1997 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung

über die Regierungsvorlage (1927 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein FWIT-Rat-Gesetz erlassen wird und das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz, das Forschungsorganisationsgesetz, das Innovationsstiftung-Bildung-Gesetz, das FTE-Nationalstiftungsgesetz sowie das Universitätsgesetz 2002 geändert werden (FWIT-Rat-Errichtungsgesetz – FREG)

Angesichts globaler Herausforderungen und eines weiter zunehmenden Wettbewerbs um wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kommt dem Wissenschafts- und Innovationssystem eines Landes zentrale Bedeutung zu; es ist der Schlüsselfaktor zum Erhalt und Ausbau gesellschaftlicher Prosperität. Die Beantwortung drängender wie langfristiger Fragestellungen muss in offenen transdisziplinären Systemen gefunden werden. Ob es sich um die voranschreitende Digitalisierung, die Entwicklung künstlicher Intelligenz sowie maschinellen Lernens oder die sogenannte Human-Machine-Interaction handelt, alle diese Herausforderungen müssen von einem technologischen, ökonomischen, natur-, technik- oder sozial- und geisteswissenschaftlichen Blickwinkel aus betrachtet werden. Auch der Einfluss des technologischen Wandels auf das Individuum, Institutionen und ganze Teilsysteme der Gesellschaft muss berücksichtigt werden. Diesem kann nicht mit streng getrennten Logiken begegnet werden, sondern nur in einer sinnvollen Verzahnung unterschiedlicher Denkansätze, die nur in dem neu zu schaffenden Forschungs-, Wissenschafts-, Innovations- und Technologieentwicklungsrat („FWIT-Rat“) gebündelt und institutionalisiert werden können. Aufgrund des Sachlichkeitsgebotes sind Entscheidungen der öffentlichen Hand stets zu begründen (vgl. zuletzt die Aufhebung von Bestimmungen der COVID-19-Lockerungsverordnung mangels Begründetheit: VfGH 1.10.2020, G272/2020). Damit ist ein Mindestmaß an wissenschaftlicher Grundlage für staatliche Entscheidungen und Handeln erforderlich (VfSlg. 20.151/2017). Im Wissenschaftsbereich ist ein weitaus höherer Standard gefordert und gerechtfertigt (vgl. VfSlg. 14.362/1995).

Die OECD empfiehlt Österreich in ihrem OECD Reviews of Innovation Policy: Austria 2018 – Overall Assessment and Recommendations (December 2018)“ (in der Folge: „OECD-Review“) folgende Maßnahmen:

-       Fokussierung auf evidenzbasierte Erreichung spezifischer Ziele („Austria will need to move towards a system which is less focused on expanding inputs and pays more attention to the evidence-based achievement of specified impact, i.e. on the efficiency and effectiveness of its investment in STI [Anm.: Abkürzung für ‘science, technology and innovation’]. In this context, the review’s recommendations regarding additional funding should mainly be seen as recommending a shift towards more effective, impact-oriented funding and should not necessarily be interpreted as a call for a general funding increase“, OECD-Review, 17);

-       bessere Steuerung des gesamten Innovationssystems Richtung Exzellenz („Better steer the entire innovation system towards international excellence“, OECD-Review, 17);

-       eine FTI-Strategie für die Jahre ab 2020 als Rahmen für eine neu ausgerichtete FTI-Politik und für eine effektive neue Governance des FTI-Systems („A new RTI Strategy 2020+ can play a key role by providing the framework for a major shift in research and innovation policy…and for catalysing new forms of more effective governance…“, OECD-Review, 20);

-       Zusammenlegung der Räte, Stärkung der wirtschaftlichen Kompetenz innerhalb des neuen Rates und Anbindung an die höchste politische Ebene („Establish, in due time, a single Council for Science, Research and Innovation […] with some change in scope, for instance regarding societal challenges, and modus operandi“, OECD-Review, 44);

-       Erhöhung der Effizienz von Ausgaben im FTI-Bereich, insbesondere durch bessere Transformation von FTI-Ausgaben in Produktivitätsgewinn sowie Innovationen mit starker Wirkung und weltweitem Markt („Increase the efficiency of investment in R&D and better transform high levels of R&D investment into productivity growth, high-impact innovations and global market access“, OECD-Review, 17);

-       Sicherstellung eines ausreichenden Zustroms neuen Humankapitals vor dem Hintergrund zu erwartender disruptiver Technologiesprünge und steigender Kompetenzanforderungen („Ensure a sufficient supply of human resources for innovation in a context of disruptive technological change and evolving skills demand“, OECD-Review, 17).

-       Verbesserung und Vereinfachung des Zugangs zu Verwaltungsdaten, insbesondere durch Novellierung des Bundesstatistikgesetzes 2000 („Improve and simplify access to administrative data for STI policy evaluation purposes“, OECD-Review, 47);

Das vorliegende Gesetzesvorhaben beruht gleichzeitig auf dem Regierungsprogramm 2020–2024: Im Kapitel „Wissenschaft und Forschung“ (Seiten 211 ff.) wird zum Thema „Kompetitive Forschungsförderung in der Grundlagenforschung und angewandten Forschung ausbauen – Exzellenz fördern – Governance verbessern“ u.a. die Prüfung der institutionellen Neuordnung der Räte im Bereich Wissenschaft und Forschung RFTE, ÖWR und ERA Council Forum (von verstärkter Koordinierung bis hin zur Zusammenlegung) vorgeschlagen.

Aufgrund der globalen Herausforderungen, der fortschreitenden Digitalisierung im internationalen Kontext und der zunehmenden Bedeutung von Lösungen auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz aber auch aufgrund der aktuellen durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die Pandemie entstandenen Krisen besteht somit ein bedeutendes öffentliches Interesse an einer wesentlichen Verbesserung der Rahmenbedingungen, die die Generierung wissenschaftlicher Grundlagenerkenntnisse und Innovation in Österreich bewirken. Denn Wissenschaft, Forschung und Innovation leisten einen entscheidenden Beitrag zur Stärkung der Resilienz von Wirtschaft und Gesellschaft.

Nachdem mit Verabschiedung des Forschungsfinanzierungsgesetzes, der FTI-Strategie 2030 und des ersten FTI-Pakts 2021-23 und auch mit der Einrichtung des Austrian Microdata Centers bereits Meilensteine zur Erhöhung der Stringenz in der österreichischen Forschungs- und Innovationspolitik erfolgt sind, soll nun mit der Zusammenlegung der Räte im Bereich Forschung, Technologieentwicklung, Wissenschaft und Innovation, d.h. des Rates für Forschung und Technologieentwicklung („FTE-Rat“) gemäß den §§ 17 ff Forschungs- und Technologieförderungsgesetz – FTFG, BGBl. Nr. 434/1982, sowie des Wissenschaftsrates gemäß § 119 Universitätsgesetz 2002 – UG, BGBl. I Nr. 120/2002, (in der Folge „bisherige Räte“) und unter Einbeziehung der Themen des ausgelaufenen ERA Council Forums ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung neuer Governance gesetzt werden.

Um die österreichische Innovationslandschaft auf die künftigen Herausforderungen vorzubereiten, sieht dieses Bundesgesetz Folgendes vor:

–      Schaffung einer vollrechtsfähigen juristischen Person öffentlichen Rechts mit dem Namen „Forschungs-, Wissenschafts-, Innovations- und Technologieentwicklungsrat“ bzw. kurz „FWIT-Rat“ (Art. 1 § 1 Abs. 1);

–      Auflösung der bisherigen Räte (Art. 2 Z 8 und Art. 6 Z 3);

–      finanzielle Autonomie des FWIT-Rates (Art. 1 § 8).

Kompetenzgrundlage

Dieses Bundesgesetz stützt sich

–      hinsichtlich der Bestimmungen, die finanzielle Aspekte des FWIT-Rates betreffen (insb. Art. 1 § 8) auf Art. 10 Abs. 1 Z 4 B‑VG („Bundesfinanzen“),

–      hinsichtlich der Bestimmungen, die das Personal des FWIT-Rates betreffen (Art. 1 2. Abschnitt) auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B‑VG („Zivilrechtswesen“), Art. 10 Abs. 1 Z 11 B‑VG („Arbeitsrecht“) und Art. 10 Abs. 1 Z 16 B‑VG („Dienstrecht und Personalvertretungsrecht der Bundesbediensteten“) sowie

–      hinsichtlich der übrigen Bestimmungen auf Art. 10 Abs. 1 Z 13 B‑VG („Angelegenheiten der künstlerischen und wissenschaftlichen Sammlungen und Einrichtungen des Bundes“).

 

Der Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 12. April 2023 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger die Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA, Mag. Martina Künsberg Sarre, Mag. Dr. Petra Oberrauner, Dr. Helmut Brandstätter sowie der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek und die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Z 1 und 3 (Artikel 1 – FWIT-Rat-Gesetz § 4 Abs. 8 und § 5 Abs. 6):

Die Ergänzung soll klarstellen, dass sowohl Mitglieder der Ratsversammlung als auch Mitglieder des Aufsichtsrats bei Vorliegen eines Befangenheitsgrundes im Sinne des § 7 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991, verpflichtet sind, sich ihrer Stimme zu enthalten.

Zu Z 2 (Artikel 1 – FWIT-Rat-Gesetz § 5 Abs. 5 Z 13):

Die Ergänzung soll klarstellen, dass der wichtige Grund einer allfällig vorliegenden Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung nicht für Mitglieder der Ratsversammlung heranzuziehen ist.

Zu Z 4 (Artikel 1 – FWIT-Rat-Gesetz § 6 Abs. 1):

Es soll eine Klarstellung erfolgen, dass das Stellenbesetzungsgesetz, BGBl. I Nr. 26/1998, bei der Bestellung einer Geschäftsführerin oder eines Geschäftsführers durch den Aufsichtsrat lediglich analog zur Anwendung kommt.

Zu Z 5 bis 20 (Artikel 1 – FWIT-Rat-Gesetz § 12 Abs. 1, 2 und 4, § 13, § 16, § 17 Abs. 1 bis 5, § 18 Abs. 1 bis 4 und Abs. 6 Z 3 sowie Abs. 7):

Aufgrund des Zeitplans der parlamentarischen Behandlung des Bundesgesetzes, mit dem ein FWIT-Rat-Gesetz erlassen wird und das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz, das Forschungsorganisationsgesetz, das Innovationsstiftung-Bildung-Gesetz, das FTE-Nationalstiftungsgesetz sowie das Universitätsgesetz 2002 geändert werden, sind die Fristen entsprechend anzupassen. Bei den Z 13 bis 19 soll von der Festlegung von Fristen abgesehen und stattdessen Zeiträume vorgesehen werden, um einen zügigen Beginn und ein unmittelbares Fortschreiten des FWIT-Rats zu gewährleisten.

Zu Z 21 bis 23 (Artikel 2 – Änderung des Forschungs- und Technologieförderungsgesetzes § 29 Abs. 10, Artikel 4 – Änderung des Innovationsstiftung-Bildung-Gesetzes § 21 Abs. 7 und Artikel 6 – Änderung des Universitätsgesetzes 2002 § 143 Abs. 93):

Die Anpassung soll aus denselben Gründen wie unter den Z 5 bis 12 erfolgen.“

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen mit Stimmenmehrheit (dafür: V, F, G, N, dagegen: S) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2023 04 12

                            Mag. Eva Blimlinger                                                 Christian Hafenecker, MA

                                  Berichterstattung                                                                          Obmann