Erläuterungen
Allgemeiner Teil
Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:
Durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 20.258) vom 15. Juni 2018 steht intersexuellen Menschen das Recht auf eine adäquate Bezeichnung im Personenstandsregister des Personenstandsgesetzes 2013 (PStG 2013), BGBl. I Nr. 16/2013, zu. Intersexuelle Menschen, deren biologisches Geschlecht nicht eindeutig „männlich“ oder „weiblich“ ist, sollen das Recht auf eine ihrem Geschlecht entsprechende Eintragung im Personenstandsregister oder in Urkunden haben. Zu diesem Ergebnis ist der Verfassungsgerichtshof im Wege einer verfassungskonformen Interpretation des PStG 2013 gekommen. Dadurch werden auch Anpassungen im Meldegesetz 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, und in den Anlagen zum MeldeG erforderlich.
Im Einklang mit den einschlägigen Regelungen im Personenstandswesen soll in den Anlagen zu diesem Bundesgesetz und im Zentralen Melderegister (ZMR) künftig auch der „sonstige Name“ erfasst werden, um Besonderheiten in fremdem Namensrecht zu berücksichtigen.
Zudem sollen die gemäß § 20 Abs. 7 an gesetzlich anerkannte Kirchen oder Religionsgesellschaften zu übermittelnden Daten nach dem Vorbild der Standard- und Muster-Verordnung 2004 (StMV 2004), BGBl. II Nr. 312/2004, konkretisiert werden.
Durch die geplante Einführung der Funktion Elektronischer Identitätsnachweis (E-ID) bedarf es darüber hinaus einiger terminologischer Anpassungen im Bereich dieses Bundesgesetzes: Die ursprünglichen Bezeichnungen in Zusammenhang mit der Bürgerkarte sollen durch die entsprechenden neuen Begrifflichkeiten ersetzt werden.
Kompetenzgrundlage:
Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung eines diesem Entwurf entsprechenden Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG („Meldewesen“).
Besonderer Teil
Zum Eintrag im Inhaltsverzeichnis zu § 4a und § 21b und zur Überschrift des 1. Abschnitts:
Es handelt sich um redaktionelle Berichtigungen.
Zu § 1 Abs. 5a:
Da in der vorgeschlagenen Fassung des Meldezettels, der Wohnsitzerklärung sowie der Hauptwohnsitzbestätigung (Anlagen A, C und D) künftig ein eigenes Feld für „sonstige Namen“ vorgesehen wird, soll dies auch bei der Begriffsbestimmung zu den Identitätsdaten entsprechend angepasst werden. Mit der Aufnahme der „sonstigen Namen“ im Bereich des ZMR soll dem Problem Rechnung getragen werden, dass nicht alle Namen der Meldepflichtigen klar in Vor- und Familiennamen trennbar sind. Vor diesem Hintergrund soll ermöglicht werden, außerhalb des Bundesgebietes gebräuchliche Namenszusätze, wie insbesondere die Mittel-, Vaters- oder Zwischennamen, im ZMR zu erfassen.
Zurzeit werden „sonstige Namen“ im Zuständigkeitsbereich des BMI insbesondere im Bereich des Personenstandswesens erfasst (§ 38 Abs. 2 PStG 2013). Durch die vorgeschlagene Regelung kann auch die Aktualisierung des ZMR durch das Zentrale Personenstandsregister (ZPR) gemäß § 48 Abs. 11 PStG 2013 erheblich verbessert werden, da beiden Datenverarbeitungen nunmehr eine einheitliche Eintragung der „sonstigen Namen“ zugrunde liegen soll.
Zu § 3 Abs. 1a und 3, § 4 Abs. 2a sowie § 18 Abs. 1a:
Es handelt sich um terminologische Anpassungen aufgrund der geplanten Einführung der Funktion E‑ID.
Zu § 5 Abs. 1 und 3:
Im Bereich des ZMR soll künftig die Möglichkeit bestehen, auch die „sonstigen Namen“ zu erfassen (siehe Erläuterungen zu § 1 Abs. 5a). Dies soll jedoch nicht für den Bereich der Beherbergungsbetriebe und der von ihnen geführten Gästeverzeichnisse gelten, da diese hauptsächlich zur Erstellung der Tourismusstatistik verwendet werden (siehe Tourismus-Statistik-Verordnung 2002, BGBl. II Nr. 498/2002). Vor diesem Hintergrund wird eine entsprechende terminologische Anpassung vorgeschlagen, sodass die „Namen“ durch die präzisere Formulierung der „Vor- und Familiennamen“ ersetzt werden sollen. In Verbindung mit der vorgeschlagenen Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 5a wäre andernfalls der sonstige Name umfasst.
Zu § 16 Abs. 1 und § 18 Abs. 1a:
Es handelt sich um Verweisanpassungen.
Zu § 16c Abs. 1 und 2:
Es handelt sich um terminologische Anpassungen aufgrund der vorgeschlagenen Änderungen in § 1 Abs. 5a.
Zu § 20 Abs. 7:
Bereits nach geltender Rechtslage werden den gesetzlich anerkannten Kirchen oder Religionsgesellschaften aus dem lokalen Melderegister auf Verlangen die Meldedaten jener Menschen übermittelt, die sich zu dieser Kirche oder Religionsgesellschaft bekannt haben. Im Einklang mit der vorgeschlagenen Anpassung der Bezeichnung des „Religionsbekenntnisses“ am Meldezettel und der Hauptwohnsitzbestätigung (Anlagen A und D) soll diese Bezeichnung auch hier durch jene der „gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft“ ersetzt werden. Die neue Formulierung dient der einfacheren Zuordnung der Angaben zu einer bestimmten gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft. Derzeit kann das Religionsbekenntnis in Einzelfällen aufgrund irreführender Angaben nicht eindeutig einer bestimmten gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft zugeordnet werden, sodass diese in weiterer Folge auch nicht im Rahmen dieser Bestimmung übermittelt werden können.
In der Verwaltungspraxis hat sich seit Außerkrafttreten der StMV 2004 gezeigt, dass eine Konkretisierung der gemäß § 20 Abs. 7 zu übermittelnden Daten aus Gründen der Rechtssicherheit erforderlich ist. Die zu übermittelnden Daten sollen mit der vorgeschlagenen Regelung reduziert und konkretisiert werden. Um eine Kontaktaufnahme der gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft mit ihren jeweiligen Mitgliedern zu ermöglichen, sollen auf Verlangen der gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft die Namen (Vor- und Familiennamen sowie sonstige Namen), die Geburtsdaten, die aufrechten Wohnsitze sowie das Datum der Anmeldungen übermittelt werden. Die völkerrechtliche Pflicht zur Übermittlung dieser Daten ergibt sich für die römisch-katholische Kirche aus Art. XIV des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhle und der Republik Österreich samt Zusatzprotokoll, BGBl. II Nr. 2/1934. Aufgrund von Gleichheitsüberlegungen gilt die gegenständliche Bestimmung wie bisher nicht nur für die römisch-katholische Kirche, sondern auch für andere gesetzlich anerkannte Kirchen oder Religionsgesellschaften.
Die Übermittlung der Geburtsdaten (Z 2) ist im Sinne einer eindeutigen Zuordnung von Personen erforderlich, da in einer Gemeinde mehrere Personen mit übereinstimmenden Namen gemeldet sein können. Bei den Geburtsdaten handelt es sich um das Geburtsdatum sowie den Geburtsort, wobei im Falle der Geburt im Inland das jeweilige Bundesland und im Falle der Geburt im Ausland auch der jeweilige Staat anzugeben ist. Vor dem Hintergrund, dass eine nicht unbeachtliche Anzahl von im ZMR gespeicherten Datensätzen in Bezug auf die Namen und das Geburtsdatum ident sind und eine eindeutige Unterscheidung nur hinsichtlich des Geburtsortes getroffen werden kann, ist eine Übermittlung in diesen Fällen zweckmäßig und erforderlich.
Durch die gewählte Formulierung in (Z 3) sollen auch jene Meldepflichtige erfasst werden, die ausschließlich über einen weiteren Wohnsitz (Nebenwohnsitz) und nicht über einen Hauptwohnsitz im Inland verfügen. Dies trifft auf ca. 350 000 Personen zu. In Anbetracht dieser Tatsache ist es auch in den genannten Fällen zweckmäßig und erforderlich, den gesetzlich anerkannten Kirchen oder Religionsgesellschaften auf Grundlage eines entsprechenden Verlangens zur Kontaktaufnahme weitere Wohnsitze ihrer Mitglieder zu übermitteln. Eine Übermittlung durch den jeweiligen Bürgermeister kommt bloß insoweit in Betracht, als im jeweiligen lokalen Melderegister Daten zu einem Mitglied einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft vorhanden sind.
Zu § 21b:
Der Verfassungsgerichtshof hat im oben genannten Erkenntnis festgestellt, dass intersexuelle Menschen, deren biologisches Geschlecht nicht eindeutig „männlich“ oder „weiblich“ ist, ein Recht auf eine ihrem Geschlecht entsprechende Eintragung im Personenstandsregister oder in Urkunden haben. Daher soll im gegenständlichen Bundesgesetz in der sprachlichen Gleichbehandlungsklausel künftig auf „alle Geschlechter“ abgestellt werden, um der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, welche sich auf Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) stützt, gerecht zu werden.
Zu § 23 Abs. 24:
Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten. Das ZMR verzeichnete im Jahr 2020 über 100 Millionen Behördenabfragen, die eine starke Abfrageintensität veranschaulichen. Die Programme für die Führung des lokalen Melderegisters werden von verschiedenen IT-Unternehmen entwickelt und gewartet. Um diesen Unternehmen sowie den Behörden eine adäquate Frist zur technischen Anpassung ihrer Programme zu gewähren und Adaptierung der Schnittstellen zu gewährleisten, ist es erforderlich, dass zwischen der Kundmachung und dem Inkrafttreten der Änderungen ein Zeitraum von neun Monaten liegen soll.
Zu den Anlagen A, C und D:
Im Einklang mit dem oben genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes soll bei der Angabe des Geschlechts künftig nicht nur „männlich“ oder „weiblich“ zur Auswahl stehen: Sofern die selbstbestimmte Festlegung der Geschlechtsidentität einer Person tatsächlich nicht oder noch nicht möglich ist, soll die Möglichkeit bestehen, eine Zuordnung so lange offen zu lassen, bis Menschen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich oder weiblich eine solche Zuordnung ihrer Geschlechtsidentität selbst bestimmen können. Für alternative oder nicht eindeutige Geschlechtszuschreibungen sollen entsprechend der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes künftig auch die Merkmale „divers“, „inter“, „offen“ und „keine Angabe“ zur Verfügung stehen. Bei der Wohnsitzerklärung (Anlage C) bedarf es keiner diesbezüglichen Änderung, da bereits nach geltender Rechtslage keine Angabe des Geschlechts erforderlich ist.
Im Gleichklang mit der Namenseintragung im Personenstandswesen soll auch in melderechtlichen Formularen (Anlagen A, C und D) ermöglicht werden, einen „sonstigen Namen“ im Sinne des § 38 Abs. 2 PStG 2013 anzugeben. Dies trägt auch maßgeblich zur in § 48 Abs. 11 PStG 2013 vorgesehenen Aktualisierung durch das ZPR bei, sodass bei Vorliegen eines Personenstandsfalles (zB Geburt oder Ehe) die „sonstigen Namen“ nunmehr automationsunterstützt in das ZMR übertragen werden können.
Da laut Statistik Österreich fast 1,5 Millionen Menschen, die nicht über die österreichische Staatsbürgerschaft verfügen, einen aufrechten Wohnsitz in Österreich haben und Personen durch Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft Namensbestandteile fremdländischen Ursprungs beibehalten, kommt der korrekten Erfassung dieser Namensbestandteile mittlerweile erhebliche Bedeutung zu. So kommt es derzeit immer wieder zu Rückfragen bei der Clearingstelle des ZMR, weil die Namen bei bestimmten Personen im ZMR und im ZPR unterschiedlich erfasst sind. Durch die Einführung des Feldes „Sonstige Namen“ im Bereich des ZMR kann diesbezüglich Abhilfe geschaffen werden.
Bereits nach geltender Rechtslage werden den gesetzlich anerkannten Kirchen oder Religionsgesellschaften auf Verlangen die Meldedaten jener Menschen übermittelt, die sich zu einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft bekannt haben (§ 20 Abs. 7). Vor diesem Hintergrund soll im Meldezettel (Anlage A) und der Hauptwohnsitzbestätigung (Anlage D) die Bezeichnung „Religionsbekenntnis“ durch jene der „gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft oder Bekenntnisgemeinschaft“ ersetzt werden. Obgleich § 20 Abs. 7 diese Möglichkeit lediglich für gesetzlich anerkannte Kirchen oder Religionsgesellschaften vorsieht, sollen die angegebenen Bekenntnisgemeinschaften dennoch im lokalen Melderegister erfasst werden, da sich in der Vergangenheit des Öfteren gezeigt hat, dass religiöse Bekenntnisgemeinschaften mit Rechtspersönlichkeit in der Folge als Kirche oder Religionsgesellschaft gesetzlich anerkannt wurden. § 11 Z 1 lit. a BekenntnisgemeinschaftenG (BekGG), BGBl. I Nr. 19/1998, nimmt ausdrücklich auf diese Möglichkeit Bezug. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Angabe der gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft oder der Bekenntnisgemeinschaft in den Anlagen A und D nicht im ZMR gespeichert wird.
Vor dem Hintergrund, dass die Betroffenen ihre ZMR‑Zahl bei der An-, Ab- oder Ummeldung bloß in den seltensten Fällen angeben und dies bisher auch nicht zwingend vorgesehen war, soll dieses Feld am Meldezettel (Anlage A) künftig entfallen.