausgedienter Strahlenquellen zur Herstellerin/zum Hersteller oder zur Lieferantin/zum Lieferanten im Ausland nicht diesem Regime unterliegt. Die Bestimmungen für die grenzüberschreitende Verbringung von radioaktiven Stoffen sind bei einer solchen Rückführung aber selbstverständlich einzuhalten.

Zu § 147 (Ausfuhrverbot):

Mit § 147 soll im Einklang mit der Richtlinie 2006/117/Euratom festgelegt werden, wohin radioaktive Abfälle und abgebrannte Brennelemente nicht verbracht werden dürfen. Im Zusammenhang mit § 147 Z 3 ist die „Empfehlung der Kommission von Kriterien für die Ausfuhr radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente in Drittländer“, ABl. Nr. L 338 vom 17.12.2008, S. 69, zu beachten.

Die Bestimmungen zum Ausfuhrverbot sind derzeit in § 6 RAbf-VV enthalten und sollen ohne inhaltliche Änderungen künftig auf Gesetzesebene verankert werden.

7. Hauptstück (Sonstige Behördenaufgaben)

Zu § 148 (Maßnahmen bei Gefahr im Verzug):

Mit § 148 soll ein expositionssituationsübergreifendes Regulativ für behördliche Maßnahmen bei „Gefahr im Verzug“ durch ionisierende Strahlung geschaffen werden.

Geeignete Maßnahmen im Sinne von Abs. 1 können insbesondere sein: behördliche Anordnungen zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes, Untersagungs-, Stilllegungs- und Beseitigungsverfügungen sowie Beschlagnahme und Verfall.

Für diese Maßnahmen soll, sofern ein vollständiges Ermittlungsverfahren aus Dringlichkeitsgründen nicht durchgeführt werden kann, das sofort vollstreckbare Rechtsinstitut des Mandatsbescheides gemäß § 57 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, herangezogen werden können (Abs. 2). Ein solcher Mandatsbescheid wegen Gefahr im Verzug ist unaufschiebbar. Mit dem gegen einen solchen Bescheid erhobenen remonstrativen, d.h. nicht aufsteigenden Rechtsmittel der Vorstellung verbleibt das Verfahren vorerst bei der maßnahmensetzenden (Strahlenschutz-)Behörde, bei der in der Regel auch die Fachkompetenz im Strahlenschutz angesiedelt ist. Erst gegen den aufgrund der Vorstellung im ordentlichen Verfahren ergangenen Bescheid ist die Erhebung einer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zulässig. Auch hier soll die aufschiebende Wirkung im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Erlassung des Mandatsbescheides ex-lege aberkannt werden.

Wenn aufgrund der Gefahrenlage vor Ort eine unmittelbare Handlungspflicht für die zuständige Behörde besteht, hat die zuständige Behörde faktische Amtshandlungen zur Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehl- und Zwangsgewalt direkt an Ort und Stelle selbst durchzuführen (Abs. 3). Zur Sicherstellung der Durchführung der Amtshandlung sollen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Ersuchen Hilfe zu leisten haben. Im Anschluss an eine solche faktische Amtshandlung soll binnen zwei Wochen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen sein, der wiederum auf § 57 Abs. 1 AVG gestützt werden kann.

Die von der zuständigen Behörde durchzuführenden Sicherheitsmaßnahmen haben unabhängig vom Einleiten und Betreiben eines Verwaltungsstrafverfahrens zu erfolgen, da es sich bei diesen Bestimmungen um Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ohne Strafcharakter handelt. Ist jedoch aufgrund der Art der Tätigkeit und der davon ausgehenden Gefahren zu besorgen, dass einem behördlichen Auftrag nicht entsprochen wird, soll die Behörde, so keine gelinderen Mittel mehr zur Verfügung stehen, gemäß Abs. 4 über allfällig basierend auf Abs. 1 beschlagnahmte Strahlenquellen den Verfall auszusprechen haben. Die behördliche Verfügungsbefugnis über beschlagnahmte Strahlenquellen beinhaltet auch die Befugnis zur Auswahl eines geeigneten Ortes für eine – zeitlich begrenzte – Lagerung.

Für die Kostentragung der gemäß Abs. 1 durchgeführten Maßnahmen soll grundsätzlich die/der für die Gefahr rechtlich Verantwortliche herangezogen werden (Abs. 5). Diese Regelung ist analog zu den Bestimmungen zur Kostentragung beim Auffinden von kontaminierten Waren und radioaktiven Altlasten sowie beim Fund von herrenlosen radioaktiven Quellen (siehe die §§ 108 Abs. 6 bzw. 138 Abs. 4).

Zu § 149 (Information der Öffentlichkeit über behördliche Aufgaben im Strahlenschutz):

Art. 77 der Richtlinie 2013/59/Euratom fordert, dass alle Personen, die im Rahmen von Tätigkeiten exponiert werden (können), entsprechende Informationen „im Zusammenhang mit der Rechtfertigung von Kategorien oder Arten von Tätigkeiten, der Regulierung von Strahlungsquellen und dem Strahlenschutz“ erhalten. Diese Forderung wird großteils durch die diversen in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Informationspflichten erfüllt. Gemäß Abs. 1 sollen darüber hinaus durch den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz für den medizinischen Bereich sowie durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie für alle übrigen Bereiche, insbesondere über die Rechtfertigung von Tätigkeiten sowie die Bewilligungs- und Überprüfungsverfahren, Informationen bereitgestellt werden.

Mit Abs. 2 sollen analoge Forderungen aus den Richtlinien 2009/71/Euratom und 2011/70/Euratom umgesetzt werden, wobei dies in Österreich aktuell nur zwei Anlagen betrifft, nämlich den Forschungsreaktor der Technischen Universität Wien und die Entsorgungsanlage für radioaktive Abfälle in Seibersdorf.

Zu § 150 (Kontaktstellen gegenüber anderen Mitgliedstaaten):

Mit § 150 soll Art. 76 Abs. 2 der Richtlinie 2013/59/Euratom umgesetzt werden, wonach jeder Mitgliedstaat Kontaktstellen für die Behördenkommunikation zwischen den Mitgliedstaaten einzurichten hat.

Als Kontaktstellen in Österreich sollen das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz für den medizinischen Bereich sowie das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie für die übrigen Bereiche dienen. Durch die Einrichtung und Benennung dieser Kontaktstellen erfolgt keinerlei Übertragung von Behördenzuständigkeiten. Die Kontaktstellen haben lediglich die Aufgabe, die in Österreich zuständige Behörde mit Anliegen bzw. Informationen anderer Mitgliedstaaten zu befassen und erforderlichenfalls für Rückmeldungen zu sorgen.

Zu § 151 (Berichtspflichten gegenüber der Europäischen Kommission):

Mit § 151 sollen alle aus der Umsetzung der in § 2 genannten Richtlinien resultierenden Berichtspflichten Österreichs gegenüber der Europäischen Kommission zugeordnet werden.

6. Teil (Strafbestimmungen)

Zu § 152 (Verwaltungsstrafen):

Grundsätzlich sollen fahrlässig begangene Übertretungen ebenso zu bestrafen sein wie vorsätzliche Verstöße. Der Grad des Verschuldens hat bei der Strafbemessung jedenfalls einzufließen. Aus spezial- und generalpräventiven Erwägungen soll künftig für den Wiederholungsfall eine höhere Strafobergrenze vorgesehen werden.

Mit Abs. 3 Z 30 soll ein Auffangtatbestand eingeführt werden, der auch die Sanktionierung von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares EU-Recht ermöglicht.

Mit Abs. 4 soll die Möglichkeit des Ausspruchs des Verfalls von Strahlenquellen als Nebenstrafe im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens geschaffen werden. Der durch den Verfall erwirkte Eigentumsverlust hat Strafcharakter und kann grundsätzlich als Strafe für in Abs. 1 normierte Tatbestände ausgesprochen werden. Die zuständige Behörde soll jedoch eine Abwägung von Wert der Strahlenquelle einerseits und Bedeutung der Tat sowie Ausmaß des Verschuldens andererseits durchzuführen haben. Die Verwertung von Verfallsgegenständen sowie die Widmung des Erlöses hat nach den diesbezüglichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 92/1991, zu erfolgen.

Von der Bestimmung des Abs. 4 ist die Regelung des § 148 Abs. 4 abzugrenzen, die den Verfall als Maßnahme zur Gefahrenabwehr ohne Strafcharakter regelt.

7. Teil (Zuständigkeiten)

Zu § 153 (Behörden):

Die Behördenzuständigkeiten für jene Belange, die dem Geltungsbereich des derzeitigen Strahlenschutzgesetzes unterliegen, sollen unverändert beibehalten werden, mit folgenden Ausnahmen:

Die behördliche Regulierung des Forschungsreaktors der TU Wien sowie der Teilchenbeschleuniger im universitären Bereich, die gemäß StrSchG 1969 in der Zuständigkeit des Wissenschaftsressorts liegt, soll künftig der Zuständigkeit der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie überantwortet werden. Durch diese Änderung soll der Vorgabe von Art. 5 Abs. 2 Buchstabe a der Richtlinie 2014/87/Euratom für die nukleare Sicherheit kerntechnischer Anlagen Rechnung getragen werden, wonach „die zuständige Regulierungsbehörde funktional von allen anderen Stellen oder Organisationen getrennt ist, die mit der Förderung oder Nutzung von Kernenergie befasst sind.“ Anzumerken ist, dass auch die IAEO in ihren Publikationen analoge Anforderungen hinsichtlich der Unabhängigkeit der Strahlenschutzbehörden stellt, wie in den IAEO Sicherheitsanforderungen GSR Teil 1 (Rev 1) Nr 4 “Die Regierung hat sicherzustellen, dass die Regulierungsbehörde in ihrer sicherheitsbezogenen Entscheidungsfindung effektiv unabhängig ist und dass diese eine funktionale Trennung von Einheiten hat, die Verantwortlichkeiten oder Interessen besitzen, welche die Entscheidungsfindung auf unzulässige Weise beeinflussen könnten”. Da die Begriffe „Verantwortlichkeiten“, „Interessen“ und „Förderung“ sehr weit interpretiert werden und darunter auch Finanzierungsmaßnahmen verstanden werden, besteht diesbezüglich nach Ansicht der Europäischen Kommission in Österreich eine Unvereinbarkeit. Diese Ansicht wird von internationalen Expertinnen und Experten, welche im Jahr 2018 eine Überprüfung des österreichischen Gesetzes-, Vollzugs- und Organisationsrahmens hinsichtlich der Verbesserung und Weiterentwicklung der nuklearen Sicherheit (Integrated Regulatory Review Service – IRRS) durchgeführt haben, geteilt. Laut dem Abschlussbericht dieser Überprüfung (IRRS-Bericht) sollte die Regierung „den regulatorischen Rahmen auf Bundesebene prüfen, um potenzielle Interessenkonflikte zu vermeiden und die angemessene Unabhängigkeit bei der Entlastung sicherheitsrelevanter regulatorischer Funktionen sicherzustellen“.

Darüber hinaus wird mit der vorgesehenen Zuständigkeitsänderung dem Ziel einer Bündelung der aktuell auf mehrere Ressorts verteilten Zuständigkeiten im Strahlenschutz auf Bundesebene Rechnung getragen.

Um einen effizienten Übergang der Zuständigkeit für den Forschungsreaktor inklusive den Angelegenheiten der nuklearen Sicherheit sowie für die genannten Teilchenbeschleuniger sicherzustellen, sollen die bestehenden einschlägigen Zuständigkeiten (§ 41 Abs. 4 Z 2 iVm Abs. 1 Z 1 lit. a und c StrSchG 1969) bis Jahresende noch beim Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung verbleiben. Innerhalb dieser Zeit ist der der Aufbau von entsprechender Expertise und der Übergang auf personeller, fachlicher und finanzieller Ebene zwischen den genannten Ressorts interministeriell vorzubereiten und abzustimmen, sowie die tatsächliche Unabhängigkeit der für Foschungsreaktoren zuständigen Behörde von ungebührlicher Beeinflussung in ihrer Regulierungsfunktion gem. § 48 Abs. 7 sicherzustellen. Folgerichtig soll Abs. 1 Z 1 lit. c bis e sowie § 48 Abs. 7 erst mit 1. Jänner 2021 in Kraft treten. Gleichzeitig sollen die Kompetenzbestimmungen gemäß Abs. 1 Z 2 außer Kraft treten (siehe Erläuterungen zu § 158 Abs. 2).

Für die nach diesem Bundesgesetz bewilligungs- oder meldepflichtige Beförderung von radioaktiven Materialien soll gemäß Abs. 1 Z 1 lit. b die Zuständigkeit der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zukommen. Die Bestimmungen für die Beförderung von radioaktiven Materialien gemäß den dafür maßgeblichen Rechtsvorschriften über die sichere Beförderung gefährlicher Güter im Straßen-, Eisenbahn-, Schiffs- oder Luftfrachtverkehr sowie die dort festgelegten Zuständigkeiten bleiben davon unberührt.

Die Zuständigkeiten für die neu hinzugekommenen Belange „Berufliche Exposition durch kosmische Strahlung in der Raumfahrt“, „Radon am Arbeitsplatz“ sowie „Bestehende Expositionssituationen aufgrund von kontaminierten Waren und radioaktiven Altlasten“ sollen gemäß Abs. 4 sowie Abs. 5 Z 2 und 3 festgelegt werden.

Zu § 154 (Verfahrenskonzentration bei Tätigkeiten):

Schon seit vielen Jahren besteht aus Gründen der Verfahrensökonomie die Vorgehensweise, den Strahlenschutz im Sinne einer Konzentrationsbestimmung in Verfahren nach anderen Rechtsgrundlagen mit zu berücksichtigen (§ 3 Abs. 1 StrSchG 1969). Diese Verfahrenskonzentration soll grundsätzlich beibehalten werden (Abs. 1).

Da aus der Formulierung des § 3 Abs. 1 StrSchG 1969 allerdings Unklarheiten in der Verwaltungspraxis im Hinblick auf den Umfang der strahlenschutzrechtlichen Konzentrationsbestimmung resultierten, soll im Rahmen dieses Bundesgesetzes eine Klarstellung dahingehend erfolgen, dass die Verfahrenskonzentration auf alle behördlichen Befugnisse und Aufgaben im Rahmen der Ausübung einer Tätigkeit anzuwenden ist (Abs. 2). Das bedeutet, dass alle strahlenschutzrechtlichen Verfahren (insbesondere bei Änderung einer Tätigkeit, Vorschreibung weiterer Bedingungen und Auflagen, Wechsel der Inhaberin/des Inhabers einer Bewilligung, Maßnahmen bei Gefahr im Verzug, Widerruf einer Bewilligung, Beendigung von Tätigkeiten und Erlöschen von Bewilligungen) sowie auch die behördlichen Überprüfungen gemäß § 61 von der Konzentrationsbestimmung gemäß Abs. 1 miterfasst werden.

Hingegen sollen gemäß Abs. 3 künftig Tätigkeiten, für deren Ausübung bautechnische Strahlenschutzmaßnahmen (§ 15 Abs. 4) erforderlich sind, nicht der Verfahrenskonzentration unterliegen. Wie die Praxis gezeigt hat, schafft die Durchführung eines zweistufigen Bewilligungsverfahrens gemäß Strahlenschutzgesetz in Konzentration mit dem gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren Probleme, da die Vorschreibung von bautechnischen Strahlenschutzmaßnahmen bereits vor der Errichtung zu erfolgen hat und nicht erst anlässlich der Betriebsaufnahme. Da der Zweck der Konzentrationsbestimmung, nämlich die Verfahrensökonomie zum Vorteil der Unternehmen und der Behörden, in solchen Fällen nicht zum Tragen kommt, sollen hier die Behördenverfahren gemäß Strahlenschutzgesetz künftig durch die jeweilige Strahlenschutzbehörde – unabhängig von einem Genehmigungsverfahren gemäß Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994, erfolgen. Es wird angemerkt, dass nur eine sehr kleine Anzahl von Gewerbebetrieben (österreichweit etwa 50 Betriebe) solche Tätigkeiten ausübt. Es handelt sich dabei insbesondere um den Betrieb von Gammaradiografieeinrichtungen, Röntgengeräten und Teilchenbeschleunigern.

Zu § 155 (Vollziehung):

Die vorgesehenen Vollziehungs- bzw. Einvernehmensbestimmungen des Abs. 1 Z 1 und 6 sowie Abs. 2 folgen den Festlegungen des Bundesministeriengesetzes, BGBl. Nr. 76/1986 idF BGBl. I Nr. 8/2020.

Die übrigen Bestimmungen sollen gegenüber jenen des derzeitigen Strahlenschutzgesetzes unverändert beibehalten werden.

8. Teil (Übergangs- und Schlussbestimmungen)

Zu § 157 (Übergangsbestimmungen):

In Bezug auf die Übergangsbestimmungen wird auf die themenspezifischen Erläuterungen verwiesen.

Zu § 158 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten):

Das derzeit geltende Strahlenschutzgesetz soll durch dieses Bundesgesetz ersetzt werden, wobei im Hinblick auf das spätere Inkrafttreten der §§ 48 Abs. 7 sowie 153 Abs. 1 Z 1 lit. c bis e auf die Erläuterungen zu § 153 verwiesen wird.

Ferner soll auch die Strahlenschutzpass-Gebührenverordnung außer Kraft treten (siehe Erläuterungen zu § 136).