1746 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Kulturausschusses

über die Regierungsvorlage (1743 der Beilagen): Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern (Buchpreisbindungsgesetz 2023 – BPrBG 2023)

Die vollständige formale Überarbeitung und die Verankerung zahlreicher inhaltlicher Neuerungen macht eine Neuerlassung des Bundesgesetzes über die Preisbindung bei Büchern erforderlich.

Das Buchpreisbindungsgesetz verankert die Preisbindung für Bücher auf der Stufe der Letztverkäufer:innen (Einzelhandel) im österreichischen Bundesgebiet. Die kultur- und gesellschaftspolitischen Ziele sind der Schutz von Büchern als Kulturgut und die Sicherstellung eines breiten und qualitätvollen, physischen Angebots von Büchern sowie die Förderung angemessener Buchpreise. Dies wird unter Bedachtnahme auf die betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten des Buchhandels durch eine Vielfalt im Buchvertrieb und eine große Zahl von Verkaufsstellen gewährleistet.

Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union

Das im neuen Buchpreisbindungsgesetz 2023 enthaltene Preisbindungssystem stellt im Verhältnis zum bisher geltenden Preisbindungssystem keinen wesentlichen Systembruch dar und ist mit dem Recht der Europäischen Union, insbesondere mit der Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 AEUV, weiterhin vereinbar.

Die im Gesetz vorgesehene Buchpreisbindung gilt sowohl für im Inland verlegte als auch für importierte Bücher, E-Books und Musikalien (§ 1 iVm § 2). Sie betrifft nicht die Waren als solche, sondern die Art des Verkaufs an die Letztverbraucher:innen. Die gegenständliche Maßnahme ist daher als Verkaufsmodalität iSd Keck-Rechtsprechung des EuGH zu qualifizieren. Eine solche stellt keine verbotene Beschränkung des freien Warenverkehrs iSv Art. 34 AEUV dar, wenn sie für alle Wirtschaftsteilnehmer:innen gilt, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen EU-Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berührt. Die Verpflichtung zur Festlegung eines Mindestpreises (§ 4 Abs. 1) gilt für alle Wirtschaftsteilnehmer:innen, die in Österreich tätig werden und Bücher, E-Books und/oder Musikalien verkaufen, nämlich inländische Verleger:innen einerseits sowie ausländische Verleger:innen und Importeurinnen und Importeure andererseits.

Die erste Voraussetzung der Keck-Rechtsprechung, nämlich, dass die gegenständliche Maßnahme unterschiedslos auf alle Wirtschaftsteilnehmer:innen, die in Österreich tätig werden und Waren iSd § 2 verkaufen Anwendung findet, ist daher erfüllt. Des Weiteren berührt die Preisfestsetzungspflicht (§ 4 Abs. 1) den Absatz von inländischen Büchern, E-Books und Musikalien in gleicher Weise wie den Absatz von Büchern, E-Books und Musikalien aus anderen EU-Mitgliedstaaten. Dies gilt sowohl rechtlich wie auch tatsächlich. Verleger:innen aus anderen EU-Mitgliedstaaten dürfen für Österreich nämlich einen eigenen Mindestpreis empfehlen und damit festlegen und können daher die Besonderheiten des Marktes in Österreich so berücksichtigen wie österreichischer Verleger:innen. Nur für den Fall, dass eine/ein ausländische/r Verleger:in für Österreich keinen Mindestpreis empfiehlt, darf die Importeurin bzw. der Importeur den von der/vom Verleger:in für den Verlagsstaat festgesetzten oder empfohlenen Mindestpreis, abzüglich einer darin enthaltenen im Verlagsstaat geltenden Umsatzsteuer und zuzüglich der in Österreich jeweils geltenden Umsatzsteuer, nicht unterschreiten (§ 4 Abs. 2). In diesem Fall wird der Absatz ausländischer Bücher, E-Books oder Musikalien allenfalls stärker berührt als der Absatz entsprechender inländischer Produkte, doch ist diese Schlechterstellung nicht auf die Preisbindung, sondern allein auf die autonome wirtschaftspolitische Entscheidung der Verlegerin/des Verlegers zurückzuführen. Dem folgend erfüllt das österreichische Buchpreisbindungssystem wie schon bisher alle Voraussetzungen einer Verkaufsmodalität iSd Keck-Rechtsprechung und ist daher von Art. 34 AEUV nicht verboten.

Der Schutz des Buches als Kulturgut ist überdies bereits als ein zwingender Grund des Allgemeininteresses in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt. Eine etwaige Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit bzw. der Dienstleistungsfreiheit durch den grenzüberschreitenden gewerbs- oder geschäftsmäßigen Verkauf von Waren iSd § 2 an Letztverbraucher:innen in Österreich, kann daher unionsrechtlich gerechtfertigt werden. Dass der stationäre Buchhandel, der durch die gegenständliche Regelung gefördert werden soll, die Nachfrage nach Büchern steigert, ist mittlerweile auch empirisch belegt (Christopher Kah & Daniel Neururer, 2019, "Generiert der stationäre Buchhandel positive Nachfrageeffekte und verhilft dadurch dem Kulturgut Buch bei seiner Verbreitung? - Ein natürliches Experiment", Working Papers 2019-15, Universität Innsbruck). Insofern ist die Maßnahme zur Zielerreichung jedenfalls als geeignet anzusehen.

Notifikation:

Der Entwurf des Buchpreisbindungsgesetzes ist nach der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft, ABl. Nr. L 241 vom 17.09.2015 S. 1, zu notifizieren.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 8 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG („Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie“; „Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes“).

 

Der Kulturausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 17. Oktober 2022 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Maria Großbauer die Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Sabine Schatz und Mag. Julia Seidl sowie die Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Kulturausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1743 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2022 10 17

                              Maria Großbauer                                                         Mag. Eva Blimlinger

                                  Berichterstattung                                                                           Obfrau