1464 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (1446 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz geändert wird (Versicherungsvertragsgesetz-Novelle 2022 – VersVG-Nov 2022)

Der Europäische Gerichtshof hat am 19. Dezember 2019 mit seinem Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-355/18 bis C-357/18 und C-479/18, Rust-Hackner ua, zu wichtigen Fragen der Rechtsfolgen eines so genannten "Spätrücktritts" von einem Lebensversicherungsvertrag Stellung genommen. Im April 2020 übermittelte die Europäische Kommission ein Auskunftsersuchen betreffend die Beurteilung der Vereinbarkeit des österreichischen Versicherungsvertragsgesetzes mit den Artikeln 185 und 186 der Richtlinie 2009/138/EG (Richtlinie Solvabilität II). Die Europäische Kommission prüft dabei insbesondere die Frage, wie im österreichischen Versicherungsvertragsrecht (VersVG) sichergestellt wird, dass die Vorgaben des EuGH zu den Rechtsfolgen des Rücktritts umgesetzt werden. Der Europäische Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass Artikel 185 Absatz 1 der Richtlinie 2009/138/EG einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der der Versicherer einem Versicherungsnehmer, der von seinem Vertrag zurückgetreten ist, lediglich den Rückkaufswert zu erstatten hat.

 

Der geltende § 176 Abs. 1a VersVG ordnet auch bei einer Vertragsaufhebung wegen Rücktritts als Rechtsfolge die Erstattung des Rückkaufwerts an und nimmt damit auf die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs keine Rücksicht. Der Oberste Gerichtshof hat im Gefolge des Urteils des EuGH für die Fälle des so genannten "Spätrücktritts" bereits befriedigende Lösungen gefunden, die die Beibehaltung des Abs. 1a in seiner bisherigen Form obsolet machen.

 

Ziel ist nunmehr die Herstellung einer eindeutigen und unionskonformen Rechtslage, dies in Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 10. Mai 2022 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Ulrike Fischer die Abgeordneten Nurten Yılmaz, Dr. Johannes Margreiter, Mag. Johanna Jachs und Mag. Harald Stefan sowie die Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1446 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2022 05 10

                            Mag. Ulrike Fischer                                                  Mag. Michaela Steinacker

                                  Berichterstatterin                                                                           Obfrau