1690 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 2760/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umlagensenkungen bei den Kammern

Die Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 21. September 2022 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Zu hohe Umlagen führen zu enormen Rücklagen und Überschüssen bei den Kammern

In den Kammergesetzen für die Arbeiterkammern und Wirtschaftskammern sind die Kammern zwar eindeutig als Non-Profit-Unternehmen (Ausgaben = Umlagen) definiert, trotzdem sind ihre Umlagen und Rücklagen in den letzten Jahren deutlich stärker gestiegen als die Inflation. Das liegt zum einen daran, dass die Aufsicht der Kammern (Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft) zu wenig auf die Einhaltung der Kammergesetze pocht und zum anderen daran, dass in den Kammergesetzen die Umlagen-Höchstgrenzen zu hoch angesetzt (AK-Gesetz) oder gar nicht festgelegt sind (WK-Gesetz). Diese Umstände und die schleißige Aufsicht ermöglichen es den Kammern, regelmäßig Überschüsse zu erzielen. So hoben die Wirtschaftskammern 2021 809 Mio. Euro an Umlagen ein und erzielten dabei 136 Mio. Euro an Überschüssen, was einer Umlagen-Rendite von 17 Prozent entspricht! Und da,s obwohl die Wirtschaftskammern gleichzeitig noch 59 Mio. Euro an Zusatzpensionen zu stemmen hatten. Ähnlich verhielt es bei den Arbeiterkammern, die Umlagen in Höhe von 530 Mio. Euro einhoben und 67 Mio. Euro Überschuss erzielten, trotz 58 Mio. Euro Aufwänden für Zusatzpensionen. Die regelmäßigen Überschüsse führen dazu, dass die Rücklagen der Kammern in den letzten Jahren stark gestiegen sind. So liegen die Rücklagen den Arbeiterkammern mittlerweile bei 571 Mio. Euro (mehr als ein Jahresaufwand) und bei den Wirtschaftskammern bei 1,78 Mrd. Euro (mehr als der zweifache Jahresaufwand).

Arbeiterkammern beginnen bereits Rücklagen und Überschüsse zu verschleiern

Hinzu kommt, dass die Arbeiterkammern aufgrund ihrer ungewöhnlichen, nicht UGB-konformen Rechnungslegungsvorschriften mehr Überschüsse erzielen und Rücklagen horten als sie offiziell in den Rechnungsabschlüssen ausweisen. Für die Berechnung der Rücklagen und Überschüsse sind deshalb Korrekturen nötig, um die Überschuss- und Rücklagenverschleierungen darstellen zu können. Insgesamt verschleiern die Arbeiterkammern schon 68 Mio. Euro an Rücklagen über die nicht UGB-konforme ‚Rückstellung für die Digitalisierungsoffensive‘. Und da die Ausgaben für die Digitalisierungsoffensive seit Jahren niedriger sind als die Rückstellungszuführungen, schmälern die Arbeiterkammern ihre Überschüsse jährlich künstlich jährlich um 12-22 Mio. Euro. Diesbezüglich hat die Aufsicht zumindest bereits eine Prüfung der Rechnungslegungsvorschriften in Auftrag gegeben (1).

Teile der Regierungsfraktionen fordern Senkung der Kammerumlagen

Mittlerweile prangert auch die Grüne Wirtschaft in regelmäßigen Abständen die hohen Rücklagen der Wirtschaftskammern an (‚Statt Geld und Vermögen zu horten, sollte die WKO die Unternehmer:innen in schwierigen Zeiten entlasten.‘) (2). Und zuletzt hat sich auch der Grüne Abgeordnete Lukas Hammer deutlich zu Wort gemeldet: ‚Wenn jeder Beitrag zur Unterstützung österr. Unternehmen wichtig ist, dann sollten wir auch über ein Aussetzen oder eine Reduktion der Wirtschaftskammer Umlagen diskutieren. Immerhin hat die WKO über 1,6 Mrd. Euro an Rücklagen, auf die man in so einer Krise zurückgreifen könnte (3). Innerhalb der Regierungsfraktionen wird man sich also dem Problem bewusst und ist zu Änderungen bereit. Dieser Reformwille wird natürlich in Form dieses Antrags begrüßt.

 

Zudem spricht die Argumentation von ÖVP-Abgeordneten und WK-Generalsekretär Karl-Heinz Kopf ‚man müsse ganz klar zwischen Sach- und Finanzanlagen unterscheiden und auch wissen, dass manche Rücklagen mit gesetzlichen Bindungen versehen sind‘ (4) ganz klar für eine Auflösung der Wirtschaftskammerrücklagen. Denn von den Finanzanlagen in Höhe von 1,1 Mrd. Euro machen 0,7 Mrd. Euro reines Wertpapiervermögen aus, das zum Großteil sofort aufgelöst werden kann. In der WK-Bilanz können nämlich nur die Rückstellungen in Höhe von 0,2 Mrd. Euro als Vermögen mit gesetzlicher Bindung qualifiziert werden. Hier besteht ohnehin großer Handlungsbedarf, da die Wirtschaftskammern allein 2021 18,2 Mio. Euro Wertpapiervermögen in den Sand gesetzt haben (5). Diese Wertpapierverluste, womöglich sogar Spekulationsverluste, zeigen deutlich, dass die Wirtschaftskammern nicht mit der entsprechenden Sorgfalt mit den Zwangsmitgliedschaftsgeldern umgehen. Zu den 0,5 Mrd. Euro Wertpapiervermögen, das sofort aufgelöst werden kann, kommen noch 0,4 Mrd. Euro Bankeinlagen, die ebenfalls sofort an die Zwangsmitglieder zurück gegeben werden können.

 

Senkung der Umlagen und Einführung von Höchstgrenzen nötig

Aufgrund der rasant steigenden Umlagen und Rücklagen in den Kammern ist es daher überfällig, die Umlagen zu senken und die entsprechenden Vorgaben/Höchstgrenzen in den Kammergesetzen anzupassen. Für die Arbeiterkammern muss die hohe Umlagen-Höchstgrenze von 0,5 Prozent auf 0,4 Prozent gesenkt werden. Gleichzeitig ist für die Wirtschaftskammern eine Höchstgrenze im Wirtschaftskammergesetz zu verankern, wobei die ‚Kammerumlage 2‘ (Teil der Lohnnebenkosten) jedenfalls mit einem Höchstwert von 0,2 Prozent zu begrenzen ist. Denn speziell in Zeiten hoher Inflation und hoher Energiepreise ist es wichtig, die Zwangsmitglieder der Arbeiterkammern und Wirtschaftskammern zu entlasten, anstatt die Zwangsbeiträge in den Kammer-Geldspeichern zu horten.

 

Quellen:

(1) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_10747/index.shtml

(2) https://www.gruenewirtschaft.at/2022/06/27/ruecklagen-2021/

(3) www.twitter.com/lukas_hammer/status/1570360760571760640?cxt=HHwWgMC88dSyhcsrAAAA

(4) https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200417_OTS0196/kopf-wko-entlastet-mitgliedsbetriebe-mit-hunderten-millionen-euro

(5) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_11570/index.shtml

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 27. September 2022 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Gerald Loacker die Abgeordneten Mag. Markus Koza, Peter Wurm, Bettina Zopf und der Ausschussobmann Abgeordneter Josef Muchitsch.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: F, N, dagegen: V, S, G).

 

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Mag. Markus Koza gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2022 09 27

                             Mag. Markus Koza                                                             Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann