1625 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (1523 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Republik Brasilien über soziale Sicherheit

Allgemeine Überlegungen

Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Republik Brasilien über soziale Sicherheit hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

1. Werdegang des Abkommens

Brasilien hat in den letzten Jahren mit einigen europäischen Staaten Abkommen über soziale Sicherheit abgeschlossen, wie zum Beispiel mit Belgien, Frankreich, Deutschland und Luxemburg. 2014 trat die Wirtschaftskammer Österreich an das Sozialministerium mit dem Wunsch nach Abschluss eines Abkommens mit Brasilien heran. Anlass war die sehr stark gestiegene Anzahl österreichischer Firmenniederlassungen in Brasilien. Die Gespräche auf Expertenebene wurden im September 2015 begonnen und im Mai 2016 erfolgreich abgeschlossen. Seit diesem Zeitpunkt verzögerte sich die Vorbereitung der Unterzeichnung insbesondere aufgrund von Regierungsumbildungen in beiden Staaten. Nunmehr konnte mit Brasilien aber auf Expertenebene die Unterzeichnungsreife der vorliegenden Texte vereinbart werden.

2. Das Abkommen im Allgemeinen

Das Abkommen entspricht in materiellrechtlicher Hinsicht weitestgehend den in letzter Zeit von Österreich geschlossenen Abkommen, wie insbesondere dem Abkommen über soziale Sicherheit mit der Republik Indien vom 4.2.2013, BGBl. III Nr. 60/2015.

Der vorliegende Entwurf des Abkommens bezieht sich daher aus leistungsrechtlicher Sicht auf die Pensionsversicherung und regelt darüber hinaus auch noch die anzuwendenden Rechtsvorschriften bei grenzüberschreitender Erwerbstätigkeit.

Das Abkommen ist in fünf Abschnitte gegliedert:

Abschnitt I enthält allgemeine Bestimmungen und legt im Wesentlichen den persönlichen und sachlichen Geltungsbereich, den Grundsatz der Gleichbehandlung sowie die Gebietsgleichstellung hinsichtlich der Gewährung von Geldleistungen aus der Pensionsversicherung fest.

Abschnitt II sieht in Bezug auf die jeweils hinsichtlich der Versicherungspflicht anzuwendenden Rechtsvorschriften das Beschäftigungslandprinzip sowie Ausnahmen von diesem Grundsatz vor.

Nach Abschnitt III erfolgt die Leistungsfeststellung im Bereich der Pensionsversicherung unter Zusammenrechnung der in den beiden Vertragsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten für den Anspruch und unter Berechnung grundsätzlich entsprechend den in jedem Vertragsstaat zurückgelegten Versicherungszeiten, wobei eine Vereinheitlichung der zwischenstaatlichen Berechnung angestrebt wird.

Abschnitt IV enthält verschiedene Bestimmungen über die Durchführung und Anwendung des Abkommens.

Abschnitt V enthält Übergangs- und Schlussbestimmungen.

Im EU-Bereich stehen hinsichtlich von Abkommen über soziale Sicherheit mit Drittstaaten keine EU-Vorschriften in Kraft, sodass die Mitgliedstaaten einen diesbezüglichen Gestaltungsspielraum haben. Das vorliegende Abkommen entspricht aber den in diesem Bereich maßgebenden Grundsätzen der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (ABl. Nr. L 200 vom 7.6.2004 S. 1). Der vom EuGH in der Rechtssache C-55/00, Gottardo, unmittelbar aus Art. 45 AEUV (Arbeitnehmerfreizügigkeit) abgeleiteten Verpflichtung der Mitgliedstaaten, bei Abkommen mit Drittstaaten die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten den jeweils eigenen Staatsangehörigen gleichzustellen, wird dadurch entsprochen, dass der persönliche Geltungsbereich des vorliegenden Abkommens unbeschränkt ist und daher alle versicherten Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit erfasst und darüber hinaus auch eine eigene unilateral für Österreich wirkende Gleichbehandlungsregelung für die vom EU-Recht erfassten Personen vorgesehen wird.

Der gegenständliche Staatsvertrag hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat.

Der Staatsvertrag hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG nicht erforderlich ist.

Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 30. Juni 2022 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligte sich die Berichterstatterin Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer.

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Republik Brasilien über soziale Sicherheit (1523 der Beilagen) wird gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.

Wien, 2022 06 30

                          Rebecca Kirchbaumer                                                          Josef Muchitsch

                                  Berichterstatterin                                                                          Obmann