1823 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (1771 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 17. Juni 2021 (G 47-75/2021-8 u.a.) die Zuständigkeit des Heerespersonalamtes für die Entscheidung über die Zuerkennung einer Entschädigung oder Fortzahlung von Dienstbezügen außerordentlicher Zivildiener als verfassungswidrig aufgehoben, da diese Zuständigkeit nicht mit der Verfassungsbestimmung des § 1 ZDG (wonach der Zivildienst außerhalb des Bundesheeres zu leisten ist) vereinbar ist. Dieses Erkenntnis betrifft ausschließlich den außerordentlichen Zivildienst gemäß § 21 ZDG.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 13. Juni 2022 (G 378/2021-9) die Verfassungswidrigkeit der Zuständigkeit des Heerespersonalamtes zur Erlassung von Bescheiden betreffend die Wohnkostenbeihilfe für Zivildienstleistende erkannt.

Es ist danach zu trachten, eine ganzheitliche Verfassungskonformität betreffend Zuerkennung von Familien- bzw. Partnerunterhalt, von Wohnkostenbeihilfe für Zivildienstleistende und der Zuerkennung einer Entschädigung oder Fortzahlung von Dienstbezügen außerordentlicher Zivildiener zu gewährleisten.

Andernfalls würde dies den Aufbau einer Parallelstruktur im Bereich des ordentlichen Zivildienstes bedeuten.

Diese würde nach ersten Berechnungen Mehrkosten in Höhe von jährlich rund 900.000 Euro verursachen (über fünf Jahre valorisiert rund 4,7 Millionen Euro).

Auch würde dies zu einem großen Verlust an vorhandener Expertise führen sowie vorhandenes Synergiepotential ungenützt lassen.

Die Akquise entsprechend erfahrenen und mit der Materie vertrauten Personals auf dem Arbeitsmarkt ist unter den aktuellen Rahmenbedingungen ebenso schwierig.

Es wird jedoch betont, dass es sich um eine bloß begrenzte Aufgabenbesorgung durch außerhalb der eigentlichen Heeresorganisation stehende Dienststellen im Ressortbereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung handelt.

Lediglich die Administration solcher finanziellen Ansprüche von Zivildienstleistenden, die auch Wehrdienstleistenden gleichartig zustehen, sollen auf der derart geschaffenen verfassungsrechtlichen Grundlage abgewickelt werden können (siehe den Umfang der Ermächtigung: „einzelne Geschäfte“, „finanzielle Ansprüche“, „Gleichartigkeit“ zu Wehrdienstleistenden).

Die Attraktivität des Zivildienstes soll durch eine Anhebung der Grundvergütung (§ 25a Abs. 2 Z 1 ZDG) verbessert werden.

Die Anhebung der Grundvergütung für Zivildienstleistende, die von den Rechtsträgern vergütet wird, hat eine Erhöhung des Zivildienstgeldes, das der Bund den Rechtsträgern entrichtet, zur Folge. Gleichzeitig wird das Zivildienstgeld, das bestimmte Einrichtungen an den Bund leisten, aufgrund der höheren Kosten für Zivildienstleistende gestrichen.

Darüber hinaus wird der Zeitraum für die Abgabe einer Zivildiensterklärung erweitert. Bisher hatte die Abgabe einer Zivildiensterklärung bis spätestens drei Tage vor Zustellung des Einberufungsbefehls zum Grundwehrdienst zu erfolgen. Die Neuregelung ermöglicht die Abgabe einer Zivildiensterklärung auch noch binnen sieben Tagen nach Zustellung des Einberufungsbefehls.

Die Kompetenz zur Regelung stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 1 („Bundesverfassung“) sowie Abs. 1 Z 15 B-VG („Angelegenheiten des Zivildienstes“).

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 29. November 2022 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Lukas Brandweiner die Abgeordneten David Stögmüller, Michael Seemayer und Mag. Gerald Loacker.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Lukas Brandweiner, Michael Seemayer und David Stögmüller einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Im Rahmen der gegenständlichen Regierungsvorlage sollte § 1 Abs. 2 ZDG in zweierlei Hinsicht abgeändert werden. Zum einen sollte im ersten Satz der letzte Halbsatz mit dem Wortlaut ‚es sei denn, der Wehrpflichtige hätte darauf ausdrücklich und schriftlich verzichtet‘ entfallen, wodurch einem Wehrpflichtigen die Möglichkeit genommen worden wäre, schriftlichen auf die sechsmonatige ‚Sperrfrist‘ zwischen der Stellung und der Einberufung zum Grundwehrdienst – mit der Begründung eines ‚Übereilungsschutzes‘ zu verzichten. Dies würde in der Praxis jedoch bedeuten, dass in jedem Fall eine Einberufung zum Grundwehrdienst erst sechs Monate nach der Stellung erfolgen darf, was für viele Wehrpflichtigen nachteilig wäre, die möglichst rasch den Grundwehrdienst absolvieren wollen, um danach zB eine Erwerbstätigkeit oder Berufsausbildung zu beginnen. Insbesondere wären hievon auch jene Maturanten betroffen, die im Herbst als ‚Einjährig-Freiwillige‘ einrücken wollen und relativ knapp zuvor bei der Stellung waren. Vor diesem Hintergrund soll die geltende Rechtslage betreffend den ersten Satz des § 1 Abs. 2 ZDG unverändert beibehalten werden. Damit können die in Rede stehenden Wehrpflichtigen – wenn sie es ausdrücklich wollen – weiterhin möglichst rasch nach Abschluss des Stellungsverfahrens zum Grundwehrdienst einberufen werden. Unbeschadet vom schriftlichen Verzicht auf die ‚Sperrfrist‘ bleibt die Möglichkeit zur Abgabe einer Zivildiensterklärung bis zu zwei Tage vor  Erhalt des Einberufungsbefehls unverändert bestehen.

Zum anderen wurde die Frist zur Abgabe einer Zivildiensterklärung – über die 6-Monats-Frist hinaus – dahingehend verlängert, dass die Abgabe einer gültigen Zivildiensterklärung bis 7 Tage nach Erhalt des Einberufungsbefehls möglich sein sollte. Dies sollte dazu dienen, Wehrpflichtigen, die erst nach Zustellung des Einberufungsbefehls an die Möglichkeit des Zivildienstes denken, die Abgabe einer gültigen Zivildiensterklärung zu ermöglichen. Allerdings erschwert diese Lösung die militärische Planbarkeit, da bisher bereits mit Ausstellung der Einberufungsbefehle klar war, wieviele Personen tatsächlich einrücken werden. Daher soll mit der nunmehr vorgeschlagenen Lösung die bisherige Regelung beibehalten werden, allerdings soll durch den neu hinzugekommenen letzten Satz der Wehrpflichtige mindestens 21 Tage vor Erhalt des Einberufungsbefehls vorinformiert werden, um ihm dadurch die Möglichkeit zur Abgabe einer Zivildiensterklärung zu geben.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Lukas Brandweiner, Michael Seemayer und David Stögmüller einstimmig beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2022 11 29

                            Lukas Brandweiner                                                            Josef Muchitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann