Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Die Arbeitswelt der Berufsangehörigen hat sich durch die fortschreitende Digitalisierung entscheidend geändert. Dieser Entwicklung soll durch die Digitalisierung der mündlichen und schriftlichen Fachprüfungen Rechnung getragen werden. Die Prüfungen können dadurch praxisrelevanter und an die Anforderungen des Arbeitsalltags angepasster gestaltet werden.

Im Einzelnen sind die Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Digitalisierung der Klausuren mit ortsunabhängiger Durchführung

Die Kandidaten werden die Klausuren künftig ortsunabhängig von ihrem eigenen Laptop oder PC durchführen können. Diese Vorgehensweise stellt auf den Universitäten bereits seit fast zwei Jahren die gängige Praxis dar. Durch die ortsunabhängige Durchführung entfallen lange Anfahrtswege und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird erleichtert. Um die Sicherheit der Prüfung zu gewährleisten, setzt die Kammer der Wirtschaftstreuhänder umfangreiche Begleitmaßnahmen, die in der Prüfungsordnung geregelt sind. Neben den üblichen technischen Sicherungsmaßnahmen wie ein Lock-down Browser werden Bild- und Tonaufzeichnungen während der Klausur durchgeführt. Zusätzlich wird ein Plagiatscheck durchgeführt und stichprobenartig nach der Klausur mündlich nachgefragt werden, um sicherzugehen, dass die Leistung eigenständig vom Kandidaten erbracht wurde. Um den Kandidaten die Umstellung auf den neuen Prüfungsmodus zu erleichtern, wird es von der Akademie der Wirtschaftstreuhänder ein breites Angebot an Vorbereitungsmaßnahmen geben. Während der Klausur stellt die Kammer der Wirtschaftstreuhänder einen Ansprechpartner für technische Fragen zur Verfügung. Die Verantwortung für die Funktionsfähigkeit der technischen Infrastruktur auf Kandidatenseite trägt allerdings der Kandidat selbst.

Durchführung der mündlichen Prüfungen per Videokonferenz

Eine Sonderregelung zu der Durchführung der mündlichen Prüfungen per Videokonferenz wurde im Zuge der Covid-19 Krise eingeführt. Da sich diese Maßnahme sehr bewährt hat, soll die Bestimmung ins Dauerrecht übergeleitet werden. Mündliche Wirtschaftsprüfer-Fachprüfungen, die vor der Sonderregelung nur in Wien abgehalten wurden, konnten mit dieser Maßnahme in allen Bundesländern abgehalten werden. Um die Eigenständigkeit der Leistung des Kandidaten zu gewährleisten, muss der Kandidat in die jeweilige Landesstelle kommen und ein Mitglied des Prüfungsausschusses beaufsichtigt den Kandidaten während der gesamten mündlichen Prüfung, die vor Ort durchgeführt wird. Die restlichen Kommissionsmitglieder werden per Videokonferenz dazu geschaltet.

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs.1 Z 8 („Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie“) B-VG.

Besonderer Teil

Zu Z 5 (§ 17):

Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat dem Bewerber für das nächstfolgende Kalenderjahr neben den Prüfungsterminen auch eine Durchführung auf elektronischem Weg oder den Prüfungsort bekannt zu geben und auf der Website der Kammer der Wirtschaftstreuhänder bis zum 30.Juni eines Jahres zu verlautbaren. Bis einen Monat vor einem schriftlichen Prüfungsteil kann eine Durchführung auf elektronischem Weg bzw. der Prüfungsort abgeändert werden. Diese Änderung muss ebenfalls auf der Website der Kammer der Wirtschaftstreuhänder verlautbart werden.

Zu Z 6 (§ 18):

Zu Abs. 1 und 2:

Die Ergänzungen in den Abs. 1 und 2 erfolgen zur sprachlichen Anpassung an § 17.

Zu Abs. 3 und 4:

Bisher war die Rücktrittfrist bei den schriftlichen und mündlichen Prüfungsteilen einheitlich mit drei Arbeitstagen angesetzt. Da bei der Organisation der mündlichen Fachprüfung durch Zusammenstellung einer Kommission ein erheblicher Verwaltungsaufwand pro Kandidaten entsteht, wurde die Rücktrittsfrist bei dem mündlichen Prüfungsteil auf sieben Tage erhöht.

Zu Z 7 (§ 32a):

Für die schriftlichen Fachprüfungsteile soll grundsätzlich eine Durchführung auf elektronischem Weg ermöglicht werden. Von der Durchführung auf elektronischem Weg wird nur abgegangen, wenn der zuständige Vorsitzende oder die Vorsitzenden für die Fachprüfung gemeinsam eine handschriftliche Durchführung beschließen.

Die Durchführung auf elektronischem Weg wird grundsätzlich ortsunabhängig ausgeübt, dh der Kandidat kann den Prüfungsort (z. B. zu Hause oder im Büro) frei wählen. Die Angabe des Prüfungsortes gemäß § 17 Abs. 1 und 2 sowie gemäß § 18 Abs. 2 entfällt daher.

Mit der elektronischen Durchführung können geschlossene Fragenformate (wie z. B. Multiple Choice oder Single Choice Fragen) eingesetzt werden. Beim Einsatz dieser Fragenformate kann die Auswertung automationsunterstützt erfolgen und das Ergebnis dieser Auswertung fließt in die Gesamtbeurteilung des schriftlichen Prüfungsteils gemäß § 31 ein.

Bei der elektronischen Durchführung muss eine ordnungsgemäße Durchführung der Prüfungen gewährleistet sein. Das WTBG 2017 schreibt gewisse Mindesterfordernisse dazu vor, weitere Details werden in der Prüfungsordnung gemäß § 39 geregelt. Zu den Mindesterfordernissen gehören:

-       eine geeignete technische Infrastruktur sowohl auf Seiten der Kandidaten als auch Seiten des Prüfungskommissärs, der die Aufsicht während der Klausur durchführt,

-       eine Identitätsüberprüfung der Kandidaten und

-       technische oder organisatorische Maßnahmen zur Gewährleistung der eigenständigen Erbringung der Prüfungsleistungen: Um dies zu gewährleisten hat die Kammer der Wirtschaftstreuhänder eine Reihe von Maßnahmen in der Prüfungsordnung vorzusehen. Dazu gehören beispielsweise:

-       Verwendung eines Lockdownbrowsers, so dass nur gewisse zugelassene Websites im Internet geöffnet werden können,

-       Ton- und Bildaufzeichnungen während der Klausur: Damit wird einerseits die Identität des Kandidaten auch während der Klausur überprüft und anderseits kann das Risiko, dass fremde Personen zu Hilfeleistung herangezogen werden reduziert werden,

-       den Kandidaten werden die Prüfungsbeispiele in willkürlicher Reihenfolge zur Verfügung gestellt und die Kandidaten können jeweils nur ein Beispiel einsehen und bearbeiten,

-       es wird eine Plagiatssoftware eingesetzt und

-       stichprobenartig oder bei Vorliegen eines konkreten Verdachts wird bei einem mündlichen Nachfragen überprüft, ob die Leistung eigenständig erbracht wurde.

§ 32a Abs. 4 determiniert im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach an eine Eingriffsnorm im Sinne des § 1 Abs. 2 DSG Anforderungen betreffend Klarheit und Vorhersehbarkeit gestellt werden (siehe dazu zur ständigen Rechtsprechung VfSlg. 18.146/2007 sowie zuletzt das Erkenntnis vom 12.12.2019, GZ G164/2019 ua.) die in Abs. 3 Z 5 enthaltene Voraussetzung. Gleichzeitig wird die Dauer der Speicherung der Daten auf jene Dauer begrenzt, innerhalb der nach Abschluss des Prüfungsverfahrens die Bestellung beantragt werden kann (sieben Jahre). Weiters werden die Vorsitzenden des Prüfungsausschusses als datenschutzrechtlich Verantwortliche normiert.

Bei Verwendung unerlaubter Hilfsmittel wird die Arbeit nicht beurteilt. Zusätzlich ist der Kandidat laut Prüfungsordnung für dasselbe Prüfungsfach für 12 Monate und für alle anderen Prüfungsfächer 6 Monate gesperrt.

Wurde die Klausurarbeit durch von dem Prüfungskandidaten nicht beeinflussbarer Ereignisse beendet, so hat der Prüfungskandidat die Möglichkeit, einen begründeten Antrag auf Nichtbeurteilung der Klausurarbeit zu stellen. Über diesen Antrag entscheidet der zuständige Vorsitzende für die Fachprüfung oder die Vorsitzenden für die Fachprüfung gemeinsam.

Zu Z 8 (§§ 33a und 33b):

Zu § 33a:

Eine Sonderregelung zu der Durchführung der mündlichen Prüfungen per Videokonferenz wurde im Zuge der Covid-19 Krise eingeführt. Da sich diese Maßnahme sehr bewährt hat, soll die Bestimmung ins Dauerrecht übergeleitet werden. Mündliche WP-Prüfungen, die vor der Sonderregelung nur in Wien abgehalten wurden, konnten mit dieser Maßnahme in allen Bundesländern abgehalten werden. Um die Eigenständigkeit der Leistung des Kandidaten zu gewährleisten, muss der Kandidat in die jeweilige Landesstelle kommen und ein Mitglied des Prüfungsausschusses beaufsichtigt den Kandidaten während der gesamten mündlichen Prüfung per Videokonferenz. Die restlichen Kommissionsmitglieder werden per Videokonferenz dazu geschaltet. Die Prüfung ist abzubrechen, wenn die erforderlichen technischen Funktionen zur Gewährleistung der Prüfungsqualität zeitnah (dh. innerhalb etwa einer Stunde nach dem Abbruch der Prüfung) nicht mehr hergestellt werden können.

Bei den Bestimmungen im §33a Abs. 5 bis 7 wird auf die Vorgehensweise bei den mündlichen Videoprüfungen eingegangen. Diese Vorgehensweise unterscheidet sich grundlegend von der Vorgehensweise bei den digitalen Klausuren. Bei den Videoprüfungen ist der Prüfungskandidat beaufsichtigt durch den Vorsitzenden oder einen Prüfungskommissär in der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (oder in einer Landesstelle) und die restlichen Kommissionsmitglieder werden zugeschaltet. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder stellt daher die Verbindung per Videokonferenz her und sorgt auch für die Hardware in der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Falls es während der Prüfung technische Probleme geben sollte, wird die Prüfung unterbrochen und es wird versucht die Verbindung wiederherzustellen. Kann die Verbindung in angemessener Zeit nicht wiederhergestellt werden, so wird die Prüfung für diesen Prüfungstag abgebrochen und die Kommission beurteilt die zu diesem Zeitpunkt absolvierten Fächer. Der Prüfungskandidat erhält die Möglichkeit, zeitnah an einem anderen Tag die verbliebenen Prüfungsfächer abzulegen, da sich Kandidaten jederzeit für einen anderen Prüfungstermin anmelden können.

Zu § 33b:

Die Barrierefreiheit soll gewährleisten, dass Personen mit Behinderungen die Ablegung der Fachprüfung ermöglicht werden soll. Das Ziel ist, den gleichen Inhalt mit gleicher Leistung zu prüfen, aber die Möglichkeit zu eröffnen, einen anderen flexiblen Modus zu wählen. Der Prüfungskandidat kann dafür einen begründeten Antrag auf abweichende Prüfungsmethode an den zuständigen Vorsitzenden bzw. die Vorsitzenden für die Fachprüfung stellen. Die Behinderung nach § 3 des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes ist durch einen geeigneten Nachweis glaubhaft zu machen. Als Nachweise können beispielsweise gelten: Behindertenpass oder ärztliche Befunde.

Zu Z 9 (§ 35):

Da nicht alle Mitglieder der Prüfungskommission anwesend sind, soll das Prüfungszeugnis und die Bestätigung über bestandene Prüfungsfächer zuerst von dem anwesenden Mitglied unterschrieben werden. Die weiteren Unterschriften sollen entweder persönlich oder auf elektronischem Weg beispielsweise mittel qualifizierter elektronischer Signatur nachträglich eingeholt werden können.

Zu Z 10 (§ 37):

Bei Durchführung der mündlichen Prüfung per Videokonferenz kann die Ergebnisverkündigung stellvertretend auch nur durch das anwesende Mitglied der Prüfungskommission erfolgen.

Zu Z 11 (§ 38):

Da nicht alle Mitglieder der Prüfungskommission anwesend sind, wird die Niederschrift zuerst von dem anwesenden Mitglied unterschrieben. Die weiteren Unterschriften sollen entweder persönlich oder auf elektronischem Weg beispielsweise mittels qualifizierter elektronischer Signatur nachträglich einzuholen sein.

Zu Z 12 (§ 48 Abs. 1):

Eine Sonderregelung zu der Eides- und Gelöbnisformelabnahme per schriftlicher Erklärung wurde im Zuge der Covid-19 Krise eingeführt. Diese Bestimmung soll ins Dauerrecht übergeleitet werden, um eine schnelle Aufnahme der beruflichen Tätigkeit zu ermöglichen.

Zu Z 13und 14 (§127 Abs. 2 und § 128 Z 30):

Den Bedenken, dass bei den digitalen Klausuren eher geschummelt werden könnte, soll dadurch begegnet werden, dass das Schummeln als Berufsvergehen definiert wird; sowohl für die Berufsanwärter als auch für daran beteiligte Berufsangehörige. Das Berufsvergehen soll gleich mit der für schwere Vergehen vorgesehenen Strafdrohung versehen werden. Diese Maßnahme hat vor allem generalpräventive Funktion und soll zum Ausdruck bringen, dass für einen Berufsstand, der auf das Vertrauen von Mandanten und Öffentlichkeit angewiesen ist, unlautere Mittel beim Erwerb der Berufsbefugnis ein schweres Vergehen darstellen.

Zu Z 15 (§ 239 Abs. 21):

Schriftliche Prüfungstermine für das Folgejahr müssen bis zum 30. Juni des Jahres von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder auf der Homepage veröffentlicht werden. Bei bereits veröffentlichten Terminen kann der verlautbarte Prüfungsort entfallen, sofern eine Durchführung auf elektronischem Weg bekannt gemacht wird. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat innerhalb eines Monats ab Inkrafttreten zu verlautbaren, welche der bereits bekannt gegebenen Termine elektronisch durchgeführt werden, wobei zwischen der Verlautbarung und dem elektronisch durchgeführten Termin zumindest ein Monat liegen muss. Die Klausuren, die sodann elektronisch durchgeführt werden, finden somit nicht mehr (hand-) schriftlich statt und somit entfallen auch die für die Termine bereits bekannt gegebenen Prüfungsorte.