1618 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 2655/A der Abgeordneten August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird

Die Abgeordneten August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 15. Juni 2022 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Die Sicherstellung einer menschenwürdigen und hochwertigen Pflege nach dem Stand der Pflegewissenschaft und Medizin sowie die Unterstützung von pflegebedürftigen Menschen und deren Angehörigen müssen in Österreich höchste Priorität haben.

Jede Zeit hat ihre besonderen Herausforderungen: Gegenwärtig sind neben der Überwindung der Pandemie etwa die Verhinderung einer drohenden Klimakatastrophe sowie die Bewältigung der durch die inflationsbedingten Teuerungen sowie den Digitalen Wandel aufgeworfenen sozialen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen ganz vorne auf der Agenda. Die Erfahrungen der Pandemie, aber auch die demographische Veränderung der österreichischen Gesellschaft mit neuen Ansprüchen an die Menschen sowie die neuen und berechtigten Ansprüchen der Menschen selbst, zeigen aber, dass Österreich in der Vergangenheit der enorm steigenden Bedeutung von Pflege und Betreuung nicht ausreichend gerecht geworden ist.

Auch wenn sich das derzeitige Pflegevorsorgesystem in vielen Punkten bewährt hat, ist es erforderlich, dieses System weiter zu entwickeln und zusätzliche Schritte zu setzen, um die Position pflegebedürftiger Menschen und ihrer betreuenden Angehörigen nachhaltig zu stärken und zu unterstützen.

Die österreichische Bundesregierung hat sich bereits im Regierungsprogramm zu zentralen Maßnahmen bekannt, um dem vielschichtigen Reformbedarf in der Pflege Rechnung zu tragen. Nun gilt es, in folgenden 4 Schritten die notwendigen Verbesserungen umzusetzen:

           1. Akutmaßnahmen für Beschäftigte

           2. Zugang zu Beruf verbessern und Ausbildungswege erweitern

           3. Verbesserungen für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige

           4. Weiterentwicklung der 24h-Betreuung sowie Angleichung und Attraktivierung der Einkommens- und Arbeitsbedingungen in Kombination mit Zielsteuerungsprozess

Eine wesentliche Säule im österreichischen Pflegesystem stellen ebenso die pflegenden Angehörigen dar. Was pflegende Angehörige leisten, muss entsprechend gewürdigt werden und sich in politischen Schlüssen wiederfinden. Dazu zählt neben mehr Wertschätzung auch die Möglichkeit, durch präventive Maßnahmen persönliche, gesundheitliche oder gar finanzielle Folgen für die Betroffenen abzufedern.

In Österreich werden rund 80 % der pflegebedürftigen Personen zuhause in unterschiedlichen Pflegesettings betreut. Aus diesem Grund ist es wichtig, diesen Personen größtmögliche Unterstützung zu bieten. Dem Sozialministerium ist es daher ein besonderes Anliegen, die Unterstützungsangebote für pflegende Angehörige stetig weiter zu entwickeln. Auf Basis der Studie ‚Angehörigenpflege in Österreich – Einsicht in die Situation pflegender Angehöriger und in die Entwicklung informeller Pflegenetzwerke‘ ist davon auszugehen, dass – ohne den ca. 3,5 % pflegenden Kinder und Jugendlichen – rund 950.000 erwachsene Menschen in Österreich informell in die Pflege und Betreuung einer pflegebedürftigen Person involviert sind. Dies schließt die Hauptpflegeperson mit ein aber auch Personen aus deren privatem Umfeld, die auf die eine oder andere Art ebenfalls Verantwortung übernehmen. Gemessen an der Gesamtbevölkerung Österreichs ist das eine Quote von rund 10 %, die entweder zu Hause oder in der stationären Langzeitpflege mit Fragen der Pflege und Betreuung konfrontiert ist.

Das aktuelle Regierungsprogramm sieht zur besseren Unterstützung von Menschen ab dem vollendeten 15. Lebensjahr mit einer schweren psychischen oder geistigen Behinderung, insbesondere einer demenziellen Beeinträchtigung, die Weiterentwicklung des Pflegegeldes durch eine verbesserte Demenzbewertung vor. Nunmehr soll der Erschwerniszuschlag für Personen ab dem vollendeten 15. Lebensjahr von 25 auf 45 Stunden erhöht werden. Von dieser Maßnahme würden rund 8.500 Personen profitieren.

Im § 7 BPGG ist normiert, dass Geldleistungen, die wegen Pflegebedürftigkeit nach anderen bundesgesetzlichen oder ausländischen Vorschriften gewährt werden, auf das Pflegegeld nach diesem Bundesgesetz anzurechnen sind. Von der Erhöhung der Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376/1967, ist ein Betrag von 60.- Euro monatlich anzurechnen. Familien mit Kindern mit Behinderung sind großen Belastungen, auch finanzieller Natur, ausgesetzt. Als wesentliche Verbesserung für Pflegegeldbezieherinnen bzw. Pflegegeldbezieher und zur Unterstützung der Angehörigenpflege soll die Anrechnung der erhöhten Familienbeihilfe künftig entfallen. Von dieser Maßnahme würden rund 46.000 Personen profitieren.

Als weitere wesentliche Verbesserung für pflegende Angehörige soll in Umsetzung des aktuellen Regierungsprogrammes für pflegende Angehörige ein Angehörigenbonus eingeführt werden.

Weiters sollen Zuwendungen zu den Kosten von Pflegekursen für pflegende Angehörige einer pflegebedürftigen Person, der zumindest ein Pflegegeld der Stufe 1 nach diesem Bundesgesetz gebührt, aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung möglich sein.

Im Übrigen sollen pflegende Angehörige künftig bereits nach drei Tagen die Möglichkeit haben eine finanzielle Zuwendung zu den Kosten der Ersatzpflege zu beantragen, wenn sie aufgrund von Urlaub, Krankheit oder sonstigen wichtigen Gründen verhindert sind. Diese Verbesserung – bisher musste in der Regel eine Verhinderung von sieben Tagen vorliegen – bedarf einer Änderung der Richtlinien und die Anhörung des Behindertenbeirates.

Für nahe Angehörige, vor allem für jene, in deren Familien eine akute Pflegesituation plötzlich aufgetreten ist, ist die Bewältigung bürokratischer Erfordernisse und damit auch die Antragstellung auf Pflegekarenzgeld innerhalb von 14 Tagen eine schwere Belastung. Aus diesem Grund soll die Antragsfrist zur Beantrugung des Pflegekarenzgeldes ausgeweitet werden.

Weiters enthält der Entwurf noch redaktionelle Anpassungen.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützen sich die Änderungen auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 und Art. 102 Abs. 2 B-VG (‚Pflegegeldwesen‘).

Besonderer Teil

Zu Z 1 (Inhaltsverzeichnis):

Da mit dem gegenständlichen Gesetzentwurf ein neuer Abschnitt 3c. in das BPGG eingefügt werden soll, ist eine entsprechende Ergänzung des Inhaltsverzeichnisses erforderlich.

Zu Z 8, 9, 10, 11, 13, 14 und 15 (§ 21c Abs. 1, § 21c Abs. 3a erster Satz, § 21c Abs. 6, § 21d Abs. 2 Z 3, § 21e Abs. 7, § 21f Abs. 1 zweiter Satz und § 21f Abs. 2 erster Satz.):

Hierbei handelt es sich um redaktionelle Anpassungen.

Zu Z 2, 17 und 18 (§ 7 zweiter Satz, § 44 Abs. 9 und § 48g Abs. 4 und 6):

Familien mit erheblich behinderten Kindern sind großen Belastungen, auch finanzieller Natur, ausgesetzt. Aus diesem Grund soll künftig der Betrag von 60 Euro von der Erhöhung der Familienbeihilfe nicht mehr auf das Pflegegeld angerechnet werden.

Die Änderungen sollen ab 1. Jänner 2023 sowohl für bestehende Fälle als auch für am 1. Jänner 2023 anhängige Verfahren gelten und gemäß der neuen Übergangsbestimmung im § 48g von Amts wegen vorgenommen werden. Unter Anwendung des § 9 Abs. 5 Z 3 sollen die Änderungen mit Beginn des Monates wirksam werden, mit dem die gesetzliche Änderung eingetreten ist. Dies soll auch für gerichtliche Verfahren gelten.

Die vorliegenden Änderungen sollen ebenso Fälle betreffen, bei denen ein Anspruchsübergang gemäß § 13 durchgeführt wird, wodurch sich die Beträge, die aufgrund der Legalzession auf den Kostenträger übergehen, erhöhen. Auch diese Änderung wäre von Amts wegen vorzunehmen. Überdies sollen auch die davon betroffenen Ausgleiche gemäß § 44 neubemessen werden.

Gemäß § 27 Abs. 3 besteht keine Verpflichtung zur Erlassung von Bescheiden für Neubemessungen des Pflegegeldes als Folge von Änderungen dieses Bundesgesetzes. Die Betroffenen sollen von der Anpassung des Pflegegeldes und der Neubemessung aufgrund der Änderung des § 7 von den Entscheidungsträgern entsprechend informiert werden.

Zu Z 3 und 4 (§ 21a Abs. 1 Z 2 und 3):

Pflegende Angehörige leisten einen wertvollen Beitrag zum Funktionieren des österreichischen Pflegesystems. Rund 80% der pflegebe­dürftigen Menschen werden zu Hause in unterschiedlichen Pflegesettings betreut. Aus der Studie ‚Angehörigenpflege in Österreich‘ (2018) sowie aus den Auswertungen zu den Hausbesuchen im Rahmen der Qualitätssicherung in der häuslichen Pflege und den Angehörigengesprächen ist belegt, dass pflegende Angehörige sehr häufig starken Belastungen, aber oftmals auch einem Informationsmangel ausgesetzt sind. Um diesem Wissensdefizit zu begegnen, sollen pflegende Angehörige künftig durch die Finanzierung von Kursen unterstützt werden.

Es sollen daher Zuwendungen zu den Kosten von Pflegekursen für pflegende Angehörige einer pflegebedürftigen Person, der zumindest ein Pflegegeld der Stufe 1 nach diesem Bundesgesetz gebührt, aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung möglich sein. Unterstützungswürdig sind Kurse, die zur Wissensvermittlung im Bereich Pflege und Betreuung beitragen. Die Kurse können sich unter anderem mit Basiswissen, Sturzvermeidung, Umgang mit dementiellen Beeinträchtigungen, Tipps zur Körperpflege, etc. befassen – wie zum Beispiel die Kurse des Albert Schweitzer Trainingszentrums. Es sollen auch online-Kurse einbezogen werden.

Ansuchen auf Gewährung von Zuwendungen zu den Kosten für Pflegekurse sind beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen, das über die Ansuchen entscheiden soll.

Diese neue Möglichkeit soll auch mit der finanziellen Zuwendung zu den Kosten der Ersatzpflege kombinierbar sein. Nähere Bestimmungen über die Zuwendungen zu den Kosten für Pflegekurse sind in den Richtlinien für die Gewährung von Zuwendungen zur Unterstützung pflegender Angehöriger festzulegen, die nach Anhörung des Bundesbehindertenbeirates entsprechend ergänzt werden sollen. Es ist beabsichtigt, nahen Angehörigen für eine kostenpflichtige Kursteilnahme eine Zuwendung von bis zu 200 € pro Jahr und pro pflegebedürftiger Person zu gewähren.

Zu Z 5 (§ 21b Abs. 7 lit. l und m):

Die bereits bestehende Ermächtigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, aus verwaltungsökonomischen Gründen die personenbezogenen Daten der pflegebedürftigen Person im Einzelfall aus der Anwendung Pflegegeldinformation – PFIF des Dachverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger abzufragen, soll um das Merkmal ‚Geschlecht‘ erweitert werden.

Zudem wird eine redaktionelle Anpassung vorgenommen.

Zu Z 6 und 7 (§ 21b Abs. 9a und § 21b Abs. 9b):

Die bisher bestehende Regelung des Abs. 9a soll insoferne ersetzt werden, als die Datenübermittlung nunmehr zur allgemeinen Bedarfs- und Entwicklungsplanung im Zusammenhang mit der 24-Stunden-Betreuung ermöglicht werden soll. Dies ist nur unter der Prämisse möglich, wenn die Daten des § 21b BPGG Abs. 7 Z 1 lit. a, b, g, h, i und m zur Erfüllung der diesbezüglichen Aufgaben neben den Ämtern der Landesregierungen und dem Fonds Soziales Wien nunmehr auch den Magistraten, Bezirkshauptmannschaften und Gemeinden übermittelt werden.

Da die neue Regelung des Abs. 9a in das Dauerrecht übergeführt werden soll, kann Abs. 9b entfallen.

Zu Z 12 und 18 (§ 21d Abs. 3 und § 48g Abs. 5):

Nach der geltenden Rechtlage ist vorgesehen, dass bei einer Antragstellung innerhalb von zwei Wochen ab Beginn der Pflegekarenz, Pflegeteilzeit oder Familienhospizkarenz das Pflegekarenzgeld ab Beginn dieser Maßnahme gebührt. Wird der Antrag nach dieser Frist jedoch vor dem Ende der Pflegekarenz, Pflegeteilzeit oder Familienhospizkarenz gestellt, gebührt das Pflegekarenzgeld ab dem Tag der Antragstellung; verspätete Anträge sind zurückzuweisen.

Die Erfahrungen bei der Vollziehung haben gezeigt, dass diese Bestimmung zu Härten führen kann, zumal bei einer Vereinbarung einer Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit bzw. bei einer Familienhospizkarenz die Frist für eine Antragstellung auf Pflegekarenzgeld innerhalb von zwei Wochen ab Beginn der Maßnahme in Anbetracht der oftmals schwierigen Familiensituation als zu kurz bemessen erscheint.

Der erste Satz bezieht sich ausschließlich auf jene Fälle, in denen eine Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit aufgrund eines Rechtsanspruchs in Anspruch genommen wurde und es zu keiner weiteren Vereinbarung gekommen ist. In diesen Fällen soll die Beantragung des Pflegekarenzgeldes bis zur Beendigung der Maßnahme, längstens jedoch 2 Monate nach Beginn der Maßnahme, zulässig sein. Das Pflegekarenzgeld soll rückwirkend ab Beginn der Maßnahme gebühren.

In den übrigen Fällen soll nunmehr normiert werden, dass das Pflegekarenzgeld ab Beginn der arbeitsrechtlichen Maßnahme gebührt, wenn die Beantragung innerhalb von zwei Monaten ab Beginn der Maßnahme erfolgt.

Wird der Antrag nach der Frist von zwei Monaten jedoch vor dem Ende der Pflegekarenz, Pflegeteilzeit oder Familienhospizkarenz gestellt, soll das Pflegekarenzgeld ab dem Tag der Antragstellung gebühren. Verspätete Anträge sollen zurückgewiesen werden.

Zu Z 16 (§ 21g):

Das aktuelle Regierungsprogramm nennt als eine Maßnahme zur Unterstützung der pflegenden Angehörigen die Einführung eines Angehörigenbonus. Als eine Folge der Abschaffung des Pflegeregresses soll die Pflege daheim, die in der Regel durch Angehörige oder in Mischformen mit mobilen Diensten erfolgt, besonders unterstützt werden. Nach der Studie Angehörigenpflege in Österreich gibt es rund 800.000 pflegende Angehörige, die Personen mit Anspruch auf Pflegegeld daheim betreuen.

Anspruchsberechtigt sollen Personen sein, die einen nahen Angehörigen oder eine nahe Angehörige mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 4 in häuslicher Umgebung pflegen. Zusätzlich muss das Erfordernis einer Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a oder § 18b ASVG oder einer Weiterversicherung in der Pensionsversicherung nach § 77 Abs. 6 ASVG, § 28 Abs. 6 BSVG oder § 33 Abs. 9 GSVG vorliegen.

Der Angehörigenbonus gebührt ab 2023 jährlich in Höhe von 1.500 Euro in monatlichen Teilbeträgen.

Die Eigenschaft eines nahen Angehörigen ergibt sich aus den §§ 18a und 18b ASVG sowie § 77 Abs. 6 ASVG, § 28 Abs. 6 BSVG oder § 33 Abs. 9 GSVG.

Der Angehörigenbonus soll von Amts wegen bei Vorliegen der Voraussetzungen durch den, für die Selbstversicherung nach § 18a oder § 18b ASVG bzw. den für die Weiterversicherung gemäß § 77 Abs. 6 ASVG, § 28 Abs. 6 BSVG oder § 33 Abs. 9 GSVG, zuständigen Entscheidungsträger ausgezahlt werden.

Der zuständige Entscheidungsträger entscheidet mittels Mitteilung. Auf Verlangen der anspruchsberechtigten Person ist binnen 2 Wochen nach Zustellung der Mitteilung ein Bescheid zu erlassen. Gegen den Bescheid besteht die Möglichkeit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

§ 21g Abs. 4 und 5 soll die gesetzliche Ermächtigung für die Entscheidungsträger darstellen, die für die Vollziehung erforderlichen personenbezogenen Daten zu verarbeiten. Durch die Aufzählung der Datenarten wird den Erfordernissen der Datenschutz-Grundverordnung und des Datenschutzgesetzes (DSG) Rechnung getragen.

Im Abs. 6 sollen die Entscheidungsträger aus verwaltungsökonomischen Gründen ermächtigt werden, die personenbezogenen Daten der pflegebedürftigen Person im Einzelfall aus der Anwendung Pflegegeldinformation – PFIF des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger abzufragen.

Weiters sollen in Absatz 7 jene Bestimmungen des Bundespflegegeldgesetzes angeführt werden, die sinngemäß auf den Angehörigenbonus zur Anwendung gelangen sollen.

Zu Z 18 (§ 48g Abs. 1 bis 3 und 6):

Um den erweiterten Pflegebedarf von pflegebedürftigen Menschen ab dem vollendeten 15. Lebensjahr mit einer schweren geistigen oder schweren psychischen Behinderung – insbesondere einer dementiellen Beeinträchtigung – entsprechend zu erfassen, wird bei der Beurteilung des Pflegebedarfes ein pauschaler Erschwerniszuschlag berücksichtigt, der den Mehraufwand für die aus der schweren geistigen oder schweren psychischen Behinderung erfließenden pflegeerschwerenden Faktoren der gesamten Pflegesituation pauschal abgelten soll. Pflegeerschwerende Faktoren liegen vor, wenn sich Defizite der Orientierung, des Antriebes, des Denkens, der planerischen und praktischen Umsetzung von Handlungen, der sozialen Funktion und der emotionalen Kontrolle in Summe als schwere Verhaltensstörung äußern. In den Gesetzesmaterialien (EB zur RV 677 BlgNR 23. GP 9.) werden diese Defizite näher umschrieben. In § 1 Abs. 6 der Einstufungsverordnung zum Bundespflegegeldgesetz, BGBl. II Nr. 469/2008, wurde ein verbindlicher Pauschalwert (Erschwerniszuschlag) von monatlich 25 Stunden für diesen zusätzlichen Pflegeaufwand festgelegt.

Den Grundsätzen des BPGG entsprechend ist für die Gewährung des Erschwerniszuschlags nicht die Graduierung der Schwere der Behinderung, sondern letztlich das daraus resultierende Pflegeerschwernis maßgebend. Es sollen durch den Erschwerniszuschlag pflegeerschwerende Faktoren berücksichtigt werden, die sonst keine Berücksichtigung finden würden (vgl. zB OGH 10 ObS 99/10x, Greifeneder/Liebhart, Pflegegeld4 (2017) Rz 5.333). Wie die Erfahrungen gezeigt haben, wird der besonders herausfordernden und belastenden Pflege in diesen Fällen durch einen Erschwerniszuschlag im Ausmaß von 25 Stunden pro Monat nicht ausreichend Rechnung getragen, was auch immer wieder Anlass zu Kritik bietet.

Durch eine Erhöhung des Erschwerniszuschlages auf monatlich 45 Stunden in der Einstufungsverordnung soll dieser Kritik begegnet und die Situation von dementiell beeinträchtigten Menschen verbessert werden – insbesondere profitieren von dieser Verbesserung die sogenannten ‚rüstigen‘ aber schwer dementiell beeinträchtigten Personen, die durch die alte Rechtslage häufig nur in der Pflegegeldstufe 3 eingestuft wurden.

Die Erhöhungen des Pflegegeldes in den Fällen, in denen ein Erschwerniszuschlag Berücksichtigung fand, sollen grundsätzlich ohne neuerliche ärztliche oder pflegerische Begutachtung ab 1.1.2023 von Amts wegen erfolgen, um den Aufwand für die Pflegegeldbezieherinnen und -bezieher möglichst gering zu halten. Für jene Fälle, in denen sich ein mögliches qualitatives Zusatzerfordernis der Stufen 5 bis 7 nicht aus den bereits vorliegenden Gutachten ableiten lässt, soll eine neuerliche Begutachtung durchgeführt werden. Da nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass dabei nicht alle in Betracht kommenden pflegebedürftigen Personen erfasst werden, sollen auch Anträge auf Erhöhungen des Pflegegeldes auf Grund dieser Verbesserung möglich sein, wobei ebenfalls rückwirkend ab 1.1.2023 die nächsthöhere Pflegegeldstufe zuzuerkennen ist, wenn die Antragstellung bis zum 31. Dezember 2023 erfolgt. Wird ein Antrag auf Erhöhung des Pflegegeldes nach dem 31. Dezember 2023 eingebracht, soll ein höheres Pflegegeld gemäß § 9 Abs. 1 BPGG mit dem auf die Antragstellung folgenden Monat gebühren.

Aus Gründen der Rechtssicherheit sollen – abweichend von der Bestimmung des § 27 Abs. 3 – Bescheide über die Gewährung des höheren Pflegegeldes erlassen werden.

Auf Grund der Tatsache, dass eine mögliche Erhöhung des Pflegegeldes von Amts wegen erfolgen soll und der sonstige Pflegebedarf, mit Ausnahme des Erschwerniszuschlages und der Zusatzkriterien für die Stufen 5 bis 7, nicht überprüft wird, soll die Anwendung des § 25 Abs. 4 BPGG sowohl für Entscheidungen, die bis zum 31. Dezember 2022 ergangen sind, als auch für Entscheidungen über Erhöhungen des Pflegegeldes mit Wirkung vom 1. Jänner 2023 wegen einer Änderung des Erschwerniszuschlages, ausgeschlossen werden.

In Abs. 3 soll geregelt werden, dass allen am 1. Jänner 2023 noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren auf Zuerkennung oder Erhöhung des Pflegegeldes für die Zeit bis zum 31. Dezember 2022 die bis zu diesem Zeitpunkt für die Beurteilung des Pflegebedarfes geltenden Bestimmungen – also ein Erschwerniszuschlag in Höhe von 25 Stunden pro Monat – zugrunde gelegt werden sollen.

Mit Abs. 6 soll klargestellt werden, dass die Bestimmungen der Abs. 1 und 3 auch für gerichtliche Verfahren gelten.

Zu Z 19 (§ 49 Abs. 33):

Die vorgeschlagen Änderungen sollen mit Wirkung vom 1. Jänner 2023 in Kraft treten.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 30. Juni 2022 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Bedrana Ribo, MA die Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Fiona Fiedler, BEd, Mag. Ernst Gödl, Mag. Markus Koza, Alois Stöger, diplômé, Mag. Gerald Loacker und Mag. Christian Drobits sowie der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch und der Ausschussobmann Abgeordneter Josef Muchitsch.

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V, G, dagegen: S, F, N) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2022 06 30

                             Bedrana Ribo, MA                                                             Josef Muchitsch

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann