1888 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 2962/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz und das Zahnärztekammergesetz geändert werden (Fachzahnarzt-Kieferorthopädie-Gesetz – FZA-KFO-G)

Die Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 17. November 2022 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Allgemeiner Teil

Zahnarzt/Zahnärztin:

Das Unionsrecht, insbesondere die Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen sowie deren Vorgängerrichtlinien über die Anerkennung von Berufsqualifikationen über bestimmte EU-weit harmonisierte Gesundheitsberufe, sieht vor, dass der zahnärztliche Beruf ein eigener vom Beruf des Arztes/der Ärztin zu unterscheidender Beruf mit einer eigenen mindestens fünfjährigen universitären Ausbildung ist (vgl. Erwägungsgrund 22 sowie Artikel 34 ff. der Richtlinie 2005/36/EG).

Da zum Zeitpunkt des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union mit 1. Jänner 1995 in Österreich kein eigenes Studium der Zahnmedizin eingerichtet war, sondern der zahnärztliche Beruf durch Fachärzt:innen für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde ausgeübt wurde, die das Studium der gesamten Heilkunde und einen zweijährigen postpromotionellen zahnärztlichen Lehrgang absolviert hatten, wurde eine Übergangsregelung zur Umsetzung der damaligen EU-Zahnärzterichtlinien 78/686/EWG und 78/687/EWG bis 1. Jänner 1999 vereinbart. Dem entsprechend waren bis zur Umsetzung der Richtlinien, längstens bis zum 31. Dezember 1998, das Niederlassungsrecht und das Recht auf freien Dienstleistungsverkehr von österreichischen Zahnärzt:innen in den anderen EWR-Vertragsstaaten sowie von Zahnärzt:innen aus anderen EWR-Vertragsstaaten in Österreich ausgesetzt.

Zum damaligen Zeitpunkt waren das Berufsbild und die Berufszugangsvoraussetzungen des zahnärztlichen Berufs in einem eigenen Abschnitt im Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, geregelt, hinsichtlich der sonstigen berufsrechtlichen sowie auch der standesrechtlichen Regelungen wurde der ‚Zahnarzt‘ unter den Begriff ‚Arzt‘ und der ‚Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde‘ unter den Begriff ‚Facharzt‘ subsumiert. Seitens der Europäischen Kommission waren diese berufsrechtlichen Regelungen dahingehend beanstandet worden, dass die in den EU-Zahnärzterichtlinien normierte Trennung des zahnärztlichen vom ärztlichen Beruf nicht entsprechend umgesetzt sei, insbesondere was die vereinbarte Übergangsbestimmung betreffend die Berufsausübung von Fachärzt:innen für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde ‚unter denselben Bedingungen‘ wie Zahnärzt:innen betraf. Diese Rüge war unter anderem Gegenstand des Vertragsverletzungsverfahrens Nr. 2000/2052 sowie des EuGH-Verfahrens in der Rechtssache C-437/03 gegen Österreich.

Österreich hat im Zuge dieses Verfahrens eine umfassende Neugestaltung sowohl des zahnärztlichen Berufs- als auch Standesrechts zugesagt und in der Folge das Zahnärztegesetz (ZÄG), BGBl. I Nr. 126/2005, das die berufsrechtlichen Regelungen des zahnärztlichen Berufs und des Dentistenberufs beinhaltet, sowie das Zahnärztekammergesetz (ZÄKG), BGBl. I Nr. 154/2005, durch das entsprechend dem internationalen Vergleich eine eigenständige zahnärztliche Standesvertretung für alle zahnärztlich tätigen Personen einschließlich der verbliebenen Kammermitglieder der Österreichischen Dentistenkammer (ÖDK) geschaffen wurde, mit Inkrafttreten 1. Jänner 2006 erlassen.

Zur Entwicklung der geltenden zahnärztlichen Berufs- und Standesregelungen vgl. 1087 und 1091 BlgNR 22. GP.

Fachzahnarzt/Fachzahnärztin für Kieferorthopädie:

Im Gegensatz zum Grundstudium des Zahnarztes/der Zahnärztin sieht die EU-Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG zwar keine Verpflichtung zur Reglementierung von Fachzahnärzt:innen vor, schreibt allerdings für die gegenseitige Anerkennung von Fachzahnärzt:innen u.a. für Kieferorthopädie bestimmte Mindestanforderungen an deren Ausbildung, insbesondere ein drei-jähriges postgraduales Vollzeitstudium an einer Universität, vor.

In den EU-Mitgliedstaaten ist der Fachzahnarzt/die Fachzahnärztin für Kieferorthopädie nur in Österreich, Spanien, Kroatien und Luxemburg nicht entsprechend diesen EU-rechtlichen Vorgaben geregelt, sodass in diesen Ländern keine gegenseitige Anerkennung der kieferorthopädischen Fachqualifikationen möglich ist.

Die Tatsache, dass für Österreich (ebenso wie u.a. für Spanien) keine Fachzahnärzt:innen eingeführt sind, ist vorrangig damit zu begründen, dass in diesen Ländern der Beruf des Zahnarztes/der Zahnärztin erst anlässlich deren EU-Beitritts getrennt vom ärztlichen Beruf geschaffen wurde und bis dahin die zahnärztliche Qualifikation nicht im Wege eines Zahnmedizinstudiums, sondern im Wege einer postpromotionellen Ausbildung von Ärzt:innen (Facharzt/Fachärztin für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde) erworben wurde (siehe oben).

Für diese war eine entsprechende Spezialisierung in der Kieferorthopädie nicht als Fachzahnarzt/Fachzahnärztin möglich, sondern wurde durch entsprechende Fort- und Weiterbildungen dieses Facharztes/dieser Fachärztin absolviert.

Was die Berechtigung zur Ausübung der Kieferorthopädie betrifft, so war und ist diese vom zahnärztlichen Tätigkeitsbereich erfasst und darf daher – vorbehaltlich allfälliger sozialversicherungsrechtlicher Qualifikationsanforderungen – von Zahnärzt:innen bzw. Fachärzt:innen für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde auch ohne Spezialisierung ausgeübt werden.

Seit der Einführung des Zahnmedizinstudiums in Österreich im Jahre 1998 wurde seitens der Zahnkliniken und der kieferorthopädischen Fachgesellschaften vermehrt der Wunsch nach Einführung des Fachzahnarztes/der Fachzahnärztin für Kieferorthopädie an das Gesundheitsministerium herangetragen, dessen Umsetzung zunächst im Hinblick auf die noch geringe Anzahl an Absolvent:innen des Zahnmedizinstudiums im Vergleich zu den praktizierenden Fachärzt:innen für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde damals noch als verfrüht beurteilt wurde.

Ca. 15 Jahre nach Übergang der Ausbildung vom Facharzt/von der Fachärztin für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde auf das EU-konforme Zahnmedizinstudium war einerseits im Hinblick auf den medizinisch-technischen Fortschritt in der Kieferorthopädie und andererseits im Hinblick auf die bestehenden Einschränkungen betreffend die Anerkennung innerhalb der EU die Zeit für eine Prüfung einer allfälligen Umsetzung des Fachzahnarztes/der Fachzahnärztin für Kieferorthopädie in Österreich gekommen.

Zur Prüfung des Bedarfs und der Realisierbarkeit der Schaffung des Fachzahnarztes/der Fachzahnärztin für Kieferorthopädie, der/die den Mindestanforderungen der EU-rechtlichen Vorgaben entspricht, wurden dementsprechend zwischen 2015 und 2018 im Gesundheitsministerium Sitzungen mit Vertreter:innen des Wissenschaftsministeriums, der Österreichischen Zahnärztekammer (ÖZÄK), der Medizinischen Universitäten und des Verbands Österreichischer Kieferorthopäden (VÖK) abgehalten, im Rahmen derer ein grundsätzlicher Konsens zur Schaffung des Fachzahnarztes/der Fachzahnärztin für Kieferorthopädie in Österreich erzielt wurde.

In der Folge hat im Auftrag des Gesundheitsministeriums eine Arbeitsgruppe der ÖZÄK und Expert:innen insbesondere aus dem Bereich der Medizinischen Universitäten die fachlichen Grundlagen für die künftigen berufs- und ausbildungsrechtlichen Regelungen einschließlich des Übergangsrechts erarbeitet.

Als weitere Grundlage für den Bedarf an kieferorthopädischen Spezialist:innen für die zahnmedizinische Versorgung hat auch der Rechnungshof in seinem Bericht ‚Versorgung im Bereich der Zahnmedizin‘ aus dem Jahr 2018 aus Qualitätssicherungsgründen eine Empfehlung zur Einführung des Fachzahnarztes/der Fachzahnärztin für Kieferorthopädie in Österreich abgegeben.

Ein klarer politischer Wille zur rechtlichen Umsetzung ist aus der einstimmig beschlossenen Entschließung des Nationalrates 114/E vom 20.11.2020 abzuleiten, mit der der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz aufgefordert wurde, dafür Sorge zu tragen, dass dem Nationalrat ein Gesetzesentwurf zur Einführung einer staatlich geregelten universitären und klinischen Ausbildung für eine Spezialisierung zum Fachzahnarzt für Kieferorthopädie zugeleitet wird. Laut dieser Entschließung soll die auf der zahnärztlichen Ausbildung aufbauende Spezialisierung zur Kieferorthopädie eine hohe Versorgungsqualität und einen hohen Versorgungsgrad im Bereich der Kieferorthopädie sicherstellen und somit die kieferorthopädische Versorgung in Österreich verbessern und sich an internationalen Standards orientieren.

Dieser Entschließung entsprechend wurde im Frühjahr 2022 eine entsprechende Regierungsvorlage 1435 BlgNR 27. GP der parlamentarischen Behandlung zugeleitet, die in der Folge am 15. Juni 2022 vom Nationalrat einstimmig beschlossen wurde. Eine Kundmachung des Gesetzes konnte allerdings nicht erfolgen, da drei Bundesländer die Zustimmung zur Kundmachung gemäß Art. 102 Abs. 4 B-VG wegen Bedenken gegen die Zuständigkeit der Österreichischen Zahnärztekammer zur Genehmigung von kieferorthopädischen Lehrpraxen verweigerten.

Aufgrund der breiten politischen Zustimmung für die Schaffung des Fachzahnarztes/der Fachzahnärztin für Kieferorthopädie wird der entsprechende Gesetzesantrag neuerlich der parlamentarischen Behandlung zugeführt, wobei die Bestimmungen über kieferorthopädische Lehrpraxen, die nicht die Zustimmung der Länder gefunden hat, nicht mehr vorgesehen sind.

Eine gesetzliche Verankerung des Fachzahnarztes/der Fachzahnärztin für Kieferorthopädie in Österreich sollte zu einem verstärkten Angebot der Universitäten an fachzahnärztlichen Ausbildungsplätzen in der Kieferorthopädie sowie eine entsprechende Inanspruchnahme durch die Berufsangehörigen führen und damit sukzessive den Bedarf an fachzahnärztlich ausgebildeten Kieferorthopäd:innen decken.

Im Sinne der dargelegten fachlichen und politischen Vorgaben werden nunmehr für die Implementierung des Fachzahnarztes/der Fachzahnärztin für Kieferorthopädie die gesetzlichen Grundlagen zur Ausbildung und Berufsbezeichnung zum Fachzahnarzt/zur Fachzahnärztin für Kieferorthopädie im Zahnärztegesetz und Zahnärztekammergesetz samt Verankerung der in diesem Zusammenhang anfallenden Aufgaben der ÖZÄK im Zahnärztekammergesetz geschaffen.

Näheres zu den einzelnen Regelungen ist dem Besonderen Teil zu entnehmen.

Durch die KFO-Ausbildungsverordnung werden nähere Regelungen zur fachzahnärztlichen Ausbildung sowie zur Anerkennung erworbener Rechte im Bereich der Kieferorthopädie im Verordnungsweg erlassen werden.

Weiters werden im Rahmen der Zahnärzte-EWR-Qualifikationsnachweis-Verordnung 2008 (ZÄ-EWRV 2008), BGBl. II Nr. 194/2008, Durchführungsbestimmungen über die Anerkennung von fachzahnärztlichen Qualifikationsnachweisen in der Kieferorthopädie aus dem EWR und der Schweiz geregelt werden.

Um die (automatische) Anerkennung der in Österreich ausgebildeten Fachzahnärzt:innen innerhalb der EU zu ermöglichen, ist in der Folge die Aufnahme des österreichischen Abschlusses in den Anhang V der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG zu notifizieren.

Finanzielle Auswirkungen:

Die Medizinischen Universitäten und einige Privatuniversitäten mit zahnmedizinischen Studiengängen bieten bereits derzeit EU-konforme postpromotionelle Ausbildungen in der Kieferorthopädie an bzw. werden mit der berufsrechtlichen Anerkennung das entsprechende Ausbildungsangebot einführen bzw. erweitern. Vereinbarungen betreffend die Tragung der Ausbildungskosten obliegen diesen wie bisher. Weitere Kosten werden durch die Schaffung des Fachzahnarztes/der Fachzahnärztin nicht unmittelbar anfallen.

Verhältnismäßigkeitsprüfung:

Durch die Schaffung des Fachzahnarztes/der Fachzahnärztin für Kieferorthopädie werden neue Berufsreglementierungen normiert, die auf Grund des Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetzes, BGBl. I Nr. 67/2021, in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/958 die Durchführung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung erfordern. Diese wurde bereits im Zusammenhang mit der Regierungsvorlage 1435 BlgNR 27. GP samt Konsultationsverfahren durchgeführt.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das vorliegende Bundesgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG (‚Gesundheitswesen‘) und Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG (‚Einrichtung beruflicher Vertretungen, soweit sie sich auf das ganze Bundesgebiet erstrecken‘).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Die im Zusammenhang mit den neuen ausbildungs- und berufsrechtlichen Regelungen für den Fachzahnarzt/die Fachzahnärztin für Kieferorthopädie in den übertragenen Wirkungsbereich der Österreichischen Zahnärztekammer fallenden neuen Aufgaben in einer Angelegenheit des Gesundheitswesens, das in die mittelbare Bundesverwaltung fällt, erfordert aus verfassungsrechtlicher Sicht die Zustimmung der Länder zur Kundmachung gemäß Art. 102 Abs. 4 B-VG.

Besonderer Teil

Artikel 1 (Änderung des Zahnärztegesetzes)

Zu Artikel 1 Z 1 und 14 (Inhaltsverzeichnis sowie 1. Hauptstück 6a. Abschnitt ZÄG):

Im Rahmen des 6a. Abschnitts des 1. Hauptstücks werden die Regelungen über die fachzahnärztlichen Qualifikationen in der Kieferorthopädie entsprechend den im Allgemeinen Teil ausgeführten Grundlagen umgesetzt.

Zu § 42a:

Anerkannte fachzahnärztliche Qualifikationen in der Kieferorthopädie können nur von in Österreich berufsberechtigten Angehörigen des zahnärztlichen Berufs (Zahnärzt:innen und Fachärzt:innen für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde) erworben werden, und zwar im Wege der Absolvierung einer EU-konformen fachzahnärztlichen Ausbildung (Z 1), im Wege der vor Inkrafttreten dieser Regelungen erworbenen Rechte (Z 2) sowie im Wege der Anerkennung eines im EWR oder der Schweiz erworbenen fachzahnärztlichen Ausbildungsnachweises (Z 3, siehe auch Ausführungen zu § 9).

Zu § 42b:

Für die fachzahnärztliche Ausbildung in der Kieferorthopädie werden die Vorgaben des Artikel 35 der Richtlinie 2005/36/EG umgesetzt (Abs. 1), das ist eine mindestens dreijährige postpromotionelle Vollzeitausbildung an einer Universität.

Unter den Begriff ‚Universität‘ fallen öffentliche Universitäten im Sinne Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, idgF., und Privatuniversitäten im Sinne des Privathochschulgesetzes, BGBl. I Nr. 77/2020, idgF.

Die fachzahnärztliche Ausbildung ist in Form von Universitätslehrgängen gemäß § 56 Universitätsgesetz 2002 bzw. § 10a Privathochschulgesetz einzurichten, wobei darauf hingewiesen wird, dass durch das im Rahmen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 177/2021 erlassene ‚Hochschul-Weiterbildungspaket‘ die gesetzlichen Rahmenbedingungen für hochschulische Weiterbildungen vereinheitlicht wurden, wonach nunmehr sämtliche Formen von Weiterbildungen an Universitäten und Privatuniversitäten unter den Begriff ‚Universitätslehrgänge‘ fallen, deren Abschluss sich nach den einschlägigen hochschulrechtlichen Regelungen richten.

Zur Ermöglichung, die fachzahnärztliche Qualifikation auch berufsbegleitend zu erwerben, kann die kieferorthopädische Ausbildung auch als Teilzeitausbildung absolviert werden, wobei im Sinne der EU-rechtlichen Vorgaben des Artikel 22 lit. a der Richtlinie 2005/36/EG die Gesamtdauer, das Niveau und die Qualität dieser Ausbildung nicht geringer als bei Vollzeitausbildung sein darf.

Die näheren Bestimmungen über die Inhalte und Durchführung der fachzahnärztlichen Kieferorthopädieausbildung werden im Verordnungswege festgelegt, wobei aufgrund des Bundesministeriengesetzes 1986 idgF. die Zuständigkeit für Angelegenheiten des Gesundheitswesens dem/der Bundesminister:in für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zukommt und im Hinblick auf die universitäre Weiterbildung eine Einvernehmenskompetenz des/der Bundesminister:in für Bildung, Wissenschaft und Forschung festgeschrieben wird (Abs. 2).

In Abs. 3 wird klargestellt, dass bereits vor Inkrafttreten der Bestimmungen über die fachzahnärztliche Ausbildung absolvierte EU-konforme postpromotionelle universitäre Kieferorthopädieausbildungen als anerkannte fachzahnärztliche Ausbildungen gelten.

Durch Abs. 4 wird eine gesetzliche Grundlage für die Ausstellung von Konformitätsbescheinigungen der in Österreich nach diesen Bestimmungen erworbenen fachzahnärztlichen Ausbildungsnachweisen durch die Österreichische Zahnärztekammer geschaffen, um diesen Berufsangehörigen die Anerkennung in anderen EU-Mitgliedstaaten zu erleichtern.

Zu § 42c:

Angehörigen des zahnärztlichen Berufs, die in Österreich vor dem Stichtag (1. September 2023) kieferorthopädische Qualifikationen erworben haben, die nicht die Erfordernisse einer EU-konformen postpromotionellen universitären Kieferorthopädieausbildung (§ 42b Abs. 1 oder 3) erfüllen, soll unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit eröffnet werden, ihre Qualifikation als fachzahnärztliche Qualifikation in der Kieferorthopädie anzuerkennen.

Voraussetzung dafür sind die in Abs. 1 Z 1 bis 4 kumulativ zu erfüllenden Nachweise, das sind

-       Abschluss einer entsprechenden kieferorthopädischen Ausbildung, die vor dem 1. September 2023 begonnen wurde,

-       Ausübung des zahnärztlichen Berufs in Österreich in der Dauer von mindestens fünf Jahren in den letzten zehn Jahren,

-       mindestens drei Jahre überwiegende kieferorthopädische Tätigkeit in den letzten fünf Jahren sowie

-       Überprüfung der kieferorthopädischen Qualifikation durch eine Prüfungskommission.

Die zahnärztliche und kieferorthopädische Tätigkeit wird vom Zeitpunkt der Anmeldung zur Prüfung gerechnet.

Klargestellt wird, dass die Bestimmung über erworbene Rechte in Übereinstimmung mit den EU-rechtlichen Vorgaben über die sektorellen Gesundheitsberufe (siehe insbesondere Artikel 23 der Richtlinie 2005/36/EG) ausschließlich innerstaatliche Sachverhalte vor gesetzlicher Einführung einer EU-konformen Ausbildung des/der Fachzahnarztes/Fachzahnärztin im jeweiligen Mitgliedstaat umfassen soll. Daher erfasst die Regelung über die kieferorthopädische Qualifikation im Rahmen der erworbenen Rechte ausschließlich in Österreich berufsberechtigte und tätige Zahnärzt:innen mit in Österreich absolvierten kieferorthopädischen Qualifikationen.

Die näheren Bestimmungen über die einzelnen Voraussetzungen werden im Verordnungswege durch den/die Bundesminister:in für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz festgelegt (Abs. 2).

Durch Abs. 3 wird eine gesetzliche Grundlage für die Ausstellung von Bescheinigungen für die betroffenen Berufsangehörigen durch die Österreichische Zahnärztekammer geschaffen, die die Qualifikation der in Österreich erfüllten erworbenen Rechte bestätigen wird und somit nach entsprechender Notifikation des österreichischen fachzahnärztlichen Ausbildungsnachweises in Anhang V.5.3.3 der Richtlinie 2005/36/EG auch diesen Berufsangehörigen eine berufliche Anerkennung innerhalb der EU im Rahmen der erworbenen Rechte gemäß Artikel 23 der Richtlinie 2005/36/EG ermöglichen soll.

Zu Artikel 1 Z 2 (§ 2 ZÄG):

Im Gesetzestext werden Aktualisierungen betreffend die EU-rechtlichen Rechtsgrundlagen im Hinblick auf deren jüngste Änderungen vorgenommen.

Zu Artikel 1 Z 3 (§ 3 ZÄG):

Bei den angeführten gesundheitsberuflichen Berufsgesetzen ist das mit 1.1.2013 in Kraft getretene Medizinische Assistenzberufe-Gesetz, BGBl. I Nr. 89/2012, zu ergänzen.

Zu Artikel 1 Z 4, 5, 15 und 16 (§§ 5 und 54 ZÄG):

Durch den neu eingefügten § 5 Abs. 1a ZÄG wird Berufsangehörigen des zahnärztlichen Berufs, die nach den Bestimmungen des 6a. Abschnitts des 1. Hauptstücks die fachzahnärztliche Qualifikation in der Kieferorthopädie erworben haben, zusätzlich zur Berufsbezeichnung ‚Zahnarzt/‘Zahnärztin‘ die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung ‚Fachzahnarzt für Kieferorthopädie‘/‘Fachzahnärztin für Kieferorthopädie‘ verliehen. Diese Berechtigung gilt auch für Fachärzt:innen für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde gemäß § 54 ZÄG.

Klargestellt wird, dass es sich dabei um eine neu eingeführte Berufsbezeichnung handelt und für diese Personen die fachzahnärztliche Qualifikation nunmehr nicht mehr bloß als Ausbildungsbezeichnung ausgewiesen werden wird.

Die neu eingeführten Berufsreglementierungen für Fachzahnärzt:innen für Kieferorthopädie legen somit einen an die entsprechende Berufsqualifikation gebundenen Schutz der Berufsbezeichnung fest, nicht aber einen berufsrechtlichen Tätigkeitsvorbehalt für Tätigkeiten der Kieferorthopädie gegenüber Angehörigen des zahnärztlichen Berufs, die nicht über diese fachzahnärztliche kieferorthopädische Berufsqualifikation verfügen (siehe dazu auch die Verhältnismäßigkeitsprüfung im Anhang zu den Erläuterungen).

Dies bedeutet, dass die Kieferorthopädie weiterhin vom zahnärztlichen Tätigkeitsbereich gemäß § 4 ZÄG erfasst und daher – vorbehaltlich allfälliger sozialversicherungsrechtlicher Qualifikationsanforderungen – auch in Zukunft grundsätzlich von Zahnärzt:innen bzw. Fachärzt:innen für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde ohne Spezialisierung ausgeübt werden darf.

Weiters wird klargestellt, dass Fachzahnärzt:innen für Kieferorthopädie nicht auf die Ausübung der Kieferorthopädie eingeschränkt sind, sondern das gesamte Tätigkeitsspektrum des zahnärztlichen Berufs ausüben dürfen.

Für die Ausübung von kieferorthopädischen Tätigkeiten ebenso wie anderen zahnärztlichen Tätigkeiten gelten selbstverständlich die gesetzlichen Berufspflichten, insbesondere die Verpflichtung zur bestmöglichen Behandlung der Patient:innen nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft (‚lege artis‘) und die berufsspezifischen Fortbildungspflichten, sowie zivil- und strafrechtliche Implikationen, einschließlich des erhöhten Sorgfaltsmaßstabs (§ 1299 ABGB).

Zu Artikel 1 Z 6 bis 8 (§ 9 ZÄG):

Im Rahmen der Bestimmung des § 9 ZÄG über die Anerkennung von im EWR bzw. der Schweizerischen Eidgenossenschaft erworbenen Qualifikationsnachweisen werden die EU-rechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2005/36/EG für die fachzahnärztliche Anerkennung in der Kieferorthopädie umgesetzt.

In Abs. 1c werden die im EWR und der Schweiz erworbenen fachzahnärztlichen Qualifikationen, die im Rahmen der Richtlinie 2005/36/EG anzuerkennen sind, angeführt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Fachzahnärzt:innen – ebenso wie Fachärzt:innen – zumindest hinsichtlich der derzeit im Anhang V.5.3.3 angeführten Fachrichtungen (Oralchirurgie und Kieferorthopädie) unter ‚sektorelle‘ (harmonisierte) Berufe im Sinne des Titel III Kapitel III (‚Anerkennung auf der Grundlage der Koordinierung der Mindestanforderungen an die Ausbildung‘) der Richtlinie fallen und damit dem Grundsatz der automatischen Anerkennung unterliegen.

-       Z 1 und 2 führen jene fachzahnärztliche Ausbildungsnachweise an, die unter die automatische Anerkennung fallen, das sind jene im Anhang V.5.3.3 angeführten Ausbildungsnachweise, die die Mindestanforderungen für fachzahnärztliche Ausbildungsnachweise gemäß Art. 35 der Richtlinie erfüllen (Z 1), sowie jene fachzahnärztlichen Ausbildungsnachweise, die die Voraussetzungen der erworbenen Rechte gemäß Artikel 23 der Richtlinie erfüllen (Z 2).

-       Z 3 bis 5 umfassen jene fachzahnärztlichen Ausbildungsnachweise, die nicht die oben genannten Voraussetzungen für die automatische Anerkennung erfüllen und im Rahmen des allgemeinen Anerkennungssystems der Richtlinie (Artikel 10 ff.) mit inhaltlicher Prüfung anzuerkennen sind, das sind jene, die nicht über die für die erworbenen Rechte erforderliche Berufspraxis verfügen (Z 3), die nicht im Anhang V.5.3.3. enthalten sind (Z 4) sowie in einem anderen Mitgliedstaat anerkannte Drittlandqualifikationen (Z 5).

Die Verordnungsermächtigung des/der Bundesminister:in für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz in § 9 Abs. 2 zur Erlassung näherer Bestimmungen über die Anerkennung der EWR-Qualifikationsnachweise im zahnärztlichen Beruf wird auf die Anerkennung gemäß § 9 Abs. 1c erweitert. Damit sollen insbesondere Durchführungsbestimmungen auch für die nach der Richtlinie 2005/36/EG vorgesehenen Regelungen für die Anerkennung der fachzahnärztlichen Qualifikationen in der Kieferorthopädie geschaffen werden. Die Umsetzung wird durch entsprechende Änderung der Zahnärzte-EWR-Qualifikationsnachweis-Verordnung 2008, BGBl. II Nr. 194/2008, erfolgen.

In § 9 Abs. 4 werden die Regelungen über die gemäß Artikel 51 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG vorgegebenen Entscheidungsfristen für Fälle der automatischen Anerkennung mit drei Monaten und für Fälle der inhaltlichen Prüfung mit vier Monaten nach vollständiger Vorlage der erforderlichen Unterlagen um die entsprechenden Verfahren der fachzahnärztlichen Anerkennung ergänzt.

Zu Artikel 1 Z 9 bis 11 (§ 11 ZÄG):

Gesetzlich eingerichtete Berufslisten von Gesundheitsberufen haben insbesondere den Zweck, über die entsprechenden beruflichen Qualifikationen der registrierten Berufsangehörigen Auskunft zu geben. Mit der gesetzlichen Einführung und damit der Anerkennung des Fachzahnarztes/der Fachzahnärztin für Kieferorthopädie ist es daher erforderlich, die Daten der Zahnärzteliste um die Nachweise von fachzahnärztlichen Qualifikationen in der Kieferorthopädie zu ergänzen (Abs. 2 Z 5a).

Dieser Transparenz von kieferorthopädischen Qualifikationen soll auch eine entsprechende Darstellung in der öffentlich einsehbaren Zahnärzteliste dienen, indem in Abs. 5 eine Gliederung auch nach Fachzahnärzt:innen für Kieferorthopädie erfolgen soll. Dabei ist jedenfalls klarzustellen, dass Berufsangehörige, die als Fachzahnärzt:innen für Kieferorthopädie in die Zahnärzteliste eingetragen sein werden (Abs. 5 Z 1a), auch unter der Rubrik ‚Angehörige des zahnärztlichen Berufs mit vollem Berufszugang‘ (Abs. 5 Z 1) anzuführen sind.

In der Zitierung in Abs. 3 erfolgt eine Korrektur hinsichtlich des mit 1. Jänner 2013 entfallenen Abs. 2 Z 19 ZÄG.

Zu Artikel 1 Z 12 (§ 15 ZÄG):

Durch das EU-Berufsanerkennungsgesetz-Gesundheitsberufe 2022 (EU-BAG-GB 2022), BGBl. I Nr. 65/2022, wird die Berufsbezeichnung in die auf dem Zahnärzteausweis (§ 15) ausgewiesenen Daten aufgenommen. Der Verweis auf § 5 Abs. 1a, durch den die neue Berufsbezeichnung ‚Fachzahnarzt für Kieferorthopädie‘/‘Fachzahnärztin für Kieferorthopädie‘ geschaffen wird, ist daher entsprechend zu ergänzen.

Zu Artikel 1 Z 13 (§ 31 ZÄG):

Die Bestimmung über die vorübergehende Dienstleistungserbringung durch Zahnärzt:innen aus anderen EU-Mitgliedstaaten wird im Hinblick auf Berufsangehörige mit fachzahnärztlicher Berufsqualifikation adaptiert (vgl. Artikel 7 Abs. 3 letzter Satz der Richtlinie 2005/36/EG).

Zu Artikel 1 Z 17 (§ 90 ZÄG):

Als Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelungen betreffend Fachzahnärzt:innen für Kieferorthopädie wird der 1. September 2023 festgelegt, dies auch im Hinblick auf die einzuhaltenden Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens (siehe Allgemeiner Teil).

Die entsprechenden Verordnungen auf Grund der §§ 9, 42b und 42c ZÄG können bereits vor diesem Zeitpunkt erlassen werden und treten frühestens mit 1. September 2023 in Kraft.

Zu Artikel 1 Z 18 (§ 91 ZÄG):

In der Vollziehungsbestimmung wird die Einvernehmenskompetenz des/der Bundesministers/Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung hinsichtlich der Erlassung der Kieferorthopädie-Ausbildungsverordnung gemäß § 42b Abs. 2 ZÄG berücksichtigt.

Artikel 2 (Änderung des Zahnärztekammergesetzes)

Zu Artikel 2 Z 1 und 2 (§ 7 ZÄKG):

Im Gesetzestext werden Aktualisierungen betreffend die EU-rechtlichen Rechtsgrundlagen im Hinblick auf deren jüngste Änderungen vorgenommen.

Zu Artikel 2 Z 3 und 7 (§§ 20 und 126 Abs. 17 ZÄKG):

Die im Zusammenhang mit den neuen ausbildungs- und berufsrechtlichen Regelungen für den Fachzahnarzt/die Fachzahnärztin für Kieferorthopädie der Österreichischen Zahnärztekammer zukommenden Aufgaben zur Ausstellung von Bescheinigungen betreffend kieferorthopädische Ausbildungen und Berechtigungen werden im übertragenen Wirkungsbereich wahrgenommen und sind daher in § 20 ZÄKG zu verankern. Diese Ergänzungen treten gleichzeitig mit dem Inkrafttreten der berufsrechtlichen Regelungen des ZÄG in Kraft.

Zu Artikel 2 Z 4 (§ 37 ZÄKG):

Die Regelung betreffend die Anzahl der Delegierten im Landesausschuss der Landeszahnärztekammern ist hinsichtlich Bundesländern mit genau 750 Kammermitgliedern nicht eindeutig. Es erfolgt daher eine diesbezügliche Klarstellung.

Zu Artikel 2 Z 5 und 6 (§§ 55 und 72 ZÄKG):

Im Rahmen des 1. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes – Bundesministerium für Gesundheit, BGBl. I Nr. 80/2013, wurde u.a. das Zahnärztekammergesetz an die verfassungsrechtlichen Änderungen der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, angepasst, durch die u.a. der Disziplinarsenat der Österreichischen Zahnärztekammer aufgelöst wurde und deren Zuständigkeit auf die Verwaltungsgerichte der Landes übergegangen ist (vgl. Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG).

In diesem Sinne hat eine entsprechende Richtigstellung der in § 55 Abs. 6 und § 72 Abs. 3 Z 1 ZÄKG übersehenen Anpassung zu erfolgen.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 7. Dezember 2022 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneter Ralph Schallmeiner die Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Dr. Werner Saxinger, MSc, Mag. Gerald Loacker, Fiona Fiedler, BEd, Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda, Philip Kucher und Dietmar Keck sowie der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak.

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2022 12 07

                             Ralph Schallmeiner                                                      Mag. Gerhard Kaniak

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann