1274 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP
Bericht
des Gesundheitsausschusses
über die Regierungsvorlage (1164 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Gesundheitsberuferegister-Gesetz, das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert werden (OTA-Gesetz)
Die LandesgesundheitsreferentInnenkonferenz befasste sich anlässlich ihrer Tagungen am 14.11.2014 und 25.10.2016 mit dem Thema „Operationstechnische Assistenz und Schaffung einer berufsrechtlichen Grundlage“ und ersuchte die damalige Bundesministerin für Gesundheit, die rechtliche Grundlage für eine qualifizierte operationstechnische Assistenz (OTA) zu schaffen.
Um die Umsetzbarkeit dieser Beschlüsse zu prüfen, hat die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) im Jahr 2015 im Auftrag des Gesundheitsressorts eine Umfrage unter 29 Krankenanstalten, darunter alle großen Träger, zum Bedarf an der Schaffung eines eigenen Gesundheitsberufs Operationstechnische Assistenz (OTA) in Österreichs Operationssälen durchgeführt. Die Befragung ergab damals, dass die Positionen und Perspektiven zur Einführung der OTA in Österreich sehr heterogen waren, wobei weder Konsens über den Bedarf noch darüber, dass die Einführung der OTA zu einer Behebung des Personalmangels führen würde, bestand.
Aufbauend auf die Bedarfserhebung aus dem Jahr 2015 und den dabei eingebrachten Positionen hat das damalige Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (BMASGK) die GÖG beauftragt, in einer nachfolgenden Erhebung im Jahr 2018 den Fokus auf die Erfassung der Veränderung in den vergangenen zwei Jahren zu legen und dabei auch vorhandene Daten, Studien oder Prognosen zu nutzen, um eine Entscheidungsgrundlage für oder gegen die Einführung der OTA in Österreich zu ermitteln. Aus den Ergebnissen dieser Erhebung ließ sich erkennen, dass die Träger (insbesondere angesichts der teilweise angespannten Personalsituation) nunmehr die Schaffung des Berufs der OTA mehrheitlich begrüßen und kein Bundesland eine explizit ablehnende Haltung gegenüber der Einführung der OTA einnahm.
Auf Grund dieser nunmehr vorliegenden klaren Befürwortung zur Schaffung des Berufs der OTA, der sowohl fachlicherseits als auch aus ökonomischer Sicht begründet wurde, ist es aus gesundheitspolitischer Sicht geboten, die gesetzlichen Grundlagen für diesen Beruf zu schaffen.
Die fachlichen Grundlagen wurden von der GÖG im Auftrag des damaligen BMASGK in einem partizipativen Prozess mit Vertreter:innen des Pflegemanagements, der Pflege im Operationssaal (OP) sowie von Ausbildungsanbietern entwickelt.
Dabei wurde in Anlehnung an das Ausbildungs- und Berufsmodell aus Deutschland und der Schweiz ein entsprechendes Berufsbild und Qualifikationsprofil sowie die Ausbildungsdauer und -inhalte der OTA festgelegt, wobei – wie auch in Deutschland und der Schweiz – diese neue Berufsgruppe dem gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege in der Spezialisierung Pflege im Operationsbereich hinsichtlich ihres Einsatzes und Tätigkeitsbereichs im Setting OP gleichgestellt sein soll.
Um das Ziel, einen modernen und zukunftsfähigen Beruf für das Setting OP zu schaffen sowie den Bedürfnissen des Gesundheitswesens und der Kompatibilität mit den anderen Berufsgruppen im Operationsbereich Rechnung zu tragen, zu realisieren, werden insbesondere folgende Regelungen getroffen:
Das Berufsbild und der Tätigkeitsbereich der Operationstechnischen Assistenz soll jenem der entsprechend aktualisierten Spezialisierung OP-Pflege entsprechen. Zusätzlich soll der Operationstechnischen Assistenz auch der berufsspezifische Einsatz in der Notfallambulanz und dem Schockraum, in der Endoskopie sowie in der Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP) möglich sein, Bereiche, die auch in den Kompetenzbereich des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege ohne Spezialisierung fallen.
Im Sinne der Durchlässigkeit wird es Berufsangehörigen des medizinischen Assistenzberufs Operationsassistenz erleichtert, sich in der Operationstechnischen Assistenz weiterzuqualifizieren. Umgekehrt wird die Möglichkeit geschaffen, nach dem ersten OTA-Ausbildungsjahr zu einer Berufsberechtigung im medizinischen Assistenzberuf Operationsassistenz zu gelangen.
Um die tatsächliche Umsetzung und den gesundheitspolitischen Mehrwert sowie die Auswirkungen auf die Versorgung und die Personalsituation im OP-Bereich der neuen Regelungen zu beurteilen, ist in Aussicht genommen, nach einem entsprechenden Beobachtungszeitraum die Entwicklung der Personalsituation im Operationsteam bei den drei betroffenen Berufsgruppen (Operationsassistenz, OTA, OP-Pflege) zu evaluieren.
Das Begutachtungsverfahren hat ergeben, dass mehrheitlich der Wunsch besteht, den neuen Beruf der Operationstechnischen Assistenz in das Gesundheitsberuferegister aufzunehmen. Diesem Wunsch wird im Rahmen der vorliegenden Regierungsvorlage entsprochen, insbesondere um die Entwicklung dieses neuen Berufs im Rahmen der Gesundheitsversorgung transparent machen und auch die o.a. Evaluierung durch valide Daten erleichtern zu können.
Näheres zu den einzelnen Regelungen ist dem Besonderen Teil zu entnehmen.
Finanzielle Auswirkungen:
Da die Operationstechnische Assistenz alternativ zur Spezialisierung Pflege im Operationsbereich ausgebildet und eingesetzt werden soll, wird die Schaffung dieser neuen Ausbildung keine Mehrkosten verursachen. Vielmehr können im Vergleich zu der insgesamt mehr als 4jährigen Ausbildung für den Erwerb der Qualifikation der Spezialisierung OP-Pflege eine Verkürzung der Ausbildung und damit potentielle Einsparungen entstehen.
Klargestellt wird, dass es den Trägern überlassen bleibt, welche der beiden Berufsgruppen in welcher Verteilung für das betroffene Aufgabengebiet eingesetzt wird, sodass auf Grund dieses Entscheidungsspielraums der betroffenen Träger keine proaktiven Aussagen über die künftigen Ausbildungsplätze in der Operationstechnischen Assistenz einerseits und der Sonderausbildung Pflege im Operationsbereich andererseits getroffen werden können. Dies wird auch Gegenstand der Evaluierung (s.o.) sein.
Da die Ausbildungen an bereits bewilligten Ausbildungseinrichtungen (Gesundheits- und Krankenpflegeschulen, Schulen für medizinische Assistenzberufe, Sonderausbildungen für die Pflege im Operationsbereich) eingerichtet werden und lediglich einer entsprechenden Zusatzbewilligung bedürfen, wird – auch angesichts der österreichweit wenigen zu erwartenden Ausbildungsstätten, die diese Ausbildung anbieten werden – der entsprechende Verwaltungsaufwand im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung nur geringfügig sein.
Auch die mit der Aufnahme der Operationstechnischen Assistenz in das Gesundheitsberuferegister verbundenen finanziellen Implikationen werden überschaubar sein, zumal die Anzahl der zu registrierenden Berufsangehörigen sich zunächst nur auf die im Ausland ausgebildeten und in der OTA anerkannten Berufsangehörigen beschränken werden, während die Absolvent:innen der inländischen Ausbildungen erst frühestens drei Jahre ab Inkrafttreten zur Registrierung gelangen werden.
Verhältnismäßigkeitsprüfung:
Durch die Schaffung des neuen Gesundheitsberufs Operationstechnische Assistenz werden neue Berufsreglementierungen normiert, die auf Grund des Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetzes, BGBl. I Nr. 67/2021, in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/958 die Durchführung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung erfordern. Diese ist im Anhang zu den Erläuterungen angefügt.
Kompetenzgrundlage:
In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das vorliegende Bundesgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG („Gesundheitswesen“), Artikel 10 Abs. 1 Z 11 B-VG („Arbeitsrecht und Sozialversicherungswesen“) und Art. 14 Abs. 1 B-VG („Schul- und Erziehungswesen“).
Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:
Die Aufnahme eines weiteren Berufs in das Gesundheitsberuferegister und die damit verbundene Erweiterung des Aufgabenbereichs der Registrierungsbehörden als eigene Bundesbehörden in einer Angelegenheit des Gesundheitswesens, das in die mittelbaren Bundesverwaltung fällt, erfordert aus verfassungsrechtlicher Sicht die Zustimmung der Länder zur Kundmachung gemäß Art. 102 Abs. 4 B-VG.
Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 9. Dezember 2021 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Ralph Schallmeiner die Abgeordneten Dr. Josef Smolle, MMag. Katharina Werner, Bakk. und Philip Kucher sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein.
Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, G, dagegen: S,N) beschlossen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1164 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2021 12 09
Ralph Schallmeiner Mag. Gerhard Kaniak
Berichterstatter Obmann