1457 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Menschenrechte

über den Antrag 2503/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Mag. Faika El-Nagashi, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Integrationsgesetz, das Anerkennungs- und Bewertungsgesetz sowie das Bildungsdokumentationsgesetz 2020 geändert werden

Die Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Mag. Faika El-Nagashi, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 27. April 2022 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Artikel 1 (Änderung des Integrationsgesetzes)

Allgemeines

Aus integrationspolitischer Sicht handelt es sich um eine gänzlich neue Zielgruppe, die bisher noch nicht vom Integrationsgesetz umfasst war. Für die Dauer ihres Aufenthalts soll Vertriebenen Integrationsmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden. Dabei kann Österreich auf bestehenden soliden Integrationsstrukturen aufbauen. Ziel ist es, jene ukrainischen Vertriebenen, die Schutz in Österreich suchen, von Anfang an zu unterstützen und Rahmenbedingungen für gelungene Integrationsprozesse zu schaffen. Daher ist eine rasche Zurverfügungstellung von Integrationsmaßnahmen für Personen mit Vertriebenenstatus erforderlich. Das derzeitige Integrationsgesetz sieht keine Maßnahmen für Personen, denen aufgrund einer Verordnung gemäß § 62 Abs. 1 Asylgesetz 2005 ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zukommt (Vertriebene), vor. Es ist daher wesentlich, die Zielgruppe des Integrationsgesetzes auf die neue Zielgruppe der Vertriebenen zu erweitern, um die Integration von Vertriebenen zu fördern und ihnen dadurch die Möglichkeit zu geben, Integrationsmaßnahmen im Rahmen des Integrationsgesetzes in Anspruch zu nehmen. Dazu zählen insbesondere Deutschkurse und Orientierungshilfe (insbesondere Orientierungsgespräche). Ziel ist es, eine rasche Selbsterhaltungsfähigkeit zu ermöglichen.

Zu Z 1 (Inhaltsverzeichnis)

Im Inhaltsverzeichnis wird die Überschrift des 1. Hauptstückes im 2. Teil um Vertriebene ergänzt.

Zu Z 2 (§ 3)

Personen, denen aufgrund einer Verordnung gemäß § 62 Abs. 1 Asylgesetz 2005 ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zukommt (Vertriebene), sind derzeit von der Zielgruppe des Integrationsgesetzes nicht umfasst. Um die Erbringung von Integrationsmaßnahmen für Vertriebene gesetzlich zu verankern, ist es wesentlich, die Zielgruppe des Integrationsgesetzes auf Vertriebene auszudehnen.

Zu Z 3 (Überschrift 1. Hauptstück 2. Teil)

Die Überschrift des 1. Hauptstückes im 2. Teil wird um die Zielgruppe der Vertriebenen ergänzt.

Zu Z 4 bis 5 (§ 4)

Durch die Ergänzung in Abs. 1 soll klargestellt werden, dass Deutschkurse im Sinne des § 4 auch für Vertriebene zur Verfügung zu stellen sind. Bereits während des aufgrund einer Verordnung gemäß § 62 Abs. 1 Asylgesetz 2005 bestehenden vorübergehenden Aufenthaltsrechts soll Vertriebenen offenstehen, freiwillig Deutschkursmaßnahmen im Rahmen des Integrationsgesetzes in Anspruch zu nehmen. Dadurch soll der Weg zur raschen Selbsterhaltungsfähigkeit erleichtert werden.

Der Verweis auf § 5 Abs. 7 Z 1 des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes in § 4 Abs 2a ist nach dem entsprechenden Erkenntnis des VfGH (G 164/2019-25, G 171/2019-24) obsolet und entfällt daher.

Zu Z 6 bis 11 (§§ 5, 7, 8, 11, 12, 14)

Aufgrund der geänderten Zuständigkeiten gemäß Bundesministeriengesetz 1986 (BMG), BGBl. Nr. 78/1987 idgF, wird die Bezeichnung der zuständigen Ministerin angepasst.

Zu Z 12 bis 16 (§ 16)

Zusätzlich zu den in § 4 zur Verfügung gestellten Deutschkursmaßnahmen für Vertriebene, soll in § 16 klargestellt werden, dass auch eine darüberhinausgehende Integrationsförderung für Vertriebene angeboten werden kann. Diese Förderungen können insbesondere auch Orientierungsgespräche und Orientierungskurse beinhalten.

Bestandteile der Orientierungskurse gemäß § 16 Abs. 3 Z 2 sind Informationen rund um das Leben in Österreich. Dazu zählen eine Vermittlung der Geschichte Österreichs, eine Auseinandersetzung mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen, eine Erklärung zum Funktionieren wesentlicher gesellschaftlicher Bereiche, wie das Bildungssystem, der Arbeitsmarkt oder die Gesundheits- und Sozialsysteme. Die Kurse vermitteln somit wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration in die österreichische Gesellschaft.

Zu Z 18 (§ 16a Abs. 2)

In Abs. 2 erfolgt durch die Aufnahme des Verweises auf § 3 Z 3 eine Klarstellung dahingehend, dass Werte- und Orientierungskurse nur für Drittstaatsangehörige gemäß § 2 Abs. 1 Z 6 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, die rechtmäßig niedergelassen sind (§ 2 Abs. 2 NAG), angeboten werden.

Zu Z 17 und 19 bis 28 (§§ 16a Abs. 1, 16b, 16d, 17, 19, 20, 21, 22, 24, 25)

Aufgrund der geänderten Zuständigkeiten gemäß BMG wird die Bezeichnung der zuständigen Ministerin bzw. des zuständigen Ministeriums angepasst.

Zu Z 29 (§ 24)

Der Verweis auf § 5 Abs. 7 Z 1 des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes in § 24 Abs. 1 ist nach dem entsprechenden Erkenntnis des VfGH (G 164/2019-25, G 171/2019-24) obsolet und entfällt daher.

Zu Z 30 (§ 25)

Aufgrund der geänderten Zuständigkeiten gemäß BMG, wird die Bezeichnung der zuständigen Ministerin angepasst.

Artikel 2 (Änderung des Anerkennungs- und Bewertungsgesetzes)

Zu Z 1 (Inhaltsverzeichnis)

Im Inhaltsverzeichnis wird die Überschrift zu § 8 um die Zielgruppe der Vertriebenen ergänzt.

Zu Z 2 (§ 1)

Durch die Ergänzung in Abs. 3 soll dieses Bundesgesetz – neben etwa Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten – auch auf Personen, die aufgrund einer Verordnung gemäß § 62 Abs. 1 AsylG 2005 über ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht verfügen (Vertriebene), Anwendung finden.

Zu Z 3 (§ 8 samt Überschrift)

§ 8 sah bisher besondere Regelungen für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte vor. So soll etwa Personen, die aufgrund ihrer Fluchtsituation aus nicht zu vertretenden Gründen nicht in der Lage sind, die für die Anerkennung und Bewertung ihrer ausländischen Bildungsabschlüsse oder Berufsqualifikationen sowie für das Verfahren zur Berufsberechtigung erforderlichen Unterlagen vorzulegen, dennoch eine Anerkennung und Bewertung ermöglicht werden. Durch die Ergänzung in § 8 sollen diese besonderen Verfahrensbestimmungen auch auf Personen, die aufgrund einer Verordnung gemäß § 62 Abs. 1 AsylG 2005 über ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht für Vertriebene verfügen, Anwendung finden.

Artikel 3 (Änderung des Bildungsdokumentationsgesetzes 2020)

Zu Z 1, 2 und 3 (Inhaltsverzeichnis, § 5a und Inkrafttreten):

Der vorgeschlagene § 5a BilDokG 2020 zielt ausschließlich auf die Verarbeitung von Daten von Kindern und Jugendlichen, die im Zuge des Ukraine-Konfliktes aus der Ukraine vertrieben wurden, ab, um diesen rasch den Schulbesuch in Österreich zu ermöglichen. Da die Daten und Prozesse von jenen des „regulären Systems“ des BilDokG 2020 abweichen, wurde dafür eine eigene Bestimmung geschaffen.

Abs. 1 enthält die Zwecke der Datenverarbeitung, und zwar die Unterrichtsorganisation, die Sicherstellung der Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht sowie die Gewährleistung des Rechtes auf Bildung gemäß Art. 2 des 1. Zusatzprotokolls der EMRK, BGBl. Nr. 210/1958.

Darüber hinaus normiert Abs. 1 eine Verpflichtung der Schulleitungen zur Übermittlung von Datensätzen jener Schülerinnen und Schüler, denen aufgrund einer Verordnung gemäß § 62 Abs. 1 Asylgesetz 2005 ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zukommt und die nach dem 24. Februar 2022 an ihrer Schule aufgenommen wurden. Die Übermittlung erfolgt an die Bildungsdirektionen im Wege der Bundesrechenzentrum-GmbH (BRZ). Die BRZ fungiert als Auftragsverarbeiterin der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Sinne des Art. 4 Z 8 DSGVO. Dabei sei erwähnt, dass die Datenübermittlung aus den Schulmandanten nicht händisch seitens der Schulleitungen erfolgen soll, sondern automationsgestützt durch Kopien der betroffenen Daten und Übertragung in die zentralen Mandanten in der BRZ. Die Datenübermittlung erfolgt wöchentlich.

Zu den Daten: Da die Verwendung bereichsspezifischer Personenkennzeichen erst ab 2023 erfolgt, ist hier (wie im Übergangszeitraum durch § 24 Abs. 3 BilDokG 2020 festgelegt) vorerst die Sozialversicherungsnummer zu verwenden. Als weiteres Identifikationsmerkmal wird das (Reise-)Dokument aufgenommen, das auch im Fremdenregister vorhanden ist und damit einen Abgleich ermöglicht.

Abs. 2 legt die Übermittlung der Daten gemäß Abs. 1 an die Bundesministerin bzw. den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung fest. Auch hier gilt, dass die Daten nicht händisch, sondern durch Anfertigung von Kopien der Datensätze automationsunterstützt weiterübermittelt werden.

Gemäß Abs. 3 hat nun die Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Inneres die Daten der Personen denen aufgrund einer Verordnung gemäß § 62 Abs. 1 Asylgesetz 2005 ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zukommt und zu denen ab dem Stichtag 24. Februar 2022 erstmals ein Datensatz im ZMR angelegt wurde, an die BRZ-GmbH als Auftragsverarbeiterin der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung, zu übermitteln.

Die von den Schulen und Bildungsdirektionen und von der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für Inneres im Wege der BRZ übermittelten Datensätze werden nun einem Abgleich zugeführt (Abs. 4). Jene Schülerinnen und Schüler, die ausschließlich in der Datenmeldung der Bundesministerin bzw. des Bundesministers für Inneres, nicht aber in den Datenbeständen der Schulen erscheinen, finden Eingang in eine sogenannte „Differenzliste“, die pro Bundesland erstellt wird. Die Differenzlisten werden in Folge an die Bildungsdirektionen weitergeleitet, die dafür Sorge zu tragen haben, dass schulpflichtige Schülerinnen und Schüler die Schule besuchen bzw. nicht schulpflichtige Schülerinnen und Schüler die Schule besuchen können.

§ 5a tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft.“

 

Der Ausschuss für Menschenrechte hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 4. Mai 2022 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler die Abgeordneten Mag. Faika El-Nagashi, Dr. Harald Troch, Dr. Susanne Fürst und Petra Wimmer sowie die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab und der Ausschussobmann Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Mag. Faika El-Nagashi einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war: „Es handelt sich hierbei um formale Korrekturen des Gesetzesantrags.“

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Mag. Faika El-Nagashi mit Stimmenmehrheit (dafür: V, S, G, N, dagegen: F) beschlossen.


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Menschenrechte somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2022 05 04

                             Dr. Gudrun Kugler                                                   Dr. Nikolaus Scherak, MA

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann