132 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 484/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das Apothekengesetz geändert werden (16. COVID-19-Gesetz)

Die Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 22. April 2020 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Art. 1 (Änderung des Epidemiegesetzes 1950)

Allgemeine Vorbemerkungen:

Die Zahl der COVID-19-Erkankten unterliegt in Österreich starken Veränderungen. Hatte Österreich Mitte März noch besorgniserregende tägliche Steigerungsraten von bis zu 40 Prozent und mehr zu verzeichnen und musste daher eine exponentielle Zunahme mit dramatischen Konsequenzen befürchtet werden, so konnte dies durch die eingeleiteten Maßnahmen deutlich verringert und verbessert werden.

Dennoch ist aufgrund der schrittweisen Wiederöffnung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche eine zweite Welle durchaus möglich.

Die Herausforderung besteht darin, eine zweite Infektionswelle während und nach der schrittweisen Lockerung der Maßnahmen möglichst klein zu halten.

Dies zu erreichen ist das zentrale Ziel der vorliegenden Regelungen.

Denn falls dies nicht gelingen würde und eine zweite starke Welle eintreten würde, so könnte dies zu zehntausenden Erkrankten und sogar zu einem Überschreiten der Kapazitäten unseres Spitalsystems führen.

Es ist wichtig zu betonen, dass es zwischen diesen beiden Szenarien praktisch keine dritte Möglichkeit gibt. Entweder werden die Ansteckungen kontrolliert und die Ausbreitung konsequent verhindert, oder die Krankheit verbreitet sich unkontrolliert mit massiver Überlastung des Gesundheitswesens und unabsehbarer Schäden auch für Nicht-COVID-Erkrankte.

Die massiven Anstrengungen auf allen Ebenen des öffentlichen Gesundheitsdienstes verfolgen daher weiterhin konsequent das Ziel, die Neu-Infektionen in Österreich so früh wie möglich zu erkennen und die weitere Ausbreitung des Virus durch Kontaktreduktionen und Isolationsmaßnahmen mit größtmöglicher Geschwindigkeit zu verhindern und zu verzögern.

Für die Begleitung und Umsetzung der Öffnungsstrategie und den Erfolg der ‚Containment 2.0‘Strategie sind folgende Punkte entscheidend, um eine weitere Ausbreitung des Virus in Österreich zu vermeiden:

                        – die ehestmögliche Identifizierung und Absonderung von Personen, die an COVID-19 leiden bzw. mit SARD-CoV-2 infiziert sind und

                        – das damit einhergehen rasche und konsequente Kontaktpersonenmanagement.

Die vorgeschlagenen rechtlichen Anpassungen dienen dazu, den Behörden den notwendigen Spielraum zu verschaffen, um personell (z. B. Heranziehung weiterer Personengruppen zur Unterstützung der Behörden) reagieren zu können. Weiters werden die technischen (Datenbank, Proben ID etc.) Instrumentarien ergänzt und erweitert, um adäquat auf die Anforderungen zum Schutze der öffentlichen Gesundheit und des öffentlichen Gemeinwesens reagieren zu können, und andererseits die Entwicklung der Pandemie besser abschätzen zu können (Screeningprogramme, Forschung etc.).

Zu Z 1 (§ 4 Abs. 7):

siehe Z 3, begleitend erfolgt die ausdrückliche Ermächtigung, die zur Abklärung eines Ausbruchsclusters erforderlichen Daten im Register anzeigepflichtiger Krankheiten personenbezogen zu verarbeiten.

Zu Z 2 (§ 4a Abs. 5):

Forschung mit anonymisierten Daten aus dem Statistikregister soll auch der Gesundheit Österreich GmbH möglich sein.

Zu Z 3 (§ 5 Abs. 4):

Das Ziel ist es im Zuge der Containment 2.0 Strategie, die Erhebungen der Kontaktpersonen I innerhalb von 24 Stunden sicherzustellen, wobei vorgesehen ist, innerhalb weiterer 24 Stunden nach dem Vorliegen eines Laborergebnisses die Kontaktpersonen der Kategorie I abzusondern. Dies wird nun möglich sein, wenn - sollte es zu einem entsprechenden erneuten Anstieg der Fallzahlen kommen - rasch die notwendigen Erhebungen durchgeführt werden, und in Folge allfällige weitere betroffene Bezirksverwaltungsbehörden informiert werden. Dazu soll mit dieser Bestimmung die Möglichkeit eingeräumt werden, auf zusätzliche Personenressourcen zugreifen zu können. Ergeben die Erhebungen, dass mehr als ein Bundesland von einem Ausbruchscluster betroffen ist, so kann der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Mitarbeiter der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit als Sachverständige mit der Ausbruchsabklärung beauftragen, um die notwendigen Zusammenhänge erkennen zu können und eine rasche Koordination zwischen den zuständigen Landesbehörden sicherzustellen.

Zu Z 4:

§ 5a:

Die Maßnahmen, welche zur Bekämpfung der Covid-19 Pandemie in Österreich gesetzt wurden, bedürfen einer laufenden Überprüfung und gegebenenfalls Adaptierung auf Basis von entsprechenden Daten. Ebenso ist die mittelfristige Erhebung einer Seroprävalenz in der österreichischen Bevölkerung ein wesentlicher Indikator für den Verlauf der Pandemie. Um hier valide und statistisch gesicherte Daten zu erhalten, ist es erforderlich entsprechende Erhebungen und Studien durchführen zu können. Mit diesem neuen § 5a wird die rechtliche Grundlage gelegt, solche Screeningprogramme etablieren zu können. Je nach Fragestellung wird sich das Screeningprogramm auf bestimmte Einrichtungen beziehen, zB Pflegeheime, auf bestimmte Berufsgruppen (zB Gesundheitspersonal) oder bestimmte Regionen (Ausbruchs-Hotspots). Dabei werden Testungen für den Nachweis des Vorliegens einer Infektion mit SARS-CoV-2, Antikörper Tests zur Bestätigung einer durchgemachten Infektion oder zum Nachweis einer erworbenen Immunität verwendet.

Für derartige Maßnahmen wird nunmehr eine ausdrückliche Grundlage geschaffen. Es wird auch dem Landeshauptmann ermöglicht, für das jeweilige Bundesland Screeningprogramme durchzuführen. Da jedoch sämtliche Kosten vom Bund getragen werden, bedarf dies der Zustimmung des Bundesministers.

Festzuhalten ist, dass die Teilnahme am Programm freiwillig ist und der ausdrücklichen Einwilligung zur Verarbeitung der personenbezogenen Gesundheitsdaten im Sinne des § 9 Abs. 2 lit. a DSGVO bedarf.

§ 5b:

Mit der Schaffung des Registers für Screeningprogramme wird sichergestellt, dass Informationen zu den jeweiligen Screeningprogrammen einheitlich erfasst und für die weitere Beurteilung des Pandemieverlaufes herangezogen werden können.

Um auch die Erhebung und Durchführung der Screeningprogramme zu erleichtern, ist vorgesehen, dass für die Probennahme eine einheitliche Proben ID erstellt wird, um die Prozesse im Rahmen der Laborabläufe zu beschleunigen und im Falle von positiven Ergebnissen, eine unmittelbare Datenübertragung an das Register anzeigepflichtiger Krankheiten sicherzustellen. Nach Einwilligung in die Teilnahme an einem Screeningprogramm generiert das Register eine Probematerialkennung (Proben ID), die eine eindeutige Zuordnung zu einer Person ermöglicht, und auf dem Probenröhrchen angebracht wird. Dabei ist auch der Name erforderlich, da das Probenröhrchen die richtige Person erreichen muss. Die Probenmaterial-ID dient der labormäßigen Abarbeitung der Test, und der eindeutigen Zuordnung zu einer Person. Der Name und die Kontaktdaten ist solange erforderlich, bis das Testergebnis vorliegt und positive Testergebnisse in das Register anzeigepflichtiger Krankheiten übertragen wurden, damit umgehend die nötigen gesundheitsbehördlichen Maßnahmen eingeleitet werden können. So wird einerseits die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde beim Auftreten eines positiven Untersuchungsergebnisses sofort im Wege des Registers anzeigepflichtiger Krankheiten auf elektronischem Wege informiert, damit ohne Zeitverzug die notwendigen Maßnahmen können gesetzt werden können. Andererseits wird sichergestellt, dass auch die negativen Untersuchungsergebnisse als wichtige Informationen für eine Gesamtbetrachtung vorliegen.

Zu Z 5 und 17 und 18 (§ 6 Abs. 2 und § 50 Abs. 7 und 9):

Sanierung der nicht intendieren Invalidierung von Verordnungen auf Länderebene durch das 3. Covid-19-Gesetz. Im Hinblick auf das Betretungsverbot für den öffentlichen Raum war es zweifelhaft, ob eine Kundmachung in ortsüblicher Weise in jeder Gemeinde der betroffenen Gebiete ein nötiges Maß an Publizität gewährleistet hätte. Daher wird nunmehr eine Kundmachung in elektronischer Form im Internet oder – wenn landesrechtliche Vorschriften anderes vorsehen – nach diesen Regeln ermöglicht.

Zu Z 6 (§ 15):

§ 15 sieht derzeit eine Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden für Maßnahmen gegen das Zusammenströmen größerer Menschenmengen vor, dies erscheint bei Maßnahmen, die für das ganze Bundesgebiet gelten sollen, nicht sinnvoll. Überdies soll es nunmehr möglich sein, anstelle eines Totalverbots die Abhaltung an Bedingungen und Auflagen zu knüpfen oder das Zusammenkommen auf bestimmte Personengruppen einzuschränken. Die Zuständigkeit zur Verordnungserlassung ergibt sich – wie auch in allen anderen Fällen – aus § 43 Abs. 4a.

Zu Z 7 (§ 27a):

Nach dem Vorbild von Epidemieärzten als Instrument der Personalressourcenerweiterung soll es möglich sein, für nicht den Ärzten vorbehaltene Tätigkeiten auf andere geeignete Personen zurückzugreifen, die durch den Landeshauptmann für ihre Tätigkeit bestellt werden. Deren Handeln ist der Bezirksverwaltungsbehörde zuzurechnen.

Zu Z 8 bis 10 (Änderungen in § 28c):

Für die Zeit der Pandemie sind auch nichtmedizinischen Labors ermächtigt, Labortest für den Menschen durchzuführen, sie haben die Aufnahme dieser Tätigkeit dem BMSGPK zu melden. Nunmehr werden die für diese Labors bestehenden Qualitätsanforderungen konkretisiert und kann diesen erforderlichenfalls die Berechtigung auch wieder entzogen werden.

Zu Z 11 (§ 32 Abs. 6):

Verordnungsermächtigung für den BMSGPK, um eine österreichweit einheitliche Verwaltungsführung durch die Bezirksverwaltungsbehörden zu gewährleisten.

Zu Z 12 und 13 (§ 36 Abs. 1 lit. a und n):

Klarstellung hinsichtlich der Kostentragung für Screeningprogramme und von zusätzlichen Personalerfordernissen auf Länderebene.

Zu Z 14 (§ 43 Abs. 4a.):

Sofern eine Verordnung für das ganze Bundesgebiet gelten soll, erscheint eine Klarstellung hinsichtlich der Zuständigkeit des für das Gesundheitswesen zuständige Bundesministers sinnvoll.

Zu Z 15 (§ 45):

Die in der geltenden Fassung des § 45 verwendeten Begrifflichkeiten entsprechen nicht den heute im Wehrrecht verwendeten Termini. Dies hat in der laufenden Praxis wiederholt zu Unklarheiten, Missverständnissen und Zweifelsfragen geführt. Im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit soll daher die relevante Terminologie im Epidemiegesetz 1950 an jene im Wehrrecht (vgl. insbesondere § 1 WG 2001) angepasst werden. Mit dieser Klarstellung sind keinerlei materielle Änderungen verbunden.

Zu Z 16 (§ 46):

Im Hinblick auf die Containment-Strategie ist es unabdingbar (im Sinne zur Regelung des Gegenstandes erforderlich), abweichend von § 62 Abs. 1 AVG mündliche Bescheide auch telefonisch aussprechen zu können, um sicherzustellen, dass ein Krankheitsverdächtiger sofort seine Wohnung nicht verlässt oder diese unverzüglich aufsucht. Diese Bescheide sind mit höchstens 48 Stunden befristet, sofern das Testergebnis nicht früher vorliegt. Im Fall eines positiven Testergebnisses ist ein Absonderungsbescheid für eine Erkrankten zu erlassen.

Zu Z 18 (§ 50 Abs. 9 bis 11):

Diese Bestimmungen regeln das Inkrafttreten. Bestimmungen, die spezifisch nur für die COVID-19-Pandemie (§ 5a und § 5b sowie § 46) zeitlich befristet werden.

Art. 2 (Änderung des Apothekengesetzes)

Hier wird die Bestimmung über Militärapotheken systematisch richtig ins Apothekengesetz überführt.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 23. April 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Ralph Schallmeiner die Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Mag. Gerald Loacker und Ing. Markus Vogl sowie der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak.

Ein von den Abgeordneten Philip Kucher, Mag. Gerald Loacker und Dr. Dagmar Belakowitsch eingebrachter Antrag gemäß § 40 Abs. 1 GOG-NR auf Einholung von schriftlichen Stellungnahmen fand keine Mehrheit (für den Antrag: S, F, N, dagegen: V, G).

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, G, dagegen: S, F, N) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2020 04 23

                             Ralph Schallmeiner                                                        Mag. Gerhard Kaniak

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann