1907 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Wissenschaftsausschusses

über den Antrag 3056/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit dem Genderzwang an den Universitäten

Die Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 14. Dezember 2022 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Bei den Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ war die ÖVP unter Federführung des Wissenschaftssprechers Rudolf Taschner noch bereit, dem Genderzwang an den Universitäten Einhalt zu gebieten. So wurde im Regierungsprogramm festgelegt:

In den mündlichen und schriftlichen Mitteilungen sowie in den wissenschaftlichen Arbeiten ist auf die symmetrische Präsenz von Frauen und Männern zu achten, sofern nicht sachliche Gründe dagegensprechen. Geschlechtergerechte Sprache darf jedoch nicht auf Kosten der Verständlichkeit praktiziert werden.

Davon hat sich die ÖVP, wie auch in vielen andern Bereichen, verabschiedet und folgt nun der linken Genderideologie. Somit überlässt es der ÖVP-Wissenschaftsminister den Universitäten, die Studierenden damit zu gängeln, dass diese in wissenschaftlichen Arbeiten gezwungen werden können, eine selbstdefinierte geschlechtergerechte Sprache anzuwenden, wie der Anfragebeantwortung 6294/AB vom 21.6.2021 zu entnehmen ist:

Für Lehrveranstaltungen und wissenschaftliche Arbeiten gilt im Speziellen: Gemäß § 76 Abs. 2 UG haben die Leiterinnen und Leiter von Lehrveranstaltungen die Studierenden über die Beurteilungskriterien und die Beurteilungsmaßstäbe hinsichtlich der Prüfungsleistungen in den jeweiligen Lehrveranstaltungen zu informieren. Es obliegt somit den Leiterinnen und Leitern von Lehrveranstaltungen sowie Betreuerinnen und Betreuern von schriftlichen bzw. wissenschaftlichen Arbeiten, ob sie die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache als Beurteilungskriterium heranziehen oder nicht.

So schreibt zB die Universität Wien zwar: ‚Die Universität Wien bekennt sich zum geschlechterinklusiven Sprachgebrauch. Welche Form der geschlechterinklusiven Sprache verwendet werden soll, ist an der Universität Wien nicht vorgeschrieben.‘[1] In der Praxis jedoch verlangen viele Lehrveranstaltungsleiter die mehrgeschlechtliche Schreibweise mit Genderzeichen in wissenschaftlichen Arbeiten.

Der österreichische Sprachwissenschafter Heinz-Dieter Pohl schreibt in seinem Aufsatz ‚«Gender», Grammatik und Rechtschreibung‘, erschienen in ‚Gender Studies – Wissenschaft oder Ideologie?‘:

Obwohl weder nach Duden noch nach Österreichischem Wörterbuch derzeit ‚gegenderte‘ Formen mit Binnen-I (Muster: LehrerInnen) oder Schrägstrich (Muster: Schüler/innen [die Schreibung Schüler/-innen ist aber zulässig, s.u.]) als korrekt gelten, sind sie (nicht nur) in Österreich weit verbreitet und zu einer Art amtlicher Norm geworden, wenn sie sich auch (noch) nicht allgemein durchgesetzt haben bzw. gegen deren Gebrauch immer häufiger opponiert wird und manche Medien ihn vermeiden. Dazu kommen noch das ‚Gender-Sternchen‘ (Muster: Student*innen), der Unterstrich _ (sogenannter ‚Gender-_Gap‘, Muster: Teilnehmer_innen) und Klammern (Muster: Bürger(innen) [außer in Verkürzungen, s.u.]). Daher ist die Frage berechtigt, inwieweit ihr Gebrauch als Verstoß gegen die amtliche Rechtschreibung zu sehen ist. Dazu stellt der Rat für deutsche Rechtschreibung fest:

Seit seinem Aufkommen wird die Frage nach dem Verhältnis des Binnen-I zur Norm gestellt: Ist es orthographisch korrekt? Dazu muss man festhalten, dass die Binnengroßschreibung nicht Gegenstand des amtlichen Regelwerks ist; sie wird unter den Verwendungsweisen, die gegenwärtig der Großschreibung zugewiesen werden, nicht erwähnt. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Zum einen hat das Binnen-I, worauf schon seine Nähe zu den Formen mit Schrägstrich weist, graphostilistischen Charakter. Es bewegt sich damit im Bereich der Textgestaltung, der nicht der amtlichen Regelung unterliegt. Zum anderen ist es, aufs Gesamt gesehen, auf bestimmte Gebrauchsbereiche der deutschen Sprache beschränkt. Damit ist seine Verbreitung nicht so allgemein gebräuchlich, dass es ins Rechtschreibregelwerk aufgenommen werden müsste.‘

 

Der Wissenschaftsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 17. Jänner 2023 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter, dem Ausschussobmann Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, die Abgeordneten Mag. Sibylle Hamann, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek und Mag. Bettina Rausch.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit (für den Antrag: F, dagegen: V, S, G, N).

 

Zur Berichterstatterin für den Nationalrat wurde Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wissenschaftsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2023 01 17

                           Mag. Sibylle Hamann                                                     Mag. Dr. Martin Graf

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann



[1] https://personalwesen.univie.ac.at/gleichstellung-diversitaet/im-ueberblick/geschlechterinklusive-sprache/