1751 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Tourismusausschusses

über den Antrag 2866/A(E) der Abgeordneten Franz Hörl, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Unterstützung innovativer Pilotprojekte zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tourismusbranche,

über den Antrag 2779/A(E) der Abgeordneten Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderbetreuungseinrichtungen Tourismus sowie

über den Antrag 2522/A(E) der Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Frauen im Tourismus: Kooperative Kinderbetreuungsmodelle in touristischen Regionen fördern!

 

Antrag 2866/A(E)

Die Abgeordneten Franz Hörl, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 12. Oktober 2022 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Bereits vor der Covid-19 Pandemie waren aus Sicht der Unternehmen im österreichischen Tourismus die Verfügbarkeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie deren Qualifikation die beiden Themen mit der größten Bedeutung für die Zukunft. Eine zusätzliche Herausforderung bei der Suche nach Arbeitskräften für den Tourismus ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Beim Setzen arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen ist die Politik daher gefordert, sowohl die spezifischen Ausgangsbedingungen im Tourismus als auch gesellschaftliche Veränderungsprozesse verstärkt zu berücksichtigen, wie z.B.:

•       die Kleinstrukturiertheit der Branche (rund 83 % der Unternehmen haben lediglich bis zu 9 Beschäftigte);

•       davon ein überwiegender Anteil von Betrieben im ländlichen Raum,

•       saisonale Schwankungen in der Nachfrage mit Sommer- und Winterspitzen,

•       der demografische Wandel,

•       Veränderungen in Beruf- und Freizeitvorstellungen junger Menschen sowie

•       Teilhabe beider Elternteile an der Kinderbetreuung.

Diese Ausgangsbedingungen bringen mit sich, dass der Tourismus gerade auch bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und den dafür notwendigen Kinderbetreuungsangeboten innovative Wege beschreiten muss, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern attraktive Beschäftigungsangebote zu unterbreiten. Besondere Bedeutung wird hier der Ausrichtung der Betreuungsangebote an den tourismusspezifischen Bedarf zukommen (bedarfsgerechte Öffnungszeiten, Angebot für unter 3-Jährige, etc).

Es bedarf daher attraktiver Angebote sowohl für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst als auch für ihre Familien. Gerade abseits der urbanen Ballungsräume könnten unter anderem folgende Maßnahmen zu einer Verbesserung der Situation beitragen: Schaffung von Wohn-, Arbeits-, Aus- und
Weiterbildungs-, Kinderbetreuungs- und Freizeitangeboten. Insofern müssen zukunftweisende Konzepte für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Tourismusbranche sowohl den individuellen betrieblichen als auch den regionalen Voraussetzungen bestmöglich gerecht werden und dabei persönliche sowie demografische Bedürfnisse berücksichtigen. Innovative Projekte, die diese Anforderungen erfüllen, können zugleich Vorbildwirkung sowohl in der eigenen Region als auch über deren Grenzen hinaus entfalten.

Seitens der Politik sollten deshalb Konzepte für innovative Pilotprojekte, die zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit Fokus auf Kinderbetreuungsangebote in der Tourismusbranche beitragen, gezielt unterstützt werden.“

Antrag 2779/A(E)

Die Abgeordneten Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 21. September 2022 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Für berufstätige Eltern ist die Betreuung ihres/ihrer Kindes/er ein grundlegendes Bedürfnis. Kinderbetreuungseinrichtungen ermöglichen die Berufstätigkeit erst, vor allem jene der Frauen. Diesen Umstand trägt die Gesellschaft bundeslandabhängig mehr oder weniger umfassend Rechnung. Für Arbeitnehmer:Innen, die in Branchen mit unterschiedlichen Arbeitszeiten, die nicht nach dem Büroschema arbeiten, ist es noch um einiges schwieriger Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder zu finden. Hier ist die Variante der Betriebskindergärten von Bedeutung.

Ein kurzer Blick auf die Anzahl der Kinderbetreuungsplätze und Familien verdeutlicht die Problematik.

Die Situation der Kinderbetreuungseinrichtung stellt sich aktuell wie folgt dar:

Statistik Kinder/Bundesland

Die Statistiken sagen leider nicht viel über die Nähe der Kinderbetreuungseinrichtungen zu den jeweiligen Arbeitsplätzen an, womit ein wesentliches Kriterium der Realitätsnähe fehlt. Betriebskindergärten sind aufgrund der raschen Möglichkeit der Einbindung von Eltern in schwierigen Betreuungssituation von Bedeutung. Das hat auch die Wirtschaftskammer Österreichs erkannt, die für ihre Mitglieder folgende Tipps zur Umsetzung eines derartigen Angebots gibt:

Für die Betriebe in der Tourismusbranche sind Kinderbetreuungseinrichtungen zum Teil aufgrund ihrer Größe, zum Teil aufgrund der damit verbundenen Kosten eine Herausforderung, die sie an die Grenzen ihrer Möglichkeiten bringen. Hier muss es zu gesellschaftlich unterstützten Möglichkeiten kommen. Gleichzeitig stockt der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. Um die Berufstätigkeit insbesondere von Frauen zu fördern, bedarf es jedoch den Rechtanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz für jedes Kind. Dies gilt vor allem für Branchen mit Arbeitszeiten außerhalb des Regelsystems ‚eight to five‘.“

Antrag 2522/A(E)

Die Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 18. Mai 2022 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Aus dem Gleichstellungsindex 2021 des Städtebundes geht klar hervor, dass besonders junge Frauen zwischen 15 und 34 aus dem ländlichen Raum wegziehen(1). Diese besorgniserregende Entwicklung kann zu einer voranschreitenden Ausdünnung der Bevölkerung und letztlich sogar zum Aussterben von Gemeinden führen. Immer wieder wird bemängelt, dass das Arbeitsangebot im Tourismus hoch wäre, es aber nicht genug Arbeitskräfte gäbe. Gleichzeitig sieht man gerade in ländlichen Regionen, dass Frauen dort geringe Jobchancen haben und nicht zuletzt auch deshalb abwandern. Eine besonders große Bedeutung in diesem Zusammenhang spielt die altersspezifische Infrastruktur für Kinder (Kindergärten, Volksschulen, Spielplätze, Vereine, etc.). Leider fehlt es oft an einem entsprechenden Angebot, das für viele junge Frauen aber ein wichtiger Faktor für eine Rückkehr wäre. Dazu kommt, dass viele bestehende Betreuungseinrichtungen einfach zu früh schließen. Müttern wird es damit nicht ermöglicht, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen.

Die negativen Effekte dieser mangelnden Infrastruktur wirken sich besonders auf die Attraktivität des Tourismus aus, da gerade in dieser Branche an Randzeiten sowie an Sonn- und Feiertagen gearbeitet wird. Wenn Kindergärten an Feiertagen und Wochenenden geschlossen sind, belastet das natürlich jene Arbeitnehmer_innen, die über das Wochenende arbeiten müssen. Dazu kommt, dass die Einrichtungen auch zahlreiche Schließtage haben. In ganz Österreich haben 25% der Kindertageseinrichtungen mehr als 25 Schließtage, also so viele, wie Vollzeitarbeitnehmer_innen Urlaubstage haben. 646 Einrichtungen (=6,7 %) sind an mehr als 51 Wochentagen geschlossen - hier sind Tirol, Vorarlberg und die Steiermark Spitzenreiter. Das Problem verstärkt sich dadurch, dass zwar mehr Frauen als Männer in Beherbergung und Gastronomie arbeiten, deren Teilzeitquote aber mehr als doppelt so hoch ist - fast jede zweite Angestellte im Tourismus arbeitet Teilzeit. Um Frauen aus der Teilzeitfalle zu holen, braucht es mehr Angebote an Kinderbetreuung und neue Wege, diese sicherzustellen. Durch Förderungen sollten hier wichtige Anreize gesetzt werden, indem kooperative Initiativen von Tourismusbetrieben unterstützt werden. Gemeinsam könnten diese z.B. eine Kinderkrippe betreiben, bei der sie wiederum besser auf die branchenüblichen Arbeitszeiten Rücksicht nehmen könnten. Dies würde Vollzeitbeschäftigung und auch Karrierechancen von Frauen im Tourismus erhöhen. Erfolge auf diesem Gebiet würden die Branche attraktivieren und die Regionen stärken. Ein umfassendes Maßnahmenpaket von Seiten der Bundesregierung ist hier dringend nötig. Der Bundesminister sowie die Staatssekretärin für Tourismus sollten hier Lösungen einfordern und in ihren Bereich konstruktive Beiträge vorlegen. Zum Beispiel sollte im Rahmen der neuen gewerblichen Tourismusförderung die Schaffung zusätzlicher Betreuungsangebote durch die Kooperation mehrerer Unternehmen gefördert werden.

Quellen:

•       https://www.sora.at/fileadmin/downloads/projekte/SORA_Bericht_20072_20073_
Gleichstellungsindex_Analysen-komprimiert_01.pdf

•       https://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/bildung/
kindertagesheime_kinderbetreuung/index.html

•       https://www.oif.ac.at/fileadmin/user_upload/p_oif/Aktuelles/FiZ_2021.pdf

•       https://www.staedtebund.gv.at/fileadmin/USERDATA/Service/publikationen/Studien/
Fact_Sheets_Elementare_Bildung_20220131_korr.pdf

•       https://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/soziales/gender-statistik/erwerbstaetigkeit/index.html“

 

Der Tourismusausschuss hat den Entschließungsantrag 2522/A(E) erstmals in seiner Sitzung am 22. Juni 2022 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Julia Seidl die Abgeordneten Melanie Erasim, MSc, Ing. Johann Weber, Franz Hörl, Gabriel Obernosterer, MMMag. Gertraud Salzmann und Barbara Neßler und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerald Hauser. Anschließend wurden die Verhandlungen vertagt.

In seiner Sitzung am 18. Oktober 2022 hat der Tourismusausschuss die Entschließungsanträge 2866/A(E) und 2779/A(E) in Verhandlung genommen; zum Entschließungsantrag 2866/A(E) erstattete Abgeordnete Barbara Neßler Bericht und als Berichterstatterin zum Entschließungsantrag 2779/A(E) fungierte Abgeordnete Melanie Erasim, MSc. Außerdem wurden die Verhandlungen zum Entschließungsantrag 2522/A(E) wieder aufgenommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Melanie Erasim, MSc, Mag. Julia Seidl, Barbara Neßler, Franz Hörl und Maria Großbauer sowie die Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerald Hauser.

 

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag 2866/A(E) der Abgeordneten Franz Hörl, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen einstimmig beschlossen.

 

Die Entschließungsanträge 2779/A(E) und 2522/A(E) gelten als miterledigt.

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Barbara Neßler gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Tourismusausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2022 10 18

                                Barbara Neßler                                                            Mag. Gerald Hauser

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann