162 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Umweltausschusses

über die Regierungsvorlage (114 der Beilagen): Bundesgesetz über Maßnahmen zum Schutz vor Gefahren durch ionisierende Strahlung (Strahlenschutzgesetz 2020 – StrSchG 2020)

Das Strahlenschutzgesetz dient primär der Umsetzung der Richtlinie 2013/59/Euratom zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung und zur Aufhebung der Richtlinien 89/618/Euratom, 90/641/Euratom, 96/29/Euratom, 97/43/Euratom und 2003/122/Euratom, ABl. Nr. L 13 vom 17.01.2014 S. 1, in österreichisches Recht. Diese Richtlinie legt grundlegende Sicherheitsstandards zum Schutz der Gesundheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, der Bevölkerung, Patientinnen und Patienten und anderer Personen vor den Gefahren durch ionisierende Strahlung fest.

Weiters setzt das Strahlenschutzgesetz folgende Richtlinien in österreichisches Recht um:

–      Richtlinie 2009/71/Euratom über einen Gemeinschaftsrahmen für die nukleare Sicherheit kerntechnischer Anlagen, ABl. Nr. L 172 vom 02.07.2009 S. 18, sowie Richtlinie 2014/87/Euratom zur Änderung der Richtlinie 2009/71/Euratom über einen Gemeinschaftsrahmen für die nukleare Sicherheit kerntechnischer Anlagen, ABl. Nr. L 219 vom 25.07.2014 S. 42,

–      Richtlinie 2006/117/Euratom über die Überwachung und Kontrolle der Verbringungen radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente, ABl. Nr. L 337 vom 05.12.2006 S. 21,

–      Richtlinie 2011/70/Euratom über einen Gemeinschaftsrahmen für die verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle, ABl. Nr. L 199 vom 02.08.2011 S. 48, sowie

–      Richtlinie 2001/42/EG über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, ABl. Nr. L 197 vom 21.07.2001 S. 30.

Neben der Umsetzung dieser Richtlinien sollen mit diesem Gesetz weitere Regelungen zur laufenden Verbesserung des Schutzes vor Gefahren durch ionisierende Strahlung getroffen werden, die den internationalen Stand der Technik widerspiegeln sollen.

Obwohl viele der derzeit geltenden Bestimmungen aufrecht bleiben sollen, soll keine Novellierung des derzeit in Kraft befindlichen Strahlenschutzgesetzes – StrSchG, BGBl. Nr. 227/1969, erfolgen, sondern eine Neufassung erstellt werden. Primär soll damit eine bessere Übersichtlichkeit und Lesbarkeit durch die Rechtsanwenderinnen und Rechtsanwender erzielt werden.

Die in der Richtlinie 2013/59/Euratom festgelegten Standards beruhen auf Empfehlungen der Internationalen Strahlenschutzkommission (ICRP). Die ICRP hat mit ihrer Publikation 103 ein neues umfassendes Strahlenschutzsystem eingeführt, das zwischen folgenden drei Expositionssituationen unterscheidet:

–      Geplante Expositionssituationen,

–      Bestehende Expositionssituationen sowie

–      Notfallexpositionssituationen.

Dieses Strahlenschutzsystem ist in die Richtlinie 2013/59/Euratom eingeflossen und soll auch die inhaltliche und systematische Grundlage für dieses Bundesgesetz bilden.

Die Richtlinie 2013/59/Euratom wurde gegenüber der Richtlinie 96/29/Euratom deutlich erweitert und vertieft. Sie tritt an die Stelle von fünf bisherigen Rechtsvorschriften, die inkonsistent waren, dem wissenschaftlichen Fortschritt nicht ausreichend Rechnung trugen bzw. nicht eingehend auf natürliche Strahlungsquellen oder den Umweltschutz eingingen. Sie legt dar, wie die Sicherheit von radioaktivem Material gewährleistet werden kann und welche Informationspflichten bei einer Exposition im Notfall bestehen.

Sie gilt insbesondere für:

–      Herstellung, Erzeugung, Verarbeitung, Handhabung, Beseitigung, Verwendung, Lagerung, Besitz, Beförderung, Einfuhr in die EU und Ausfuhr aus der EU von radioaktivem Material;

–      Herstellung und Betrieb von elektrischer Ausrüstung, die ionisierende Strahlung aussendet;

–      menschliche Betätigungen, bei denen natürliche Strahlenquellen vorhanden sind, durch die sich die Exposition von Arbeitskräften oder der Öffentlichkeit erheblich erhöht, wie z. B. die Exposition von raumfahrenden Personal gegenüber kosmischer Strahlung;

–      Exposition im häuslichen Umfeld gegenüber Radon in der Innenraumluft sowie externe Exposition gegenüber Gammastrahlung aus Baumaterialien;

–      Vorgehen in Notfall-Expositionssituationen, soweit dabei Maßnahmen zum Schutz von Öffentlichkeit und Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern erforderlich sind.

Diese Richtlinie legt die allgemeinen Grundsätze des Strahlenschutzes dar, wobei besonderes Augenmerk auf Dosisbeschränkungen für die berufsbedingte Exposition, die Exposition der Bevölkerung und die medizinische Exposition gelegt wird. Die von der ICRP vorgeschlagenen Bandbreiten für Referenzwerte in bestehenden und Notfall-Expositionssituationen sind in einem Anhang aufgeführt. Zum Schutz von schwangeren und stillenden Arbeitnehmerinnen, Auszubildenden, Schülerinnen und Studierenden besteht eine Sonderregelung.

Die wesentlichsten neuen Regelungen betreffen folgende Bereiche:

–      Schutz vor Radon;

–      Tätigkeiten mit natürlich vorkommenden radioaktiven Materialien;

–      Verbraucherprodukte, die radioaktive Stoffe enthalten;

–      Tätigkeiten mit einer Exposition zwecks nicht-medizinischer Bildgebung;

–      Expositionen aufgrund kontaminierter Waren oder radioaktiver Altlasten.

Auf diese neuen Regelungen wird im besonderen Teil der Erläuterungen näher eingegangen.

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 12 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 („Gesundheitswesen“).

 

Der Umweltausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 05. Mai 2020 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Ing. Martin Litschauer die Abgeordneten Yannick Shetty, Julia Elisabeth Herr sowie die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA und der Ausschussobmann Abgeordneter Lukas Hammer.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit (dafür: V,F,G,N, dagegen: S) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (114 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2020 05 05

                           Ing. Martin Litschauer                                                           Lukas Hammer

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann