1245 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Unterrichtsausschusses

über die Regierungsvorlage (1171 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Schulzeitgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Hochschulgesetz 2005 und das 2. COVID-19-Hochschulgesetz geändert werden

Der vorliegende Gesetzentwurf umfasst insbesondere folgende Themenbereiche:

-       Überführung der „Sommerschule“ in das österreichische Schulrecht

-       Intensivierung der digitalen Grundbildung durch Überführung der verbindlichen Übung in einen Pflichtgegenstand

-       Überführung eines Schulversuches und Schaffung neuer Ausbildungsmöglichkeiten im Bereich der Elementarpädagogik

-       Stärkung der Stellung der Kuratorien an Höheren technisch-gewerblichen Lehranstalten und Höheren Lehranstalten für Land- und Forstwirtschaft

Im Sommer 2020 fand in Folge der Corona-Pandemie erstmalig eine „Sommerschule“ statt. Das Ziel lag dabei vor allem auf dem Nachholen von durch Entfall von Präsenzunterricht entstandenen Defiziten. Daher wurde, der Sachlage entsprechend, neben den kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten auch auf eine gesamthafte Betrachtung unter besonderer Berücksichtigung der sozialen Kompetenzen abgestellt. Im ersten Jahr nahmen 22.500 Schülerinnen und Schüler teil, im zweiten Jahr, im Sommer 2021, nahmen bereits mehr als 37.000 Schülerinnen und Schüler an der Sommerschule teil. Inhaltlich wurde das Konzept im Pflichtschulbereich auf Mathematik und Sachunterricht (in der Volksschule) erweitert, auf die Oberstufenformen ausgedehnt und inhaltlich variantenreicher gestaltet. Die Sommerschule in der erweiterten Form des Sommers 2021 soll in einer dynamischen Regelung in das Regelschulwesen so übernommen werden, dass auf die Situation der einzelnen Schülerinnen und Schüler eingegangen werden kann. Gleichzeitig sollen Studierende die Gelegenheit erhalten, Erfahrungen in der Praxis in herausfordernden Unterrichtssituationen (neu zusammengestellte Schülergruppen mit heterogenen Vorkenntnissen und Leistungsfähigkeiten) zu sammeln.

Die Schülerinnen und Schüler erhalten derzeit eine digitale Grundbildung als verbindliche Übung. Der Charakter der Übung entspricht nicht mehr der zentralen Bedeutung, die digitaler Kompetenz heute zukommt. Die verbindliche Übung soll daher durch einen Pflichtgegenstand ersetzt werden.

Der Schulversuch „Aufbaulehrgang für Elementarpädagogik“ soll in das Regelschulwesen übernommen Absolventen der Fachschule für pädagogische Assistenzberufe sollen damit die Möglichkeit erhalten das Bildungsgut einer Bildungsanstalt für Elementarpädagogik und die Universtitätsreife zu erhalten.

An Höheren technischen und gewerblichen Lehranstalten soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass bei der Zuwendung von zweckgebundenen Drittmitteln als spezielle Widmung die Zustimmung des Kuratoriums zur Verwendung dieser Mittel vorgesehen werden kann. Die derzeit bestehende Regelung, dass Mittel zweckgebunden werden können, ist demgegenüber allgemein gefasst, was im Vollzug immer wieder zur Unsicherheit geführt hat, inwieweit eine Zweckbindung an die Zustimmung des Kuratoriums zulässig ist. Die Ergänzung soll Rechtsklarheit schaffen.

Der IKT-gestützte Unterricht soll für Katastrophenfälle als alternative Lösung zur derzeit ausschließlich möglichen Schulschließung im Schulzeitgesetz ermöglicht werden. Als Katastrophenfälle kommen neben einer Pandemie insbesondere Naturkatastrophen in Betracht, die für Schülerinnen und Schüler den Schulweg ungangbar oder die Benützung des Schulgebäudes unmöglich machen. Im Fall von zwingenden Gründen wären die Gründe, aufgrund derer ein Unterrichtsbetrieb in der Schule nicht aufrecht erhalten werden kann, nachvollziehbar darzulegen (vgl. VfGH 10.03.2021, V 574/2020) und wären die Dauer genau festzulegen, beispielsweise „bis zur Sicherung einer Gefahrenstelle bei (Ortsangabe)“, oder „bis zur Beschaffung eines Ersatzquartiers“ (was durch den Schulerhalter unverzüglich zu veranlassen wäre) uä. Die, bereits derzeit bestehenden Unterschiede in der Formulierung zwischen allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen ergeben sich aus der Organisationsform der Berufsschule als lehrgangsmäßige Berufsschule. Hier kann, je nach dem Zeitpunkt eines Katastrophenfalles in kurzer Zeit sehr viel der Unterrichtszeit des ganzen Schuljahres entfallen. Die Sicherstellung ausreichender Unterrichtszeit muss daher anders gewährleistet werden als bei allgemein bildenden Schulen.

 

Der Unterrichtsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 7. Dezember 2021 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Romana Deckenbacher die Abgeordneten Petra Vorderwinkler, Mag. Sibylle Hamann, Melanie Erasim, MSc, MMMag. Gertraud Salzmann, Hermann Brückl, MA, Mag. Martina Künsberg Sarre und Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA sowie der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner und Mag. Sibylle Hamann einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Zu Z 1 (Änderung des Artikel 2 – Änderung des Schulunterrichtsgesetzes):

Die Regelung im Schulunterrichtsgesetz soll mit jener des Schulunterrichtsgesetzes für Berufstätige harmonisiert werden.

Zu Z 2 (Änderung des Artikel 7 - Änderung des Schulpflichtgesetzes 1985):

Die Regelung soll keine Bedingung für den häuslichen Unterricht darstellen. Sie soll lediglich sicherstellen, dass die Person, welche die Erteilung von Unterricht federführend übernehmen soll, der Behörde bekannt ist. Aus der Wortfolge „führend unterrichten“ ergibt sich, dass die Unterrichtserteilung auch durch mehrere Personen erfolgen kann. Bei mehreren unterrichtserteilenden Personen, ist jene führend, welche für die Einteilung und Organisation des Unterrichts sorgt, zeitliche Planungen vornimmt und ähnliches.

Zu Z 3 (Änderung des Artikel 7 - Änderung des Schulpflichtgesetzes 1985 - § 11 Abs. 4 bis 6):

Die Bestimmung zur Umsetzung der, auch von der Volksanwaltschaft angeregten, begleitenden Kontrolle geht von der Annahme aus, dass die Schulleitung jener Schule, die das Kind aufgrund der Schulpflicht zu besuchen hätte, den Leistungsstand und dessen Entwicklung am besten einschätzen kann. Sollte das schulpflichtige Kind inzwischen aus dem Sprengel der Schule verzogen sein, so ist das Reflexionsgespräch an der örtlich zuständigen Prüfungskommission gemäß Abs. 5 zu führen.

Das Reflexionsgespräch soll den Erziehungsberechtigten und ihren Kindern Rückmeldung zum Leistungsstand und dessen Entwicklung im häuslichen Unterricht geben. Das Gespräch soll am Ende des Wintersemesters stattfinden und in der Regel mit der Schulleitung jener Schule geführt werden, an der die Schulpflicht grundsätzlich zu erfüllen wäre. Die Schulleitung kann aber auch eine geeignete Lehrperson mit der Durchführung des Reflexionsgesprächs beauftragen. Das Gespräch kann nur stattfinden, wenn grundsätzlich sowohl das Kind als auch ein Erziehungsberechtigter daran teilnehmen. Ein Teil des Gespräches soll auch ohne Erziehungsberechtigten erfolgen können.

Die Ausrichtung des Gesprächs soll sich an den in Volks-, Mittel- und Sonderschulen zu führenden Gesprächen zwischen Schülerin oder Schüler, Lehrpersonen und Erziehungsberechtigten gemäß § 19 Abs. 1a des Schulunterrichtsgesetzes orientieren. Das Reflexionsgespräch hat keinen Prüfungscharakter, sondern soll zur gemeinsamen Reflexion über den Leistungsstand dienen und etwa 30 Minuten dauern. Ziele des Gesprächs sollen insbesonders eine

·         Erarbeitung eines möglichst umfassenden Bildes von Lernstand, Lernfortschritten und Stärken der Schülerin oder des Schülers,

·         Lernförderliche Rückmeldung mit Blick auf den Lehrplan und den zu erarbeitenden Lehrstoff und

·         Orientierungshilfe in Bezug auf Lernziele und nächste Lernschritte

sein. Die Schulverwaltung soll dazu einen Gesprächsleitfaden zur Verfügung stellen.

Die Regelung des Abs. 5 soll sicherstellen, dass die Prüfung von mit der besonderen Situation, in der sich die Kinder befinden, vertrauten und erfahrenen Lehrpersonen durchgeführt wird und in ganz Österreich nach einem vergleichbaren Standard erfolgen. Dazu dient insbesondere die Schaffung einer ausschließlich örtlichen Zuständigkeit. Die Schulverwaltung soll Leitfäden für alle Schulstufen zur Verfügung stellen.

Wird das Reflexionsgespräch verweigert, kann der häusliche Unterricht untersagt werden, dh. dass der Schulbesuch an einer in § 5 des Schulpflichtgesetzes genannten Schule zu erfolgen hat. Dasselbe gilt, wenn Umstände zu Tage treten oder sich beim Reflexionsgespräch zeigt, dass der häusliche Unterricht nicht gleichwertig ist, und angenommen werden muss, dass das Kind aufgrund seines Leistungsstands das Lernziel der jeweiligen Schulstufe am Ende des Schuljahres mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erreichen wird.

Der letzte Satz soll die in § 37 Abs. 1 des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes 2013 verankerten Verpflichtungen der Schulleitung oder Lehrperson in Bezug insbesondere zum Reflexionsgespräch und dem Nachweis des zureichenden Erfolges setzen. Das Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 spricht von einem „in Ausübung einer beruflichen Tätigkeit (…) begründetem Verdacht, dass Kinder oder Jugendliche misshandelt (…) werden (…) oder ihr Wohl in anderer Weise erheblich gefährdet ist, und kann diese konkrete erhebliche Gefährdung eines bestimmten Kindes oder Jugendlichen anders nicht verhindert werden, ist (…) unverzüglich schriftlich Mitteilung an den örtlich zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger zu erstatten“. Diese Formulierung erforderte in der Praxis eine komplexe sachliche und rechtliche Abwägung, die in einem Reflexionsgespräch von rund 30 Minuten oder einer Externistenprüfung nicht im erforderlichen Ausmaß geleistet werden kann. Im Falle einer möglichen Gefährdung des Kindeswohls (zB. soziale Isolation oder soziale Defizite u.ä.), sieht die Regelung, dem sehr begrenzten Zeitraum des Gespräches und der eingeschränkten schulischen Möglichkeiten entsprechend, eine Informationspflicht ohne die komplexe Abwägung des „anders nicht zu verhindern“ vor. Eine solche Information soll daher keine Anzeigepflicht im Sinne des § 37 Abs. 1 Kinder- und Jugendhilfegesetzes darstellen, sondern lediglich eine Information über einen Sachverhalt darstellen.

Abs. 6 soll den Vorrang der Verpflichtung des § 78 der Strafprozessordnung vor anderen Schritten festlegen.

Zu Z 4:

Auch die Pädagogischen Hochschulen sollen in der Novelle des 2. COVID-19-Hochschulgesetzes berücksichtigt werden. In Abs. 2 soll klargestellt werden, dass auch die Benutzung von Einrichtungen und Räumlichkeiten wie von Bibliotheken, Labor, Lernzonen und EDV-Räumen von den vom Rektorat angeordneten Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der COVID-19-Pandemie umfasst sind.

Im neuen Abs. 2a soll festgelegt werden, dass die Rektorin bzw. der Rektor als Vorgesetzte bzw. Vorgesetzter des Lehr- und Verwaltungspersonals der Pädagogischen Hochschule Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der COVID-19-Pandemie für Angehörige der Pädagogischen Hochschule sowie für die Mitglieder des Hochschulrates in dieser Funktion treffen kann.

Zu Z 5:

Diese Änderung ist darin begründet, dass nunmehr ein breiterer Anwendungsbereich für die Festlegung zusätzlicher Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der COVID-19-Pandemie normiert wird und daher der Erhalter das dafür maßgebliche Organ sein soll.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages in getrennter Abstimmung mit wechselnden Mehrheiten (dafür: V, G, N, dagegen: S, F bzw. dafür: V, G, dagegen: S, F, N) beschlossen.


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2021 12 07

                    Mag. Romana Deckenbacher                                          Mag. Dr. Rudolf Taschner

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann