1313 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht und Antrag

des Gesundheitsausschusses

über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das COVID-19-Maßnahmengesetz und das Epidemiegesetz 1950 geändert werden

Im Zuge seiner Beratungen über den Antrag 2173/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Impfpflicht gegen COVID-19 (COVID-19-Impfpflichtgesetz – COVID-19-IG), hat der Gesundheitsausschuss am 17. Jänner 2022 auf Antrag der Abgeordneten Gabriela Schwarz und Ralph Schallmeiner mit Stimmenmehrheit (dafür: V, G, dagegen: S, F, N) beschlossen, dem Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 Geschäftsordnungsgesetz einen Selbständigen Antrag vorzulegen, der eine Novelle zum COVID-19-Maßnahmengesetz und zum Epidemiegesetz 1950 zum Gegenstand hat.

Dieser Antrag war wie folgt begründet:

„Inhaltlicher Zusammenhang mit dem Impfpflichtgesetz

Das Bundesgesetz über die Impfpflicht gegen COVID-19 stellt eine zentrale Maßnahme zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie dar. Der Impfschutz führt zu einer Verringerung der Transmissionswahrscheinlichkeit von SARS-CoV-2 und zu einer Verringerung schwerer Verläufe von COVID-19 und trägt somit zum Schutz der Gesundheitsinfrastruktur bei. Diesem Ziel dienen auch die im COVID-19-MG und EpiG vorgesehenen Änderungen. Die Einführung eigener Tatbestände für Verstöße gegen das Betreten und Befahren von Betriebsstätten, Arbeitsorten, bestimmten Orten, öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit, Alten- und Pflegeheimen sowie stationären Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe, das Benutzen von Verkehrsmitteln oder die Teilnahme an einer Zusammenkünften entgegen dem vorgesehenen Nachweis einer geringen epidemiologischen Gefahr, die Anhebung der Höchststrafen im COVID-19-MG und im EpiG sowie die Erweiterung der Kontrollorgane stehen damit im inhaltlichen Zusammenhang, da diese Maßnahmen ebenso dem Schutz der Gesundheitsinfrastruktur dienen. Ferner stellen Auflagen, Bedingungen und Voraussetzungen gelindere Mittel im Verhältnis zu Betretungsverboten oder Ausgangsregelungen nach dem COVID-19-MG dar. Die Forcierung von Schutzimpfungen gegen COVID-19 im Wege des COVID-19-Impfpflichtgesetzes ist vor dem Hintergrund der Wahrung des wirtschaftlichen Wohles der Gesamtwirtschaft und im Verhältnis zu den mit den zuvor erwähnten Betretungsverboten und Ausgangsregelungen verbundenen Eingriffen in verfassungsrechtlich geschützte Rechte ebenso als gelinderes Mittel zur Verhinderung einer Überlastung der Gesundheitsinfrastruktur (im Zusammenhang mit COVID-19) anzusehen Der inhaltliche Zusammenhang zwischen dem COVID-19-Impfpflichtgesetz und den Änderungen im COVID-19-MG und im EpiG besteht daher einerseits darin, dass diese Maßnahmen dem Schutz der Gesundheitsinfrastruktur vor Überlastung dienen und andererseits darin, dass es sich um gelindere Maßnahmen im Vergleich zu Betretungsverboten und Ausgangsregelungen handelt. Ferner findet sich in der Novelle zum EpiG eine Regelung, die ausdrücklich auf das COVID-19-Impflichtgesetz Bezug nimmt und damit den bestehenden inhaltlichen Zusammenhang noch weiter verdeutlicht.

Zu Artikel 1 (COVID-19-Maßnahmengesetz):

Zu Z 1 (§ 8):

Die Wirksamkeit seuchenrechtlicher Maßnahmen zur Eindämmung pandemischer Geschehnisse hängt wesentlich von deren Einhaltung durch die Normunterworfenen ab. Der VfGH leitet aus dem Gleichheitsgrundsatz ab, dass das Strafausmaß zur Straftat nicht unverhältnismäßig sein darf (s VfSlg 12.151). Vor diesem Hintergrund werden die derzeit in § 8 des COVID-19-Maßnahmengesetzes verankerten Strafrahmen aus Gründen der Spezial- und Generalprävention gleichmäßig erhöht. Ferner dient dies – gleichartige Maßnahmen werden im EpiG vorgesehen – dem Schutz der Gesundheitsinfrastruktur zur Vermeidung von Überlastung auch im Bereich der Versorgung von Patient:innen, die keiner Intensivbetreuung bedürfen.

Der Kontrolle von Nachweisen einer geringen epidemiologischen im Rahmen kommt im Rahmen der Eindämmung des pandemischen Geschehens große Bedeutung zu, weshalb für diese Auflage oder Voraussetzung für das Betreten oder Befahren nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz eigene Tatbestände eingeführt werden. Wer entgegen dem in einer Verordnung gemäß §§ 3 bis 4a festgelegten Nachweis einer geringen epidemiologischen Gefahr eine Betriebsstätte oder einen Arbeitsort betritt oder befährt, ein Verkehrsmittel benutzt oder die in einer Verordnung gemäß § 4 oder § 4a genannten Orte betritt oder befährt, begeht nach § 8 Abs. 3 eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 50 Euro bis zu 1000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 2 000 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, zu bestrafen.

Im Zusammenhang mit der Sorgetragungspflicht von Inhabern von Betriebsstätten oder Arbeitsorten, von Betreibern von Verkehrsmitteln, von Alten- und Pflegeheimen oder stationären Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe oder von gemäß § 4 hinsichtlich bestimmter privater Orte nicht von § 8 Abs. 3 erfasster Verpflichteter wird in § 8 Abs. 5 festgelegt, dass wenn die Betriebsstätte, der Arbeitsort, das Verkehrsmittel, das Alten- und Pflegeheim oder die stationäre Wohneinrichtung der Behindertenhilfe oder der bestimmte private Ort entgegen dem in einer Verordnung gemäß §§ 3 bis 4a festgelegten Nachweis einer geringen epidemiologischen Gefahr betreten oder befahren wird, eine Verwaltungsübertretung begangen wird und eine Geldstrafe von 360 Euro bis zu 7 200 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 14 400 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu verhängen ist.

Zu Z 2 (§ 9 Abs. 1):

Die Befugnisse der zur Vollziehung der für die gewerberechtlichen Vorschriften zuständigen Organe der Bezirksverwaltungsbehörde, der Aufsichtsorgane gemäß §§ 24ff des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes – LMSVG, BGBl. I Nr. 151/2005, und der Organe der Arbeitsinspektion werden jenen der zur Vollziehung der für die gesundheitsrechtlichen Vorschriften zuständigen Organe der Bezirksverwaltungsbehörde gleichgestellt. Diese Maßnahme dient der Verstärkung der Überprüfung der Einhaltung der Maßnahmen nach dem COVID-19-MG.

Zu Artikel 2 (Epidemiegesetz 1950):

Zu Z 1 (§ 4 Abs. 6):

Zwar besagt der rechtswissenschaftliche Grundsatz „lex posterior derogat legi priori“, dass ein späteres Gesetz einem früheren Gesetz derselben Rangordnung vorgeht, jedoch soll aufgrund der gebotenen Vorhersehbarkeit von Eingriffen in Grundrechte (hier: Das Grundrecht auf Datenschutz gemäß § 1 DSG) der Widerspruch zwischen dem strengen Weiterverarbeitungsverbot in dieser Bestimmung mit § 5 Abs. 2 Z 2 des COVID-19-Impfpflichtgesetzes behoben werden.

Zu Z 2 bis 4 (§§ 39 und 40):

Die Anhebung der Höchststrafen im EpiG – im COVID-19-MG werden gleichartige Maßnahmen vorgesehen – dient dem Schutz der Gesundheitsinfrastruktur zur Vermeidung von Überlastung auch im Bereich der Versorgung von Patient:innen, die keiner Intensivbetreuung bedürfen. Hierbei handelt es sich um ein legitimes Schutzziel, das auch der Verfassungsgerichtshof iSd Schutzes der öffentlichen Gesundheit anerkannt hat (s V 411/2020).

Zu Z 5 (§ 50 Abs. 28):

Die Bestimmungen der §§ 39 und 40 treten – ebenso wie das COVID-19-MG – mit 30. Juni 2022 außer Kraft und am 1. Juli 2022 in der Fassung BGBl. I Nr. 183/2021 wieder in Kraft.

Diese Bestimmung regelt das In- und Außerkraftreten. Da das COVID-19-Impfpflichtgesetz mit Ablauf des 31. Jänner 2024 außer Kraft treten soll, soll auch § 4 Abs. 6 in der Fassung dieses Bundesgesetzes wieder außer Kraft treten.

Vor Beginn der Debatte wurde einstimmig die Durchführung eines öffentlichen Hearings gemäß § 37a Abs. 1 Z 3 GOG-NR beschlossen, dem nach § 40 GOG-NR einstimmig folgende Expertinnen und Experten beigezogen wurden:

- Univ.-Prof. Dr. Michael Geistlinger

- Univ.-Prof. Dr. Konrad Lachmayer

- Dr. Susanne Rabady

- Prim. Prof. Dr. Christian Sebesta

- Univ.-Prof. Dr. Christiane Wendehorst

Im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Ralph Schallmeiner gaben die Expertinnen und Experten ihre Eingangsstatements ab. In den beiden Fragerunden meldeten sich die Abgeordneten Gabriela Schwarz, Dr. Werner Saxinger, MSc, Philip Kucher, Mag. Verena Nussbaum, Dietmar Keck, Mag. Gerald Hauser, Peter Wurm, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Mag. Beate Meinl­Reisinger, MES, Mag. Gerald Loacker, Ralph Schallmeiner, Dr. Susanne Fürst, Alois Stöger, diplômé, Mario Lindner, Dr. Josef Smolle zu Wort. Weiters ergriff der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein das Wort. Die Expertinnen und Experten beantworteten die an sie gerichteten Fragen.

Nach Beendigung des öffentlichen Hearings gaben die Abgeordneten Ralph Schallmeiner, Mag. Verena Nussbaum, Dr. Werner Saxinger, MSc, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Mag. Gerald Loacker, Alois Stöger, diplômé, Peter Wurm und Philip Kucher sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak weitere Wortmeldungen ab.

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Ralph Schallmeiner gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2022 01 17

                             Ralph Schallmeiner                                                      Mag. Gerhard Kaniak

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann