1332 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

Berichtigte Fassung vom 17. Februar 2022

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (1290 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einrichtung eines Hospiz- und Palliativfonds und über die Gewährung von Zweckzuschüssen an die Länder zur finanziellen Unterstützung der Hospiz- und Palliativversorgung ab dem Jahr 2022 (Hospiz- und Palliativfondsgesetz – HosPalFG) erlassen sowie das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden

sowie

über den Antrag 1484/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich

                                                               Regierungsvorlage 1290 der Beilagen

 

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Im Regierungsprogramm der XXVII. Legislaturperiode („Aus Verantwortung für Österreich.“ – Regierungsprogramm 2020 – 2024) wird die Palliativ- und Hospizpflege als besondere Form der Pflege bezeichnet, die versucht, Menschen mit unheilbaren Krankheiten ein Lebensende in Würde zu ermöglichen.

Die Hospiz- und Palliativversorgung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie Erwachsenen umfasst die aktive Betreuung der körperlichen, psychisch-emotionalen, sozialen, kulturellen und spirituellen Bedürfnisse vom Zeitpunkt der Diagnosestellung an und gewinnt aufgrund der zunehmenden Anzahl chronisch kranker und multimorbider Menschen jeden Alters wesentlich an Bedeutung.

Da es in dieser schwierigen Zeit eine unkomplizierte und vor allem sichere Stütze für unheilbar erkrankte Menschen und ihre An- und Zugehörigen braucht, ist vorgesehen, dass die Finanzierung der Hospiz- und Palliativversorgung auf sichere Beine gestellt und in die Regelfinanzierung überführt werden soll.

In einem ersten Schritt sollen daher mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der österreichweite, bedarfsgerechte und flächendeckende Aus- und Aufbau sowie die Sicherung des laufenden Betriebes in Bereichen der spezialisierten Hospiz- und Palliativversorgungsangebote, die nicht unter die Leistungsorientierte Krankenanstaltenfinanzierung fallen (im Folgenden: LKF-finanziert) unter Erarbeitung und Einhaltung bestimmter Qualitätskriterien und -indikatoren unterstützt werden, wobei der gegenständliche Gesetzentwurf als Folgeregelung des § 2 Abs. 2a Pflegefondsgesetzes – PFG, BGBl. I Nr. 57/2011, anzusehen ist. Dies entspricht auch einer Weiterführung und Weiterentwicklung der Umsetzung der Empfehlungen der parlamentarischen Enquete-Kommission „Würde am Ende des Lebens“, aufgrund derer ab dem Jahr 2017 im Pflegefondsgesetz, BGBl. I Nr. 57/2011 idF BGBl. I Nr. 113/2021, verankert wurde, dass für die Finanzausgleichsperiode 2017 bis 2021 jährlich ein zweckgebundener Zuschuss zur Verfügung gestellt werden soll. Es ist beabsichtigt, die Drittelfinanzierungslösung Bund, Länder und Träger der Sozialversicherung des Pflegefondsgesetzes beizubehalten.

Weiter zu fördern ist jedenfalls die Freiwilligenarbeit, die eine wertvolle Stütze sowohl für die Betroffenen als auch für das System der Hospiz- und Palliativversorgung darstellt. Das derzeit auch spendenbasierte System soll zu einem durch die öffentliche Hand geförderten und durch Spenden unterstütztes System weiterentwickelt werden, das die Einhaltung von Mindeststandards sichert. Die Unterstützung durch Spenden erfolgt dabei nicht nur monetär, sondern auch in Form von unentgeltlicher Arbeitszeit der ehrenamtlichen Tätigkeit.

Durch die vorgeschlagene Neuregelung des § 117 Z 2 ASVG und der Parallelregelungen in den Sondergesetzen soll eine entsprechende Klarstellung dahingehend erfolgen, dass Krankenbehandlung auch im Rahmen der Hospiz- und Palliativversorgung stattfindet und folglich vom Schutzbereich der Krankenversicherung umfasst wird.

Vor diesem Hintergrund sollen mit dem gegenständlichen Gesetzesvorschlag folgende Maßnahmen gesetzt werden:

Der gegenständliche Gesetzesvorschlag bezweckt die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Gewährung von Zweckzuschüssen gemäß §§ 12 und 13 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 – F‑VG 1948, BGBl. Nr. 45/1948, als Unterstützungsangebot an die Länder für Maßnahmen und Zielsetzungen im Rahmen bestimmter modular abgestufter Versorgungsangebote in der Hospiz- und Palliativversorgung, durch das die Kompetenzverteilung nicht berührt wird.

Finanzielle Erläuterungen:

Die Bundesmittel aus dem Hospiz- und Palliativfonds werden aus Budgetmitteln des Bundes (UG 21) aufgebracht; die Bedeckung kann durch Umschichtungen im Bundeshaushalt gewährleistet werden. Für die Unterstützung der Erfüllung des Zielwerts des Ausbaugrads des Hospiz- und Palliativangebotes sind die Gesamtkosten in allen Bereichen zugrunde zu legen. Diesbezüglich wird von einer Einigung über eine Drittelfinanzierungslösung Bund, Länder und Träger der Sozialversicherung ausgegangen.

Die Zweckzuschüsse werden vom Bund – unter der Prämisse einer Vereinbarung zwischen Bund, dem jeweiligen Land und den Trägern der Sozialversicherung – direkt an die den Zweckzuschuss in Anspruch nehmenden Länder zur Anweisung gebracht. Die von den Trägern der Sozialversicherung zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel werden direkt von diesen an die den Zweckzuschuss in Anspruch nehmenden Länder zur Anweisung gebracht. Von den Ländern wird mindestens ein Drittel der Gesamtkosten selbst getragen.

Die Dotierung des Fonds für den Bundesanteil für die Jahre 2022 bis 2024 von insgesamt 108 Millionen Euro ergibt sich aus nachstehender Tabelle:

 

2022

2023

2024

Zweckzuschüsse (1/3 des Aufwandes)

21 Mio. EUR

36 Mio. EUR

51 Mio. EUR

Ab dem Jahr 2025 soll der Betrag des Zweckzuschusses jährlich erhöht werden. An die Stelle des Betrages von 2024 (51 Mio. EUR) tritt mit Wirkung vom 1. Jänner 2025 – und in der Folge mit Wirkung vom 1. Jänner jeden Jahres – der mit der für das jeweilige Kalenderjahr geltenden Aufwertungszahl gemäß § 108 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der jeweils geltenden Fassung, durch Multiplikation vervielfachte und auf voll 10 Cent gerundete Betrag, wobei der Vervielfachung der für das jeweils vorangegangene Jahr ermittelte und gerundete Betrag zugrunde zu legen ist.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht gründet sich der vorgeschlagene Gesetzentwurf auf §§ 12 und 13 F-VG 1948 (zweckgebundene Bundeszuschüsse), in Bezug auf § 10 des Hospiz- und Palliativfondsgesetzes auf Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG (sonstige Statistik) und in Bezug auf Artikel 2 bis Artikel 5 auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG (Sozialversicherungswesen).

Die Koordinationskompetenz in Pflegeangelegenheiten kommt dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß Teil 2 Abschnitt M Z 5 der Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes 1986, BGBl Nr. 76/1986 idF BGBl. I Nr. 148/2021, zu.

Die Angelegenheiten der Sozialversicherung einschließlich der Krankenversicherung und der Unfallversicherung kommen dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß Teil 2 Abschnitt M Z 2 der Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes 1986, BGBl Nr. 76/1986 idF BGBl. I Nr. 148/2021, zu.

Die Angelegenheiten der Finanzverfassung kommen dem Bundesministerium für Finanzen gemäß Teil 2 Abschnitt G Z 1 der Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes 1986, BGBl Nr. 76/1986 idF BGBl. I Nr. 148/2021, zu.

 

                                                               Entschließungsantrag 1484/A(E)

 

Die Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 09. April 2021 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Caritas hat am 1. April 2021 folgende Aussendung verfasst:

‚Caritas: Drei-Punkte-Plan für Hospiz- und Palliativ-Bereich

Landau: Es braucht eine Sicherstellung der Regelfinanzierung, einen Ausbau der Angebote und einen Rechtsanspruch auf alle Hospiz- und Palliativ-Angebote

Wien (OTS) – ‚Menschen am Ende ihres Lebens haben keine Zeit mehr zu verlieren‘, sagt Michael Landau, Präsident der Caritas Österreich in einer Aussendung. Er nimmt damit Bezug auf die seit vielen Jahren geforderten Reform- und Ausbauschritte der Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich: ‚Leider ist die bereits überfällige Entscheidung zu einer bundesweiten Regelfinanzierung der Angebote im Palliativ- und Hospizbereich noch immer nicht getroffen – damit hinkt auch der Ausbau dieser so wichtigen Angebote nach.‘

Konkret braucht es jetzt vor allem drei Reformschritte, so der Präsident:

1. Regelfinanzierung sichern

Fakt ist: Der Hospiz- und Palliativbereich ist in Österreich teilweise noch immer auf Spenden angewiesen. Für den notwendigen Ausbau der Angebote ist zunächst eine Grundsatzentscheidung zur Regelfinanzierung zu treffen. Dazu der Caritas Präsident: ‚Heute würde zu Recht niemand auf die Idee kommen, um Spenden zu bitten, damit jemand mit einer gebrochenen Hand im Krankenhaus behandelt werden kann.‘ Genauso selbstverständlich muss auch eine öffentliche bundesweit einheitliche Regelfinanzierung für Hospiz- und Palliativangebote in Österreich sein. Momentan folgt einzig die Palliativversorgung in einem Krankenhaus bundesweit einer einheitlichen Finanzierungslogik. Zu den anderen Angeboten bestehen unterschiedlichste (Teil-)Finanzierungslösungen, viele Angebote sind noch immer auf Spenden angewiesen.

Landau: ‚Es braucht so schnell wie möglich eine österreichweit einheitliche und vor allem auch langfristig abgesicherte öffentliche Finanzierung, die an bundesweit einheitliche Qualitätskriterien gebunden ist. Hospiz- und Palliativangebote sollen möglichst ohne oder nur mit geringer Kostenbeteiligung der Betroffenen, ähnlich wie bei Krankenhaus-Aufenthalten, in Anspruch genommen werden können.‘

2. Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung

Fakt ist: Die Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich ist nicht ausreichend ausgebaut. Landau: ‚Damit alle Menschen die Möglichkeit haben in Würde zu sterben braucht es einen Ausbau von Angeboten - flächendeckend in ganz Österreich: Für Erwachsene, Kinder und Jugendliche, über alle Angebote der abgestuften Palliativ- und Hospizversorgung hinweg - im Bereich der stationären Hospizbetten, der Palliativkonsiliardienste, der Tageshospize sowie der mobilen Hospizteams.‘ Der Zugang zu Hospiz- und Palliativangeboten ist frühzeitig und niederschwellig notwendig. Das bedeutet, dass die Angebote in angemessener Qualität sowohl flächendeckend als auch bedarfsdeckend in Wohnortnähe verfügbar sein müssen.

Der Ausbau des Hospiz- und Palliativangebots ist auch ein wichtiger Baustein der Suizidprävention, so der Präsident in Bezug auf das aktuelle VfGH-Urteil zum assistierten Suizid: ‚Wir sehen, dass der Wunsch, sein Leben frühzeitig zu beenden oft ein Hilferuf, ein Ruf nach Nähe, nach Schmerzlinderung und in Ländern mit gut ausgebauten palliativen und hospizbegleitenden Versorgungsstrukturen sehr gering ist. Dementsprechend ist es unsere vordringliche Aufgabe, Menschen im Sterben beizustehen, sie zu begleiten und ihre Schmerzen zu lindern.‘

3. Rechtsanspruch sicherstellen

Fakt ist: Menschen in Österreich haben ein Recht auf höchstmögliche Lebensqualität und ein Sterben in Würde. Landau: ‚Eine kompetente und wirksame Begleitung darf nicht vom Wohnort abhängig sein – es braucht eine österreichweite Lösung.‘ Der Präsident appelliert dringend für einen Rechtsanspruch auf alle Hospiz- und Palliativ-Angebote.

Es sei erfreulich, dass im Strategiepapier der Pflege Taskforce ein deutliches Bekenntnis zum Ausbau – auch mobiler – Palliativ- und Hospizdienste enthalten ist. Außerdem soll die Überführung der Angebote in eine österreichweit einheitlich kostendeckende Regelfinanzierung vorgenommen werden. Dazu der Caritas Präsident: ‚Das gibt Hoffnung, dass es hier endlich zu einer tragfähigen, österreichweiten Lösung kommen wird.‘‘

Caritas: Drei-Punkte-Plan für Hospiz- und Palliativ-Bereich | Caritas Österreich, 01.04.2021 (ots.at)

Die FPÖ erachtet diese Forderungen der Caritas als wichtig und richtig. Sieben Jahre nach der parlamentarischen Enquete betreffend Hospiz- und Palliativ-Versorgung wurde diese zentrale Frage für die Menschen in Österreich immer noch nicht gelöst. Man befindet sich seit Jahren in einem unzureichenden Provisorium, das jetzt endlich einmal zu einer zukunftsorientierten Dauerlösung weiterentwickelt werden muss.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Entschließungsantrag 1484/A(E) in seiner Sitzung am 11. Mai 2021 erstmals in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Christian Ragger die Abgeordneten Heike Grebien, Mag. Ernst Gödl, Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Fiona Fiedler, Bed, Mag. Verena Nussbaum, Mag. Gerald Loacker, Dr. Dagmar Belakowitsch, Mag. Michael Hammer, Norbert Sieber sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein.
Anschließend wurden die Verhandlungen vertagt.

In seiner Sitzung am 21. Oktober 2021 hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales den Entschließungsantrag 1484/A(E) erneut in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Mag. Ernst Gödl, Bedrana Ribo, MA, Mag. Verena Nussbaum, Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler und Dr. Dagmar Belakowitsch. Die Verhandlungen wurden vertagt.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 03. Februar 2022 erstmalig sowie den Entschließungsantrag 1484/A(E) erneut in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Bedrana Ribo, MA die Abgeordneten Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Mag. Gerald Loacker, Mag. Verena Nussbaum, Dr. Dagmar Belakowitsch, Norbert Sieber, Gabriele Heinisch-Hosek sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, F, G, dagegen: N) beschlossen.

 

Damit ist der Entschließungsantrag 1484/A(E) betreffend Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich miterledigt.

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Bedrana Ribo, MA gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1290 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2022 02 03

                             Bedrana Ribo, MA                                                             Josef Muchitsch

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann