Erläuterungen

I. Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 2009/103/EG über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht, ABl. Nr. L 263 vom 07. September 2009 S. 11, sieht vor, dass alle fünf Jahre ab dem 11. Juni 2005 die Mindestdeckungssummen für Personen- und Sachschäden anhand des in der Verordnung (EG) Nr. 2494/95 über harmonisierte Verbraucherpreisindizes, ABl. Nr. L 257 vom 27. Oktober 1995 S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009, ABl. Nr. L 188 vom 18. Juli 2009 S. 14, (nunmehr Verordnung [EU] 2016/792 des Europäischen Parlaments und des Rates über harmonisierte Verbraucherpreisindizes und den Häuserpreisindex sowie zur Aufhebung der Verordnung [EG] Nr. 2494/95, ABl. Nr. L 135 vom 24. Mai 2016 S. 11), genannten Europäischen Verbraucherpreisindex (EVPI) überprüft und die Beträge automatisch angepasst werden. Die Versicherungssummen werden um die im EVPI für den betreffenden Zeitraum angegebene prozentuale Änderung erhöht und auf ein Vielfaches von 10 000 Euro aufgerundet. Die Europäische Kommission unterrichtet das Europäische Parlament und den Rat über die angepassten Beträge und sorgt für deren Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union.

Die unmittelbar vor dem Abschluss stehende Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2009/103/EG über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht sieht nur vor, dass die in Art. 9 Abs. 1 angeführten Mindestdeckungssummen dahingehend geändert werden, als die Beträge der Mindestversicherungssummen für Personenschäden mit 1 300 000 Euro je Unfallopfer bzw. mit 6 450 000 Euro je Schadensfall sowie für Sachschäden mit 1 300 000 Euro festgelegt werden.

Die Europäische Kommission führte dazu erläuternd aus, dass die Mindestbeträge gemäß der Regelung des Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 2009/103/EG die aktualisierten Beträge ab Juni 2020 widerspiegeln sollten. Die prozentuale Veränderung im Bezugszeitraum Juni 2015 bis Juni 2020 betrage rund 6,1338%. Grundlage für diese Berechnungen sei der von Eurostaat veröffentlichte harmonisierte Verbraucherpreisindex. Dieser prozentuale Anstieg und die Aufrundung auf ein Vielfaches von 10 000 Euro würden zu den folgenden aktualisierten Beträgen führen: 6 450 000 Euro (Juni 2020) anstelle von 6 070 000 Euro (Juni 2015) und 1 300 000 Euro (Juni 2020) anstelle von 1 220 000 Euro (Juni 2015).

Die angepassten Beträge wurden schließlich auch im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (ABl. C 423 vom 19. Oktober 2021 S. 24).

Entsprechend dieser Valorisierung sollen mit dem vorliegenden Entwurf – wie zuletzt mit der Novelle BGBl. I Nr. 19/2017 – die Pauschalversicherungssummen des § 9 Abs. 3 sowie die Summen für Personenschäden des § 9 Abs. 4 KHVG 1994 im Sinn der unionsrechtlichen Vorgaben erhöht werden. Um die bestehenden Relationen zu wahren, sollen die Mindestversicherungssummen in § 9 KHVG 1994 auf entsprechend runde Summen angepasst werden. Gleichzeitig ist eine Erhöhung der Haftungshöchstbeträge im EKHG sowie in denjenigen Haftpflichtgesetzen, die sich betragsmäßig an den in der Verkehrshaftpflicht maßgeblichen Summen orientieren, vorzunehmen. Dies gilt für das Reichshaftpflichtgesetz, für das Gaswirtschaftsgesetz 2011 und für das Rohrleitungsgesetz.

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG („Zivilrechtswesen“), Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG („Kraftfahrwesen“) und Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG („Vertragsversicherungswesen“).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


 

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des KHVG 1994)

Zu Z 1 bis 11 (§ 9 Abs. 3 bis 6):

Entsprechend der Systematik des § 9 KHVG 1994, der als Mindestdeckungssummen Pauschalsummen vorsieht, soll die unionsrechtliche Erhöhung der Mindestversicherungssummen im österreichischen Recht nachvollzogen werden.

Die Mindestdeckungssummen im KHVG für Personenschäden und für Sachschäden betragen derzeit 6 300 000 Euro (§ 9 Abs. 4 Z 1d) und 1 300 000 Euro (§ 9 Abs. 4 Z 2). Die Mindestdeckungssumme im KHVG für Personenschäden ist daher von 6 300 000 Euro auf 6 450 000 Euro zu erhöhen, was einer prozentuellen Erhöhung von etwa 2,4 % entspricht.

Um das bisherige Verhältnis der von der Erhöhung betroffenen Beträge zu wahren, sollen auch die weiteren Mindestversicherungssummen des § 9 KHVG 1994, wie etwa die Beträge für Fahrzeuge, mit denen gefährliche Güter transportiert werden, um diesen Prozentsatz erhöht und auf ein Vielfaches von 10 000 Euro aufgerundet werden.

Die Summen bei den bloßen Vermögensschäden in § 9 Abs. 5 und § 9 Abs. 6 Z 4 KHVG sollen hingegen nicht erhöht werden. Im Jahr 2000 war das Verhältnis zwischen der gesetzlichen Versicherungssumme für bloße Vermögenschäden (§ 9 Abs. 6 Z 4 KHVG) und für die Tötung oder Verletzung einer Person (§ 9 Abs. 6 Z 1 KHVG) 1:100. Erst wenn letzterer Betrag wieder über 8 000 000 Euro steigt, soll auch die gesetzliche Mindestversicherungssumme für bloße Vermögensschäden von derzeit 80 000 Euro wieder angehoben werden.

Zu Z 12 (§ 37a Abs. 13):

Die Änderungen sollen mit Ablauf des 31. März 2022 in Kraft treten; die erhöhten Mindestversicherungssummen gelten daher ab 1. April 2022.

Zu Artikel 2 (Änderung des EKHG)

Zu Z 1 bis 7 (§ 15 Abs. 1 und 3, § 16 Abs. 1):

Wie schon im Allgemeinen Teil der Erläuterungen ausgeführt, sollen auf Grund der Erhöhung der Mindestversicherungssummen im KHVG 1994 auch die Haftungshöchstbeträge des EKHG angehoben werden. Die Risiken aus der Gefährdungshaftung finden damit auch weiterhin in den Mindestversicherungssummen Deckung (vgl. das Urteil des EuGH vom 14. September 2000 in der Rs. C-348/98, Ferreira/Seguros Mundial, Slg. 2000, I-6711, wonach die Höchstsummen der Gefährdungshaftung nicht unter den Mindestversicherungssummen in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung liegen dürfen).

Zu Z 6 (§ 21 Abs. 7):

Die nach dem Vorbild der Mindestversicherungssummen erhöhten Haftungshöchstbeträge sollen für Unfälle, die sich nach dem 31. März 2022 ereignet haben, gelten.

Zu den Artikeln 3, 4 und 5 (Änderung des Gaswirtschaftsgesetzes 2011, Reichshaftplichtgesetzes und des Rohrleitungsgesetzes)

Die Haftungshöchstbeträge des § 49 Abs. 1 Z 1 GWG 2011, der §§ 7a und 7b Reichshaftpflichtgesetz und des § 11 Abs. 1 Z 1 RohrleitungsG entsprechen den in der Verkehrshaftpflicht maßgeblichen Beträgen. Durch die Anpassungen in § 15 EKHG ist auch eine Anpassung der in den angeführten Bestimmungen genannten Beträge notwendig.

In § 169 Abs. 8 GWG 2011, § 9g ReichshaftpflichtG und § 45 Abs. 1g RohrleitungsG werden jeweils nach dem Vorbild des § 21 Abs. 7 EKHG Übergangsbestimmungen vorgesehen.