1459 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (1441 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 2018, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 und das Kapitalmarktgesetz 2019 geändert werden

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen die Maßnahmen der Richtlinie (EU) 2021/338 vom 16. Februar 2021 zur Änderung der Richtlinie 2014/65/EU im Hinblick auf die Informationspflichten, die Produktüberwachung und die Positionslimits sowie der Richtlinien 2013/36/EU und (EU) 2019/878 im Hinblick auf ihre Anwendung auf Wertpapierfirmen, zur Förderung der wirtschaftlichen Erholung von der COVID-19-Krise, ABl. L 68 vom 26.2.2021, S. 14 (Capital Markets Recovery Package – CMRP-MiFID II) in das österreichische Recht umgesetzt werden. Zusätzlich wird auch eine Verweisanpassung im Hinblick auf Prospektnachträge vorgenommen, die sich aus der Flankierung der Verordnung (EU) 2021/337 vom 16. Februar 2021 zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 im Hinblick auf den EU-Wiederaufbauprospekt und gezielte Anpassungen für Finanzintermediäre und der Richtlinie 2004/109/EG im Hinblick auf das einheitliche elektronische Berichtsformat für Jahresfinanzberichte zur Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung von der COVID-19-Krise; ABl. L 68 vom 26.2.2021, S. 1 (CMRP-Prospekt-VO) ergibt.

Die Änderungen betreffend CMRP-MIFID II enthalten zielgerichtete Bestimmungen, welche zur Erholung der Kapitalmärkte nach der COVID-19-Krise beitragen sollen. Es werden vor allem Erleichterungen für professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien vorgenommen, da diese aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen durch ihre regelmäßige Tätigkeit auf den Finanzmärkten ein geringeres Schutzniveau benötigen. Gleichzeitig wird der durch MiFID II etablierte hohe Anlegerschutz für Privatkunden durch die gegenständlichen Maßnahmen nicht herabgesetzt.

Konkret werden vor allem Informationspflichten für Geschäfte mit professionellen Kunden und geeigneten Gegenparteien gelockert, so etwa in Bezug auf standardisierte Kosteninformationen und obligatorischen Serviceberichten.

Die standardmäßige Kommunikation zwischen Wertpapierfirma und Kunde soll in elektronischer Form erfolgen, wobei Kleinanleger auf Wunsch Informationen weiterhin in Papierform erhalten können.

Die Produktüberwachungspflichten für die Emission von Anleihen wird insofern gelockert, als Anleihen mit einer sog. „Make-Whole-Klausel“ davon ausgenommen werden. Mit einer solchen Klausel wird sichergestellt, dass den Anlegern ein Betrag in Höhe des gesamten Nettogegenwartswerts der verbleibenden Kupon-Zahlungen und des Hauptbetrages der Anleihe gezahlt wird, die sie erhalten hätten, wenn die Anleihe nicht frühzeitig aufgekündigt worden wäre. Dadurch werden diese Anleihen zu sicheren und einfachen Produkten, die insbesondere auch für Kleinanleger attraktiv werden.

In Bezug auf den Handel mit Derivaten wird die Anwendung des Positionslimits-Regimes auf signifikante und kritische Warenderivate eingeschränkt. Diese sind dann gegeben, wenn offene Positionen von durchschnittlich mindestens 300 000 handelbaren Einheiten in einem Einjahreszeitraum gegeben sind. Für Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse gilt jedoch weiterhin das bisherige Positionslimits-Regime.

Die generelle Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebentätigkeit und damit der Anwendungsbereich der MiFID II-Regelungen wird klarer gefasst. Es wird nunmehr eine Kombination aus quantitativen und qualitativen Elementen herangezogen, wobei die konkreten Schwellenwertkriterien noch in einem delegierten Rechtsakt spezifiziert werden.

Um die Sichtbarkeit von Emittenten auf den Finanzmärkten zu verstärken und damit insbesondere auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu fördern, wird die Möglichkeit geschaffen, dass Wertpapierfirmen für die Bereitstellung von Analysen und für die Erbringung von Ausführungsleistungen gemeinsam zahlen dürfen, sofern die Marktkapitalisierung von 1 Mrd. EUR in den letzten 36 Monaten vor Bereitstellung der Analyse nicht überschritten wurde. Davon werden sowohl börsenotierte als auch nicht börsenotierte Unternehmen umfasst.

Inkrafttreten:

Die Richtlinie (EU) 2021/338 war bis zum 28. November 2021 umzusetzen und sollte, ebenso wie die flankierenden Maßnahmen der Verordnung (EU) 2021/337 mit dem 28. Februar 2022 zur Anwendung gelangen. Die diesbezüglichen gesetzlichen Änderungen sollen daher mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft treten.

 

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 5. Mai 2022 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Nina Tomaselli der Abgeordnete MMag. DDr. Hubert Fuchs sowie der Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1441 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2022 05 05

                            Mag. Nina Tomaselli                                                            Karlheinz Kopf

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann