1698 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP
Bericht
des Unterrichtsausschusses
über den Antrag 2544/A(E) der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutsch als „Pausensprache“
Die Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 18. Mai 2022 im Nationalrat eingebracht und unter anderem wie folgt begründet:
„In Volksschulen rund drei von zehn Kindern (30,9%) eine nicht-deutsche Umgangssprache. In Mittelschulen liegt dieser Anteil bei 33,8%, in der AHS-Unterstufe bei 21,7%.“ (Statistik Austria, Bildung in Zahlen 2020/21)
„27 Prozent der Schülerinnen und Schüler spricht eine andere Umgangssprache als Deutsch
Im Schuljahr 2019/20 hatten 27,4 Prozent der 1.095.500 Schülerinnen und Schüler in Österreich eine andere Umgangssprache als Deutsch. Dieser Anteil ist im Verhältnis zum Schuljahr 2015/16 um 3,6 Prozentpunkte gestiegen. Es zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Schultypen: An Sonderschulen (40,3%), Polytechnischen Schulen (35,6%) und Neuen Mittelschulen (33,3%) war der Anteil von Schülerinnen und Schülern mit nichtdeutscher Umgangssprache höher als im Durchschnitt. Im Gegensatz dazu hatten nur 21,0 Prozent der Schülerinnen und Schüler einer AHS, 20,5 Prozent einer BHS und 18,4 Prozent einer Berufsschule eine andere Umgangssprache als Deutsch. Während der Anteil an Schülerinnen und Schülern mit nichtdeutscher Umgangssprache in Wien mit 54,4 Prozent am höchsten war, lag der Anteil in Kärnten mit 16,6 Prozent am niedrigsten.“ (Integrationsfonds: https://www.integrationsfonds.at/mediathek/mediathek-publikationen/publikation/bundeslaender-2021-zahlen-daten-und-fakten-11885/)
„Jedes 7. Volksschulkind versteht uns nicht
Schlimm: Jedes siebente Kind in einer Wiener Volksschule kann so wenig Deutsch, dass es dem Unterricht nicht folgen kann. Und kaum zu glauben: 60 Prozent dieser Kinder sind hier geboren ("Heute" berichtete).
Das ist nicht nur eine Bankrotterklärung für Österreichs miserable, weil inkohärente Integrationspolitik – da restriktiv und gehässig, dort devot und zahnlos –, es ist eine gesellschaftliche Katastrophe. Am wenigsten noch für die Betroffenen selber, die bleiben unter sich und kommen mit Jugo-Sprech und Türkisch auch so durch ihr Parallel-Leben (ich weiß es von zig früheren Schülern).
Aber ihre deutschsprachigen Mitschüler kriegen weniger Unterricht als sie verdienen, und Lehrerinnen verzweifeln, weil sie "Mimi sagt Mami" lehren müssen statt das, wofür sie ausgebildet wurden. Kaum jemand will noch in Kindergärten oder VS unterrichten. Kein Wunder, wenn einen dort keiner mehr versteht. Die Politik nicht, die Schulbehörde nicht. Jetzt nicht einmal mehr die Schüler.“ (Niki Glattauer in heute.at am 9.5.2022: https://www.heute.at/s/jedes-7-volksschulkind-versteht-uns-nicht-100205814)
Auch die aus parteipolitischen Gründen von ÖVP-Minister Faßmann „entlassene“ Ombudsfrau für Wertefragen und Kulturkonflikte, Susanne Wiesinger, erkannte die Problematik. Im addendum (19.01.2020, https://www.addendum.org/schule/machtkampf-im-ministerium/) ist dazu nachzulesen:
Zu tun gibt es genug. An Österreichs Schulen sprechen immer mehr Schüler immer seltener Deutsch. Kulturelle Konflikte nehmen zu. Die neue türkis-grüne Regierung verspricht in ihrem Regierungsprogramm mehr Personal und Unterstützung. Dabei heißt das eigentliche Problem: Parteipolitik.
In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Anteil der Schüler mit nicht-deutscher Umgangssprache in öffentlichen Volksschulen, Mittelschulen und AHS deutlich erhöht. An neuen Mittelschulen stieg der Anteil der Schüler mit nichtdeutscher Umgangssprache um 39 Prozent, in der AHS-Unterstufe um 40 Prozent und in der AHS-Oberstufe um 59 Prozent.
Mangelnde Deutsch-Kenntnisse sind schon lange ein Thema und ein Beitrage zur Lösung wäre Deutsch als „Pausensprache“, wie das schon seit 2005 an einer Schule in Berlin mit Unterstützung des SPD-Bildungssenator Klaus Böger unterstützt umgesetzt wird:
„Die Schulsprache unserer Schule ist Deutsch, die Amtssprache der Bundesrepublik Deutschland. Jeder Schüler ist verpflichtet, sich im Geltungsbereich der Hausordnung nur in dieser Sprache zu verständigen.“
Die Herbert-Hoover-Realschule im Berliner Stadtteil Wedding hat bereits 2005 die Pflicht zum Deutschsprechen mit Zustimmung der Eltern in ihre Hausordnung aufgenommen und dafür den Deutschen Nationalpreis 2006 bekommen.
„Schüler, Eltern und Lehrer der Herbert-Hoover-Schule haben die Identität stiftende Wirkung der gemeinsamen Sprache erkannt, nicht auf staatliche Regulierungen gewartet und den Begriff der Nation durch ihr pragmatisches Verhalten mit Leben gefüllt“, so der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf anlässlich der Preisverleihung.
Der oberösterreichische Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer hat ein ähnliche Empfehlung 2008 ausgesprochen, und meinte dazu gegenüber den OÖ-Nachrichten, dass dies der „Hausverstand gebiete“.
In Österreich hat auch eine Schule (Vienna Business School in Mödling) eine ähnliche Initiative gestartet und die Schüler darauf hingewiesen, dass „im gesamten Schulhaus (auch in den Pausen) nur die Amtssprache Deutsch eingesetzt werden darf.“
Eine Forderung, die auch die FPÖ seit Langem erhebt, dient sie doch dazu, die sprachliche Kompetenz in der Verkehrssprache Deutsch zu fördern, die kommunikative Kompetenz zu fördern (Verwendung einer gemeinsamen Sprache ist auch ein Gebot der Höflichkeit) und vor allem die Integration zu fördern.
Eine entsprechende Petition des Landeshauptmann-Stellvertreters des Landes Oberösterreich, Dr. Manfred Haimbuchner, wurde bereits von knapp 20 Tausend Personen unterzeichnet:
Deutsch soll Schulsprache sein. Das bedeutet, dass nicht nur im Unterricht (sog. "Unterrichtssprache Deutsch"), sondern auch in den Pausen und bei Schulveranstaltungen die deutsche Sprache verwendet werden muss (Prinzip "Schulsprache Deutsch").
Für eine funktionierende Gesellschaft ist eine gemeinsame Sprache unverzichtbar. Als Landeshauptmann-Stellvertreter und Familienreferent des Landes Oberösterreich ist es mir daher ein besonderes Anliegen, die Vermittlung der deutschen Sprache im schulischen Alltag bestmöglich zu verwirklichen. Dafür ist vor allem das Prinzip "Schulsprache Deutsch" ein geeignetes Mittel.
Die Umsetzung dieser Maßnahme würde einen wichtigen Beitrag zur besseren Integration, Leistungsförderung und Kommunikation darstellen.
Hatten im Schuljahr 2009/2010 noch 19% der Pflichtschüler in Oberösterreich nicht Deutsch als Muttersprache, so sind es knapp zehn Jahre später bereits 28% (Quelle: Landesschulrat OÖ).
Daher appelliere ich an die Bundesregierung, diese Forderung umzusetzen!“
Der Unterrichtsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 2. Juni 2022 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Hermann Brückl, MA die Abgeordneten Nurten Yılmaz, Martina Kaufmann, MMSc BA, Mag. Sibylle Hamann und Katharina Kucharowits. Im Anschluss vertagte der Unterrichtsausschuss die Beratungen.
Der Unterrichtsausschuss hat die Beratungen über den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 30. September 2022 wieder aufgenommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Sibylle Hamann, Nurten Yılmaz, Mag. Yannick Shetty, Hermann Brückl, MA, Mag. Romana Deckenbacher und MMMag. Gertraud Salzmann sowie der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek.
Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: F, dagegen: V, S, G, N).
Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.
Wien, 2022 09 30
Mag. Sibylle Hamann Mag. Dr. Rudolf Taschner
Berichterstattung Obmann